TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/29 95/10/0055

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.1995
beobachten
merken

Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
B-VG Art18 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §25 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §3 Abs1 Z2;
VStG §5 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des L in T, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Dezember 1994, Zl. II/3-B-13/1, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und dem vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakt ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Dezember 1994 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Z. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, LGBl. 5500-3 (NÖ NSchG) verpflichtet, den auf dem Grünlandgrundstück Nr. 597/2, KG B, außerhalb eines Campingplatzes abgestellten Anhänger (mobiles Heim) innerhalb von 4 Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen.

In der Begründung heißt es, wie dem der belangten Behörde vorliegenden Verwaltungsakt zu entnehmen sei, habe der Amtssachverständige für Naturschutz der Bezirkshauptmannschaft Tulln im Zuge von Erhebungen am 3. Mai 1993 festgestellt, daß auf dem Grundstück des Beschwerdeführers Nr. 597/2 eine auf einem Einachsanhänger montierte Holzhütte im Ausmaß von ca. 3 x 5 m aufgestellt worden sei. Auf Grund dieses Sachverhaltes habe die Naturschutzbehörde erster Instanz ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und nach dessen Abschluß einen naturschutzbehördlichen Entfernungsauftrag erlassen. Bevor auf das Berufungsvorbringen näher eingegangen werde, sei die unbestrittene Tatsache festzuhalten, daß das verfahrensgegenständliche Objekt im Grünland und außerhalb eines Campingplatzes aufgestellt sei.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, daß es sich beim gegenständlichen Objekt nicht um einen Wohnwagen oder ein Mobilheim handle und dieses für Wohnzwecke keinesfalls geeignet sei. Zum Zweck der Beurteilung des Objektes sei von der belangten Behörde am 10. November 1994 ein Ortsaugenschein durchgeführt worden. Dabei sei festgestellt worden, daß die von der Bezirkshauptmannschaft festgestellte Situation im wesentlichen unverändert sei. Eine Besichtigung des Inneren des Objektes habe ergeben, daß dieses in einen größeren Raum und eine daran anschließende kleine nischenartige Räumlichkeit geteilt sei. Neben diversen Gartengerätschaften seien auch eine Tischplatte sowie Koch- und Küchengeräte (Kochtöpfe, Brotdose) angetroffen worden. Eine kraftfahrrechtliche Genehmigung des Anhängers gemäß § 31 oder § 34 KFG sei auf Grund der Ausrüstung des Anhängers nicht möglich. Eine Bewilligung zum Mitführen des Anhängers gemäß § 104 Abs. 7 KFG wäre bei Einhaltung entsprechender Auflagen möglich. Kraftfahrrechtlich sei die Hütte als Anhänger und zwar als Einachsanhänger einzustufen.

Der Vertreter der Niederösterreichischen Umweltanwaltschaft habe erklärt, daß das Aufstellen derartiger "Hütten" entschieden abgelehnt werde, da schon allein im Hinblick auf die Beispielsfolgen eine enorme Verhüttelung der Landschaft zu befürchten sei. Im speziellen werde bemerkt, daß es sich nach Ansicht der niederösterreichischen Umweltanwaltschaft eindeutig um ein mobiles Wohnheim handle, da es offensichtlich mobil sei, Fenster (wenn auch derzeit verdeckt) beinhalte, der Innenraum geeignet sei, Wohnmöbel etc. unterzubringen und es das Aussehen eines kleinen Gartenhäuschens habe.

