TE Bvwg Erkenntnis 2024/7/29 W280 2241113-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2024
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Entscheidungsdatum

29.07.2024

Norm

AsylG 2005 §7 Abs1
AsylG 2005 §7 Abs4
B-VG Art133 Abs4
  1. AsylG 2005 § 7 heute
  2. AsylG 2005 § 7 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.06.2016 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  6. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2014 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  7. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. AsylG 2005 § 7 heute
  2. AsylG 2005 § 7 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.06.2016 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  6. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2014 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  7. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W280 2241113-1/34E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1961, StA. Russische Föderation, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 03.2021, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 1961, StA. Russische Föderation, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 03.2021, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und diese ersatzlos behoben.A) Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und diese ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: BF), Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, stellte in Österreich nach illegaler Einreise am XXXX 10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 1997. Diesen begründete der BF im Wesentlichen damit, dass sein XXXX der erste tschetschenische Präsident Dschochar DUDAJEW gewesen sei und er aufgrund des verwandtschaftlichen Verhältnisses von den russischen Behörden verfolgt werde. Er fürchte um sein Leben und rechne im Falle seiner Rückkehr mit seiner Ermordung durch die russischen Behörden aufgrund von Sippenhaftung.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: BF), Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, stellte in Österreich nach illegaler Einreise am römisch 40 10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 1997. Diesen begründete der BF im Wesentlichen damit, dass sein römisch 40 der erste tschetschenische Präsident Dschochar DUDAJEW gewesen sei und er aufgrund des verwandtschaftlichen Verhältnisses von den russischen Behörden verfolgt werde. Er fürchte um sein Leben und rechne im Falle seiner Rückkehr mit seiner Ermordung durch die russischen Behörden aufgrund von Sippenhaftung.

2. Mit Bescheid des damals zuständigen Bundesasylamtes vom XXXX 07.2004 wurde dem BF folglich Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF einen unter § 7 AsylG 1997 zu subsumierenden Sachverhalt vorgebracht hätte, da ihm im Herkunftsstaat Verfolgung drohe. 2. Mit Bescheid des damals zuständigen Bundesasylamtes vom römisch 40 07.2004 wurde dem BF folglich Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF einen unter Paragraph 7, AsylG 1997 zu subsumierenden Sachverhalt vorgebracht hätte, da ihm im Herkunftsstaat Verfolgung drohe.

3. Aufgrund der Mitteilung der für den BF zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vom XXXX .01.2021 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA), mitgeteilt, dass dem BF – unbeschadet des Umstandes, dass der BF zuvor bekanntgegeben hat, dass er die Aufgabe seines Asylstatus und die Annahme des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ verweigere - von Amts wegen dieser Aufenthaltstitel gemäß § 45 Abs. 8 NAG mit XXXX .01.2021 rechtskräftig erteilt worden sei. 3. Aufgrund der Mitteilung der für den BF zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vom römisch 40 .01.2021 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA), mitgeteilt, dass dem BF – unbeschadet des Umstandes, dass der BF zuvor bekanntgegeben hat, dass er die Aufgabe seines Asylstatus und die Annahme des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ verweigere - von Amts wegen dieser Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 45, Absatz 8, NAG mit römisch 40 .01.2021 rechtskräftig erteilt worden sei.

4. Am XXXX .01.2021 erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe der Rechtsvertretung des BF, MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/RO1, 1090 Wien.4. Am römisch 40 .01.2021 erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe der Rechtsvertretung des BF, MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/RO1, 1090 Wien.

5. Sodann wurde am XXXX .02.2021 gegen den BF aufgrund des Wegfalls des Asylgewährungsgrundes ein Aberkennungsverfahren ohne Rückkehrentscheidung hinsichtlich des Status des Asylberechtigten eingeleitet und eine einwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Am XXXX .02.2021 langte beim BFA eine Stellungnahme des Rechtsvertreters (in weitere Folge: RV) des BF ein.5. Sodann wurde am römisch 40 .02.2021 gegen den BF aufgrund des Wegfalls des Asylgewährungsgrundes ein Aberkennungsverfahren ohne Rückkehrentscheidung hinsichtlich des Status des Asylberechtigten eingeleitet und eine einwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Am römisch 40 .02.2021 langte beim BFA eine Stellungnahme des Rechtsvertreters (in weitere Folge: Regierungsvorlage des BF ein.

6. Mit Bescheid vom XXXX 03.2021 erkannte das BFA dem BF den Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wegen Wegfalls der Umstände, die zur Zuerkennung von Asyl geführt hätten, an und stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.).6. Mit Bescheid vom römisch 40 03.2021 erkannte das BFA dem BF den Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 wegen Wegfalls der Umstände, die zur Zuerkennung von Asyl geführt hätten, an und stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt römisch eins.). Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

7. Gegen den angefochtenen Bescheid des BFA wurde seitens des BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge: BVwG) erhoben. Seitens der belangten Behörde wurde sodann der Verfahrensakt dem BVwG vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

8. Das zum damaligen Zeitpunkt aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Russischen Föderation wurde dem BF zur Stellungnahme übermittelt und wurde ihm Gelegenheit eingeräumt, sich im Rahmen des Parteiengehörs zu äußern.

9. Mit Stellungnahme vom XXXX .03.2022 wurde, unter Verweis auf die Länderberichte, im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass der BF aktuell im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation einer Sippenhaftung ausgesetzt sei. Weiters sei die Staatendokumentation des BFA dem Bundesamt zuzurechnen und könne daher nicht in Anspruch genommen werden, objektiv zu sein. Die Staatendokumentation könne nicht den Rang eines Gutachtens für sich in Anspruch nehmen weshalb die Beauftragung eines landeskundlichen Sachverständigen beantragt. 9. Mit Stellungnahme vom römisch 40 .03.2022 wurde, unter Verweis auf die Länderberichte, im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass der BF aktuell im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation einer Sippenhaftung ausgesetzt sei. Weiters sei die Staatendokumentation des BFA dem Bundesamt zuzurechnen und könne daher nicht in Anspruch genommen werden, objektiv zu sein. Die Staatendokumentation könne nicht den Rang eines Gutachtens für sich in Anspruch nehmen weshalb die Beauftragung eines landeskundlichen Sachverständigen beantragt.

