Index
L34005 Abgabenordnung Salzburg;Norm
AbgO 1931 §107a Abs1 idF 1935. 1479;Beachte
Besprechung in: SWK 1996/14 A 258-259;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der XY-reg.Gen.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. März 1993, Zl. 11/01-22834/3-1993, betreffend Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin brachte durch den XY-Verband, Revisionsverband der österreichischen XY-Genossenschaften mit der Eingabe vom 19. Dezember 1990 berichtigte Getränkeabgabeerklärungen für die Jahre 1985 bis 1989 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde ein. Die Erklärungen über die Selbstbemessung der Getränkeabgabe hätten sich wegen Nichtberücksichtigung der Steuerfreiheit des Außerortverbrauchs als unrichtig herausgestellt. Die beschwerdeführende Partei beantrage, ihr das sich auf Grund der berichtigten Getränke- und Speiseeisabgabe ergebende Guthaben in der Höhe von S 335.981,64 auf ihr Konto zu überweisen. Dieser Eingabe beigelegt war die Ablichtung einer Vollmachtsurkunde, in der es heißt: "Hiemit bevollmächtige(n) ich (wir) "XY-Verband Revisionsverband der österreichischen XY-Genossenschaften ad personam Dkfm. J BP und StB" mich (uns) in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten und für mich (uns) Eingaben, Steuererklärungen etc. zu unterfertigen, Akten-Einsicht zu nehmen, sowie alles ihm in meinem (unseren) Interesse zweckdienlich Erscheinende zu verfügen." In dieser Vollmachtsurkunde war der Text: "Gleichzeitig erteile(n) ich (wir) die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde, welche nunmehr ausschließlich dem Bevollmächtigten zuzustellen sind." durchgestrichen.
Mit der Eingabe vom 29. April 1991 brachte die beschwerdeführende Partei durch den XY-Verband bei der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 19. Dezember 1990 eine berichtigte Getränkeabgabeerklärung für das Jahr 1990 ein und beantragte, ihr die sich aus der berichtigten Erklärung ergebende Abgabendifferenz in der Höhe von S 260.831,30 auf ihr Konto zu überweisen.
Mit der weiteren Eingabe vom 14. Mai 1991 berichtigte die beschwerdeführende Partei durch den XY-Verband (zum Teil neuerlich) die Getränkeabgabeerklärungen für die Jahre 1989 bis März 1991 und wies darauf hin, daß der sich aus der korrigierten Erklärung ergebende "Saldo" von S 441.386,08 mit den kommenden Getränkesteuerzahlungen gegenverrechnet werde.
Weiters heißt es in der Eingabe: "Darüberhinausgehende Forderungen, die wir in unseren Anbringen vom 19.12.1990 und 29.4.1991 geltend gemacht haben, sind als gegenstandslos zu betrachten."
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erließ folgende (auszugsweise wiedergegebene) Erledigung vom 26. September 1991:
"Bescheid
Über den vorliegenden ANTRAG der Firma
XY-reg. GENOSSENSCH.m.b.H. vom 19.12.1990, eingelangt am 21.12.1990, auf Abzug eines sogenannten "Auswärtigenanteiles" auf Grundlage des Prozentsatzes mit dem im jeweiligen Jahr der Mitglieder-Einreichsummenprozentsatz (die Einreichquote) der Filiale S vom durchschnittlichen Mitglieder-Rückvergütungseinreichsummen-Gesamtumsatzsummeprozentanteil der Region West (westösterreichische Einreichquote) abweicht, in Form einer pauschalen prozentuellen Änderung (Minderung bzw. Erhöhung) der, durch Selbstbemessung mit der Abgabe von monatlichen Getränkesteuererklärungen und monatlicher Einzahlungen erklärten, jährlichen Getränkesteuerbemessungsgrundlage für die Jahre 1985 bis 1989 von in Summe: ......
und dem ANTRAG AUF RÜCKZAHLUNG des sich in Saldo daraus
ergebenden GETRÄNKESTEUER-Minderbetrages 1985 - 1989
von S 355.981,64
und dem ANTRAG VOM 29.04.1991 eingelangt am 30.04.1991 auf
Minderung der durch Selbstbemessung erklärten
Getränkesteuerbemessungsgrundlage (unter dem gleichen
Titel: Einreichqu. S = 31,4 % zu Einreichqu.
West = 48,9 % = -35,8 %) für das Jahr 1990 um
s 2,608.316,40 und dem ANTRAG AUF DIE RÜCKZAHLUNG des
daraus sich ergebenden GETRÄNKESTEUER-Guthabens für den
Zeitraum JÄN. - DEZ,1990 im Betrag von S 260.831,64 und dem
ANTRAG VOM 14.05.91 der die vorhergehenden Anträge
teilweise als gegenstandslos erklärt und die ursprünglichen
Minderungsanträge teilweise abändert sowie der diesem
Antrag beigelegten Aufstellungen die, bei den
Einzelhandels- und
Restaurant-Getränkesteuerbemessungsgrundlagenermittlungen
ab 01.12.1990 laufend vorgenommene pauschale
Auswärtigenanteilsabzüge ausweisen, wird wie folgt
entschieden:
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen."
Diese Erledigung wurde auf Grund der Zustellverfügung der Beschwerdeführerin zu Handen des XY-Verbandes (unter dessen Anschrift) zugestellt.
Über die gegen diese Erledigung erhobene Berufung der Beschwerdeführerin entschied die Gemeindevorstehung mit Bescheid vom 5. November 1992 wie folgt:
"Spruch
Der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 26.09.1991, Zl. 4.7-620-9-5-1991, wird gemäß Art. II § 2 Z. 2 und 3 FAG-Novelle 1991 (BGBl. Nr. 693/91) teilweise Folge gegeben."
In der Begründung wird ausgeführt, daß im Zeitraum Jänner 1989 bis einschließlich Dezember 1990 die monatlichen Getränkeabgabeerklärungen von der Beschwerdeführerin rechtzeitig eingebracht und die von ihr bemessene Getränkesteuer fristgerecht an die Gemeinde zur Gänze abgeführt worden sei. Ein pauschaler Auswärtigenanteil von 30 % des getränkesteuerpflichtigen Umsatzes für die Monate Jänner 1991 bis einschließlich Dezember 1991 sei von der Beschwerdeführerin nicht mehr getränkeversteuert worden. Von Jänner 1991 bis einschließlich Mai 1991 sei die selbstbemessene Getränkesteuer fristgerecht an die Gemeinde abgeführt worden. Die Getränkesteuer für den Zeitraum Juni 1991 bis einschließlich Dezember 1991 sei nicht entrichtet worden. Der Beschwerdeführerin werde der von ihr im Zeitraum Jänner 1991 bis einschließlich Dezember 1991 nicht "getränkeversteuerte" Anteil von 30 % des getränkesteuerpflichtigen Umsatzes zuerkannt, zumal Art. II § 2 Abs. 2 FAG-Novelle 1991 es als zulässig erkläre, daß die Abgaben vom Verbrauch von Getränken, die gemäß § 14 FAG 1989 erhoben wurden oder noch erhoben würden, nicht oder nicht grundsätzlich den gesamten Verbrauch im Geltungsgebiet der Abgaben erfaßten. Zur rückwirkenden Anerkennung der bereits abgeführten Steuerbeträge im Zeitraum Jänner 1989 bis einschließlich Dezember 1990 wurde ausgeführt, daß gemäß Art. II § 2 Z. 3 FAG-Novelle 1991 eine Neufestsetzung der Abgaben vom Verbrauch von Getränken auf Grund der Unrichtigkeit der Selbstbemessung gemäß den Vorschriften der Landesabgabenordnung unterbleibe, soweit die Abgabenerklärung auch jene Getränke erfasse, die nicht in der Gemeinde verbraucht würden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben worden seien. Durch die Einreichung der Getränkesteuererklärung gelte die Getränkesteuer über die Selbstbemessung gemäß § 148 Abs. 1 Salzburger Landesabgabenordnung (SbgLAO) als festgesetzt. Von einer bescheidmäßigen Festsetzung der Getränkesteuer im Sinne des § 148 Abs. 2 der SbgLAO, wie von der Beschwerdeführerin begehrt, sei abzusehen gewesen, zumal sich die von der Beschwerdeführerin behauptete Unrichtigkeit der selbstbemessenen Getränkesteuer ausschließlich auf den von ihr nicht abgezogenen Außerortverbrauch gründe. Ein aus dem Außerortverbrauch resultierendes Guthaben sei sohin für die Beschwerdeführerin nicht entstanden. Die noch aushaftenden Abgabenschuldigkeiten für die Monate Juni bis Dezember 1991 seien in der durch die Selbstbemessung festgesetzten Höhe zu entrichten und von der Abgabenbehörde gemäß den Vorschriften der SbgLAO einzubringen. Dem Begehren auf Neufestsetzung der Getränkesteuer bzw. auf rückwirkende Zuerkennung und Rückerstattung eines pauschalen Auswärtigenanteiles des getränkesteuerpflichtigen Umsatzes sei aus den obgenannten Gründen nicht Folge zu geben.
Die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung nimmt die belangte Behörde auf § 148 SbgLAO und Art. II § 2 FAG-Novelle 1991 Bezug. § 148 Abs. 2 SbgLAO sehe die Fälle vor, in denen, obwohl eine Abgabe durch Selbstbemessung als festgesetzt gelte, ein Bescheid der Abgabenbehörde zu erlassen sei. Abgehend vom Gesetzestext der Bundesabgabenordnung zu § 201 BAO sei nach § 148 Abs. 2 SbgLAO von einer bescheidmäßigen Festsetzung durch die Abgabenbehörden abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebe. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt, wenn von der Beschwerdeführerin lediglich ein pauschaler Rückforderungsanspruch an die Gemeinde gestellt werde. Die Beschwerdeführerin müßte vielmehr Unterlagen vorlegen, die die Abgabenbehörde in die Lage versetzten, sich von der Richtigkeit der Behauptungen zu überzeugen. Überdies müßte die Beschwerdeführerin durch die Abgabe neuer Abgabenerklärungen die Abgabe neu festsetzen. In den übrigen Fällen des § 148 Abs. 2 SbgLAO wäre daher die Abgabenbehörde zur Erlassung eines Bescheides verpflichtet. Die Gemeinde hätte daher ohne das Dazwischentreten des oben zitierten Art. II der Novelle zum Finanzausgleichsgesetz 1989 ein Ermittlungsverfahren durchführen und einen Bescheid erlassen müssen, mit welchem die Getränkesteuer unter Berücksichtigung des Auswärtigenanteils bescheidmäßig festzusetzen gewesen wäre. Die behauptete Höhe des Auswärtigenanteiles habe sie jedoch nicht widerspruchslos übernehmen müssen, zumal auf Grund von Erfahrungen in anderen Bundesländern auf Grund von Überprüfungen und Kundenbefragungen behauptete Auswärtigenanteile von 70 % auf 13 % herabgesetzt haben werden können. Soweit die Getränkesteuererklärungen nicht durch neue ersetzt worden seien, bzw. von der Gemeinde kein Festsetzungsbescheid ergangen sei - dies sei bei gegenständlicher Vorstellung der Fall - würden die Bestimmungen des Art. II § 2 der FAG-Novelle 1991 Anwendung finden. Da die Beschwerdeführerin einen pauschalen Auswärtigenanteil von 30 % des getränkesteuerpflichtigen Umsatzes von Jänner 1991 bis Dezember 1991 nicht mehr an die Gemeinde abgeführt habe, finde für diesen Zeitraum die Bestimmung des § 2 Abs. 2 leg. cit. Anwendung. Andererseits könne gemäß Abs. 3 leg. cit. eine Neufestsetzung der Getränkesteuer, dies betreffe den Antrag auf Rückforderung von zuviel entrichteter Getränkesteuer für die Jahre 1986 bis Dezember 1990, nicht mehr erfolgen.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 14. Juni 1993, B 841/93-3, ab und trat die Beschwerde mit Beschluß vom 10. September 1993, B 841/93-5, zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft die beschwerdeführende Partei den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Getränke- und Speiseeissteuer verletzt.
Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Marktgemeinde
erstatteten jeweils eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich gemäß § 57 Abs. 1 erster Satz SbgLAO, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert ist, durch eigenberechtigte Personen oder, soweit die Vertretung, Hilfe- und Beistandsleistung in Abgabensachen nach den geltenden Rechtsvorschriften zu deren Aufgaben und Befugnissen gehören, auch von juristischen Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.
Gemäß § 71 Abs. 1 erster und zweiter Satz WTBO werden die Befugnisse der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt. Gleiches gilt für die Befugnisse von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen im Sinne der Abgabenordnung leisten, sowie der im § 107a Abs. 3 Z. 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen oder Stellen.
Nach § 71 Abs. 2 erster Satz WTBO werden durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die den Revisionsverbänden der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ... zugewiesenen Prüfungs- und Beratungsaufgaben ebenfalls nicht berührt.
§ 107a Abs. 1 und Abs. 3 Z. 6 der Abgabenordnung der verwiesenen (deutschen) Abgabenordnung lautet:
"§ 107a (1) Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ... bedürfen dazu der vorherigen allgemeinen Erlaubnis des Finanzamtes ...
(3) Absatz 1 gilt nicht für
...
6. genossenschaftliche Prüfungsverbände und deren Spitzenverbände, genossenschaftliche Treuhand- und ähnliche genossenschaftliche Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten;"
Demnach durfte der XY-Verband in dem Abgabensachen betreffenden verwaltungsbehördlichen Verfahren zur Vertretung der Beschwerdeführerin vor den Gemeindeabgabenbehörden bevollmächtigt werden.
Der XY-Verband war im verwaltungsbehördlichen Verfahren jedoch nicht zustellungsbevollmächtigt, weil in der Vollmachtsurkunde der Text, daß "gleichzeitig ... die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde" erteilt wird, gestrichen ist.
Die Zustellung einer Erledigung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, entsprechend der Zustellverfügung vermag gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten; dies selbst im Falle des tatsächlichen Zukommens an die Partei, weil weder ein Fall des § 7 ZustG noch des § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustG vorliegt (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 1186, und das dort angeführte Erkenntnis vom 18. Mai 1988, Zl. 87/02/0150).
Die als Abgabenbescheid intendierte Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz ist daher mangels einer für die Beschwerdeführerin rechtswirksamen Zustellung als Bescheid rechtlich nicht existent geworden. Die Berufungsbehörde hätte daher die Berufung als unzulässig zurückweisen müssen, ihre Entscheidung in der Sache war rechtswidrig. Für die belangte Behörde ergab sich daraus, daß sie den Berufungsbescheid hätte beheben müssen. Der angefochtene Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig.
Für das fortzusetzende Verfahren ergibt sich daraus, daß nach erfolgter Aufhebung des Berufungsbescheides durch die Vorstellungsbehörde die Abgabenbehörde erster Instanz, die einen Bescheid bisher noch nicht erlassen hat, über die in den Eingaben der Beschwerdeführerin vom 19. Dezember 1990, 29. April 1991 und 14. Mai 1991 gestellten Anträge zu entscheiden haben wird.
Ferner wird für das fortzusetzende Verfahren noch folgendes ausgeführt:
Gemäß § 145 Abs. 1 SbgLAO hat die Abgabenbehörde, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.
§ 148 SbgLAO in der Stammfassung - nur der zweite Satz in Abs. 2 wurde mit der Novelle LGBl. Nr. 54/1983 eingefügt - lautet:
"(1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch die Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung festgesetzt.
(2) Die Abgabenbehörde hat die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung unterläßt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefaßt erfolgen. Von der bescheidmäßigen Festsetzung ist abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebt."