Der durchgeführte Lokalaugenschein habe zweifelsfrei ergeben, daß es sich beim gegenständlichen Objekt um einen Anhänger, d.h. um ein ortsbewegliches bzw. mobiles Objekt handle. Der hüttenartige Aufbau des Anhängers sei zum Zeitpunkt der Begehung zur Aufbewahrung von Gartengeräten benutzt worden. Das Objekt sei von seinem gesamten Erscheinungsbild her ohne weiteres geeignet, dem Aufenthalt oder der Unterkunft von Personen zu dienen, auch wenn zum Zeitpunkt des - vier Wochen vorher angekündigten - Lokalaugenscheines die Ausstattung des Objektes für Wohnzwecke nur sehr dürftig gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt seien aber auch nur einige wenige Gartengeräte in der Hütte untergebracht gewesen; die gewählte Größe des Objektes ließe sich damit keinesfalls rechtfertigen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 6. März 1995, B 237/95-5, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung erstattet. Darin wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei als Landwirt tätig und habe infolge seines Alters und des gesundheitlichen Zustandes seiner Gattin eine Gerätehütte aufgestellt, da die landwirtschaftlich genutzte Fläche ein Zufahren mit einem Fahrzeug sowie das Be- und Entladen und den Transport von Gartengeräten bzw. Geräten, welche zur Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche erforderlich seien, nicht zulasse. Die belangte Behörde habe eine Feststellung des Umfanges seiner Landwirtschaft unterlassen. Er habe sich bei der Behörde vor Aufstellen der Gerätehütte erkundigt und die Auskunft erhalten, daß er keiner Bewilligung durch eine Behörde bedürfe, weil sich das Objekt im Grünland befinde. Wohnwagenanhänger bzw. Mobilheime im Sinne des NÖ NSchG müßten einen gewissen Mindeststandard aufweisen. Nicht jeder Bretterverschlag könne als Mobilheim bezeichnet werden.

Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, die gesamte Bestimmung des § 25 NÖ NSchG, nämlich auch zugunsten des Beschwerdeführers, anzuwenden. Sie hätte als gelinderes Mittel die Anpflanzung von lokaltypischen Strauch- und Baumarten vorschreiben müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 3 Abs. 1 Z. 2 NÖ NSchG ist im Grünland, das sind

Flächen, die nach Maßgabe der Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmet sind, das Auf- oder Abstellen von mobilen Heimen und Wohnwagen außerhalb von Campingplätzen (§ 1 des NÖ Camping- und Jugendlagerplatzgesetzes, LGBl. Nr. 286/1976) verboten.

Der Begriff des "mobilen Heimes" wird im NÖ NSchG nicht näher definiert. Nach dem Wortsinn ist darunter eine Anlage zu verstehen, die geeignet ist, dem Aufenthalt von Menschen zu dienen und die beweglich (mobil) ist. Das Objekt des Beschwerdeführers erfüllt beide Tatbestandsmerkmale. Es weist eine Größe auf, die den Aufenthalt von Menschen ermöglicht. Beim Lokalaugenschein der belangten Behörde wurden auch Einrichtungen vorgefunden, die auf einen solchen Aufenthalt hinweisen (Tischplatte, Koch- und Küchengeräte). Es steht auf Rädern und ist beweglich. Ein bestimmter Mindeststandard ist für das Vorliegen eines mobilen Heimes nicht gefordert. Angesichts des Umstandes, daß das Objekt des Beschwerdeführers alle Tatbestandsmerkmale eines mobilen Heimes aufweist, ist der Umstand, daß es auch für die Aufbewahrung von Gartengeräten benützt wird, rechtlich ohne Belang.

Nach § 25 Abs. 1 NÖ NSchG sind unabhängig von einer Bestrafung nach § 24 Personen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes oder auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheiden zuwidergehandelt haben, von der Behörde zu verpflichten, den früheren Zustand wiederherzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand den Interessen des Naturschutzes bestentsprechend abzuändern.

Der Beschwerdeführer gibt nicht an, welche Behörde ihm die Auskunft erteilt habe, die Aufstellung des mobilen Heimes bedürfe keiner behördlichen Bewilligung. Selbst wenn diese Auskunft aber von der zuständigen Behörde erteilt worden wäre, wäre für den Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen. Eine solche Auskunft könnte zwar einen Schuldausschließungsgrund in einem Verwaltungsstrafverfahren bilden; gesetzliche Verbote können durch Auskünfte - sofern nicht eine entsprechende gesetzliche Grundlage vorhanden ist - nicht außer Kraft gesetzt werden, da dies mit dem Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG unvereinbar ist.

§ 25 Abs. 1 NÖ NSchG verpflichtet die Behörde, die Wiederherstellung des früheren Zustandes anzuordnen, wenn dies möglich ist. Daß die Möglichkeit der Wiederherstellung des früheren Zustandes im Beschwerdefall nicht gegeben sei, wird vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Für die von ihm geforderte Vorgangsweise der belangten Behörde - Anwendung eines "milderen" Mittels - bietet § 25 Abs. 1 NÖ NSchG daher keinen Raum.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995100055.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten