Entscheidungsdatum
16.07.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W207 2289869-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2024, Zl. 1317601107/222376837, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.06.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2024, Zl. 1317601107/222376837, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.06.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger sunnitisch-muslimischen Glaubens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, stellte am 30.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung am 01.08.2022 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, er habe im Mai 2022 beschlossen, Syrien zu verlassen, dies wegen der schlechten Wirtschaftslage und aus Angst vor dem Wehrdienst. Er habe keine weiteren Gründe für die Asylantragstellung. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, einrücken zu müssen. Die Frage, ob ihm im Falle einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe oder sonstige Sanktionen drohen würden, verneinte der Beschwerdeführer.
Gegen den Beschwerdeführer wurde in der Folge ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Zl. 7 St 122/23z, wegen des Verdachtes auf sexuellen Missbrauch von Unmündigen eingeleitet.
Am 04.01.2024 wurde der Beschwerdeführer durch die nunmehr belangte Behörde, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), in der Sprache Arabisch einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, er sei im Dorf XXXX in der Provinz Al-Hasaka geboren, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien immer gelebt habe. Sowohl zum Zeitpunkt seiner Ausreise als auch aktuell hätten dort die Kurden die Kontrolle (gehabt). Er sei verheiratet und habe eine Tochter. Seine Frau und seine Tochter würden bei seinen Eltern in XXXX in einem Eigentumshaus leben, ein Bruder und zwei Schwestern würden ebenfalls in Syrien leben. Die Familie lebe derzeit von den Schafen des Vaters sowie der Schafzucht seines Bruders, auch würde sie von den in der Türkei und im Irak aufhältigen Brüdern unterstützt werden. Darüber hinaus besitze die Familie ein etwa 5 ha großes Grundstück. Für die Flucht habe er USD 9.700,- bezahlt, sein Vater habe dafür ein Grundstück verkauft und sie hätten auch Geld ausgeliehen. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, er sei aufgrund der Hausdurchsuchungen der Kurden ausgereist, weil sie Männer in seinem Alter zwangsrekrutieren würden. Aufgrund der spontanen Hausdurchsuchungen könne er nicht in Ruhe zuhause anwesend sein. Er wolle nicht mitmachen und nicht kämpfen. Die Kurden würden keine Einberufungen machen, sie würden die Leute an den Checkpoints aufhalten und sie sofort mitnehmen oder Hausdurchsuchungen machen, weil sie eine Namensliste vom Bezirksvorsteher hätten. Er selbst sei nie angehalten und auch nicht mitgenommen worden, da er Checkpoints vermieden habe, er habe sein Heimatdorf nicht verlassen können. Sein Haus sei ab September 2019 aber mehrmals durchsucht worden, es sei namentlich nach ihm gesucht worden. Es seien auch alle anderen Häuser durchsucht worden, in denen junge Männer gewohnt hätten. Einmal sei er zu Hause gewesen und er habe zu seinem Onkel flüchten müssen. Die Kurden seien mehrmals zu ihm nach Hause gekommen, da sie nicht geglaubt hätten, dass er nicht da sei. Erst seit ca. 20 Tagen seien sie nicht mehr gekommen. Darüber hinaus werde das Gebiet aktuell von den Türken bombardiert und die wirtschaftliche Lage sei sehr schlecht. Er wolle für sich und seine Familie ein ruhiges Leben. Seine Eltern hätten aufgrund der Bombardierungen das Haus verlassen müssen, weil es neben dem Haus eine kurdische Polizeistation gebe, welche immer bombardiert werde. Momentan seien sie aber wieder zurück im Haus, dieses sei nicht beschädigt. Er habe seinen Militärdienst nicht abgeleistet und auch keinen Einberufungsbefehl erhalten.Am 04.01.2024 wurde der Beschwerdeführer durch die nunmehr belangte Behörde, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), in der Sprache Arabisch einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, er sei im Dorf römisch 40 in der Provinz Al-Hasaka geboren, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien immer gelebt habe. Sowohl zum Zeitpunkt seiner Ausreise als auch aktuell hätten dort die Kurden die Kontrolle (gehabt). Er sei verheiratet und habe eine Tochter. Seine Frau und seine Tochter würden bei seinen Eltern in römisch 40 in einem Eigentumshaus leben, ein Bruder und zwei Schwestern würden ebenfalls in Syrien leben. Die Familie lebe derzeit von den Schafen des Vaters sowie der Schafzucht seines Bruders, auch würde sie von den in der Türkei und im Irak aufhältigen Brüdern unterstützt werden. Darüber hinaus besitze die Familie ein etwa 5 ha großes Grundstück. Für die Flucht habe er USD 9.700,- bezahlt, sein Vater habe dafür ein Grundstück verkauft und sie hätten auch Geld ausgeliehen. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, er sei aufgrund der Hausdurchsuchungen der Kurden ausgereist, weil sie Männer in seinem Alter zwangsrekrutieren würden. Aufgrund der spontanen Hausdurchsuchungen könne er nicht in Ruhe zuhause anwesend sein. Er wolle nicht mitmachen und nicht kämpfen. Die Kurden würden keine Einberufungen machen, sie würden die Leute an den Checkpoints aufhalten und sie sofort mitnehmen oder Hausdurchsuchungen machen, weil sie eine Namensliste vom Bezirksvorsteher hätten. Er selbst sei nie angehalten und auch nicht mitgenommen worden, da er Checkpoints vermieden habe, er habe sein Heimatdorf nicht verlassen können. Sein Haus sei ab September 2019 aber mehrmals durchsucht worden, es sei namentlich nach ihm gesucht worden. Es seien auch alle anderen Häuser durchsucht worden, in denen junge Männer gewohnt hätten. Einmal sei er zu Hause gewesen und er habe zu seinem Onkel flüchten müssen. Die Kurden seien mehrmals zu ihm nach Hause gekommen, da sie nicht geglaubt hätten, dass er nicht da sei. Erst seit ca. 20 Tagen seien sie nicht mehr gekommen. Darüber hinaus werde das Gebiet aktuell von den Türken bombardiert und die wirtschaftliche Lage sei sehr schlecht. Er wolle für sich und seine Familie ein ruhiges Leben. Seine Eltern hätten aufgrund der Bombardierungen das Haus verlassen müssen, weil es neben dem Haus eine kurdische Polizeistation gebe, welche immer bombardiert werde. Momentan seien sie aber wieder zurück im Haus, dieses sei nicht beschädigt. Er habe seinen Militärdienst nicht abgeleistet und auch keinen Einberufungsbefehl erhalten.
Im Verfahren vor der belangten Behörde legte der Beschwerdeführer einen syrischen Personalausweis im Original (dieser wurde im Rahmen einer Überprüfung durch das BFA als echt befunden), Auszüge aus dem Personenstandsregister und Geburtsurkunden betreffend ihn selbst, seine Ehefrau und seine Tochter in Kopie samt Übersetzungen, eine Eheschließungsurkunde in Kopie samt Übersetzung, einen Auszug aus dem Familienstandregister in Kopie samt Übersetzung sowie Fotos seiner Hochzeit vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.2024 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.). Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.02.2024 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte das BFA zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (zu Spruchpunkt I.) im Wesentlichen aus, die Herkunftsregion des Beschwerdeführers sei zum Zeitpunkt der Ausreise und aktuell unter der Kontrolle der Kurden. Er habe bis zum jetzigen Zeitpunkt keinen Einberufungsbefehl erhalten und keine Tauglichkeitsuntersuchung beim syrischen Militär durchgeführt, ebenso besitze er kein Militärbuch. Das syrische Militär habe in der Heimatregion des Beschwerdeführers keinen Zugriff auf diesen. Darüber hinaus sei er auch von den Kurden nicht rekrutiert worden und habe keine konkrete Aufforderung erhalten. Auch bestehe keine reale Gefahr einer Verfolgung durch die Kurden, zumal er auch in der Vergangenheit keine Probleme gehabt habe, da es ihm sonst nicht möglich gewesen wäre, über einen so langen Zeitraum in der Herkunftsregion zu leben. Darüber hinaus sei er aufgrund seines aktuellen Alters auch nicht mehr einer Rekrutierung durch die Kurden ausgesetzt, da er das Wehrdienstalter bereits überschritten habe. Überdies würden die Autonomiebehörden eine Verweigerung des Wehrdienstes nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen. Auch sei eine Verfolgung aufgrund der Ausreise unwahrscheinlich.Begründend führte das BFA zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (zu Spruchpunkt römisch eins.) im Wesentlichen aus, die Herkunftsregion des Beschwerdeführers sei zum Zeitpunkt der Ausreise und aktuell unter der Kontrolle der Kurden. Er habe bis zum jetzigen Zeitpunkt keinen Einberufungsbefehl erhalten und keine Tauglichkeitsuntersuchung beim syrischen Militär durchgeführt, ebenso besitze er kein Militärbuch. Das syrische Militär habe in der Heimatregion des Beschwerdeführers keinen Zugriff auf diesen. Darüber hinaus sei er auch von den Kurden nicht rekrutiert worden und habe keine konkrete Aufforderung erhalten. Auch bestehe keine reale Gefahr einer Verfolgung durch die Kurden, zumal er auch in der Vergangenheit keine Probleme gehabt habe, da es ihm sonst nicht möglich gewesen wäre, über einen so langen Zeitraum in der Herkunftsregion zu leben. Darüber hinaus sei er aufgrund seines aktuellen Alters auch nicht mehr einer Rekrutierung durch die Kurden ausgesetzt, da er das Wehrdienstalter bereits überschritten habe. Überdies würden die Autonomiebehörden eine Verweigerung des Wehrdienstes nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen. Auch sei eine Verfolgung aufgrund der Ausreise unwahrscheinlich.
Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr aufgrund des vorherrschenden bewaffneten Konfliktes der Gefahr einer Bedrohung für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit ausgesetzt wäre.Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt römisch II.) begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr aufgrund des vorherrschenden bewaffneten Konfliktes der Gefahr einer Bedrohung für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit ausgesetzt wäre.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides vom 23.02.2024 erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25.03.2024 fristgerecht Beschwerde, in welcher er zusammengefasst vorbringt, er sei wegen des Militärdienstes aus Syrien geflüchtet, welchen er aus politischen Gründen und aus Gewissensgründen verweigere. Die Gegend aus der er stamme, sei einst vom Regime erobert worden und seien viele Kurden vertrieben worden. Die Kurden hätten nun vor, die Araber wieder von dort zu vertreiben, weshalb seine Familie die Vertreibung befürchte. Dies habe er vor dem BFA nicht vorgebracht, weil er nicht danach gefragt worden sei und am Tag der Einvernahme massive türkische Angriffe stattgefunden hätten, bei denen sein Onkel gestorben sei, weshalb er in seiner Konzentration beeinflusst gewesen sei. Darüber hinaus sei das kurdische Militär bereits oft bei seiner Familie gewesen, bei Rekrutierungswellen und Razzien in der Gegend habe er sich aber versteckt, weshalb er sich bereits aktiv dem Wehrdienst entzogen habe. Er sei XXXX geboren und daher in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ wehrpflichtig. Da es sich bei der von der AANES kontrollierten Region um keinen anerkannten Staat handle, seien sie aber nicht berechtigt, Rekrutierungen für den Militärdienst zu betreiben. Die zwangsweise Rekrutierung für die „Selbstverteidigungskräfte“ sei daher jedenfalls als Verfolgungshandlung iSd Art. 9 Statusrichtlinie zu werten. Die rechtlichen Sanktionen für Wehrdienstverweigerung würden jenen der syrischen Regierung ähneln. Die Verknüpfung zum Konventionsgrund liege in der abweichenden politischen Gesinnung, die er im Verhältnis zum maßgeblichen Akteur vertrete. Als Araber wolle er nicht für die kurdische Sache kämpfen, was Ausdruck seiner politischen Einstellung sei, insbesondere auch deswegen, weil die Kurden seiner Familie landwirtschaftliche Grundstücke weggenommen hätten. Darüber hinaus könnten Personen, die den Dienst verweigern, von der SDF/YPG auch als Gegner oder Unterstützer der SNA oder ISIS angesehen werden. Gerade als Araber würde er von der politischen Führung der AANES als Oppositioneller angesehen werden. Er wolle für keine Bürgerkriegspartei kämpfen bzw. den Wehrdienst ableisten. Er weigere sich auch, die syrische Regierung durch einen Freikauf vom Wehrdienst zu unterstützen, wenn diese Möglichkeit für ihn überhaupt gegeben und diese ihn verlässlich vor einer zwangsweisen Einziehung schützen würde. Insbesondere könne er sich die Befreiungsgebühr nicht leisten und auch die erforderlichen Dokumente nicht beibringen. Auch würden Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung vermehrt zur Wehrpflicht herangezogen. Bei einer Rückkehr über einen internationalen Flughafen oder über die Grenzübergänge der syrischen Regierung sei davon auszugehen, dass er gefasst und bestraft bzw. zwangsrekrutiert werde. Da er über kein gültiges Reisedokument verfüge, könne er auch nicht legal in die Türkei oder den Irak einreisen, um von dort die Landgrenze nach Syrien zu überqueren. Auch aufgrund von Grenzschließungen und der mangelnden Sicherheit könne er diese Grenzen nicht überqueren. Insbesondere sei der Grenzübergang Semalka aufgrund von Überschwemmungen außer Betrieb. Selbst in Phasen der Öffnung würden die Modalitäten für den Grenzübertritt ständig wechseln und müsste er anschließend gefährliches und unsicheres Gebiet durchqueren. Auf diesem Weg würde er auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an Checkpoints der Regierung im AANES-Gebiet aufgegriffen werden. Überdies drohe ihm wegen der Präsenz der syrischen Regierung auch in seiner Heimatregion eine Einziehung zum Wehrdienst in die syrischen Streitkräfte. Aufgrund der Wehrdienstverweigerung, der illegalen Ausreise, der Flucht nach Europa und der Asylantragstellung würden ihm die syrischen Behörden eine oppositionelle politische Haltung unterstellen. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides vom 23.02.2024 erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 25.03.2024 fristgerecht Beschwerde, in welcher er zusammengefasst vorbringt, er sei wegen des Militärdienstes aus Syrien geflüchtet, welchen er aus politischen Gründen und aus Gewissensgründen verweigere. Die Gegend aus der er stamme, sei einst vom Regime erobert worden und seien viele Kurden vertrieben worden. Die Kurden hätten nun vor, die Araber wieder von dort zu vertreiben, weshalb seine Familie die Vertreibung befürchte. Dies habe er vor dem BFA nicht vorgebracht, weil er nicht danach gefragt worden sei und am Tag der Einvernahme massive türkische Angriffe stattgefunden hätten, bei denen sein Onkel gestorben sei, weshalb er in seiner Konzentration beeinflusst gewesen sei. Darüber hinaus sei das kurdische Militär bereits oft bei seiner Familie gewesen, bei Rekrutierungswellen und Razzien in der Gegend habe er sich aber versteckt, weshalb er sich bereits aktiv dem Wehrdienst entzogen habe. Er sei römisch 40 geboren und daher in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ wehrpflichtig. Da es sich bei der von der AANES kontrollierten Region um keinen anerkannten Staat handle, seien sie aber nicht berechtigt, Rekrutierungen für den Militärdienst zu betreiben. Die zwangsweise Rekrutierung für die „Selbstverteidigungskräfte“ sei daher jedenfalls als Verfolgungshandlung iSd Artikel 9, Statusrichtlinie zu werten. Die rechtlichen Sanktionen für Wehrdienstverweigerung würden jenen der syrischen Regierung ähneln. Die Verknüpfung zum Konventionsgrund liege in der abweichenden politischen Gesinnung, die er im Verhältnis zum maßgeblichen Akteur vertrete. Als Araber wolle er nicht für die kurdische Sache kämpfen, was Ausdruck seiner politischen Einstellung sei, insbesondere auch deswegen, weil die Kurden seiner Familie landwirtschaftliche Grundstücke weggenommen hätten. Darüber hinaus könnten Personen, die den Dienst verweigern, von der SDF/YPG auch als Gegner oder Unterstützer der SNA oder ISIS angesehen werden. Gerade als Araber würde er von der politischen Führung der AANES als Oppositioneller angesehen werden. Er wolle für keine Bürgerkriegspartei kämpfen bzw. den Wehrdienst ableisten. Er weigere sich auch, die syrische Regierung durch einen Freikauf vom Wehrdienst zu unterstützen, wenn diese Möglichkeit für ihn überhaupt gegeben und diese ihn verlässlich vor einer zwangsweisen Einziehung schützen würde. Insbesondere könne er sich die Befreiungsgebühr nicht leisten und auch die erforderlichen Dokumente nicht beibringen. Auch würden Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung vermehrt zur Wehrpflicht herangezogen. Bei einer Rückkehr über einen internationalen Flughafen oder über die Grenzübergänge der syrischen Regierung sei davon auszugehen, dass er gefasst und bestraft bzw. zwangsrekrutiert werde. Da er über kein gültiges Reisedokument verfüge, könne er auch nicht legal in die Türkei oder den Irak einreisen, um von dort die Landgrenze nach Syrien zu überqueren. Auch aufgrund von Grenzschließungen und der mangelnden Sicherheit könne er diese Grenzen nicht überqueren. Insbesondere sei der Grenzübergang Semalka aufgrund von Überschwemmungen außer Betrieb. Selbst in Phasen der Öffnung würden die Modalitäten für den Grenzübertritt ständig wechseln und müsste er anschließend gefährliches und unsicheres Gebiet durchqueren. Auf diesem Weg würde er auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an Checkpoints der Regierung im AANES-Gebiet aufgegriffen werden. Überdies drohe ihm wegen der Präsenz der syrischen Regierung auch in seiner Heimatregion eine Einziehung zum Wehrdienst in die syrischen Streitkräfte. Aufgrund der Wehrdienstverweigerung, der illegalen Ausreise, der Flucht nach Europa und der Asylantragstellung würden ihm die syrischen Behörden eine oppositionelle politische Haltung unterstellen.
Das BFA legte die gegenständliche Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt am 09.04.2024 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und erstattet unter einem eine Stellungnahme, in der zusammengefasst ausgeführt wurde, dem Beschwerdeführer drohe weder durch das Regime noch durch die kurdischen Streitkräfte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Rekrutierung, besonders da er keinen Einberufungsbefehl erhalten habe und die Angaben zu einer zwangsweisen Rekrutierung völlig vage gewesen seien. Der Beschwerdeführer sei mehrmals über seine Mitwirkungspflicht und der vollständigen Darbringung seiner Fluchtgründe belehrt worden. Er habe aber weder Beweismittel zu einer bevorstehenden Einberufung oder sonstige militärische Schreiben vorgelegt, noch habe er angegeben, dass solche im Herkunftsstaat aufliegen würden. Auch seien mit dem Beschwerdeführer die zum Zeitpunkt der Einvernahme aktuellen Länderberichte besprochen worden.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.06.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung entschuldigt nicht teil. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung nahm die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zu den ins Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung und führte zusammengefasst aus, die EUAA gehe in ihren aktuellen Richtlinien nach wie vor davon aus, das Wehrdienstentziehern Verfolgungshandlungen drohen und die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 lit. e Statusrichtlinie vorliegen würden. Personen aus „versöhnten“ bzw. vormals oppositionellen Gebieten seien übermäßig betroffen. In verschiedenen von den SDF kontrollierten Gebieten mit arabischer Bevölkerungsmehrheit seien Hunderte von Menschen verhaftet und zwangsrekrutiert worden. Die Regierung versuche auch, Personen außerhalb ihres Kontrollbereiches zu rekrutieren. In einem Bericht von Amnesty International würden sehr umfangreiche gravierende Menschenrechtsverletzungen, insbesondere von inhaftierten Personen durch kurdische Behörden dokumentiert, wie Tötungen, Folter, Verschwindenlassen und die Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze. Die SDF/YPG habe zusätzlich auch Zwangsrekrutierungen vorgenommen, um ihren Personalbestand aufzustocken. Es sei auch von groß angelegten Kampagnen der SDF in verschiedenen arabischen Mehrheitsgemeinden zur Festnahme und Zwangsrekrutierung von Männern berichtet worden. Für den Beschwerdeführer bestehe daher die Gefahr, dass ihm eine oppositionelle Gesinnung von Seiten der kurdischen Kräfte unterstellt werde, weil er keinen Aufschub mehr habe und den Rekrutierungsversuchen entgehen habe können.Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.06.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung entschuldigt nicht teil. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung nahm die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zu den ins Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung und führte zusammengefasst aus, die EUAA gehe in ihren aktuellen Richtlinien nach wie vor davon aus, das Wehrdienstentziehern Verfolgungshandlungen drohen und die Voraussetzungen des Artikel 9, Absatz 2, Litera e, Statusrichtlinie vorliegen würden. Personen aus „versöhnten“ bzw. vormals oppositionellen Gebieten seien übermäßig betroffen. In verschiedenen von den SDF kontrollierten Gebieten mit arabischer Bevölkerungsmehrheit seien Hunderte von Menschen verhaftet und zwangsrekrutiert worden. Die Regierung versuche auch, Personen außerhalb ihres Kontrollbereiches zu rekrutieren. In einem Bericht von Amnesty International würden sehr umfangreiche gravierende Menschenrechtsverletzungen, insbesondere von inhaftierten Personen durch kurdische Behörden dokumentiert, wie Tötungen, Folter, Verschwindenlassen und die Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze. Die SDF/YPG habe zusätzlich auch Zwangsrekrutierungen vorgenommen, um ihren Personalbestand aufzustocken. Es sei auch von groß angelegten Kampagnen der SDF in verschiedenen arabischen Mehrheitsgemeinden zur Festnahme und Zwangsrekrutierung von Männern berichtet worden. Für den Beschwerdeführer bestehe daher die Gefahr, dass ihm eine oppositionelle Gesinnung von Seiten der kurdischen Kräfte unterstellt werde, weil er keinen Aufschub mehr habe und den Rekrutierungsversuchen entgehen habe können.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat – im auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingeschränkten Verfahren – erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat – im auf die Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingeschränkten Verfahren – erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person des Beschwerdeführers
Der volljährige Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen und das im Spruch angeführte Geburtsdatum.
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, er bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und gehört der arabischen Volksgruppe an. Seine Muttersprache ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat eine Tochter.
Der Beschwerdeführer stammt aus einem nahe der Ortschaft XXXX (auch XXXX bzw. XXXX ) gelegenen Dorf namens XXXX (dieses liegt XXXX Kilometer östlich der Stadt Qamishli) im Gouvernement Al-Hasaka, wo er geboren wurde, aufgewachsen und registriert ist sowie bis zu seiner Ausreise aus Syrien immer gelebt hat. Die Eltern des Beschwerdeführers, einer seiner Brüder und zwei seiner Schwestern leben ebenso wie seine Ehefrau und seine Tochter nach wie vor im Dorf XXXX . Der Beschwerdeführer stammt aus einem nahe der Ortschaft römisch 40 (auch römisch 40 bzw. römisch 40 ) gelegenen Dorf namens römisch 40 (dieses liegt römisch 40 Kilometer östlich der Stadt Qamishli) im Gouvernement Al-Hasaka, wo er geboren wurde, aufgewachsen und registriert ist sowie bis zu seiner Ausreise aus Syrien immer gelebt hat. Die Eltern des Beschwerdeführers, einer seiner Brüder und zwei seiner Schwestern leben ebenso wie seine Ehefrau und seine Tochter nach wie vor im Dorf römisch 40 .
Als Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist das im Gouvernement Al-Hasaka gelegene Heimatdorf XXXX und dessen umliegende Umgebung anzusehen. Das Herkunftsgebiet liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens. Als Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist das im Gouvernement Al-Hasaka gelegene Heimatdorf römisch 40 und dessen umliegende Umgebung anzusehen. Das Herkunftsgebiet liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens.
Im Juni 2022 verließ der Beschwerdeführer Syrien in Richtung Türkei. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 30.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Gegen den Beschwerdeführer ist aktuell ein strafgerichtliches Verfahren wegen § 206 Abs. 1 und § 202 Abs. 1 StGB anhängig. Eine rechtskräftige Verurteilung ist bislang nicht erfolgt.Gegen den Beschwerdeführer ist aktuell ein strafgerichtliches Verfahren wegen Paragraph 206, Absatz eins und Paragraph 202, Absatz eins, StGB anhängig. Eine rechtskräftige Verurteilung ist bislang nicht erfolgt.
Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Einziehung oder Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee ausgesetzt. Der Beschwerdeführer befindet sich zwar im wehrpflichtigen Alter und hat den gesetzlich verpflichtenden Grundwehrdienst in der syrischen Armee bislang auch noch nicht abgeleistet. Doch steht die Herkunftsregion des Beschwerdeführers nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet der syrischen Zentralregierung, sondern unter der Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung. Darüber hinaus ist die Herkunftsregion des Beschwerdeführers auch ohne Kontakt zu den syrischen Behörden erreichbar.
Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht die Verfolgung bzw. Vertreibung durch die kurdischen Autonomiebehörden. Nicht festgestellt werden kann, dass die Familie des Beschwerdeführers tatsächlich von Seiten der Kurden enteignet worden wäre.
Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr nach Syrien auch nicht die Verfolgung durch die kurdischen Autonomiebehörden aufgrund der behaupteten Weigerung, sich ihnen anzuschließen. Nicht festgestellt werden kann in diesem Zusammenhang, dass das Haus des Beschwerdeführers mehrfach nach ihm durchsucht wurde, um ihn zum Militärdienst einzuziehen.
In der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“, in der sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers befindet, sind Männer, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben, zum „Wehrdienst“ verpflichtet. Der im Jahr XXXX geborene, nunmehr XXXX -jährige Beschwerdeführer unterliegt daher aktuell der „Wehrpflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“. Er hat seinen „Wehrdienst“ noch nicht abgeleistet. Im Falle einer Einziehung zum „Wehrdienst“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ würden dem Beschwerdeführer bei einer Weigerung, der „Wehrpflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ nachzukommen, keine unverhältnismäßigen Sanktionen drohen und wäre der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur Beteiligung an Kampfhandlungen verpflichtet. Er wäre nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verlegung an die Front ausgesetzt und müsste sich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an der Begehung von Menschenrechtsverletzungen beteiligen. In der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“, in der sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers befindet, sind Männer, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben, zum „Wehrdienst“ verpflichtet. Der im Jahr römisch 40 geborene, nunmehr römisch 40 -jährige Beschwerdeführer unterliegt daher aktuell der „Wehrpflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“. Er hat seinen „Wehrdienst“ noch nicht abgeleistet. Im Falle einer Einziehung zum „Wehrdienst“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ würden dem Beschwerdeführer bei einer Weigerung, der „Wehrpflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ nachzukommen, keine unverhältnismäßigen Sanktionen drohen und wäre der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur Beteiligung an Kampfhandlungen verpflichtet. Er wäre nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verlegung an die Front ausgesetzt und müsste sich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an der Begehung von Menschenrechtsverletzungen beteiligen.
Die kurdischen Autonomiebehörden würden dem Beschwerdeführer im Falle einer Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungseinheiten keine oppositionelle oder politische Gesinnung unterstellen. Darüber hinaus wäre eine Weigerung des Beschwerdeführers, den „Wehrdienst“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ abzuleisten, auch nicht Ausdruck einer politischen oder oppositionellen Gesinnung.
Ebenso droht dem Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise oder seiner Asylantragstellung im Ausland bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Nicht jedem Rückkehrer, der ausgereist ist und der im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Zur maßgeblichen Situation in Syrien
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
? Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (LIB)
? UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von syrischen Staatsangehörigen aus März 2021 (UNHCR)
? EUAA Country Guidance: Syria aus April 2024 (EUAA)
? ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Voraussetzungen für Einreise syrischer Staatsangehöriger in Gebiete unter Kontrolle der SDF/YPG in Nordostsyrien; Legale Einreise aus dem Irak bzw. der Türkei; Informationen zum Grenzübergang Semalka – Faysh Kabur; Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Nordostsyrien und der Türkei/dem Irak [a-11859-1] vom 06.05.2022
? ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Kontrollen durch Sicherheitsbehörden bei Einreise, Auswirkungen von negativem Asylbescheid [a-12124-5] vom 09.06.2023
? BFA Staatendokumentation Themenbericht Syrien – Grenzübergänge vom 25.10.2023
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definie