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L40018 Anstandsverletzung Ehrenkränkung LärmerregungNorm
B-VG Art140 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der U in H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 21. März 1994, Zl. 1-0106/94/K2, betreffend Übertretung des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die Übertretung des § 18 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes, LGBl. Nr. 6/1976 (VlbgSPG), vorgeworfen und über sie eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Tagen verhängt.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst mit Schriftsatz vom 4. Juni 1994 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Darin wurde im wesentlichen - ohne nähere Begründung - vorgebracht, das VlbgSPG widerspreche Art. 8 MRK und somit der österreichischen Bundesverfassung; die verhängte Arreststrafe widerspreche Art. 5 MRK. Die Anwendung der konkreten Paragraphen des VlbgSPG komme einer "perversen Anwendung des Gesetzes" gleich. In Relation zur Tatrelevanz wäre eine Freiheitsstrafe von drei Tagen ausreichend gewesen. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und wegen Anwendung eines "rechtswidrigen" Gesetzes aufzuheben. Ferner wurde ein Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG gestellt.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B 1205/94, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung wurde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des § 4 (in Verbindung mit § 18 Abs. 1 lit. c) VlbgSPG hervorgehoben.
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1995 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 34 Abs. 2 VwGG aufgefordert, die Beschwerde zur Behebung der ihr anhaftenden Mängel zu ergänzen.
Ein ergänzender Schriftsatz vom 28. April 1995 langte beim
Verwaltungsgerichtshof am 2. Mai 1995 ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 lit. c VlbgSPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer dem Verbot der gewerbsmäßigen Unzucht gemäß § 4 Abs. 1 zuwiderhandelt, sofern nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt.
Nach § 18 Abs. 3 leg. cit. ist eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 lit. c von der Bezirkshauptmannschaft mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei besonders erschwerenden Umständen können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden.
Dem gesamten Beschwerdevorbringen ist - gerade noch - zu entnehmen, daß sich die Beschwerde auch auf die Verletzung einfachgesetzlicher Vorschriften bezieht: So rügt die Beschwerdeführerin das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe, woraus sich die behauptete Verletzung im Recht auf schuldangemessene Bestrafung ableiten läßt. Auf dieses Vorbringen ist jedoch zu erwidern, daß die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides darauf hingewiesen hat, daß die Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt bereits zweimal wegen gleichartiger Verwaltungsübertretungen bestraft worden ist. Da die Beschwerdeführerin somit zu erkennen gegeben habe, daß sie die bisher über sie verhängten Geldstrafen nicht davon hätten abhalten können, weiterhin die Gewerbsunzucht auszuüben, erscheine im vorliegenden Fall die Verhängung einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 7 Tagen gerechtfertigt. Im Hinblick auf die einschlägigen Vorstrafen der Beschwerdeführerin kann daher die Verhängung der gegenständlichen Freiheitsstrafe nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die begründungslose Bestreitung der der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist ebenfalls nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Was die behauptete Verfassungwidrigkeit des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes anlangt, so ist auf die - bereits vom Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluß erwähnte - ständige Rechtsprechung dieses Gerichtshofe zu verweisen, wonach § 4 (in Verbindung mit § 18 Abs. 1 lit. c) des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. z.B. VfSlg. 8445/1978 und VfSlg. 11.926/1988).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, ein Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, zumal in der Beschwerde für die bloß behauptete Verfassungswidrigkeit des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes keinerlei verfassungsrechtliche Argumente vorgebracht werden.
Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995100023.X00Im RIS seit
20.11.2000