TE Bvwg Erkenntnis 2024/7/31 W240 2289136-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.07.2024
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Entscheidungsdatum

31.07.2024

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 61 heute
  2. FPG § 61 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2022
  3. FPG § 61 gültig von 01.06.2016 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  4. FPG § 61 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. FPG § 61 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. FPG § 61 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. FPG § 61 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011

Spruch


W240 2289136-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Tanja FEICHTER über die Beschwerde von XXXX StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2024, Zl. 1384015506/240176739, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Tanja FEICHTER über die Beschwerde von römisch 40 StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2024, Zl. 1384015506/240176739, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Georgiens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 30.01.2024 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF hat am 25.07.2019, am 20.01.2020 und am 22.02.2023 in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Weiters hat er am 17.06.2021 und 13.09.2022 in Frankreich sowie am 15.09.2021 in Belgien einen Asylantrag gestellt.

Anlässlich seiner Erstbefragung am 31.01.2024 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei oft im Bauchbereich operiert worden und auch an der Lunge erkrankt, er nehme regelmäßig Medikamente. In Österreich oder einem EU-Staat sei kein Familienangehöriger des BF mit Status aufhältig. Er gab insbesondere an, er sei nach Frankreich geflogen, weil er dort Bekannte habe. Von Frankreich sei er nach Polen gereist, weil er auch dort Freunde habe. Auf der Reise sei ihm schlecht geworden, da habe er in Deutschland um Asyl angesucht. Er habe sich lange im Spital befunden und sei operiert worden. Es sei ihm erklärt worden, dass er das Land verlassen solle und so sei er nach Frankreich gereist. Er sei nach Belgien weitergereist und habe dort um Asyl angesucht. Von Belgien sei er wieder zurück nach Frankreich, dort habe er aber nicht bleiben dürfen. Er sei wieder nach Deutschland, wo er erneut um Asyl angesucht habe. Er habe keine medizinische Behandlung erhalten und so sei er nach Österreich gereist. Er wolle nicht nach Deutschland zurück, auch wenn er sterben müsste, weil er dort nicht beachtet worden sei. Falls er nicht in Österreich bleiben dürfe, wolle er in die Ukraine, da habe er Freunde.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 08.02.2024 ein auf
Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland. Mit Schreiben vom 12.02.2024 erklärte sich Deutschland zur Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich bereit. Aus dem Schreiben ist ersichtlich, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Deutschland abgelehnt wurde.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 08.02.2024 ein auf
Art. 18 Absatz eins, Litera b, der Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland. Mit Schreiben vom 12.02.2024 erklärte sich Deutschland zur Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera d, Dublin III-VO ausdrücklich bereit. Aus dem Schreiben ist ersichtlich, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Deutschland abgelehnt wurde.

3. Am 06.03.2024 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen des Zulassungsverfahrens niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Er tätigte insbesondere folgende Angaben:

„(…)

L: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja.

L: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

A: Ich hatte eine Kopie von meinem Pass aber diese Kopie hat mir die Polizei abgenommen.

Zur Person:

Ich heiße XXXX in Georgien geboren. Ich bin ledig und habe eine Tochter namens XXXX . Sie ist 28 Jahre alt und lebt in Russland bei Ihrer Mutter. Meine Exfreundin heißt XXXX . Ich war 10 Jahre in der Grundschule. Als ich jung war habe ich Georgen verlassen und habe in Russland als Chauffeur gearbeitet. Im Jahr 2017 bin ich wieder nach Georgen gereist und bin in Invalidenpension. Nachgefragt, ich hatte Tuberkulose, Hepatitis C und 5 Magen Darm Operationen. Ich habe noch immer Probleme mit meinem Darm und meinen Stuhlgang und deshalb bin ich Invalide. Nachgefragt, ich habe alle meine Befunde in Deutschland verloren. Ich war auch in Österreich 10 Tage im Spital. Am 08.03. habe ich einen Termin für einen Ultraschal für die Leber und Innereien. Ich heiße römisch 40 in Georgien geboren. Ich bin ledig und habe eine Tochter namens römisch 40 . Sie ist 28 Jahre alt und lebt in Russland bei Ihrer Mutter. Meine Exfreundin heißt römisch 40 . Ich war 10 Jahre in der Grundschule. Als ich jung war habe ich Georgen verlassen und habe in Russland als Chauffeur gearbeitet. Im Jahr 2017 bin ich wieder nach Georgen gereist und bin in Invalidenpension. Nachgefragt, ich hatte Tuberkulose, Hepatitis C und 5 Magen Darm Operationen. Ich habe noch immer Probleme mit meinem Darm und meinen Stuhlgang und deshalb bin ich Invalide. Nachgefragt, ich habe alle meine Befunde in Deutschland verloren. Ich war auch in Österreich 10 Tage im Spital. Am 08.03. habe ich einen Termin für einen Ultraschal für die Leber und Innereien.

Anmerkung: Der AW wird aufgeklärt, dass er sobald er Befunde hat uns diese zukommen lassen soll.

L: Waren Sie in Deutschland in ärztlicher Behandlung?

A: Ja, ich war sogar fast 3 Jahre im Krankenhaus. Ich war mal stationär mal ambulant. Ich hatte dort auch Tuberkulose und wurde auf der Lunge operiert. Nachgefragt, ich habe auch keine Befunde aus Deutschland.

L: Wie geht es Ihnen derzeit gesundheitlich?

A: Es geht mir schlecht. Nachgefragt, Ich habe nur einmal in der Woche Stuhlgang. Ich muss Medikamente nehmen und einen Einlauf machen, dass ich auf die Toilette kann. Mein Lunge ist wieder gesund. Ich habe jedoch noch Hepatitis C.

L: Welche Medikamente nehmen Sie?

A: Ich nehme keine Medikamente regelmäßig. Bei Bedarf nehme ich ein Trinkpulver damit ich auf die Toilette kann.

L: Haben Sie in der EU bzw. in Österreich, in Norwegen, der Schweiz, in Liechtenstein oder in Island aufhältige Eltern, Kinder oder sonstige Verwandte?

A: Nein.

L: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft?

A: Nein..

L: Aufgrund von Fingerabdruckvergleichen steht zweifelsfrei fest, dass Sie bereits am 22.02.2023 in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben. Entspricht dies den Tatsachen?

A: Das stimmt.

L: In welchem Stadium befindet sich Ihr Asylverfahren in Deutschland?

A: Ich habe nichts bekommen. Ich weiß es nicht.

L: Sie haben am 27.02.2024 eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge BFA genannt) gem. §29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen die beabsichtigte Vorgehensweise des BFA mitgeteilt wurde, Ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und worin Sie auch über das Führen von Dublin Konsultationen mit Deutschland informiert wurden. Am 12.02.2024 hat Deutschland die Zustimmung für die Führung Ihres Asylverfahrens erteilt. Es ist daher beabsichtigt, Ihre Ausweisung aus Österreich nach Deutschland zu veranlassen. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ja, ich bin einverstanden, dass ich wieder nach Deutschland gehe. Wenn es das Gesetz so will gehe ich wieder nach Deutschland.

L: Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl liegen schriftliche Feststellungen zur Lage im Mitgliedsland Deutschland vor, insbesondere zur Ausgestaltung des dortigen Asylverfahrens und zur Versorgungslage in diesem Land, einschließlich der medizinischen Versorgung. Wollen Sie in die schriftlichen Feststellungen zu Deutschland Einsicht nehmen, Kopien davon ausgefolgt bekommen, diese teilweise oder zur Gänze übersetzt bekommen?

A: Nein.

L: Möchten Sie zur Lage in Deutschland eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich bin Deutschland sehr dankbar. Ich war fast tot. Mir ging es so schlecht. Deutschland hat mir sehr geholfen. Vielen Dank für die Therapie.

Anmerkung: Die schriftlichen Feststellungen zu Deutschland werden zum Akt genommen.

L: Inwieweit würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Ihr Familien- und Privatleben eingreifen?

Anmerkung: Dem AW wird die Fragestellung näher erläutert, insbesondere dass im Rahmen einer Ausweisungsprüfung verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, Aufenthaltsberechtigungen in Österreich, gewichtige private Interessen an einem Verbleib in Österreich, udgl. berücksichtigt werden.

A: Ich habe niemanden in Österreich.

L: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ich habe alles gesagt.

L: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen?

A: Ja.

L: Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

L: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen vorzubringen?

A: Nein.

(…)“

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.03.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.), sowie die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.).4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.03.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera d, Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig ist (Spruchpunkt römisch eins.), sowie die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Deutschland gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig ist (Spruchpunkt römisch II.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft vorgebracht habe, dass ihm in Deutschland Misshandlung, Verfolgung oder unmenschliche Behandlung drohe. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter, außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei vom Beschwerdeführer nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe daher zu. Der Beschwerdeführer habe auch keine schützenswerten familiären Bindungen in Österreich und habe hier keine Integrationsschritte gesetzt. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führen würde und die Zurückweisungsentscheidung daher auch unter diesen Aspekten zulässig sei. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft vorgebracht habe, dass ihm in Deutschland Misshandlung, Verfolgung oder unmenschliche Behandlung drohe. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter, außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Artikel 4, GRC bzw. Artikel 3, EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei vom Beschwerdeführer nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG 2005 treffe daher zu. Der Beschwerdeführer habe auch keine schützenswerten familiären Bindungen in Österreich und habe hier keine Integrationsschritte gesetzt. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin III-VO sowie von Artikel 7, GRC bzw. Artikel 8, EMRK führen würde und die Zurückweisungsentscheidung daher auch unter diesen Aspekten zulässig sei.

5. Gegen diesen Bescheid wurde durch die BBU Beschwerde (das Vollmachtsverhältnis zur BBU wurde mittlerweile aufgelöst) erhoben. In der Beschwerde wurde insbesondere ausgeführt, der BF habe angegeben an verschiedenen gesundheitlichen Problemen zu leiden (Probleme mit dem Darm, Hepatitis C). Hierzu seien aktuelle Befunde beigelegt worden. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, hätte diese zur Erkenntnis kommen müssen, dass die zwingende Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gem. Art 17 Dublin-III VO geboten gewesen wäre und eine Verletzung von Art 3 EMRK nicht ausgeschlossen werden könne.5. Gegen diesen Bescheid wurde durch die BBU Beschwerde (das Vollmachtsverhältnis zur BBU wurde mittlerweile aufgelöst) erhoben. In der Beschwerde wurde insbesondere ausgeführt, der BF habe angegeben an verschiedenen gesundheitlichen Problemen zu leiden (Probleme mit dem Darm, Hepatitis C). Hierzu seien aktuelle Befunde beigelegt worden. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, hätte diese zur Erkenntnis kommen müssen, dass die zwingende Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gem. Artikel 17, Dublin-III VO geboten gewesen wäre und eine Verletzung von Artikel 3, EMRK nicht ausgeschlossen werden könne.

Zusammen mit der Beschwerde wurden neben Blutbefunden weitere medizinische Unterlagen übermittelt, insbesondere ein ärztlicher Entlassungsbrief vom 06.02.2024, wonach beim BF „negative Aktivitätsbeurteilung (B 90.9), postspezifische pulm. Veränderungen, Zn pulm TBC 2019 oder/und 2021 mit Therapie, Zn Hepatitis C, Zn viermaliger Darm-Opersation (seit der Kindheit) diagnostiziert wurden. Es wurde als Medikation Subutex 0,4 mg und Molaxole Beutel wie bisher empfohlen. Übermittelt wurde zudem eine Bestätigung über den Aufenthalt ab 01.02.2024 bis 06.02.2024 in einer österreichischen Pulmologie, es wurde beim BF eine aktive Komponente von Hepatitis C festgestellt.

6. Es wurde weiters eine Beschwerde des Vereins Zeige übermittelt. Darin wurde insbesondere ausgeführt, das BFA beabsichtige den BF nach Deutschland abzuschieben, doch habe man ihm dort die notwendige medizinische Behandlung nicht zukommen lassen. Falls er nicht in Österreich bleiben dürfe, wolle er nicht nach Georgien, sondern in die Ukraine zurück, weil er in Georgien niemanden habe. Er habe als Chauffeur gearbeitet und nach der Rückreise 2017 habe er eine Invalidenpension erhalten. Er habe Hepatitis C gehabt, Tuberkulose sowie auch fünf Magen-Darmoperationen, die Darmprobleme würden noch immer existent sein. Er nehme derzeit keine Medikamente. Auch sei er mit niemandem in einer Beziehung. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer „jedenfalls ein rechtskonformes Asylverfahren in Deutschland führen könne. Es dürfe die angespannte, politische Lage in Deutschland nicht außer Acht gelassen werden. Die belangte Behörde habe aufgrund der Verfahrensmängel eine oberflächliche bzw unschlüssige Beweiswürdigung getätigt und sich der Gefahr ausgesetzt die Sachlage zu verkennen und eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu treffen.

7. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend oa. Beschwerdeführer wurden zusätzlich die neue Länderinformation der Staatendokumentation zu Deutschland, mit letzter Änderung vom 07.03.2024, eingebracht und der damals noch bevollmächtigten BBU sowie der aktuell aufrechten Rechtsvertretung, dem Verein Zeige, mit einer Frist für eine Stellungnahme übermittelt. Innerhalb der eingeräumten Frist sowie bis dato langte keine Stellungnahmen ein.

8. Mit Beschluss des BVwG vom 02.04.2024 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

9. Laut aktuellem ZMR-Auszug verfügte der BF zudem nur über eine aufrechte Meldung in Österreich bis zum 15.04.2024, erst ab 16.07.2024, somit rund drei Monate später, verfügt er nunmehr wieder über eine Meldeadresse laut ZMR. Laut aktuellem GVS-Auszug war der BF jedoch einem Quartier ab 31.01.2024 bis 16.07.2024 zugewiesen in Österreich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Georgiens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 30.01.2024 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF hat am 25.07.2019, am 20.01.2020 und am 22.02.2023 in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Weiters hat er am 17.06.2021 und 13.09.2022 in Frankreich sowie am 15.09.2021 in Belgien einen Asylantrag gestellt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 08.02.2024 ein auf
Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland. Mit Schreiben vom 12.02.2024 erklärte sich Deutschland zur Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich bereit. Aus dem Schreiben ist ersichtlich, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Deutschland abgelehnt wurde.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 08.02.2024 ein auf
Art. 18 Absatz eins, Litera b, der Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Deutschland. Mit Schreiben vom 12.02.2024 erklärte sich Deutschland zur Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera d, Dublin III-VO ausdrücklich bereit. Aus dem Schreiben ist ersichtlich, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Deutschland abgelehnt wurde.

Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Deutschland finden sich keine Anhaltspunkte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.

1.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

1.3. Der Beschwerdeführer leidet an keinen derart schwerwiegenden physischen oder psychischen Erkrankungen, welche einer Überstellung nach Deutschland entgegenstehen.

1.4. Der BF hat keine entscheidungsrelevanten familiären oder sozialen Bindungen in Österreich. Eine besondere Integrationsverfestigung liegt ebenfalls nicht vor.

Der BF verfügte nur über eine aufrechte Meldung laut ZMR in Österreich bis zum 15.04.2024 und dann erst wieder ab 16.07.2024, somit rund drei Monate später.

Folgende aktuelle Länderberichte wurden in gegenständliches Verfahren im Rahmen des Parteiengehörs durch das BVwG eingebracht, es lange keine Stellungnahme dazu ein:


3.         Allgemeines zum Asylverfahren

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Für das erstinstanzliche Asylverfahren zuständig ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Beschwerden können an die zuständigen Verwaltungsgerichte oder weiter an übergeordnete Gerichte (Gerichtshöfe) gerichtet werden (AIDA 4.2023; vgl. BAMF 10.2023, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Für das erstinstanzliche Asylverfahren zuständig ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Beschwerden können an die zuständigen Verwaltungsgerichte oder weiter an übergeordnete Gerichte (Gerichtshöfe) gerichtet werden (AIDA 4.2023; vergleiche BAMF 10.2023, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

Überblick über das deutsche Asylverfahren:

(Quelle: AIDA 4.2023)

Nach Angaben der Bundesregierung haben in den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 188.967 Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt, was einem Anstieg von 78,1% gegenüber 2022 entspricht. Die meisten Antragsteller kamen aus Syrien, Afghanistan, Türkei, Iran und Irak (HRW 11.1.2024).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Hoffmeyer-Zlotnik/Stiller (Autoren) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher); Country Report Germany 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-DE_2022update.pdf, Zugriff 27.2.2024

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2023): Ablauf des deutschen Asylverfahrens, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=31, Zugriff 27.2.2024

-        HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103213.html, Zugriff 1.3.2024
4.         Dublin-Rückkehrer

Im Jahr 2022 wurden 3.700 Überstellungen nach Deutschland durchgeführt, verglichen mit 4.274 im Jahr 2021, 4.369 im Jahr 2020 und 6.087 im Jahr 2019. Im Jahr 2022 kamen die meisten Überstellungsersuchen an Deutschland aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Es gibt keine Berichte darüber, dass Dublin-Überstellte nach der Überstellung nach Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren oder andere Probleme hatten. Es gibt kein einheitliches Verfahren für die Aufnahme und Weiterbehandlung von Dublin-Überstellten. Wenn sie bereits in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, sind sie in der Regel verpflichtet, in die Region zurückzukehren, der sie während ihres früheren Asylverfahrens in Deutschland zugewiesen wurden. Wurde ihr Antrag bereits rechtskräftig abgelehnt, ist es möglich, dass sie bei der Rückkehr nach Deutschland in Schubhaft genommen werden (AIDA 4.2023).

Dublin-Überstellungen nach Deutschland müssen in einem kontrollierten Umfeld durchgeführt werden. Das heißt, die deutschen Behörden sind im Voraus über die Ankunft des Antragstellers informiert. Nach Ankunft muss sich der Rückkehrer bei einer staatlichen Behörde (in der Regel der Bundespolizei) melden, welche die Ankunft dokumentiert. Im Falle der Ersteinreise nach Deutschland registriert die Bundespolizei den Betreffenden und verweist ihn an die nächstgelegene Erstaufnahmeeinrichtung. Bei einer Wiedereinreise nach Deutschland (Wiederaufnahme, Folgeantrag) wird der Antragsteller an die zuständige Aufnahmeeinrichtung verwiesen. In beiden Fällen wird dem Antragsteller ein Zugticket und ein Dokument zur Ermittlung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt. Der Antragsteller reist selbständig zur angegebenen Aufnahmeeinrichtung. Der Zugang zu Unterkünften und anderen materiellen Aufnahmebedingungen erfordert keinen gesonderten Antrag, sondern wird automatisch gewährt, wenn der Behörde die Existenz des Leistungsempfängers und dessen Anspruch auf die Leistungen bekannt ist. Daher empfiehlt es sich, nach Überstellung nach Deutschland, die Leistungsstelle persönlich zu kontaktieren. Wenn der Rückkehrer nicht bereits als Asylwerber in Deutschland registriert ist, ist ein Asylantrag und die entsprechende Registrierung gemäß Asylgesetz erforderlich. Die nötigen Schritte werden so schnell als unternommen, um grundlegende Bedürfnisse wird sich innerhalb von Stunden oder Tagen gekümmert (BAMF/EUAA 5.3.2024).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Hoffmeyer-Zlotnik/Stiller (Autoren) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher); Country Report Germany 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-DE_2022update.pdf, Zugriff 27.2.2024

-        BAMF/EUAA – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) [Deutschland] (Autor) / European Union Agency for Asylum (EUAA) (Veröffentlicher) (2.5.2023): Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Germany, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-05/factsheet_dublin_transfers_de.pdf, Zugriff 5.3.2024
5.         Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA)/ Vulnerable

Vulnerable:

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift bzw. Mechanismus zur systematischen Identifizierung vulnerabler Personen im Asylverfahren, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Dies ist Gegenstand von Kritik. Nach Ansicht des BAMF ist die Identifizierung vulnerabler Antragsteller Aufgabe der Bundesländer, die auch für Aufnahme und Unterbringung zuständig sind. Die Praxis der Identifizierung in den Aufnahmezentren der Bundesländer ist unterschiedlich. Kurz nach der Registrierung des Asylantrags im Ankunftszentrum sollte bei allen Asylwerbern eine medizinischen Untersuchung durchgeführt werden, die sich jedoch auf die Identifizierung übertragbarer Krankheiten konzentriert. Es gibt keinen gemeinsamen Ansatz für den Zugang zu sozialen Diensten oder anderen Beratungseinrichtungen. Dies hängt davon ab, wie die Bundesländer und das BAMF das Verfahren in den jeweiligen Zentren organisieren. Rund zwei Drittel aller Bundesländer haben auch Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt in Gewalt in den Unterbringungseinrichtungen erlassen (AIDA 4.2023).

Das BAMF verfügt nicht über spezialisierte Einheiten, die sich mit vulnerablen Gruppen befassen. Alle Entscheider absolvieren das EUAA-Schulungsmodul zum Thema "Befragung von vulnerablen Personen". Wenn Informationen vorgelegt werden, die auf eine Vulnerabilität hindeuten, werden diese an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet, der Maßnahmen ergreifen kann. Für bestimmte Gruppen von Vulnerablen setzt das BAMF sogenannte Sonderbeauftragte ein, die für deren Verfahren zuständig sind und ihre Kollegen im Umgang mit vulnerablen Antragstellern beraten. Die Richtlinien des BAMF sehen vor, dass die folgenden Fälle besonders sensibel und gegebenenfalls von speziell geschulten Entscheidern behandelt werden: unbegleitete Minderjährige; Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung; Opfer von Menschenhandel; und Opfer von Folter und Traumatisierung. Stellt sich während der Anhörung heraus, dass ein Asylwerber zu einer dieser Gruppen gehört, ist der Beamte, der die Anhörung durchführt, verpflichtet, zusätzlich zur Benachrichtigung der Aufnahmeeinrichtung einen Sonderbeauftragten hinzuzuziehen. Anwälte haben berichtet, dass die Einführung von Sonderbeauftragten zu einer gewissen Verbesserung bei der Bearbeitung von sensiblen Fällen geführt hat, aber es gab auch Beispiele von Fällen, in denen Hinweise auf Traumata und sogar ausdrückliche Hinweise auf Folter nicht dazu führten, dass Sonderbeauftragte hinzugezogen wurden (AIDA 4.2023).

In Deutschland liegt die Unterbringung von Asylwerbern in der Zuständigkeit der Bundesländer. Nach ihrer Ankunft und Registrierung sind Asylwerber gesetzlich verpflichtet, während der Prüfung des Asylantrags in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu bleiben. Für Familien mit minderjährigen Kindern gilt diese Verpflichtung allerdings nur für bis zu sechs Monate und für Vulnerable kann diese generell beendet werden, wenn z.B. eine besondere Unterbringung notwendig ist. Die Bundesländer prüfen, ob die Antragsteller besondere Unterbringungsbedürfnisse haben und berücksichtigen diese durch besondere Maßnahmen. So werden beispielsweise Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, und ihre minderjährigen Kinder in der Regel gemeinsam in besonders geschützten Bereichen der Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Einige Bundesländer bieten spezielle Aufnahmeeinrichtungen, z.B. für allein reisende Frauen und Familien, Personen mit körperlichen Behinderungen, LGBTIQ-Personen oder Opfer von Menschenhandel (BAMF/EUAA 5.3.2023).

2019 wurden die Bundesländer verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Schutz von Frauen und vulnerablen Personen bei der Unterbringung von Asylwerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen zu gewährleisten (AIDA 4.2023). In einigen Bundesländern gibt es spezielle Programme zur Identifizierung vulnerabler Personen und spezielle Programme zu deren Schutz vor Gewalt (BAMF/EUAA 5.3.2023). Besondere Bedürfnisse sollen im Rahmen des Aufnahmeverfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen berücksichtigt werden, und Sozialarbeiter oder medizinisches Personal in den Aufnahmeeinrichtungen können bei der spezifischen medizinischen Behandlung helfen. Die Praktiken unterscheiden sich jedoch von Bundesland zu Bundesland und auch von Kommune zu Kommune. Die AnkER-Zentren und die funktional gleichwertigen Aufnahmezentren sehen in der Regel eine getrennte Unterbringung von allein reisenden Frauen und teilweise auch von anderen vulnerablen Gruppen vor (AIDA 4.2023). NGOs bieten Beratung oder Hilfe durch niedrigschwellige psychosoziale Beratung vor Ort; sie können die Betroffenen an externe professionelle Dienste verweisen (BAMF/EUAA 5.3.2023).

Unbegleitete Minderjährige:

Unbegleitete Minderjährige, die nicht aufgrund irregulärer Einreise sofort zurückgeführt werden, werden in der Gemeinde, in der sie den ersten Behördenkontakt hatten oder aufgegriffen wurden, in die vorläufige Obhut des Jugendamtes genommen. In dieser Phase der vorläufigen Inobhutnahme prüft das örtliche Jugendamt, welches Jugendamt letztlich zuständig ist und ob der Minderjährige dem bundesweiten Verteilungsverfahren unterzogen werden kann. Nachdem das zuständige Jugendamt ermittelt wurde, wird das reguläre Inobhutnahmeverfahren eingeleitet. Es umfasst die Bestellung eines Vormunds durch das zuständige Familiengericht und das so genannte Clearingverfahren, bei dem geprüft wird, ob es Alternativen zum Asylantrag gibt, wie z.B. die Familienzusammenführung in einem Drittstaat oder die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Der Vormund muss den Asylantrag für den unbegleiteten Minderjährigen schriftlich bei der zuständigen Außenstelle des BAMF stellen. Der Vormund fungiert als gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen in allen rechtlichen Angelegenheiten, einschließlich des Asylverfahrens, aber auch als persönlicher Ansprechpartner für die Entwicklung von Zukunftsperspektiven und für die vom Jugendamt durchgeführte Unterstützung. In den meisten Fällen fungiert das Jugendamt als Vormund für den Minderjährigen, aber es gibt auch ehrenamtliche Vormunde mit spezieller Ausbildung. Oft sind die von den Jugendämtern bestellten Vormunde nicht in der Lage, die Minderjährigen im Asylverfahren ausreichend zu betreuen, da sie überlastet sind. Manche Vormunde in den Jugendämtern sind für bis zu 50 Minderjährige gleichzeitig zuständig. Eine weitere Herausforderung ist das fehlende spezifische Wissen über das Asylrecht, vor allem bei ehrenamtlichen Vormunden (AIDA 4.2023).

Das BAMF ist nicht für die Altersfeststellung zuständig, sondern verweist alle vorgeblich unbegleitet minderjährigen Asylwerber an das örtliche Jugendamt. Während der vorläufigen Inobhutnahme muss das Jugendamt das Alter des unbegleiteten Minderjährigen feststellen. Dies geschieht entweder durch Dokumente oder auf Basis einer „qualifizierten Überprüfung“ (Gespräch, visueller Eindruck) durch zwei erfahrene Mitarbeiter des Amtes. Im Rahmen dieser qualifizierten Überprüfung kann das Amt Sachverständige und Zeugen anhören oder schriftliche Beweise sammeln. Nur in Fällen, in denen Zweifel am Alter auf diese Weise nicht ausgeräumt werden können, kann das Jugendamt eine ärztliche Untersuchung mit den "sorgfältigsten Methoden" veranlassen. In der Praxis werden unterschiedliche Methoden angewandt, darunter Röntgenaufnahmen des Gebisses, des Schlüsselbeins oder des Handgelenks. Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel möglich, dieses hat aber keine aufschiebende Wirkung. In der Praxis werden die Ergebnisse der Altersfeststellung jedoch nur selten angefochten. Da für die Altersfeststellung verschiedene Jugendämter und Familiengerichte zuständig sind, liegen keine Statistiken über die Anzahl und den Ausgang von Altersfeststellungen vor (AIDA 4. 2023).

Für unbegleitete Minderjährige muss sich das Jugendamt um eine angemessene Unterbringung bemühen. Das kann in einer privaten Unterbringung bei Verwandten, bei Pflegefamilien, in allgemeinen Kinderheimen oder in speziellen, auf die Bedürfnisse ausländischer unbegleiteter Minderjähriger zugeschnittenen Kinderheimen (Clearinghäusern) der Fall sein. Die Art der Unterbringung variiert je nach Bundesland und den verfügbaren Kapazitäten. Unbegleitete Minderjährige bleiben in der Regel nicht an dem Ort, an dem sie angekommen sind, sondern können im Rahmen eines Verteilungssystems auf andere Orte in Deutschland verteilt werden (AIDA 4.2023). Allein reisende unbegleitete Minderjährige werden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen außerhalb der Aufnahmeeinrichtungen in Wohngruppen oder Jugendzentren untergebracht, die von den mit der Inobhutnahme betrauten örtlichen Jugendämtern betrieben werden (BAMF/EUAA 5.3.2023). Im Jahr 2021 wurden 11.278 neu ankommende unbegleitete Minderjährige in die Obhut eines Jugendamtes gegeben (im Vergleich zu 7.563 im Jahr 2020) (AIDA 4.2023).

Grundsätzlich gilt das Recht und die Pflicht zum Schulbesuch für alle Kinder in Deutschland, unabhängig von ihrem Status. Da das Bildungssystem jedoch in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, gibt es einige wichtige Unterschiede in Gesetzgebung und Praxis (AIDA 4.2023).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Hoffmeyer-Zlotnik/Stiller (Autoren) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher); Country Report Germany 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-DE_2022update.pdf, Zugriff 27.2.2024

-        BAMF/EUAA – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) [Deutschland] (Autor) / European Union Agency for Asylum (EUAA) (Veröffentlicher) (2.5.2023): Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Germany, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-05/factsheet_dublin_transfers_de.pdf, Zugriff 5.3.2024
6.         Non-Refoulement

Deutschland führt eine Liste sicherer Herkunftsstaaten. Zusätzlich führt Deutschland eine Liste sicherer Drittstaaten, von denen angenommen werden kann, dass sie die Flüchtlingskonvention von 1951 und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) anwenden. Letztere Liste umfasst derzeit Norwegen und die Schweiz (AIDA 4.2023).

Wenn Asylsuchende bereits in einem "sonstigen Drittstaat" vor Verfolgung sicher waren, ist dies ein Grund für Unzulässigkeit. Eine solche Sicherheit wird vermutet, wenn der Antragsteller im Besitz eines Reisedokuments aus diesem Land ist oder sich dort mehr als drei Monaten aufhielt, ohne von Verfolgung bedroht zu sein. Der Antragsteller kann diese Vermutung widerlegen, indem er eine Verfolgungsbedrohung glaubhaft macht. Die Bestimmung wird selten angewendet (24-mal im Jahr 2020, 4-mal im Jahr 2021 und 6-mal im Jahr 2022) (AIDA 4.2023).

Die Einreise in das Hoheitsgebiet muss verweigert werden, wenn ein Migrant an der Grenze ohne die erforderlichen Dokumente für eine legale Einreise erscheint und wenn eine sofortige Abschiebung in das Nachbarland (als sicherer Drittstaat) möglich ist. Seit 2013 dürfen Asylwerber nicht mehr in Nachbarländer zurückgeschickt werden, ohne dass ihr Antrag auf internationalen Schutz registriert wurde. Doch selbst wenn Migranten die Grenze überschritten haben - die aufgrund einer im Bundespolizeigesetz (in Anlehnung an den Schengener Grenzkodex) als 30 km langer Streifen definiert ist - haben sie nicht unbedingt das Hoheitsgebiet betreten, und es ist möglich, dass zu diesem Zeitpunkt noch eine Zurückweisung in den Nachbarstaat erfolgt, ohne zu prüfen, welches Land für die Behandlung des Asylantrags zuständig ist. Im Jahr 2022 stellten die Grenzkontrollbehörden insgesamt 34.731 Personen fest, die irregulär nach Deutschland einreisten und Asyl beantragten. Von diesen wurden 34.061 an das BAMF verwiesen. Seit 2015 führt Deutschland an den Grenzen zu Österreich regelmäßig wieder Grenzkontrollen ein (AIDA 4.2023).

Im Jahr 2018 wurde ein umstrittenes Verfahren eingeführt, das es der Bundespolizei ermöglicht, die Einreise an der Grenze zu verweigern und Personen innerhalb von 48 Stunden nach Griechenland und Spanien zurückzuschicken, wenn sie dort zuvor einen Asylantrag gestellt haben. Dieses Verfahren stützt sich auf Verwaltungsvorschriften und spezielle administrative Rückübernahmeabkommen mit den beiden Ländern. Diese Rückführungen beruhen also nicht auf der Dublin-Verordnung, sondern auf einer Einreiseverweigerung nach dem (nationalen) Begriff des sicheren Drittstaates in Kombination mit Verwaltungsvereinbarungen mit anderen EU-Mitgliedstaaten. Seit 2019 wurde sie nur noch auf Personen angewandt, die an der deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffen wurden, da dies die einzige Grenze war, an der weiterhin Kontrollen stattfanden. Die Maßnahme wurde in der Praxis kaum angewandt und stark kritisiert (AIDA 4.2023).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Hoffmeyer-Zlotnik/Stiller (Autoren) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher); Country Report Germany 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-DE_2022update.pdf, Zugriff 27.2.2024
7.         Versorgung

In den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts erhalten Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Grundleistungen (BAMF/EUAA 5.3.2023). Sie erhalten die Leistungen jedoch erst dann in vollem Umfang, wenn sie durch die Ausstellung eines Ankunftsnachweises in der Aufnahmeeinrichtung, der sie zugewiesen wurden, formell den Status eines Asylwerbers erhalten. In der Praxis geschieht dies innerhalb weniger Tage nach ihrer Meldung bei den Behörden. Sie haben mindestens so lange Anspruch auf diese Aufnahmebedingungen, wie sie den Status eines Asylwerbers haben, also in der Regel auch für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens. Asylwerber erhalten sowohl Sach- als auch Geldleistungen nur in der Stadt oder dem Landkreis, dem sie zugewiesen wurden und haben keinen Anspruch auf Leistungen in anderen Teilen Deutschlands, es sei denn, sie erhalten eine behördliche Erlaubnis, sich dorthin zu begeben. Wenn Asylwerber über Einkommen oder Vermögen verfügen, sind sie gesetzlich verpflichtet, diese Mittel einzusetzen, bevor sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten können (AIDA 4.2023).

Voraussetzung für den Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, ist Bedürftigkeit (kein verfügbares Einkommen oder Vermögen). Der Zugang zu Unterkünften und anderen materiellen Aufnahmebedingungen erfordert keinen einen gesonderten Antrag, sondern wird automatisch gewährt, wenn der Behörde die Existenz des Leistungsempfängers und dessen Anspruch auf diese Leistungen bekannt ist (BAMF/EUAA 2.5.2023).

Das Asylbewerberleistungsgesetz sichert den Grundbedarf und regelt die Versorgung. Es gilt für Anspruchsberechtigte, u.a. für Asylwerber sowie Ausreisepflichtige (z.B. abgelehnte Asylwerber oder Inhaber von Duldungen). Folgende Leistungen sind gemäß Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehen:

- Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt;

- Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Alltag (sogenanntes Taschengeld);

- Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt;

- bei besonderen Umständen auch weitere Leistungen, die vom Einzelfall abhängen (BAMF o.D.a).

Nach dem Gesetz erhalten Asylwerber, die in Aufnahmezentren untergebracht sind, nur Sachleistungen, in der Praxis erhalten sie das Taschengeld jedoch häufig in bar. Für Asylwerber in dezentralen Sammelunterkünften können Sachleistungen erbracht werden. Allein lebende Asylwerber müssen das Taschengeld in bar erhalten. Für diejenigen, die außerhalb von Aufnahmezentren leben, müssen die Kosten für Unterkunft (Miete), Heizung und Hausrat zusätzlich zu den oben genannten Leistungen erbracht werden, soweit dies notwendig und angemessen ist. Einzelheiten regeln die Bundesländer (BAMF o.D.a).

Nach 18 Monaten überwiegend ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet werden Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz deutschen Staatsangehörigen bei den Leistungen für alte, behinderte und erwerbsgeminderte Personen gleichgestellt (BAMF/EUAA 5.3.2023). Das bedeutet Zugang zu regulären Sozialleistungen (AIDA 4.2023).

Monatliche Leistungen für Asylwerber im Überblick, inkl. Gegenüberstellung regulärer Sozialleistungen (Stand 01.2023):

(Quelle: AIDA 4.2023)

Es gibt Kritik, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht ausreichen würden, um einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten (CERD 21.12.2023).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Hoffmeyer-Zlotnik/Stiller (Autoren) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher); Country Report Germany 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-DE_2022update.pdf, Zugriff 27.2.2024

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (ohne Datum a): Zuständige Aufnahmeeinrichtung, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/Aufnahmeeinrichtung/aufnahmeeinrichtung-node.html, Zugriff 5.3.2024

-        BAMF/EUAA – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) [Deutschland] (Autor) / European Union Agency for Asylum (EUAA) (Veröffentlicher) (2.5.2023): Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Germany, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-05/factsheet_dublin_transfers_de.pdf, Zugriff 5.3.2024

-        CERD – UN Committee on the Elimination of Racial Discrimination (21.12.2023): Concluding observations on the combined 23rd to 26th reports of Germany [CERD/C/DEU/CO/23-26], https://www.ecoi.net/en/file/local/2102670/CERD_C_DEU_CO_23-26_56798_E.pdf, Zugriff 1.3.2024

7.1.    Unterbringung

Im Allgemeinen können 4 Arten von Unterkünften für Asylwerber unterschieden werden:

•        Erstaufnahmezentren (einschließlich Ankunftszentren, spezielle Aufnahmezentren und AnkER-Zentren)

•        Gemeinschaftsunterkünfte

•        Dezentrale Unterbringung

•        Notunterkünfte für den Fall außergewöhnlich hoher Ankunftszahlen

(AIDA 4.2023)

Die Bundesländer sind für die Aufnahme zuständig, das Bundesrecht gibt einen allgemeinen Rechtsrahmen vor. Generell sieht das Asylgesetz ein zweistufiges Aufnahmeverfahren vor. Zunächst werden die Asylwerber für maximal 18 Monate in Erstaufnahmezentren untergebracht. Viele Asylwerber bleiben nicht während der gesamten 18 Monate in den Erstaufnahmeeinrichtungen, da sie nach der Entscheidung über ihren Asylantrag an andere Orte weitergeschickt werden. Nur Asylwerber aus sicheren Herkunftsstaaten sind generell verpflichtet, während der gesamten Dauer ihres Verfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Darüber hinaus können die Bundesländer die Höchstdauer für bestimmte Gruppen von Asylwerbern auf 24 Monate verlängern. Für Minderjährige, ihre Eltern und ihre unverheirateten erwachsenen Geschwister beträgt die maximale Aufenthaltsdauer sechs Monate (AIDA 4.2023; vgl. BAMF/EUAA 5.3.2023).Die Bundesländer sind für die Aufnahme zuständig, das Bundesrecht gibt einen allgemeinen Rechtsrahmen vor. Generell sieht das Asylgesetz ein zweistufiges Aufnahmeverfahren vor. Zunächst werden die Asylwerber für maximal 18 Monate in Erstaufnahmezentren untergebracht. Viele Asylwerber bleiben nicht während der gesamten 18 Monate in den Erstaufnahmeeinrichtungen, da sie nach der Entscheidung über ihren Asylantrag an andere Orte weitergeschickt werden. Nur Asylwerber aus sicheren Herkunftsstaaten sind generell verpflichtet, während der gesamten Dauer ihres Verfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Darüber hinaus können die Bundesländer die Höchstdauer für bestimmte Gruppen von Asylwerbern auf 24 Monate verlängern. Für Minderjährige, ihre Eltern und ihre unverheirateten erwachsenen Geschwister beträgt die maximale Aufenthaltsdauer sechs Monate (AIDA 4.2023; vergleiche BAMF/EUAA 5.3.2023).

In einem zweiten Schritt werden die Asylwerber deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, den Gemeinden weiter Unterbringung zugewiesen. Diese geschieht entweder in Gemeinschaftsunterkünften oder in dezentraler Unterbringung (Wohnungen). Die Verpflichtung, in der Unterbringung der Gemeinde zu bleiben, gilt auch für die gesamte Dauer möglicher Rechtsbehelfsverfahren, aber es gibt regionale Unterschiede und einige Kommunen gewähren auch Zugang zum regulären Wohnungsmarkt (AIDA 4.2023).

Ankunftszentren (in Bayern: Transitzentren) sind eine Form von Erstaufnahmezentren, die an verschiedenen Orten in Deutschland eingerichtet, in denen verschiedene Behörden in denselben Räumlichkeiten untergebracht und in denen Verfahren wie Registrierung, Identitätsprüfung, Anhörung und Entscheidungsfindung gestrafft wurden. Zum selben Zweck wurden im August 2018 die "Ankunft, Entscheidung, Rückführung" (AnkER)-Zentren eingerichtet. Hauptziel war es, alle Aktivitäten an einem Ort zu zentralisieren und das Asylverfahren zu verkürzen. Bis Ende 2020 passten acht Bundesländer ihre Aufnahmeeinrichtungen an das AnkER-Konzept an, ohne dabei zwangsläufig den politisch umstrittenen Namen AnkER-Zentrum für diese Einrichtungen zu verwenden. Nach der Bundestagswahl 2021 erklärte die Bundesregierung, das AnkER-Zentrumskonzept nicht weiter zu verfolgen, in der Praxis existieren die Zentren jedoch weiter (AIDA 4.2023).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Hoffmeyer-Zlotnik/Stiller (Autoren) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE) (Veröffentlicher); Country Report Germany 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-DE_2022update.pdf, Zugriff 27.2.2024

-        BAMF/EUAA – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) [Deutschland] (Autor) / European Union Agency for Asylum (EUAA) (Veröffentlicher) (2.5.2023): Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Germany, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-05/factsheet_dublin_transfers_de.pdf, Zugriff 5.3.2024

7.2.    Medizinische Versorgung

Das Gesetz beschränkt die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern in den ersten 18 Monaten des Aufenthalts auf Fälle akuter Erkrankungen oder Schmerzen, in denen notwendige ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen einschließlich Medikamenten usw. zu garantieren ist (AIDA 4.2023). Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall unverzichtbar sind (BAMF/EUAA 5.3.2023). Schwangere und Wöchnerinnen haben Anspruch auf entsprechende medizinische Versorgung (AIDA 4.2023). Nach 18 Monaten haben Asylwerber Anspruch auf allgemeine Sozialleistungen und somit auch auf Gesundheitsversorgung unter denselben Bedingungen wie deutsche Staatsbürger, die Sozialleistungen erhalten. Generell ist die Praxis des Zugangs zur Gesundheitsversorgung von Bundesland zu Bundesland und teilweise auch von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich (AIDA 4.2023; vgl. BAMF/EUAA 5.3.2023). Leistungsberechtigte können entweder eine dauerhafte elektronische Versicherungskarte einer gesetzlichen Krankenkasse erhalten oder im Falle eines akuten Behandlungsbedarfs einen Krankenschein, der eine Kostenzusage der zuständigen Behörde beinhaltet. In beiden Fällen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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