Entscheidungsdatum
31.07.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W144 2296500-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2024, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 alias römisch 40 alias römisch 40 alias römisch 40 , geb. römisch 40 alias römisch 40 alias römisch 40 , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2024, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF), ein volljähriger Staatsangehöriger von Afghanistan verließ sein Heimatland bereits im August des Jahres 2021 und reiste über den Iran und andere Länder etwa im Oktober 2021 nach Belgien ein, wo er am 09.11.2021 einen Asylantrag stellte. Nach einem knapp dreijährigen Aufenthalt in Belgien begab sich der BF schließlich über Frankreich und die Schweiz am 23.05.2024 ins österreichische Bundesgebiet, wo er (unter Angabe der Identität XXXX , XXXX geb.,) polizeilich aufgegriffen wurde und am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Beschwerdeführer (BF), ein volljähriger Staatsangehöriger von Afghanistan verließ sein Heimatland bereits im August des Jahres 2021 und reiste über den Iran und andere Länder etwa im Oktober 2021 nach Belgien ein, wo er am 09.11.2021 einen Asylantrag stellte. Nach einem knapp dreijährigen Aufenthalt in Belgien begab sich der BF schließlich über Frankreich und die Schweiz am 23.05.2024 ins österreichische Bundesgebiet, wo er (unter Angabe der Identität römisch 40 , römisch 40 geb.,) polizeilich aufgegriffen wurde und am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Zur Person des BF liegt eine Eurodac-Treffermeldung für Belgien vom 09.11.2021 wegen Asylantragsstellung vor.
Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Im Verlauf seiner Erstbefragung vor der LPD Niederösterreich/Flughafen vom 24.05.2024 behauptete der BF am XXXX geboren zu sein und brachte neben seinen Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen vor, dass sich seine Eltern sowie vier Schwestern nach wie vor in Afghanistan befänden. In Belgien habe er einen Asylantrag gestellt, er habe jedoch zweimal negative Entscheidungen bekommen. In allen anderen Ländern sei er nur auf der Durchreise gewesen. Befragt nach dem Stand seines Verfahrens, gab der BF an, dass sein Antrag eben zweimal abgelehnt worden sei, diesbezügliche Unterlagen habe er keine. Nunmehr wolle er in Österreich bleiben.Im Verlauf seiner Erstbefragung vor der LPD Niederösterreich/Flughafen vom 24.05.2024 behauptete der BF am römisch 40 geboren zu sein und brachte neben seinen Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen vor, dass sich seine Eltern sowie vier Schwestern nach wie vor in Afghanistan befänden. In Belgien habe er einen Asylantrag gestellt, er habe jedoch zweimal negative Entscheidungen bekommen. In allen anderen Ländern sei er nur auf der Durchreise gewesen. Befragt nach dem Stand seines Verfahrens, gab der BF an, dass sein Antrag eben zweimal abgelehnt worden sei, diesbezügliche Unterlagen habe er keine. Nunmehr wolle er in Österreich bleiben.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete sodann am 06.06.2024 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Belgien. Mit Mitteilung vom 12.06.2024 stimmte die belgische Dublin-Behörde dem Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung ausdrücklich zu. Unter einem teilten die belgischen Behörden das Alias-Geburtsdatum XXXX des BF mit.Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete sodann am 06.06.2024 ein auf Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Belgien. Mit Mitteilung vom 12.06.2024 stimmte die belgische Dublin-Behörde dem Wiederaufnahmegesuch gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera d, Dublin III-Verordnung ausdrücklich zu. Unter einem teilten die belgischen Behörden das Alias-Geburtsdatum römisch 40 des BF mit.
Der BF wurde am 05.07.2024 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen, wobei er zunächst erklärte, dass seine Angaben anlässlich der Erstbefragung richtig seien. Er habe einen afghanischen Personalausweis, den er vorlege (dieser weist die Daten XXXX , XXXX geb., auf.). in gesundheitlicher Hinsicht gehe es ihm gut, er sei in keiner medizinischen Behandlung. Er habe weder in Österreich, noch sonst in Europa Verwandte, und er lebe auch mit keiner sonstigen Person in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Seit zwei Wochen arbeite er in der Flüchtlingsunterkunft als Lagerarbeiter, wodurch er € 50,- pro Woche verdiene. Einmal habe er im Flüchtlingslager einen Deutschkurs besucht. Nach Vorhalt, dass Belgien zur Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei, entgegnete der BF, dass er nicht nach Belgien zurückkehren wolle, er habe dort zweimal einen negativen Bescheid bekommen, den er jedoch nicht vorlegen könne. Er werde in Belgien keine Zukunft haben, er sei als Minderjähriger dort hingegangen, habe die Schule besucht und die Sprache gelernt, trotzdem habe er negative Bescheide erhalten. Er habe sich ca. dreieinhalb Jahre lang in Belgien aufgehalten, die Behörden in Belgien seien jedoch „ungerecht“ gewesen und hätten ihn aus dem Lager hinausgeschmissen. Dann habe auf der Straße leben müssen, sei jedoch in einem Obdachlosenheim untergebracht worden. Dort habe er gesehen, dass er keine Zukunft habe und sei nach Österreich gereist. Egal, was in den Länderfeststellungen stehe, er sei in Belgien ungerecht behandelt worden und wolle nicht zurückkehren.Der BF wurde am 05.07.2024 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen, wobei er zunächst erklärte, dass seine Angaben anlässlich der Erstbefragung richtig seien. Er habe einen afghanischen Personalausweis, den er vorlege (dieser weist die Daten römisch 40 , römisch 40 geb., auf.). in gesundheitlicher Hinsicht gehe es ihm gut, er sei in keiner medizinischen Behandlung. Er habe weder in Österreich, noch sonst in Europa Verwandte, und er lebe auch mit keiner sonstigen Person in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Seit zwei Wochen arbeite er in der Flüchtlingsunterkunft als Lagerarbeiter, wodurch er € 50,- pro Woche verdiene. Einmal habe er im Flüchtlingslager einen Deutschkurs besucht. Nach Vorhalt, dass Belgien zur Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei, entgegnete der BF, dass er nicht nach Belgien zurückkehren wolle, er habe dort zweimal einen negativen Bescheid bekommen, den er jedoch nicht vorlegen könne. Er werde in Belgien keine Zukunft haben, er sei als Minderjähriger dort hingegangen, habe die Schule besucht und die Sprache gelernt, trotzdem habe er negative Bescheide erhalten. Er habe sich ca. dreieinhalb Jahre lang in Belgien aufgehalten, die Behörden in Belgien seien jedoch „ungerecht“ gewesen und hätten ihn aus dem Lager hinausgeschmissen. Dann habe auf der Straße leben müssen, sei jedoch in einem Obdachlosenheim untergebracht worden. Dort habe er gesehen, dass er keine Zukunft habe und sei nach Österreich gereist. Egal, was in den Länderfeststellungen stehe, er sei in Belgien ungerecht behandelt worden und wolle nicht zurückkehren.
Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 09.07.2024 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Belgien gemäß 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Belgien zulässig sei.Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 09.07.2024 gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Belgien gemäß 18 Absatz eins, Litera d, Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG seine Abschiebung nach Belgien zulässig sei.
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):
„Zu Belgien werden folgende Feststellungen getroffen:
(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 19.12.2023).
[ … ]
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit:
(Quelle: AIDA 4.2023)
Erstinstanzliche Asylbehörde ist das Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose (Commissariat général aux réfugiés et aux apatrides / Commissariaat-generaal voor de vluchtelingen en de staatlozen, CGRA/CGVS) (AIDA 4.2023).
„Aufnahmekrise“
(siehe dazu auch Kapitel 7. Versorgung und seine Unterkapitel; Anm.) Belgien befindet sich seit Mitte Oktober 2021 in einer sogenannten „Aufnahmekrise“, die den Zugang zum Asylverfahren beeinträchtigt, weil immer wieder Asylsuchende wegen mangelnder Unterbringungsplätze im Ankunftszentrum Petit Château/Klein Kasteeltje keine Asylanträge stellen konnten und folglich nicht als Asylwerber galten und bestimmte mit diesem Status verbundene Grundrechte, wie das Recht auf Unterbringung, nicht in Anspruch nehmen konnten. Alternativ wurde die Registrierung auf einer Warteliste angeboten. In einem Urteil vom 19. Januar 2022 verurteilte das Brüsseler Gericht erster Instanz den belgischen Staat diesbezüglich. Nach dem Urteil besserte sich die Situation zunächst, doch mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine kam es wieder zu Behinderungen beim Zugang zum Verfahren. Ende August 2023 erklärte die belgische Regierung, dass sie asylsuchende alleinstehende Männer (2022 machten diese 71% der Asylanträge aus) nicht mehr unterbringen kann, da die Aufnahmekapazitäten vorrangig für Familien, Frauen und Kinder genutzt werden sollen (AP 30.8.2023). Mitte September 2023 hob das oberste belgische Verwaltungsgericht diese Entscheidung der Regierung auf (AP 13.9.2023; vgl. ECRE 22.9.2023).(siehe dazu auch Kapitel 7. Versorgung und seine Unterkapitel; Anmerkung Belgien befindet sich seit Mitte Oktober 2021 in einer sogenannten „Aufnahmekrise“, die den Zugang zum Asylverfahren beeinträchtigt, weil immer wieder Asylsuchende wegen mangelnder Unterbringungsplätze im Ankunftszentrum Petit Château/Klein Kasteeltje keine Asylanträge stellen konnten und folglich nicht als Asylwerber galten und bestimmte mit diesem Status verbundene Grundrechte, wie das Recht auf Unterbringung, nicht in Anspruch nehmen konnten. Alternativ wurde die Registrierung auf einer Warteliste angeboten. In einem Urteil vom 19. Januar 2022 verurteilte das Brüsseler Gericht erster Instanz den belgischen Staat diesbezüglich. Nach dem Urteil besserte sich die Situation zunächst, doch mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine kam es wieder zu Behinderungen beim Zugang zum Verfahren. Ende August 2023 erklärte die belgische Regierung, dass sie asylsuchende alleinstehende Männer (2022 machten diese 71% der Asylanträge aus) nicht mehr unterbringen kann, da die Aufnahmekapazitäten vorrangig für Familien, Frauen und Kinder genutzt werden sollen (AP 30.8.2023). Mitte September 2023 hob das oberste belgische Verwaltungsgericht diese Entscheidung der Regierung auf (AP 13.9.2023; vergleiche ECRE 22.9.2023).
Im Laufe der sogenannten Aufnahmekrise wurde die belgische Unterbringungsagentur Fedasil mehr als 8.000 mal auf nationaler Ebene wegen Verletzung des Rechts auf Unterbringung verurteilt und es gab mehr als 1.100 einstweilige Anordnungen (Artikel 39) des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) (AIDA 4.2023).Nichtsdestotrotz hält die belgische Regierung an dieser Politik fest und verweist auf die Warteliste für die Unterbringung (TP 6.11.2023).
Im Jänner 2023 eröffnete die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien (INF(2022)2157), wegen nicht ordnungsgemäßer und nicht vollständiger Umsetzung der Richtlinie zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Richtlinie 2013/33/EU) (EK 26.1.2023).
Im Juli 2023 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Fall Camara v. Belgien (49255/22), dass Belgien das Recht auf ein faires Verfahren verletzte, indem die Behörde den Beschwerdeführer trotz einer dahingehenden Entscheidung eines nationalen Gerichtes nicht unterbrachte. Der EGMR bezeichnete dies nicht als isoliertes Ereignis, sondern als systemisches Versagen der belgischen Behörden, Gerichtsurteile bezüglich Unterbringung von Asylwerbern umzusetzen (EGMR 18.7.2023).
Statistik
2022 verzeichnete Belgien mit über 33.000 Asylanträgen bis Ende November den höchsten Stand seit der sogenannten Flüchtlingskrise im Jahr 2015 (USDOS 20.3.2023). Im Jahr 2022 wurden in Belgien insgesamt 36.871 Anträge auf internationalen Schutz gestellt (davon waren 4.652 Folgeanträge). Im Jahr 2022 hat das CGRA/CGVS 10.632 Personen einen Flüchtlingsstatus und 429 Personen einen subsidiären Schutzstatus zuerkannt, womit die Gesamtanerkennungsquote 43% beträgt. Berücksichtigt man nur die Entscheidungen über Erstanträge, lag die Anerkennungsquote bei 52,8% (AIDA 4.2023).
Quellen
• AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Vluchtelingenwerk Vlaanderen (Autor), veröffentlicht von European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Belgium; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-BE_2022update_final.pdf, Zugriff: 30.11.2023
• AP - Associated Press (30.8.2023): Belgian court overturns government decision to deny shelter to single men seeking asylum, https://apnews.com/article/belgium-asylum-shelter-migrants-protection-refugees-fd55171384ba977229fce01ed8f58f7f, Zugriff 13.12.2023
• AP - Associated Press (13.9.2023): Belgium’s asylum shelters will no longer take in single men in order to make room for families, https://apnews.com/article/belgium-asylum-protection-families-47170304e6de56ea69315abcb013f123, Zugriff 13.12.2023
• ECRE - European Council on Refugees and Exiles (22.9.2023): ELENA Weekly Legal Update, per E-Mail
• EGMR – Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (18.7.2023), Press Release: Refusal by national authorities to execute immediately enforceable court order, https://hudoc.echr.coe.int/#{%22itemid%22:[%22003-7706270-10639596%22]}, Zugriff: 15.12.2023
• EK – Europäische Kommission (26.1.2023): Vertragsverletzungsverfahren im Januar: wichtigste Beschlüsse, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/DE/inf_23_142, Zugriff 15.12.2023
• TP – The Parliament (6.11.2023): Belgium’s asylum crisis, https://www.theparliamentmagazine.eu/news/article/belgiums-asylum-crisis, Zugriff 13.12.2023
Dublin-Rückkehrer
Ein Dublin-Rückkehrer wird an der Grenze (Flughafen oder Landgrenzübergang) von der Grenzpolizei empfangen. Diese händigt dem Überstellten ein persönliches Einladungsschreiben aus, sich am nächsten Arbeitstag um 8.30 Uhr bei der Einwanderungsbehörde in Brüssel einzufinden, um seinen Antrag auf internationalen Schutz in Belgien zu stellen und einzureichen. Wenn der Antragsteller zu diesem Termin erscheint, hat er sofort Zugang zum Verfahren (EUAA 24.4.2023).
Wenn ein Antragsteller Belgien vor dem ersten Interview verlässt, wird sein Verfahren beendet („technische Zurückweisung“). Belgien betrachtet Dublin-Rückkehrer als Folgeantragsteller, wenn ihr Verfahren in Belgien als implizit oder explizit zurückgezogen gilt und geschlossen wurde. Stellt ein solcher Rückkehrer erneut einen Asylantrag, ist die Behörde verpflichtet, diesen als zulässig zu betrachten (AIDA 4.2023).
Im Rahmen des Dublin-Verfahrens wurden 2022 insgesamt 15.052 Aufnahme- und Wiederaufnahmegesuche an andere Staaten gerichtet, von denen 8.735 angenommen wurden. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 831 Personen tatsächlich von Belgien in andere Mitgliedstaaten überstellt. Im selben Zeitraum gingen 2.787 Aufnahme- und Rücknahmeersuchen in Belgien ein, von denen die belgischen Behörden 1.696 annahmen. 357 Personen wurden im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Belgien überstellt (AIDA 4.2023).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Vluchtelingenwerk Vlaanderen (Autor), veröffentlicht von European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Belgium; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-BE_2022update_final.pdf, Zugriff: 30.11.2023
• EUAA - European Union Agency for Asylum (24.04.2023), Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Belgium, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-04/factsheet_dublin_transfers_be.pdf, Zugriff: 14.12.2023
Non-Refoulement
Es gibt keine Berichte über tatsächliche Refoulementfälle an den Grenzen Belgiens. Personen, die nicht über die erforderlichen Reisedokumente verfügen, wird die Einreise in das Schengen-Gebiet verweigert. (Der im Französischen verwendete Ausdruck „refoulement“ für die Zurückweisungsentscheidung (nl.: terugdrijving) ist hier irreführend.) Sie können trotzdem einen Asylantrag bei der Grenzwache stellen, der auch behandelt wird, während die Zurückweisungsentscheidung suspendiert ist und der Antragsteller sich in einem geschlossenen Zentrum an der Grenze befindet (meist das Zentrum Caricole am Brüsseler Flughafen) (AIDA 4.2023).
Belgien verfügt über eine Liste sicherer Herkunftsstaaten und kann im Einzelfall auch das Prinzip des sicheren Drittstaats als Unzulässigkeitsgrund anwenden, hat aber keine Liste sicherer Drittstaaten (AIDA 4. 2023).
Wenn ein Folgeantrag nicht zugelassen wird, sollte das CGRA/CGVS bei der Umsetzung einer Rückkehrentscheidung das Vorliegen eines direkten oder indirekten Refoulement-Risikos prüfen (AIDA 4.2023).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Vluchtelingenwerk Vlaanderen (Autor), veröffentlicht von European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Belgium; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-BE_2022update_final.pdf, Zugriff: 30.11.2023
Versorgung
Nach dem Aufnahmegesetz hat jeder Asylwerber das Recht auf materielle Aufnahmebedingungen ab dem Zeitpunkt der Asylantragstellung. Zuständig für die Versorgung von Asylwerbern ist die Unterbringungsagentur Fedasil (AIDA 4.2023).
Die Versorgung vom Asylwerbern in den kollektiven Unterbringungszentren hat sich mittlerweile vollständig von finanzieller Hilfe auf rein materielle Hilfe verlagert. Dazu gehören Unterbringung, Verpflegung, Kleidung, medizinische, soziale und psychologische Hilfe, Zugang zu Dolmetscherdiensten und rechtlicher Vertretung, Zugang zu Schulungen, ein Programm zur freiwilligen Rückkehr und ein Tagegeld (das sogenannte Taschengeld) (AIDA 4.2023; vgl. EUAA 24.4.2023). Als Taschengeld erhalten im Jahr 2023 Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren, die eine Schule besuchen EUR 9,50 pro Woche, jüngere Kinder und Kinder ab 12 Jahren, die nicht zur Schule gehen, erhalten EUR 5,60 pro Woche, und unbegleitete Minderjährige in der ersten Phase der Unterbringung (in den Beobachtungs- und Orientierungszentren) erhalten EUR 6,80 pro Woche (AIDA 4.2023).Die Versorgung vom Asylwerbern in den kollektiven Unterbringungszentren hat sich mittlerweile vollständig von finanzieller Hilfe auf rein materielle Hilfe verlagert. Dazu gehören Unterbringung, Verpflegung, Kleidung, medizinische, soziale und psychologische Hilfe, Zugang zu Dolmetscherdiensten und rechtlicher Vertretung, Zugang zu Schulungen, ein Programm zur freiwilligen Rückkehr und ein Tagegeld (das sogenannte Taschengeld) (AIDA 4.2023; vergleiche EUAA 24.4.2023). Als Taschengeld erhalten im Jahr 2023 Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren, die eine Schule besuchen EUR 9,50 pro Woche, jüngere Kinder und Kinder ab 12 Jahren, die nicht zur Schule gehen, erhalten EUR 5,60 pro Woche, und unbegleitete Minderjährige in der ersten Phase der Unterbringung (in den Beobachtungs- und Orientierungszentren) erhalten EUR 6,80 pro Woche (AIDA 4.2023).
Asylwerber in individueller Unterbringung bei NGOs oder lokalen Unterbringungsinitiativen, erhalten zusätzlich noch einen Geldbetrag oder Essensgutschein, in der Höhe anhängig von der Familiengröße und von der Tatsache ob in der Unterkunft Mahlzeiten ausgegeben werden:
(Quelle: AIDA 4.2023)
Die sogenannte Aufnahmekrise, die Mitte Oktober 2021 begonnen hat, dauert an. (siehe dazu auch Kapitel 3. Allgemeines zum Asylverfahren; Anm.) Da der Mangel an Unterbringungsplätzen noch zugenommen hat, werden die verfügbaren Plätze vorrangig an die vulnerabelsten Antragsteller vergeben. In der Praxis handelt es sich dabei um Familien mit Kindern, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige. Alleinstehenden männlichen Asylwerbern wird systematisch der Zugang zum Aufnahmesystem verweigert und sie müssen sich auf eine Warteliste setzen lassen. Aufgenommen werden Männer vorrangig dann, wenn sie mit Hilfe eines Anwalts die Verletzung ihres Rechts auf Aufnahme vor Gericht einklagen. Doch auch nach einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung müssen die Antragsteller mehrere Monate warten, bevor sie eine Einladung in das Aufnahmesystem erhalten. Während dieser Zeit sind die Betroffenen gezwungen auf der Straße, in Zelten oder besetzten Häusern zu schlafen oder bei Freunden oder Familien unterzukommen. Die Ende 2022/Anfang 2023 von Asylwerbern besetzten Häuser wurden in der Regel schnell geräumt und die Betroffenen in Obdachlosen- und Notunterkünften untergebracht (AIDA 4.2023).Die sogenannte Aufnahmekrise, die Mitte Oktober 2021 begonnen hat, dauert an. (siehe dazu auch Kapitel 3. Allgemeines zum Asylverfahren; Anmerkung Da der Mangel an Unterbringungsplätzen noch zugenommen hat, werden die verfügbaren Plätze vorrangig an die vulnerabelsten Antragsteller vergeben. In der Praxis handelt es sich dabei um Familien mit Kindern, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige. Alleinstehenden männlichen Asylwerbern wird systematisch der Zugang zum Aufnahmesystem verweigert und sie müssen sich auf eine Warteliste setzen lassen. Aufgenommen werden Männer vorrangig dann, wenn sie mit Hilfe eines Anwalts die Verletzung ihres Rechts auf Aufnahme vor Gericht einklagen. Doch auch nach einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung müssen die Antragsteller mehrere Monate warten, bevor sie eine Einladung in das Aufnahmesystem erhalten. Während dieser Zeit sind die Betroffenen gezwungen auf der Straße, in Zelten oder besetzten Häusern zu schlafen oder bei Freunden oder Familien unterzukommen. Die Ende 2022/Anfang 2023 von Asylwerbern besetzten Häuser wurden in der Regel schnell geräumt und die Betroffenen in Obdachlosen- und Notunterkünften untergebracht (AIDA 4.2023).
Nach wie vor sind zahlreiche Asylwerber obdach- und mittellos, weil ihnen aufgrund mangelnder Kapazitäten der Zugang zu Unterkünften verweigert wird (AI 27.3.2023),
Trotz der Bemühungen der Regierung das Aufnahmeproblem zu lösen, indem zusätzliche Plätze in Unterkünften geschaffen wurden, übersteigt die Zahl der Asylwerber weiterhin die Kapazität (USDOS 20.3.2023).
Asylwerber, die innerhalb von vier Monaten ab Antragstellung noch keine erstinstanzliche Entscheidung erhalten haben, haben Zugang zum Arbeitsmarkt. Das Recht auf Arbeit ist direkt in ihrer befristeten Aufenthaltserlaubnis (orange Karte) vermerkt, so dass keine separate Arbeitserlaubnis erforderlich ist. Alleinstehende männliche Antragsteller, die im Zuge der sogenannten Aufnahmekrise keine Unterkunft erhalten, haben jedoch oft Schwierigkeiten, eine befristete Aufenthaltserlaubnis (orange Karte) zu erhalten, was ihren Zugang zum Arbeitsmarkt in der Praxis stark einschränkt (AIDA 4.2023).
Quellen:
• AI – Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Belgium 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089434.html, Zugriff 15.12.2023
• AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Vluchtelingenwerk Vlaanderen (Autor), veröffentlicht von European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Belgium; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-BE_2022update_final.pdf, Zugriff: 30.11.2023
• EUAA - European Union Agency for Asylum (24.04.2023), Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Belgium, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-04/factsheet_dublin_transfers_be.pdf, Zugriff: 14.12.2023
• USDOS – United States Department of State (20.3.2023), 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Belgium, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089455.html, Zugriff: 15.12.2023
Unterbringung
Es gibt das offene Ankunftszentrum Klein Kasteeltje/Petit Château in Brüssel, wo Asylanträge registriert werden und wo die Antragsteller Zugang zum Aufnahmesystem finden. Die Unterbringungsagentur Fedasil prüft eventuelle besondere Aufnahmebedürfnisse (z. B. medizinische Bedürfnisse) und bestimmt in der zweiten Phase ein Aufnahmezentrum für den Rest des Verfahrens (AIDA 4.2023).
Fedasil weist dann einen Aufnahmeplatz zu (sogenannter „Code 207“) (Fedasil o.D.b). Dies wird in kollektiven Zentren oder in lokalen Unterbringungsinitiativen umgesetzt. Koordiniert werden die diesbezüglichen Anstrengungen von der Unterbringungsagentur Fedasil, die diese in Zusammenarbeit mit Sozialämtern (PCSW), NGOs und Privaten umsetzt (AIDA 4.2023). Mit Stand 1.12.2023 verfügt Belgien über insgesamt etwa 35.435 Unterbringungsplätze, von denen 33.285 belegt waren (94%). Diese Plätze verteilen sich auf rund 100 kollektive Zentren, welche etwa 75% der Gesamtkapazität ausmachen. 398 belgische Gemeinden stellen 4.633 Unterbringungsplätze in lokalen Unterbringungsinitiativen zur Verfügung (Fedasil o.D.a).
Asylwerber, die privat untergebracht sind, haben nur Anspruch auf medizinische, nicht aber auf materielle Versorgung (AIDA 4.2023; vgl. Fedasil o.D.b).Asylwerber, die privat untergebracht sind, haben nur Anspruch auf medizinische, nicht aber auf materielle Versorgung (AIDA 4.2023; vergleiche Fedasil o.D.b).
Es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele alleinstehende männliche Antragsteller im Laufe der sogenannten Aufnahmekrise mittellos geworden sind. Im Jahr 2022 waren 3.888 Personen auf der Warteliste von Fedasil eingetragen, von denen 2.826 eine Einladung für einen Aufnahmeplatz erhielten. 2.722 Personen haben auf diese Einladung reagiert und einen Aufnahmeplatz erhalten. Mit Stand April 2023 standen 1.200 Personen auf dieser Warteliste und die durchschnittliche Wartezeit betrug 4 Monate (AIDA 4.2023). Im November 2023 waren etwa 2.500 Asylwerber auf der Warteliste. Lokale NGOs schätzen die Zahl der obdachlosen Asylwerber auf mindestens 2.000. Behelfsunterkünfte sind in den letzten zwei Jahren überall in Brüssel entstanden (TP 6.11.2023).
Wer eine endgültig negative Asylentscheidung erhält, wird eingeladen sich zu einem der vier Fedasil-Zentren zu begeben, welche „offene Rückkehrplätze“ bereithalten (Fedasil o.D.b), von denen es etwa 360 Plätze gibt (AIDA 4.2023). Dort geht es vorrangig darum, die Bewohner von den Vorteilen einer freiwilligen Rückkehr im Gegensatz zu einer erzwungenen Rückkehr zu überzeugen. Der offene Charakter der Zentren wird dadurch gewährleistet, dass die Bewohner nicht abgeschoben werden, solange sie auf den Ausreisebescheid warten (in der Regel 30 Tage), und dass sie die Zentren frei verlassen können (Fedasil o.D.b).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Vluchtelingenwerk Vlaanderen (Autor), veröffentlicht von European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Belgium; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-BE_2022update_final.pdf, Zugriff: 30.11.2023
• Fedasil – Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (ohne Datum a): Startseite, https://www.fedasil.be/en, Zugriff 15.12.2023
• Fedasil – Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (ohne Datum b): Reception of asylum seekers, https://www.fedasil.be/en/asylum-belgium/reception-asylum-seekers, Zugriff 15.12.2023TP – The Parliament (6.11.2023): Belgium’s asylum crisis, https://www.theparliamentmagazine.eu/news/article/belgiums-asylum-crisis, Zugriff 13.12.2023
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Versorgung, das auch besteht, wenn sie sonst keine materielle Versorgung erhalten sollten. Das gilt auch für Folgeantragsteller (EUAA 24.4.2023). Alle Antragsteller über fünf Jahren werden einem Lungenröntgen zur Tuberkulosediagnose unterzogen (Fedasil o.D.b).
Medizinische Versorgung umfasst alle Leistungen, welche die belgische Krankenkasse übernimmt, mit gewissen Ausnahmen bei nicht notwendigen oder sehr teuren Behandlungen. Auch der Stand des Asylverfahrens kann Einfluss auf die medizinische Behandlung haben (zum Beispiel kostet die neueste Behandlung von Hepatitis C durchschnittlich EUR 90.000 und es ist eine langwierige Behandlung, die ihre Wirkung verliert wenn sie vorzeitig abgebrochen wird. Aufgrund der Unsicherheit, ob ein Asylantrag positiv entschieden wird und ob der Antragsteller die Behandlung im Herkunftsstaat fortsetzen kann, weigert sich Fedasil häufig die moderne Behandlung zu übernehmen und bewilligt lediglich die Kosten für ältere, kostengünstigere Behandlungen. Dies hängt von der individuellen medizinischen Situation, dem Rat der Ärzte und dem Asylverfahren ab). Asylwerber sind vom Behandlungsbeitrag (Remgeld/ticket moderateur) befreit. Asylwerber, die sich in einer Unterbringung aufhalten, dürfen in der Regel nur den Arzt aufsuchen, an den sie vom Sozialarbeiter verwiesen wurden, es sei denn, sie beantragen eine Ausnahme. Elf der Zentren von Fedasil haben einen Arzt im Zentrum zur Verfügung, der bei Bedarf an einen Facharzt überweisen kann. Kollektive und individuelle Unterbringungen arbeiten oft mit bestimmten Ärzten oder medizinischen Zentren in der Umgebung zusammen. Fedasil erstattet die Kosten hierfür, sowie für notwendige psychologische Betreuung von Asylwerbern in kollektiven Zentren. Die medizinische Versorgung für Asylwerber in individuellen Unterbringungsinitiativen wird aus einem anderen Fonds erstattet. Es gibt Dienste, die sich auf die psychische Gesundheit von Migranten spezialisiert haben, wie Solentra, aber sie sind nicht in der Lage, die Nachfrage vollständig abzudecken. Öffentliche Zentren für psychische Gesundheit stehen Asylwerbern offen und haben angepasste Tarife, doch fehlt es ihnen meist an spezifischem Fachwissen. Außerdem mangelt es an qualifizierten Dolmetschern. In Wallonien gibt es ein spezialisiertes Aufnahmezentrum des Roten Kreuzes (Centre d'accueil rapproché pour demandeurs d'asile en souffrance mentale, CARDA) für traumatisierte Asylwerber. In Flandern gibt es ein Zentrum für die intensive Betreuung von Asylwerbern mit psychologischen und/oder leichten psychiatrischen Problemen (Centrum voor Intensieve Begeleiding van Asielzoekers, CIBA). Das CIBA bietet eine intensive Betreuung von maximal 3 Monaten und verfügt über 40 Plätze, von denen 5 für unbegleitete Minderjährige ab 16 Jahren reserviert sind. CARDA bietet 35 Plätze für Erwachsene und Familien, aber keine Plätze für unbegleitete Minderjährige. Weder CIBA noch CARDA hatten im März 2023 eine Warteliste. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung wird erschwert durch Sprachbarrieren und begrenzte Transportmöglichkeiten (AIDA 4.2023).
