TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/29 95/10/0071

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Veröffentlicht am 29.05.1995
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §8;
LSchG Vlbg 1982 §27 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Gemeinde Frastanz, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 8. März 1995, Zl. IVe-223/222-94, betreffend landschaftsschutzrechtliche Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Z-GmbH betreibt auf Grundflächen, die im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Marktgemeinde liegen, auf Grund ihr erteilter (u.a. landschaftsschutzrechtlicher) Bewilligungen ein Kieswerk. Am 18. April 1994 beantragte die GmbH bei der BH die Erteilung der (u.a.) landschaftsschutzrechtlichen Bewilligung für eine Erweiterung der bestehenden Kiesentnahmestelle und die Wiederverfüllung mit Kieswaschschlamm. Die beschwerdeführende Marktgemeinde sprach sich gegen die Erteilung der Bewilligung aus.

Mit Bescheid vom 17. Jänner 1995 erteilte die BH auf Grund der §§ 3 Abs. 1 lit. l, 10 und 14 des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982 idF

LGBl. Nr. 22/1988 (LSchG), eine mit dem 30. Juni 1995 befristete landschaftsschutzrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der Kiesentnahmestelle unter Vorschreibung einer Sanierung der Abbaufläche.

Die beschwerdeführende Marktgemeinde erhob Berufung. Sie machte geltend, die gegenständliche Abbaufläche sei im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan als "Freifläche - Landwirtschaftsgebiet" gewidmet. Die Gemeindevertretung habe sich gegen einen weiteren Kiesabbau ausgesprochen. Die an diesem Standort befindliche Mülldeponie der Gemeinde sei mit Jahresende 1994 aufgelassen worden. Im Zusammenhang mit der Frage des "dringenden Bedarfes" habe die Behörde erforderliche Erhebungen unterlassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend vertrat sie nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage im wesentlichen die Auffassung, angesichts der regionalwirtschaftlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Versorgung mit Kies liege ein dringender Bedarf im Sinne des § 14 Abs. 2 LSchG vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der Marktgemeinde Frastanz. Den Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) bezeichnet die Beschwerde wie folgt:

"Die Beschwerdeführerin ist durch den bekämpften Bescheid dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die beantragte Genehmigung zur Durchführung eines Materialaustausches (Kiesabbau und Wiederverfüllung mit Kieswaschschlamm) auf den Grundstücken ... rechtswidrig, nämlich unter Verletzung von materiellen und Verfahrensrechten der Beschwerdeführerin erteilt wurde."

In den Beschwerdegründen wird insbesondere folgendes geltend gemacht:

Der Umfang des Projektes bzw. der Bewilligung sei nicht ausreichend konkretisiert. In erster Instanz sei das Recht der Beschwerdeführerin auf Parteiengehör insoweit verletzt worden, als ihr keine Möglichkeit gegeben worden sei, zu "von der Antragstellerin offensichtlich überreichten Deckplänen" Stellung zu beziehen. Die Annahme eines dringenden Bedarfes beruhe nicht auf einer einwandfrei ermittelten Sachverhaltsgrundlage. Es sei nicht geprüft worden, ob mit der Wiederauffüllung eine Verletzung der Interessen des Landschaftsschutzes verbunden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 3 Abs. 1 lit. l LSchG bedarf die Errichtung und die im Hinblick auf die Interessen des Landschaftsschutzes wesentliche Änderung von Lagerplätzen mit einer Grundfläche von über 400 m2 und Ablagerungsplätzen mit einer Grundfläche von über 100 m2 einer Bewilligung der Behörde.

Nach § 13 leg. cit. dürfen Steinbrüche, Entnahmestellen von Schuttmaterial aller Art sowie von Sand und Kies, Lehm- und Ziegeleitongruben sowie Torfgewinnungsstätten - im folgenden Bodenabbauanlagen genannt - nur mit Bewilligung der Behörde eingerichtet und betrieben werden.

Gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz leg. cit. darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn Interessen des Landschaftsschutzes und der Raumplanung nicht verletzt werden.

Nach § 14 Abs. 2 erster Satz leg. cit. darf eine Bewilligung trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes oder der Raumplanung erteilt werden, wenn die Gewinnung des Materials zur Deckung eines dringenden Bedarfes notwendig ist.

Gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. hat die Gemeinde in den in § 26 Abs. 2 genannten Verwaltungsverfahren einen Rechtsanspruch darauf, daß die Interessen des Landschaftsschutzes gewahrt werden. Sie kann zur Wahrung von Interessen des Landschaftsschutzes gegen einen Bescheid Berufung einbringen, wenn ihrer Stellungnahme nicht entsprochen wurde oder wenn sie nicht gehört worden ist.

Im Beschwerdefall wurde die landschaftsschutzrechtliche Bewilligung auf Grund von Vorschriften erteilt, die sich im zweiten und dritten Abschnitt des LSchG finden. § 26 Abs. 2 LSchG nennt unter anderem "Bewilligungsverfahren nach dem zweiten und dritten Abschnitt"; es handelt sich hier somit um ein "in § 26 Abs. 2 genanntes Verwaltungsverfahren" im Sinne von § 27 Abs. 1 erster Halbsatz LSchG.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Im Beschluß vom 8. Februar 1988, Slg. 12621/A, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Beschwerdeberechtigung einer Gemeinde im Grunde des § 27 Abs. 1 LSchG ausgesprochen, daß der Gemeinde kein subjektives Recht auf eine Entscheidung bestimmten Inhaltes - insbesondere auf Versagung einer Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz - zusteht, sondern ihr nur ein Recht auf Anhörung sowie Abgabe einer Stellungnahme vom Standpunkt der Wahrung von Interessen des Landschaftsschutzes und (davon abgeleitet) auf Erhebung einer Berufung eingeräumt ist.

Soweit die Beschwerde mit dem oben dargestellten Beschwerdepunkt eine Verletzung des Rechtes auf Unterbleiben der erteilten landschaftsschutzrechtlichen Bewilligung geltend macht, fehlt insoweit - mangels Einräumung eines entsprechenden subjektiven Rechtes - die Rechtsverletzungsmöglichkeit.

Aus diesem Fehlen einer Rechtsverletzungsmöglichkeit im beschriebenen Umfang folgt jedoch im vorliegenden Fall nicht die Unzulässigkeit der Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung. Mit dem oben dargestellten Beschwerdepunkt wird das primär geltend gemachte Recht (auf Unterbleiben der erteilten landschaftsschutzrechtlichen Bewilligung) mit der "Verletzung von Verfahrensrechten" verknüpft. Zwar wird damit verkannt, daß es sich bei der Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht um einen Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), sondern um Anfechtungsgründe (§ 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG) handelt; als "unmißverständlich ausgeführt" - mit der Wirkung, daß dem Verwaltungsgerichtshof eine Ermittlung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet, an Hand der Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde verwehrt wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juli 1989, Zl. 88/10/0147) - kann der oben dargestellte Beschwerdepunkt jedoch nicht angesehen werden. Im Zusammenhalt mit den Beschwerdegründen ist vielmehr davon auszugehen, daß sich die Beschwerdeführerin auch in ihrem durch § 27 Abs. 1 LSchG eingeräumten Recht verletzt erachtet, im Verfahren gehört zu werden; insoweit liegt somit eine zulässige Beschwerde vor.

In der Sache selbst läßt jedoch bereits das Vorbringen der Beschwerde erkennen, daß die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt. § 27 Abs. 1 LSchG räumte der Beschwerdeführerin das Recht ein, im Verfahren gehört zu werden. Mit dem Vorwurf, ihr sei in erster Instanz keine Möglichkeit geboten worden, zu "offensichtlich überreichten Deckplänen" Stellung zu beziehen, macht die beschwerdeführende Marktgemeinde keine relevante Rechtsverletzung geltend, weil nicht bestritten wird, daß sie auch insoweit in der Berufung und im Zuge des Berufungsverfahrens die Möglichkeit hatte, ihre Rechte wahrzunehmen (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, § 37 E 47 - 49 dargestellte Rechtsprechung).

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Eine gesonderte Entscheidung über den zur Zl. AW 95/10/0018 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigt sich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995100071.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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