Die vorliegende Regelung der SbgLAO weicht von anderen verfahrensrechtlichen Regelungen betreffend die Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben insofern ab, als in § 148 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. angeordnet wird, daß von der bescheidmäßigen Festsetzung abzusehen ist, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel der Selbstbemessungserklärung behebt. Der Salzburger Landesgesetzgeber hat damit - ausgehend von der grundsätzlichen Anordnung, daß die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt gilt - eine Durchbrechung dieser Festsetzungswirkung nicht nur durch Festsetzung der Abgabe mittels Abgabenbescheides, sondern auch durch eine "nachträgliche Mängelbehebung" des Abgabepflichtigen selbst vorgesehen. Die nachträgliche Behebung des ursprünglichen Mangels ist selbst wiederum eine Erklärung über die Selbstbemessung der Abgabe. Diese Regelung wurde nach den Erläuterungen zur Vorlage der Landesregierung betreffend die SbgLAO, 11 BlgLT Sbg 4. Session der 4. Wahlperiode, aus "arbeitsökonomischen Gründen" vorgesehen. Danach werde "festgelegt, daß in jenen Fällen, in denen an sich die Verpflichtung der Behörde gegeben wäre, die Abgabe durch Bescheid festzusetzen, davon abzusehen ist, wenn der Abgabepflichtige - z.B. auf Grund einer erfolgten Nachschau - nachträglich den Mangel behebt, d.h. die unterlassene Erklärung und zwar mit richtigem Inhalt nachträglich doch legt, eine unvollständige Erklärung vervollständigt oder die ursprünglich zu niedrige Selbstbemessung auf die richtige Höhe bringt."
Und an anderer Stelle der Regierungsvorlage, auf die in der Erläuterung der hier in Rede stehenden Bestimmung verwiesen wird, heißt es, diese neue Erklärung ersetze vollinhaltlich die erste Erklärung. Erweise sich diese nunmehrige Erklärung als richtig, dann werde in diesem Falle die Abgabenbehörde genauso wenig eine Veranlassung haben, einen Abgabenbescheid zu erlassen, wie in dem Regelfalle, daß schon die erste Erklärung richtig gewesen sei. Erweise sich jedoch diese zweite Erklärung als unvollständig oder die darin enthaltene Selbstbemessung als zu niedrig, dann werde die Abgabenbehörde genauso wie in jenen Fällen, in denen eine Abgabenerklärung überhaupt unterlassen werde oder die nicht durch eine Erklärung ersetzte Erklärung unvollständig oder die darin enthaltene Selbstbemessung zu niedrig sei, nach Durchführung des notwendigen Ermittlungsverfahrens einen Bescheid zu erlassen haben.
Die Verfahrensrechtslage ist in Salzburg also, wie der Wortlaut des Gesetzes und seine Materialien zeigen, durch ein mehrstufiges Selbstbemessungsverfahren (Berichtigungsmöglichkeit der Selbstbemessung durch den Abgabepflichtigen selbst) gekennzeichnet. Sollte die belangte Behörde dahin zu verstehen sein, daß sie meint, nur im Falle der dem Gesetz entsprechenden Berichtigung trete die Festsetzungswirkung der Abgabe ein, andernfalls nicht, könnte ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen, weil das Gesetz zwischen den Wirkungen der Selbstbemessungserklärungen nicht differenziert und diese ganz entscheidende Rechtsfolge im Falle einer Berichtigung nach § 148 Abs. 2 letzter Satz SbgLAO dann stets bis zu einer bescheidmäßigen Erledigung in Schwebe bliebe (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1995, Zlen. 93/17/0187 u.a.).
Auf dem Boden dieser Rechtslage hatte die mitbeteiligte Marktgemeinde davon auszugehen, daß die Getränkesteuer für die Jahre 1985 bis 1989 auf Grund der berichtigten Getränkeabgabeerklärung vom 19. Dezember 1990 unter Wegfall des Außerortverbrauchs als festgesetzt gegolten hat. Mit der berichtigten Getränkeabgabeerklärung vom 29. April 1991 hat gleiches für das Jahr 1990 gegolten. Mit der weiteren berichtigten Getränkesteuererklärung vom 14. Mai 1991 wurden diese Erklärungen teilweise neuerlich berichtigt. Damit galt für die Jahre 1989 bis März 1991 die Getränkesteuer in dem mit der Erklärung vom 14. Mai 1991 erklärten Ausmaß als festgesetzt. Für die Jahre 1985 bis 1988 hatte - wie bereits angeführt - die Getränkesteuer auf Grund der berichtigten Getränkeabgabeerklärung vom 19. Dezember 1990 in dem Umfang dieser Erklärung als festgesetzt gegolten. In der Eingabe vom 14. Mai 1991, mit der die Getränkeabgabeerklärung für die Jahre 1989 bis März 1991 (teilweise neuerlich) berichtigt wurde, findet sich auch die Äußerung: "Darüber hinausgehende Forderungen, die wir in unseren Anbringen vom 19. Dezember 1990 und 29. April 1991 geltend gemacht haben, sind als gegenstandslos zu betrachten". Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ist nun entscheidend, welcher Inhalt dieser Äußerung beigemessen wird. Dies deshalb, weil bei mehreren zeitlich aufeinanderfolgenden, denselben Zeitraum betreffenden Abgabenerklärungen die jeweils letzte "Mängelbehebungserklärung" als die relevante Abgabenfestsetzung gilt. Die Gemeindeabgabenbehörde hätte sich daher damit auseinandersetzen müssen, welchen Inhalt und welche Wirkung dieser Äußerung beizumessen ist. Davon hängt nämlich ab, ob ab dem Zeitpunkt der Einbringung dieser Äußerung die Getränkeabgabe für die Jahre 1985 bis 1988 auf Grund der ursprünglichen oder der berichtigten Getränkeabgabeerklärung vom 19. Dezember 1990 als festgesetzt gegolten hat. Ausgehend von einer ingesamt unrichtigen Rechtsauffassung sind die Gemeindeabgabenbehörden auf diese Umstände aber nicht eingegangen, sodaß hinsichtlich der Getränkeabgabe für die Jahre 1985 bis 1988 ein wesentlicher Begründungsmangel vorliegt.
Der mitbeteiligten Marktgemeinde wäre bis zum Inkrafttreten des Art. II FAG-Novelle 1991 die Möglichkeit offengestanden, eine den berichtigenden Selbstbemessungserklärungen - ihrer Auffassung nach - anhaftende Unrichtigkeit betreffend den Außerortverbrauch zum Anlaß einer bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung zu nehmen.
Mit der Abweisung von vermeintlichen Anträgen auf (Neu)Festsetzung der seinerzeit (einschließlich des Außerortverbrauches) erklärten Getränkesteuer hat die Gemeindeabgabenbehörde zweiter Instanz verkannt, daß ein solcher Antrag nicht vorlag. Auch damit hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, so daß sich ein Eingehen auf den übrigen Bescheidinhalt erübrigt.
Die von der Abgabenbehörde zweiter Instanz getroffene Entscheidung betreffend Getränkesteuer für die Jahre 1989 bis März 1991 (betreffend Getränkesteuer für die Jahre 1985 bis 1988 ist vorweg von der Gemeindeabgabenbehörde noch zu klären, welche Wirkung der Äußerung in der Eingabe vom 14. Mai 1991 zukommt, sodaß insoweit abschließend keine Feststellungen getroffen werden können) ist aber auch aus einem anderen Grund rechtswidrig. Auch von Amts wegen hätte eine Entscheidung dieses Inhaltes, wonach eine Neufestsetzung der seinerzeit unter Einschluß des Außerortverbrauches erklärten Getränkesteuer unter nunmehrigem Ausschluß derselben unterbleibt, nicht getroffen werden dürfen.
Die Gemeindeabgabenbehörden hätten nämlich in den Beschwerdefällen davon auszugehen gehabt, daß die Getränkesteuer durch die berichtigten Abgabenerklärungen unter Ausschluß des Außerortverbrauches von der Bemessungsgrundlage als festgesetzt gegolten hat. Auf DIESEN Sachverhalt ist aber die zur Begründung des Bescheides herangezogene Verfassungsbestimmung des Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991, in Kraft getreten am 28. Dezember 1991, nicht anwendbar.
Diese Verfassungsbestimmung lautet nämlich:
"(3) Eine Neufestsetzung der Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken gemäß § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, oder § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1989 auf Grund der Unrichtigkeit der Selbstbemessung gemäß den Vorschriften der Landesgabenordnungen unterbleibt, soweit diese Unrichtigkeit damit begründet wird, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfaßt, die nicht in der Gemeinde verbraucht wurden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden."
Im Bericht des Finanzausschusses, 356 BlgNR 18.GB, heißt es zu dieser Bestimmung:
"Ein außerordentliches, die Gemeinden geradezu überforderndes Problem stellen die unzähligen, in den letzten Monaten und Wochen einlangenden Anträge von Supermärkten dar, in denen die Rückzahlung der gesamten oder zumindest eines Großteils der in den letzten Jahren von den Konsumenten eingehobenen und an die Gemeinden abgeführten Getränkesteuer beantragt wird, wobei es den Gemeinden auf Grund ihrer beschränkten Verwaltungskapazität schwer fällt, zu beweisen, wieviele der verkauften Getränke nun im Gemeindegebiet verbraucht worden sind. Mit der in Art. II § 2 Abs. 3 enthaltenen Bestimmung wird daher normiert, daß eine Festsetzung der Abgaben ab dem Inkrafttreten dieser Bestimmung, also dem Tag nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, nicht zu erfolgen hat, wenn sich die behauptete Unrichtigkeit aus dem Verbrauch außerhalb des Gemeindegebiets ergibt. Diese Bestimmung bedeutet allerdings nicht, daß rückwirkend oder auch nur ab deren Inkrafttreten für die nicht im Gemeindegebiet verbrauchten Getränke Getränkesteuer zu bezahlen wäre, sondern erfaßt nur die bereits an die Gemeinden abgeführten Steuererträge."
Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1993, G 6/93 und Folgezahlen, hat der Verfassungsgesetzgeber für die im Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991 umschriebenen Fälle, also alle, in denen eine Neufestsetzung der Abgaben von Amts wegen oder über Antrag seine Begründung in dem genannten Umstand fände (nämlich daß sich die behauptete Unrichtigkeit aus dem Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes ergibt), angeordnet, daß eine Neufestsetzung für in der Vergangenheit verwirklichte Sachverhalte der umschriebenen Art zu unterbleiben hat.
Im vorliegenden Fall erfassen nur die seinerzeitigen Abgabenerklärungen den Außerortverbrauch (das ist der Tatbestand, an den Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991 anknüpft), nicht aber die berichtigten Abgabenerklärungen vom 19. Dezember 1990 und vom 29. April 1991 bzw. vom 14. Mai 1991. Da aber die letzteren Mängelbehebungserklärungen als die relevanten Abgabenfestsetzungen gelten, hätte wohl der Umfang des aus der Selbstbemessung ausgeschiedenen Außerortverbrauches in einem entsprechenden Ermittlungsverfahren der Abgabenbehörden geprüft werden können, unzutreffend war es hingegen, auf die seinerzeitige (überholte) Abgabenerklärung zurückzugreifen und darauf den Art. II § 2 Abs. 3 FAG-Novelle 1991 mit der in den Abgabenbescheiden ausgesprochenen Wirkung anzuwenden, daß eine Neufestsetzung (bezogen auf die seinerzeitigen Abgabenerklärungen, die den Außerortverbrauch einbezogen hatten) nicht mehr erfolgen dürfe.
Der Abspruch in der Berufungsentscheidung der Gemeindevorstehung der mitbeteiligten Marktgemeinde, in der über die "Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 26.09.1991" abgesprochen werde, erschöpft sich schließlich darin, der Berufung teilweise Folge zu geben. Der Spruch eines Bescheides ist die Willenserklärung der Behörde. Der normative - rechtsgestaltende oder rechtsfeststellende - Inhalt muß sich aus der Formulierung der Erledigung ergeben. Im formal als "Spruch" bezeichneten Teil der Berufungsentscheidung wird nur ausgesprochen, daß der Berufung teilweise Folge gegeben wird, nicht aber auch, inwieweit der Berufung Folge gegeben wurde und wie nun der Bescheidspruch des angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides abgeändert wird und somit lautet.
Der angefochtene Bescheid war aus den weiter oben dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht Vorstellung Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Zustellung Vertretungsbefugter juristische PersonEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993170318.X00Im RIS seit
29.01.2002