10. Am XXXX .03.2022 wurde vor dem BVwG mit dem BF, seiner RV und unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die russische Sprache, eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ein Vertreter des BFA erschien nicht. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung zog der BF, nach Erörterung der Rechtslage und nach Rücksprache mit seinem RV. seine Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zurück. 10. Am römisch 40 .03.2022 wurde vor dem BVwG mit dem BF, seiner Regierungsvorlage und unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die russische Sprache, eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ein Vertreter des BFA erschien nicht. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung zog der BF, nach Erörterung der Rechtslage und nach Rücksprache mit seinem Regierungsvorlage seine Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides zurück.

In der mündlichen Verhandlung brachte der erkennende Richter ergänzend zu den bereits übermittelten Länderberichten zur Russischen Föderation die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Sippenhaftung durch die Behörden vom 08.06.2017 sowie die Anfragebeantwortung von ACCORD vom 29.07.2018 zur Lage von Oppositionellen (Unterstützer von Rebellen und ihren Angehörigen) in das Verfahren ein und räumte den Anwesenden die Möglichkeit ein, sich hierzu zu äußern.

Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde dem BF hinsichtlich des erstmals getätigten Vorbringens, wonach sein in Frankreich lebender Bruder regimekritische Artikel verfasse, aufgetragen binnen einer Frist von 14 Tagen, Bescheinigungen hierüber dem Gericht vorzulegen.

11. Mit Schriftsatz vom XXXX .04.2022 übermittelte der vertretene BF einen USB-Stick, der Videos bzw. eine Audiodatei enthielt und auf denen der Bruder des BF, XXXX , interviewt wird und Kritik an der Situation in Tschetschenien und insbesondere an Kadyrow übt. Weiters enthielt der Schriftsatz zwei Briefe des in XXXX lebenden Bruders des BF und eine persönliche Stellungnahme des BF. Ferner wurden zwei Links zu Äußerungen des Bruders des BF in deutscher Übersetzung hinzugefügt. 11. Mit Schriftsatz vom römisch 40 .04.2022 übermittelte der vertretene BF einen USB-Stick, der Videos bzw. eine Audiodatei enthielt und auf denen der Bruder des BF, römisch 40 , interviewt wird und Kritik an der Situation in Tschetschenien und insbesondere an Kadyrow übt. Weiters enthielt der Schriftsatz zwei Briefe des in römisch 40 lebenden Bruders des BF und eine persönliche Stellungnahme des BF. Ferner wurden zwei Links zu Äußerungen des Bruders des BF in deutscher Übersetzung hinzugefügt.

12. Mit Stellungnahme vom XXXX 07.2022 brachte die belangte Behörde bezugnehmend auf die vom BF am XXXX .04.2022 übermittelten Unterlagen zusammengefasst vor, das übersetzte Interview stamme aus dem Jahr 20 XXXX und hätte bereits in der Stellungnahme vor dem BFA vorgebracht werden können. In einer früheren Stellungnahme habe sich der BF lediglich auf die Verfolgung auf Grund der Sippenhaftung bezogen, habe aber keinen Grund genannt, weshalb die Verfolgung aktuell bestünde. Die belangte Behörde brachte ferner vor, dass die Länderberichte eine erheblich und nachhaltige Verbesserung der Lage in der tschetschenischen Republik ergeben. Veteranen der Tschetschenienkriege bzw. deren Angehörige drohe keine Verfolgungshandlung durch die Behörden. Die russischen bzw. tschetschenischen Behörden würden sich mittlerweile auf IS-Kämpfer/Unterstützer bzw. auf Personen konzentrieren, welche im Nordkaukasus gegen Sicherheitskräfte kämpfen. Zudem werde lediglich nach Personen gefahndet, denen Delikte gemäß § 208 Z 2 1.Fall (Teilnahme an illegalen bewaffneten Formation) oder gemäß § 208 Z 2 2.Fll (Teilnahme an einer bewaffneten Formation auf dem Gebiet eines anderen Staates, der diese Formation nicht anerkennt zu Zwecken, die den Interessen der Russischen Föderation widersprechen) zur Last gelegt werden. Der BF sei dieser Personengruppe nicht zuzuordnen. Aus dem Länderbericht gehe hervor, dass ehemaligen Widerstandskämpfer des ersten und zweiten Tschetschenienkrieges nur aufgrund der Teilnahme keine Verfolgung drohe. Auch wenn Kadyrow Tschetschenien kontrolliere, erstrecke sich seine Macht nicht über die Grenzen Tschetscheniens, sohin sei eine innerstaatliche Fluchtalternative außerhalb Tschetscheniens existent. 12. Mit Stellungnahme vom römisch 40 07.2022 brachte die belangte Behörde bezugnehmend auf die vom BF am römisch 40 .04.2022 übermittelten Unterlagen zusammengefasst vor, das übersetzte Interview stamme aus dem Jahr 20 römisch 40 und hätte bereits in der Stellungnahme vor dem BFA vorgebracht werden können. In einer früheren Stellungnahme habe sich der BF lediglich auf die Verfolgung auf Grund der Sippenhaftung bezogen, habe aber keinen Grund genannt, weshalb die Verfolgung aktuell bestünde. Die belangte Behörde brachte ferner vor, dass die Länderberichte eine erheblich und nachhaltige Verbesserung der Lage in der tschetschenischen Republik ergeben. Veteranen der Tschetschenienkriege bzw. deren Angehörige drohe keine Verfolgungshandlung durch die Behörden. Die russischen bzw. tschetschenischen Behörden würden sich mittlerweile auf IS-Kämpfer/Unterstützer bzw. auf Personen konzentrieren, welche im Nordkaukasus gegen Sicherheitskräfte kämpfen. Zudem werde lediglich nach Personen gefahndet, denen Delikte gemäß Paragraph 208, Ziffer 2, 1.Fall (Teilnahme an illegalen bewaffneten Formation) oder gemäß Paragraph 208, Ziffer 2, 2.Fll (Teilnahme an einer bewaffneten Formation auf dem Gebiet eines anderen Staates, der diese Formation nicht anerkennt zu Zwecken, die den Interessen der Russischen Föderation widersprechen) zur Last gelegt werden. Der BF sei dieser Personengruppe nicht zuzuordnen. Aus dem Länderbericht gehe hervor, dass ehemaligen Widerstandskämpfer des ersten und zweiten Tschetschenienkrieges nur aufgrund der Teilnahme keine Verfolgung drohe. Auch wenn Kadyrow Tschetschenien kontrolliere, erstrecke sich seine Macht nicht über die Grenzen Tschetscheniens, sohin sei eine innerstaatliche Fluchtalternative außerhalb Tschetscheniens existent.

13. Mit Erkenntnis vom 28.07.2022 wies das BVwG die Beschwerde gegen die von der Anfechtung umfassten Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des BFA als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.13. Mit Erkenntnis vom 28.07.2022 wies das BVwG die Beschwerde gegen die von der Anfechtung umfassten Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. des Bescheides des BFA als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG für nicht zulässig.

14. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 13.06.2023 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und in weiterer Folge an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluss vom 17.07.2023).

15. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.02.2024, Ra 2023/18/0336-9, eingelangt am 14.03.2024, erkannte dieser die gegen die Entscheidung des BVwG erhobene ao. Revision als berechtigt an und hob das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

1.1.1 Der BF führt die im Spruch genannte Identität (Namen und Geburtsdatum). Er ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und muslimischen Bekenntnisses. Neben seiner Muttersprache Tschetschenisch spricht er sehr gut Russisch und Deutsch.

1.1.2. Der BF stammt aus XXXX in der russischen Teilrepublik Tschetschenien; er ist dort geboren und aufgewachsen. Er hat im Herkunftsland 10 Jahre die Grundschule, anschließend zwei Jahre ein College (Technikum mit Wirtschaftsabschluss) und drei Jahre eine Universität besucht. Er absolvierte anschließend zwei Jahre den Militärdienst. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der BF im Heimatland zunächst durch die Tätigkeit als Autospengler im KFZ-Betrieb seines XXXX . Anschließend arbeitete er als XXXX . Er lebte mit seiner Familie zunächst in XXXX , im Jahr 19 XXXX flüchtete er nach XXXX , wo er sich bis zu seiner Ausreise im Jahr 2003 aufhielt. Seinen Lebensunterhalt verdiente er in diesem Zeitraum mit der Durchführung von Taxifahrten sowie der Unterstützung durch Bekannte. 1.1.2. Der BF stammt aus römisch 40 in der russischen Teilrepublik Tschetschenien; er ist dort geboren und aufgewachsen. Er hat im Herkunftsland 10 Jahre die Grundschule, anschließend zwei Jahre ein College (Technikum mit Wirtschaftsabschluss) und drei Jahre eine Universität besucht. Er absolvierte anschließend zwei Jahre den Militärdienst. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der BF im Heimatland zunächst durch die Tätigkeit als Autospengler im KFZ-Betrieb seines römisch 40 . Anschließend arbeitete er als römisch 40 . Er lebte mit seiner Familie zunächst in römisch 40 , im Jahr 19 römisch 40 flüchtete er nach römisch 40 , wo er sich bis zu seiner Ausreise im Jahr 2003 aufhielt. Seinen Lebensunterhalt verdiente er in diesem Zeitraum mit der Durchführung von Taxifahrten sowie der Unterstützung durch Bekannte.

1.1.3. Der BF reiste im Jahr 2003 gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau und seinen bereits geborenen drei Kindern in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz. In seinem Fluchtvorbringen führte der BF im Wesentlichen aus, dass sein XXXX der erste tschetschenische Präsident Dschochar DUDAJEW gewesen sei und er aufgrund des verwandtschaftlichen Verhältnisses von den russischen Behörden verfolgt werde. Er fürchte um sein Leben und rechne im Falle einer Rückkehr jedenfalls mit seiner Ermordung durch die russischen Behörden („Sippenhaftung“).1.1.3. Der BF reiste im Jahr 2003 gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau und seinen bereits geborenen drei Kindern in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am römisch 40 10.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz. In seinem Fluchtvorbringen führte der BF im Wesentlichen aus, dass sein römisch 40 der erste tschetschenische Präsident Dschochar DUDAJEW gewesen sei und er aufgrund des verwandtschaftlichen Verhältnisses von den russischen Behörden verfolgt werde. Er fürchte um sein Leben und rechne im Falle einer Rückkehr jedenfalls mit seiner Ermordung durch die russischen Behörden („Sippenhaftung“).

Mit dem rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX 07.2004, XXXX , wurde ihm gemäß § 7 Asylgesetz 1997 im Bundesgebiet Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Mit dem rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes vom römisch 40 07.2004, römisch 40 , wurde ihm gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997 im Bundesgebiet Asyl gewährt und gemäß Paragraph 12, AsylG 1997 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Dem BF wurde mit Bescheid der zuständigen NAG-Behörde von Amts wegen der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ gemäß § 45 Abs. 8 NAG mit Gültigkeitsdauer ab XXXX 01.2021 bis XXXX .01.2026 erteilt.Dem BF wurde mit Bescheid der zuständigen NAG-Behörde von Amts wegen der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ gemäß Paragraph 45, Absatz 8, NAG mit Gültigkeitsdauer ab römisch 40 01.2021 bis römisch 40 .01.2026 erteilt.

1.1.4. Es wird festgestellt, dass der BF in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. In Tschetschenien (Grosny) lebt die 85-jährige Mutter des BF sowie seine drei Schwestern und deren Familien (Ehemänner und Kinder), von denen die jüngste Schwester in der medizinischen Universität beschäftigt ist; die zwei anderen Schwestern gehen keiner Beschäftigung nach. Die Cousinen des BF leben ebenso in Tschetschenien. Seine männlichen Verwandten (Onkeln, Cousins) sind Großteils im Krieg gestorben.

Sein in Frankreich lebender XXXX , ist Rechtsschutzaktivist und schrieb als solcher regelmäßig Artikel gegen das Regime Kadyrow und Putin, zuletzt im Jahr 20 XXXX .Sein in Frankreich lebender römisch 40 , ist Rechtsschutzaktivist und schrieb als solcher regelmäßig Artikel gegen das Regime Kadyrow und Putin, zuletzt im Jahr 20 römisch 40 .

Seine Eltern sind verstorben. Zu seinen Schwestern pflegt er sehr losen Kontakt.

Seit seiner Einreise im Jahr 2003 hält sich der BF in Österreich auf.

1.1.5. In Österreich verfügt der BF ebenso über familiären Anknüpfungspunkte. Im Bundesgebiet leben seine Ehegattin, von der er sich im Jahr 2017 scheiden hat lassen, seine zwei Söhne, XXXX und seine zwei Töchter, XXXX Der BF und seine Kinder leben in einem getrennten Haushalt, es besteht jedoch regelmäßiger Kontakt zu seinen Familienmitgliedern. 1.1.5. In Österreich verfügt der BF ebenso über familiären Anknüpfungspunkte. Im Bundesgebiet leben seine Ehegattin, von der er sich im Jahr 2017 scheiden hat lassen, seine zwei Söhne, römisch 40 und seine zwei Töchter, römisch 40 Der BF und seine Kinder leben in einem getrennten Haushalt, es besteht jedoch regelmäßiger Kontakt zu seinen Familienmitgliedern.

1.1.6. Der BF leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, ist gesund und arbeitsfähig.

1.2. Zur Situation im Fall einer Rückkehr:

1.2.1. Dem BF wurde mit rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX 07.2004, AZ XXXX gemäß § 7 Asylgesetz 1997 im Bundesgebiet Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.1.2.1. Dem BF wurde mit rechtskräftigen Bescheid des Bundesasylamtes vom römisch 40 07.2004, AZ römisch 40 gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997 im Bundesgebiet Asyl gewährt und gemäß Paragraph 12, AsylG 1997 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.2.2. Festgestellt wird, dass eine Verfolgung des BF aufgrund einer Sippenhaftung im Herkunftsstaat des BF zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten nicht mehr bedroht wäre.

1.3. Zur entscheidungsrelevanten Situation im Herkunftsland:

Die Feststellung der maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation basiert auf Auszügen der im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung aktuellen Länderinformation der BFA-Staatendokumentation zur Russischen Föderation aus dem COI-CMS, Version 14, vom 12.06.2024, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 08.06.2017, RUSSLAND/TSCHETSCHENIEN „Sippenhaftung durch die Behörden“, sowie der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.06.2024 betreffend „Dschochar DUDAEW, Aktualität seiner Idee, Sippenhaftung“.

1.3.1. Auszug Länderinformation der BFA-Staatendokumentation zur Russischen Föderation aus dem COI-CMS, Version 14:

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-06-12 10:50

Russland ist eine Präsidialrepublik mit föderativem Staatsaufbau (AA 22.3.2024). Das Regierungssystem Russlands wird als undemokratisch (autokratisch) bzw. autoritär eingestuft (BS 2024; vgl. EIU 2024, UNIG-VDI 3.2024, FH 11.4.2024, Russland-Analysen/Ennker 20.6.2022). Der Europarat bezeichnet Russland als eine De-facto-Diktatur (CoE 18.3.2024). Die in der Verfassung der Russischen Föderation vorgesehene Gewaltenteilung (Verfassung RUSS 6.10.2022; vgl. AA 6.10.2023) ist de facto stark eingeschränkt (AA 6.10.2023; vgl. BS 2024). Das politische System ist zentral auf den Präsidenten ausgerichtet (AA 28.9.2022; vgl. FH 2024, Russland-Analysen/Ennker 20.6.2022), was durch den Begriff der Machtvertikale ausgedrückt wird (SWP/Fischer 19.4.2022). Gemäß der Verfassung der Russischen Föderation ernennt der Staatspräsident (nach Bestätigung durch die Staatsduma) den Regierungsvorsitzenden und entlässt ihn. Der Präsident leitet den Sicherheitsrat der Russischen Föderation und schlägt dem Föderationsrat die neuen Mitglieder der Höchstgerichte vor. Laut der Verfassung werden der Generalstaatsanwalt sowie die Staatsanwälte der Subjekte der Russischen Föderation nach Beratungen mit dem Föderationsrat vom russischen Präsidenten ernannt und von diesem entlassen. Darüber hinaus ernennt und entlässt der Präsident die Vertreter im Föderationsrat, bringt Gesetzesentwürfe ein, löst die Staatsduma auf und ruft den Kriegszustand aus. Der Präsident bestimmt die grundlegende Ausrichtung der Innen- und Außenpolitik (Verfassung RUSS 6.10.2022). Seit dem Jahr 2000 wird das Präsidentenamt (mit einer Unterbrechung von 2008 bis 2012) von Wladimir Putin bekleidet (BS 2024). Der Präsident der Russischen Föderation wird laut der Verfassung für eine Amtszeit von sechs Jahren von den Bürgern direkt gewählt (Verfassung RUSS 6.10.2022). Die letzte Präsidentschaftswahl fand zwischen 15. und 17.3.2024 statt. Gemäß der Zentralen Wahlkommission ging Wladimir Putin mit 87,28 % der abgegebenen Stimmen als Sieger der Präsidentenwahl hervor. Die anderen drei Präsidentschaftskandidaten erzielten folgendes Wahlergebnis (RIA Nowosti 21.3.2024): Russland ist eine Präsidialrepublik mit föderativem Staatsaufbau (AA 22.3.2024). Das Regierungssystem Russlands wird als undemokratisch (autokratisch) bzw. autoritär eingestuft (BS 2024; vergleiche EIU 2024, UNIG-VDI 3.2024, FH 11.4.2024, Russland-Analysen/Ennker 20.6.2022). Der Europarat bezeichnet Russland als eine De-facto-Diktatur (CoE 18.3.2024). Die in der Verfassung der Russischen Föderation vorgesehene Gewaltenteilung (Verfassung RUSS 6.10.2022; vergleiche AA 6.10.2023) ist de facto stark eingeschränkt (AA 6.10.2023; vergleiche BS 2024). Das politische System ist zentral auf den Präsidenten ausgerichtet (AA 28.9.2022; vergleiche FH 2024, Russland-Analysen/Ennker 20.6.2022), was durch den Begriff der Machtvertikale ausgedrückt wird (SWP/Fischer 19.4.2022). Gemäß der Verfassung der Russischen Föderation ernennt der Staatspräsident (nach Bestätigung durch die Staatsduma) den Regierungsvorsitzenden und entlässt ihn. Der Präsident leitet den Sicherheitsrat der Russischen Föderation und schlägt dem Föderationsrat die neuen Mitglieder der Höchstgerichte vor. Laut der Verfassung werden der Generalstaatsanwalt sowie die Staatsanwälte der Subjekte der Russischen Föderation nach Beratungen mit dem Föderationsrat vom russischen Präsidenten ernannt und von diesem entlassen. Darüber hinaus ernennt und entlässt der Präsident die Vertreter im Föderationsrat, bringt Gesetzesentwürfe ein, löst die Staatsduma auf und ruft den Kriegszustand aus. Der Präsident bestimmt die grundlegende Ausrichtung der Innen- und Außenpolitik (Verfassung RUSS 6.10.2022). Seit dem Jahr 2000 wird das Präsidentenamt (mit einer Unterbrechung von 2008 bis 2012) von Wladimir Putin bekleidet (BS 2024). Der Präsident der Russischen Föderation wird laut der Verfassung für eine Amtszeit von sechs Jahren von den Bürgern direkt gewählt (Verfassung RUSS 6.10.2022). Die letzte Präsidentschaftswahl fand zwischen 15. und 17.3.2024 statt. Gemäß der Zentralen Wahlkommission ging Wladimir Putin mit 87,28 % der abgegebenen Stimmen als Sieger der Präsidentenwahl hervor. Die anderen drei Präsidentschaftskandidaten erzielten folgendes Wahlergebnis (RIA Nowosti 21.3.2024):

Nikolaj Charitonow: 4,31 %

Wladislaw Dawankow: 3,85 %

Leonid Sluzkij: 3,20 %

Nikolaj Charitonow gehört der Kommunistischen Partei an (KPRF o.D.), Wladislaw Dawankow der Partei Neue Leute (PNL o.D.), und Leonid Sluzkij ist Vorsitzender der Liberal-Demokratischen Partei (Duma o.D.). Echte Oppositionskandidaten wurden nicht zugelassen (BAMF 18.3.2024). Zahlreiche Kandidaten wurden ausgeschlossen, darunter auch Personen, welche sich gegen den Ukraine-Krieg ausgesprochen hatten (Rat der EU 22.4.2024). Insgesamt hatten 15 Personen die Kandidatur beantragt (SWP/Fischer 6.3.2024). Die Wahlbeteiligung lag laut der Zentralen Wahlkommission bei 77,49 % (RIA Nowosti 21.3.2024). Für Wähler bestand die Möglichkeit einer elektronischen Stimmabgabe (NGE 19.3.2024) in mehreren Regionen, was zur Intransparenz beitrug (Russland-Analysen/Stykow 2.5.2024). Die 'Präsidentenwahl' fand auch im von Russland besetzten Teil der Ukraine statt (Rat der EU 22.4.2024; vgl. CoE 18.3.2024). Es kam zu massiven Wahlmanipulationen (Russland-Analysen/Stykow 2.5.2024; vgl. SWP/Fischer 6.3.2024, NGE 19.3.2024, KR 21.3.2024), Druck auf Wähler, Verletzungen des Wahlgeheimnisses (Golos 18.3.2024) sowie groß angelegten Fälschungen bei der Abgabe der Stimmen, deren Auszählung und Dokumentation (Russland-Analysen/Stykow 2.5.2024). Die Wahl, begleitet von zahlreichen Protestaktionen, war weder frei noch fair (BAMF 18.3.2024). Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wurde von Russland zur Beobachtung der Präsidentenwahl 2024 nicht eingeladen (OSCE/ODIHR 29.1.2024), wodurch eine unparteiische und unabhängige Beurteilung der Wahl verwehrt wurde (Rat der EU 22.4.2024).Nikolaj Charitonow gehört der Kommunistischen Partei an (KPRF o.D.), Wladislaw Dawankow der Partei Neue Leute (PNL o.D.), und Leonid Sluzkij ist Vorsitzender der Liberal-Demokratischen Partei (Duma o.D.). Echte Oppositionskandidaten wurden nicht zugelassen (BAMF 18.3.2024). Zahlreiche Kandidaten wurden ausgeschlossen, darunter auch Personen, welche sich gegen den Ukraine-Krieg ausgesprochen hatten (Rat der EU 22.4.2024). Insgesamt hatten 15 Personen die Kandidatur beantragt (SWP/Fischer 6.3.2024). Die Wahlbeteiligung lag laut der Zentralen Wahlkommission bei 77,49 % (RIA Nowosti 21.3.2024). Für Wähler bestand die Möglichkeit einer elektronischen Stimmabgabe (NGE 19.3.2024) in mehreren Regionen, was zur Intransparenz beitrug (Russland-Analysen/Stykow 2.5.2024). Die 'Präsidentenwahl' fand auch im von Russland besetzten Teil der Ukraine statt (Rat der EU 22.4.2024; vergleiche CoE 18.3.2024). Es kam zu massiven Wahlmanipulationen (Russland-Analysen/Stykow 2.5.2024; vergleiche SWP/Fischer 6.3.2024, NGE 19.3.2024, KR 21.3.2024), Druck auf Wähler, Verletzungen des Wahlgeheimnisses (Golos 18.3.2024) sowie groß angelegten Fälschungen bei der Abgabe der Stimmen, deren Auszählung und Dokumentation (Russland-Analysen/Stykow 2.5.2024). Die Wahl, begleitet von zahlreichen Protestaktionen, war weder frei noch fair (BAMF 18.3.2024). Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wurde von Russland zur Beobachtung der Präsidentenwahl 2024 nicht eingeladen (OSCE/ODIHR 29.1.2024), wodurch eine unparteiische und unabhängige Beurteilung der Wahl verwehrt wurde (Rat der EU 22.4.2024).

Regierungsvorsitzender ist Michail Mischustin (Regierung RUSS o.D.a). Die Regierungsarbeit ist wenig transparent (FH 2024). Regierungskritiker sind Schikanierung und Festnahmen ausgesetzt (BS 2024). Die Verfassung der Russischen Föderation wurde per Referendum am 12.12.1993 angenommen. Am 1.7.2020 fand eine Volksabstimmung über eine Verfassungsreform statt (Verfassung RUSS 4.7.2020). Bei einer Wahlbeteiligung von ca. 65 % der Stimmberechtigten stimmten laut russischer Wahlkommission knapp 78 % für und mehr als 21 % gegen die Verfassungsänderungen (KAS/Kunze 7.2020; vgl. BPB 2.7.2020). Die Verfassungsänderungen ermöglichten Putin, für zwei weitere Amtsperioden als Präsident zu kandidieren. Diese Regelung gilt nur für Putin und nicht für andere zukünftige Präsidenten (FH 2024). Unter anderem erhält durch die Verfassungsreform (2020) das russische Recht Vorrang vor internationalem Recht. Weitere Verfassungsänderungen betreffen beispielsweise die Betonung traditioneller Familienwerte sowie die Definition Russlands als Sozialstaat. Dies verleiht der Verfassung einen sozial-konservativen Anstrich (KAS/Kunze 7.2020; vgl. Verfassung RUSS 4.7.2020). Die Verfassungsreform und der Verlauf der Volksabstimmung sorgten für Kritik (KAS/Kunze 7.2020). Regierungsvorsitzender ist Michail Mischustin (Regierung RUSS o.D.a). Die Regierungsarbeit ist wenig transparent (FH 2024). Regierungskritiker sind Schikanierung und Festnahmen ausgesetzt (BS 2024). Die Verfassung der Russischen Föderation wurde per Referendum am 12.12.1993 angenommen. Am 1.7.2020 fand eine Volksabstimmung über eine Verfassungsreform statt (Verfassung RUSS 4.7.2020). Bei einer Wahlbeteiligung von ca. 65 % der Stimmberechtigten stimmten laut russischer Wahlkommission knapp 78 % für und mehr als 21 % gegen die Verfassungsänderungen (KAS/Kunze 7.2020; vergleiche BPB 2.7.2020). Die Verfassungsänderungen ermöglichten Putin, für zwei weitere Amtsperioden als Präsident zu kandidieren. Diese Regelung gilt nur für Putin und nicht für andere zukünftige Präsidenten (FH 2024). Unter anderem erhält durch die Verfassungsreform (2020) das russische Recht Vorrang vor internationalem Recht. Weitere Verfassungsänderungen betreffen beispielsweise die Betonung traditioneller Familienwerte sowie die Definition Russlands als Sozialstaat. Dies verleiht der Verfassung einen sozial-konservativen Anstrich (KAS/Kunze 7.2020; vergleiche Verfassung RUSS 4.7.2020). Die Verfassungsreform und der Verlauf der Volksabstimmung sorgten für Kritik (KAS/Kunze 7.2020).

Das Parlament (Föderalversammlung) besteht aus zwei Kammern, dem Föderationsrat und der Staatsduma. Die Mitglieder des Föderationsrates werden für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt (mit Ausnahme der auf Lebenszeit ernannten Mitglieder). Zu den Kompetenzen des Föderationsrats gehören laut der Verfassung die Bestätigung des präsidentiellen Erlasses über die Verhängung des Ausnahme- und Kriegszustands sowie die Amtsenthebung des Präsidenten. Die 450 Duma-Abgeordneten werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt (Verfassung RUSS 6.10.2022). Es gibt eine Fünfprozenthürde (OSCE/ODIHR 25.6.2021; vgl. RIA Nowosti 6.10.2021). Die Hälfte der Duma-Mitglieder wird durch Verhältniswahlsystem (Parteilisten), die andere Hälfte durch Einerwahlkreise (Direktmandat) gewählt (FH 2023; vgl. Russland-Analysen/Tkacheva 1.10.2021, KAS/Kunze/Salvador 21.9.2021). Die letzten Dumawahlen fanden im September 2021 statt und waren laut Wahlbeobachtern und unabhängigen Medien von zahlreichen Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet (FH 24.2.2022; vgl. Russland-Analysen/Tkacheva 1.10.2021, KAS/Kunze/Salvador 21.9.2021), darunter Stimmenkauf, Druck auf Wähler (FH 24.2.2022), Fälschung von Wahlprotokollen und Einwerfen zusätzlicher Stimmzettel in die Wahlurnen (SWP/Kluge/Schübel 14.10.2021). Im Allgemeinen ist Wahlbetrug weitverbreitet (BS 2024). Die Wahlbeteiligung bei der letzten Dumawahl betrug 52 % (FH 2023; vgl. RIA Nowosti 6.10.2021). Mit großem Vorsprung gewann die Regierungspartei Einiges Russland die Wahl, so das offizielle Wahlergebnis (FH 24.2.2022). Die Partei Einiges Russland verfügt über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, welche erforderlich ist, um Verfassungsänderungen durchzusetzen. Vier weiteren Parteien gelang der Einzug ins Parlament, welche allesamt als Kreml-treue 'System-Opposition' bezeichnet werden (SWP/Kluge/Schübel 14.10.2021). Viele regimekritische Kandidaten waren von der Wahl ausgeschlossen worden (SWP/Kluge/Schübel 14.10.2021; vgl. Russland-Analysen/Tkacheva 1.10.2021). Anti-System-Oppositionsbewegungen wurden verboten bzw. zur Selbstauflösung gezwungen (KAS/Kunze/Salvador 21.9.2021). Eine echte Opposition fehlt (FH 11.4.2024). Neue politische Parteien können in der Regel nur dann registriert werden, wenn sie die Unterstützung der Machthaber im Kreml genießen (AA 28.9.2022). Aktuell sieht die Sitzverteilung der Parteien in der Staatsduma folgendermaßen aus (Duma o.D.): Das Parlament (Föderalversammlung) besteht aus zwei Kammern, dem Föderationsrat und der Staatsduma. Die Mitglieder des Föderationsrates werden für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt (mit Ausnahme der auf Lebenszeit ernannten Mitglieder). Zu den Kompetenzen des Föderationsrats gehören laut der Verfassung die Bestätigung des präsidentiellen Erlasses über die Verhängung des Ausnahme- und Kriegszustands sowie die Amtsenthebung des Präsidenten. Die 450 Duma-Abgeordneten werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt (Verfassung RUSS 6.10.2022). Es gibt eine Fünfprozenthürde (OSCE/ODIHR 25.6.2021; vergleiche RIA Nowosti 6.10.2021). Die Hälfte der Duma-Mitglieder wird durch Verhältniswahlsystem (Parteilisten), die andere Hälfte durch Einerwahlkreise (Direktmandat) gewählt (FH 2023; vergleiche Russland-Analysen/Tkacheva 1.10.2021, KAS/Kunze/Salvador 21.9.2021). Die letzten Dumawahlen fanden im September 2021 statt und waren laut Wahlbeobachtern und unabhängigen Medien von zahlreichen Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet (FH 24.2.2022; vergleiche Russland-Analysen/Tkacheva 1.10.2021, KAS/Kunze/Salvador 21.9.2021), darunter Stimmenkauf, Druck auf Wähler (FH 24.2.2022), Fälschung von Wahlprotokollen und Einwerfen zusätzlicher Stimmzettel in die Wahlurnen (SWP/Kluge/Schübel 14.10.2021). Im Allgemeinen ist Wahlbetrug weitverbreitet (BS 2024). Die Wahlbeteiligung bei der letzten Dumawahl betrug 52 % (FH 2023; vergleiche RIA Nowosti 6.10.2021). Mit großem Vorsprung gewann die Regierungspartei Einiges Russland die Wahl, so das offizielle Wahlergebnis (FH 24.2.2022). Die Partei Einiges Russland verfügt über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, welche erforderlich ist, um Verfassungsänderungen durchzusetzen. Vier weiteren Parteien gelang der Einzug ins Parlament, welche allesamt als Kreml-treue 'System-Opposition' bezeichnet werden (SWP/Kluge/Schübel 14.10.2021). Viele regimekritische Kandidaten waren von der Wahl ausgeschlossen worden (SWP/Kluge/Schübel 14.10.2021; vergleiche Russland-Analysen/Tkacheva 1.10.2021). Anti-System-Oppositionsbewegungen wurden verboten bzw. zur Selbstauflösung gezwungen (KAS/Kunze/Salvador 21.9.2021). Eine echte Opposition fehlt (FH 11.4.2024). Neue politische Parteien können in der Regel nur dann registriert werden, wenn sie die Unterstützung der Machthaber im Kreml genießen (AA 28.9.2022). Aktuell sieht die Sitzverteilung der Parteien in der Staatsduma folgendermaßen aus (Duma o.D.):

?        Einiges Russland (Edinaja Rossija): 324 Sitze (Parteivorsitzender Wladimir Wasilew)

?        Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF): 57 Sitze (Parteivorsitzender Gennadij Sjuganow)

?        sozialistische Partei 'Gerechtes Russland - Patrioten - Für die Wahrheit' (Sprawedliwaja Rossija - Patrioty - Sa Prawdu): 27 Sitze (Parteivorsitzender Sergej Mironow)

?        Liberal-Demokratische Partei Russlands (LDPR): 23 Sitze (Parteivorsitzender Leonid Sluzkij)

?        Neue Leute (Nowye Ljudi): 15 Sitze (Parteivorsitzender Alexej Netschaew)

?        Zwei Duma-Abgeordnete gehören keiner Fraktion an.

?        Zwei Abgeordnetenmandate sind derzeit unbesetzt (Duma o.D.).

Die LDPR ist antiliberal-nationalistisch (SWP/Kluge/Schübel 14.10.2021) und rechtspopulistisch ausgerichtet. Die Partei Neue Leute wurde im Jahr 2020 gegründet und ist eine liberale Mitte-Rechts-Partei. Die Partei 'Gerechtes Russland - Patrioten - Für die Wahrheit' vertritt sozialpatriotische Inhalte (KAS/Kunze/Salvador 21.9.2021).

Die föderale (föderative) Struktur der Russischen Föderation ist in der Verfassung festgeschrieben. Laut der Verfassung kann der Status von Föderationssubjekten in beiderseitigem Einvernehmen zwischen der Russischen Föderation und dem betreffenden Föderationssubjekt im Einklang mit dem föderalen Verfassungsgesetz geändert werden (Verfassung RUSS 6.10.2022). Russland besteht aus 83 Föderationssubjekten. Föderationssubjekte verfügen über eine eigene Legislative und Exekutive, sind aber weitgehend vom föderalen Zentrum abhängig (AA 6.10.2023). Es besteht ein Trend der zunehmenden Zentralisierung des russischen Staates (ZOiS/Klimovich 3.11.2021; vgl. FH 24.5.2023). Moskau sichert sich die Unterstützung der regionalen Eliten durch gezielte Zugeständnisse (ZOiS/Klimovich 3.11.2021). Die föderale (föderative) Struktur der Russischen Föderation ist in der Verfassung festgeschrieben. Laut der Verfassung kann der Status von Föderationssubjekten in beiderseitigem Einvernehmen zwischen der Russischen Föderation und dem betreffenden Föderationssubjekt im Einklang mit dem föderalen Verfassungsgesetz geändert werden (Verfassung RUSS 6.10.2022). Russland besteht aus 83 Föderationssubjekten. Föderationssubjekte verfügen über eine eigene Legislative und Exekutive, sind aber weitgehend vom föderalen Zentrum abhängig (AA 6.10.2023). Es besteht ein Trend der zunehmenden Zentralisierung des russischen Staates (ZOiS/Klimovich 3.11.2021; vergleiche FH 24.5.2023). Moskau sichert sich die Unterstützung der regionalen Eliten durch gezielte Zugeständnisse (ZOiS/Klimovich 3.11.2021).

Die 2014 von Russland vorgenommene Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim und der Stadt Sewastopol ist völkerrechtswidrig und international nicht anerkannt (AA 6.10.2023). Im Februar 2022 begann Russland mit der Führung eines großflächigen Angriffskriegs gegen die Ukraine (CoE-PACE 22.6.2023; vgl. UNGA 18.3.2022). Im September 2022 fanden in den beiden ukrainischen 'Volksrepubliken' Donezk und Luhansk sowie in den von Russland besetzten ukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja 'Referenden' über eine Eingliederung in die Russische Föderation statt. Laut den offiziellen Wahlergebnissen stimmten in der 'Volksrepublik' Donezk 99,23 % der Wähler für einen Beitritt, in der 'Volksrepublik' Luhansk 98,42 %, in Cherson 87,05 % und in Saporischschja 93,11 % (Lenta 27.9.2022). Diese Scheinreferenden werden von den Vereinten Nationen als völkerrechtswidrig bezeichnet (UN News 27.9.2022a) und international nicht anerkannt (Standard 30.9.2022). Die Abstimmung fand nicht nur in Wahllokalen statt, sondern prorussische De-facto-Behörden gingen außerdem mit den Wahlurnen und in Begleitung von Soldaten von Tür zu Tür (UN News 27.9.2022a). Die 'Stimmabgabe' erfolgte unter Zwang und Zeitdruck (Rat der EU 28.9.2022). Demokratische Mindeststandards wurden nicht eingehalten (Standard 30.9.2022). Die 'Referenden' missachteten die ukrainische Verfassung sowie Gesetze und spiegeln nicht den Willen der Bevölkerung wider (UN News 27.9.2022a). Im Kreml in Moskau fand am 30.9.2022 die Unterzeichnung der Verträge zur Russland-Eingliederung der ukrainischen 'Volksrepubliken' Donezk und Luhansk sowie der Regionen Saporischschja und Cherson statt (Kreml 30.9.2022). International wird die Annexion dieser vier ukrainischen Gebiete nicht anerkannt (Standard 30.9.2022).Die 2014 von Russland vorgenommene Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim und der Stadt Sewastopol ist völkerrechtswidrig und international nicht anerkannt (AA 6.10.2023). Im Februar 2022 begann Russland mit der Führung eines großflächigen Angriffskriegs gegen die Ukraine (CoE-PACE 22.6.2023; vergleiche UNGA 18.3.2022). Im September 2022 fanden in den beiden ukrainischen 'Volksrepubliken' Donezk und Luhansk sowie in den von Russland besetzten ukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja 'Referenden' über eine Eingliederung in die Russische Föderation statt. Laut den offiziellen Wahlergebnissen stimmten in der 'Volksrepublik' Donezk 99,23 % der Wähler für einen Beitritt, in der 'Volksrepublik' Luhansk 98,42 %, in Cherson 87,05 % und in Saporischschja 93,11 % (Lenta 27.9.2022). Diese Scheinreferenden werden von den Vereinten Nationen als völkerrechtswidrig bezeichnet (UN News 27.9.2022a) und international nicht anerkannt (Standard 30.9.2022). Die Abstimmung fand nicht nur in Wahllokalen statt, sondern prorussische De-facto-Behörden gingen außerdem mit den Wahlurnen und in Begleitung von Soldaten von Tür zu Tür (UN News 27.9.2022a). Die 'Stimmabgabe' erfolgte unter Zwang und Zeitdruck (Rat der EU 28.9.2022). Demokratische Mindeststandards wurden nicht eingehalten (Standard 30.9.2022). Die 'Referenden' missachteten die ukrainische Verfassung sowie Gesetze und spiegeln nicht den Willen der Bevölkerung wider (UN News 27.9.2022a). Im Kreml in Moskau fand am 30.9.2022 die Unterzeichnung der Verträge zur Russland-Eingliederung der ukrainischen 'Volksrepubliken' Donezk und Luhansk sowie der Regionen Saporischschja und Cherson statt (Kreml 30.9.2022). International wird die Annexion dieser vier ukrainischen Gebiete nicht anerkannt (Standard 30.9.2022).

Der Krieg in der Ukraine verursacht massive Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht (OHCHR 12.12.2023). Von russischen Streitkräften werden willkürliche Angriffe verübt, welche Tod und Verwundung von Zivilisten zur Folge haben. Vertreter russischer Behörden verüben Kriegsverbrechen - vorsätzliche Tötungen, Folter, sexuelle Gewaltverbrechen (wie Vergewaltigung) sowie Deportation von Kindern in die Russische Föderation. Folter ist weitverbreitet und wird von russischen Behörden systematisch angewandt (UIUKU 20.10.2023). Die massive Zerstörung aufgrund des Kriegs beeinträchtigt die Bereitstellung essenzieller Dienstleistungen, darunter Zugang zu Bildung, Gesundheitsleistungen und Wasserversorgung (UNOCHA 11.10.2023). Am 17.3.2023 erließ der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Putin sowie die Kinderrechtsbeauftragte Russlands Marija Lwowa-Belowa. Ihnen wird das Kriegsverbrechen der rechtswidrigen Deportation von Kindern aus der Ukraine in die Russische Föderation zur Last gelegt (IStGH 17.3.2023). Die UN Human Rights Monitoring Mission gibt an, dass seit Februar 2022 in der Ukraine in etwa 10.000 Zivilisten getötet und 20.000 verletzt wurden. Die Dunkelziffer dürfte um einiges höher sein (OHCHR 22.2.2024). Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die rechtswidrige Annexion mehrerer ukrainischer Regionen hat die EU mehrere Sanktionspakete angenommen, darunter Wirtschaftssanktionen sowie individuelle Sanktionen gegen unter anderem Wladimir Putin, den Außenminister Sergej Lawrow und Mitglieder der Staatsduma sowie des Nationalen Sicherheitsrats. Außerdem wurde das Visaerleichterungsabkommen zwischen der EU und Russland vollständig ausgesetzt (Rat der EU 18.4.2024). Auch die USA, das Vereinigte Königreich, Kanada, Japan, die Schweiz und die restliche westliche Welt haben umfassende Sanktionen gegen Russland eingeführt (WKO 4.2024).

Quellen

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.3.2024): Russische Föderation: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/russischefoederation-node/steckbrief/201534, Zugriff 3.5.2024

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (6.10.2023): Russische Föderation: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/russischefoederation-node/politisches-portrait/201710, Zugriff 3.5.2024

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.9.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Stand: 10. September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2079430/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Russischen_Föderation_(Stand_10._September_2022),_28.09.2022.pdf, Zugriff 8.3.2024 [Login erforderlich]

?        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (18.3.2024): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2024/briefingnotes-kw12-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Zugriff 21.5.2024

?        BPB - Bundeszentrale für politische Bildung [Deutschland] (2.7.2020): Verfassungsreferendum in Russland, https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/312075/verfassungsreferendum-in-russland, Zugriff 3.4.2024

?        BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI (Bertelsmann Stiftung’s Transformation Index) 2024 Country Report — Russia, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_RUS.pdf, Zugriff 2.4.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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