Wird ein Asylantrag abgelehnt endet das Aufnahmerecht, hat die betroffene Person nur noch Anspruch auf medizinische Notfallhilfe, für die sie sich an das Sozialamt (PCSW) wenden muss (AIDA 4.2023).
Da im Zuge der sogenannten Aufnahmekrise der Zugang männlicher Antragsteller zu Unterbringung eingeschränkt ist, hat dies auch Auswirkungen auf ihren Zugang zu medizinischer Versorgung. Medizinische Organisationen der Zivilgesellschaft haben bei zahlreichen Gelegenheiten die medizinische Situation der obdachloser Antragsteller angeprangert. (AIDA 4.2023).
Es gibt Initiativen zur Unterstützung von Asylsuchenden, die ganz oder teilweise vom belgischen Staat oder einer der Regionen subventioniert werden. Dazu gehören etwa: The Humanitarian Hub (von der Region Brüssel verwaltet und finanziert; wo Asylwerber medizinische und psychologische Hilfe, Kleidung, Hygieneartikel, Unterbringung für Frauen, Toilettenartikel und kostenlose Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr erhalten können); der Refugee Medical Point von Ärzte ohne Grenzen (bietet ähnliche Dienste an, die ebenfalls teilweise von der Regierung finanziert werden); das Tageszentrum des Roten Kreuzes (bietet Essen, Ruheplätze, sanitäre Anlagen und Sicherheit); das Vluchtelingenwerk Vlaanderen (bietet ebenfalls Lebensmittel und Zugang zu kostenlosem Rechtsbeistand) (EUAA 24.4.2023).
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten (EUAA MedCOI 19.2.2021).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Vluchtelingenwerk Vlaanderen (Autor), veröffentlicht von European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Belgium; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-BE_2022update_final.pdf, Zugriff: 30.11.2023
• EUAA - European Union Agency for Asylum (24.04.2023), Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Belgium, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-04/factsheet_dublin_transfers_be.pdf, Zugriff: 14.12.2023 EUAA MedCOI – Medical COI (19.2.2021): Auskunft von EUAA MedCOI, per E-Mail
• Fedasil – Federal Agency for the Reception of Asylum Seekers (ohne Datum b): Reception of asylum seekers, https://www.fedasil.be/en/asylum-belgium/reception-asylum-seekers, Zugriff 15.12.2023
Dublin-Rückkehrer
Je nach Stand des Verfahrens bevor er Belgien verlassen hat, kann ein Dublin-Rückkehrer als Folgeantragsteller betrachtet werden. Grundsätzlich haben Folgeantragsteller das Recht auf Zugang zu Versorgung während der Prüfung ihres Falles. Das Gesetz sieht jedoch die Möglichkeit vor, die Unterbringung von Folgeantragstellern zu verweigern, bis ihr Asylantrag für zulässig befunden wird (AIDA 4.2023).
Unter normalen Umständen werden Rückkehrer, die in Belgien einen neuen Antrag stellen wollen, nach der Registrierung des Antrags von der Unterbringungsagentur Fedasil im Ankunftszentrum in Brüssel (Klein Kasteeltje/Petit Chateau) betreffend weiterer Unterbringung behandelt. Wenn das Verfahren eines Rückkehrers noch läuft, kann er sich bezüglich eines Unterbringungsplatzes direkt an Fedasil wenden. Jedoch ist seit Anfang 2022 Belgien mit einem Mangel an Aufnahmeplätzen in den Aufnahmezentren konfrontiert. Daher gilt derzeit folgende Vorgehensweise: Nach der Registrierung des Asylantrags oder wenn ein Antragsteller mit noch laufendem Verfahren nach Belgien überstellt wird, kann Fedasil aufgrund des großen Drucks auf sein Aufnahmesystem derzeit keine sofortige individuelle Unterbringung garantieren. Es wird unbegleiteten Minderjährigen, Familien mit Kinder und Frauen Vorrang eingeräumt. Falls kein Platz verfügbar ist, wird die Person aufgefordert, sich in eine Warteliste einzutragen und wird zu einem späteren Zeitpunkt in das Registrierungszentrum eingeladen (EUAA 24.4.2023).
Aufgrund der sogenannten Aufnahmekrise wird alleinstehenden männlichen Dublin-Rückkehrern der Zugang zum Aufnahmesystem verweigert. Sie können sich auf eine Warteliste setzen lassen und werden zu einem späteren Zeitpunkt zur Aufnahme eingeladen werden. Ähnlich wie andere männliche Antragsteller können sie ihr Recht aus Unterbringung gerichtlich einklagen, die durchschnittliche Wartezeit beträgt dennoch vier bis fünf Monate (AIDA 4.2023).
Quellen:
• AIDA – Asylum Information Database (4.2023): Vluchtelingenwerk Vlaanderen (Autor), veröffentlicht von European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Belgium; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/04/AIDA-BE_2022update_final.pdf, Zugriff: 30.11.2023
• EUAA - European Union Agency for Asylum (24.04.2023), Information on procedural elements and rights of applicants subject to a Dublin transfer to Belgium, https://euaa.europa.eu/sites/default/files/2023-04/factsheet_dublin_transfers_be.pdf, Zugriff: 14.12.2023
D) Beweiswürdigung
Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender Erwägungen:
[… ]
Betreffend die Feststellungen zur Lage im Mitgliedsstaat:
Die in den Feststellungen zu Belgien angeführten Inhalte stammen aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf den Inhalt des §5 BFA-G betreffend die Ausführungen zur Staatendokumentation verwiesen, insbesondere auf den Passus, wonach die gesammelten Tatsachen länderspezifisch zusammenzufassen, nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren sind, einschließlich den vorgegebenen Aktualisierungsverpflichtungen.
Hinweise darauf, dass die vorstehend angeführten Vorgaben des §5 BFA-G bei den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Belgien nicht beachtet worden wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben.
Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums bezieht, wird angeführt, dass diese – aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse in Belgien – nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.
[ … ]
Der Vollständigkeit halber wird zudem auf folgendes hingewiesen:
Neben der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Rates sind für Deutschland folgende Richtlinien beachtlich:
- Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG bzw. neu 2011/93/EU) im Hinblick auf die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen.
- Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2005/85/EG des Rates bzw. neu 2011/93/EU ) hinsichtlich der Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft.
- Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2003/9/EG bzw. neu 2011/93/EU) zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten, einschließlich der Verpflichtung des Partnerstaates für ausreichende medizinische Versorgung und die Gewährung von ausreichenden materiellen Leistungen an Asylwerbern, welche die Gesundheit und den Lebensunterhalt der Asylsuchenden gewährleisten. Insbesondere gewährleisten die Mitgliedstaaten in jedem Fall Zugang zur medizinischen Notversorgung.
Die bloße Möglichkeit, einer dem Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt zudem nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, Mamatkulov & Askarov v Türkei, 46827, 46951/99, 71-77).Die bloße Möglichkeit, einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt zudem nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Artikel 3, EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vergleiche auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht vergleiche VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, Mamatkulov & Askarov v Türkei, 46827, 46951/99, 71-77).
Unter diesen Gesichtspunkten ist festzuhalten, dass sich im Verfahren keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Belgien ergeben haben. Weiters ist festzuhalten, dass Sie im Verfahren keine konkreten auf Sie persönlich bezogenen Umstände glaubhaft gemacht haben, die gerade in Ihrem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall Ihrer Abschiebung nach Belgien als wahrscheinlich erscheinen lassen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Belgien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.Unter diesen Gesichtspunkten ist festzuhalten, dass sich im Verfahren keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Belgien ergeben haben. Weiters ist festzuhalten, dass Sie im Verfahren keine konkreten auf Sie persönlich bezogenen Umstände glaubhaft gemacht haben, die gerade in Ihrem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall Ihrer Abschiebung nach Belgien als wahrscheinlich erscheinen lassen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Belgien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.
Unter Beachtung des Aspektes, dass sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union untereinander im Sinne einer normativen Vergewisserung (VfGH 17.06.2005, B 336/05) als sichere Staaten für AsylwerberInnen ansehen, was jedenfalls insbesondere auch beinhaltet, dass Art. 3 EMRK gewährleistete Rechte eines Antragstellers in einem Mitgliedsstaat nicht verletzt werden und mangels sonstigem Hinweis darauf, dass dies speziell in Ihrem Fall in Belgien nicht gegeben sein könnte, haben sich im Verfahren weder Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts, noch für die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen durch das Bundesamt zur allgemeinen und zu Ihrer besonderen Lage in Belgien ergeben.Unter Beachtung des Aspektes, dass sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union untereinander im Sinne einer normativen Vergewisserung (VfGH 17.06.2005, B 336/05) als sichere Staaten für AsylwerberInnen ansehen, was jedenfalls insbesondere auch beinhaltet, dass Artikel 3, EMRK gewährleistete Rechte eines Antragstellers in einem Mitgliedsstaat nicht verletzt werden und mangels sonstigem Hinweis darauf, dass dies speziell in Ihrem Fall in Belgien nicht gegeben sein könnte, haben sich im Verfahren weder Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts, noch für die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen durch das Bundesamt zur allgemeinen und zu Ihrer besonderen Lage in Belgien ergeben.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich Belgien mit Schreiben vom 12.06.2024 ausdrücklich bereit erklärt hat, Sie im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin III-Verordnung zur Prüfung Ihres Asylantrages zu übernehmen und es kann daher nicht erkannt werden, dass Ihnen der Zugang zum Asylverfahren in Belgien verweigert werde. Eine Schutzverweigerung in Belgien kann daher auch nicht erwartet werden.“
Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt (und gemeint: sohin Belgien für die Prüfung des Antrags zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes V