Entscheidungsdatum
19.07.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W200 2289624-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz vom 25.02.2024, Zl. 1324891208-222918176, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.07.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz vom 25.02.2024, Zl. 1324891208-222918176, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.07.2024, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsbürger, reiste illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 18.09.2022 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Erstbefragung am 18.09.2022 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er in Manbij geboren worden und Muslim sei. Er gehöre der Volksgruppe der Araber an und seine Muttersprache sei Arabisch. Der Beschwerdeführer sei verheiratet und habe keine Kinder. Seine Ehefrau, seine Mutter und seine insgesamt sechs Geschwister würden noch in Syrien leben. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Haus verloren und sein Geld wurde ihm gestohlen. In Syrien fürchte er um sein Leben. Sowohl das Assad-Regime als auch die kurdischen Soldaten wollen ihn töten. Wenn einer der beiden ihn erwischen würden, würden sie ihn gegen den anderen in den Krieg schicken. Das wolle er nicht. Im Falle einer Rückkehr fürchte er daher vom Assad-Regime oder von den Kurden in den Krieg geschickt zu werden.
Am 20.02.2022 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“ oder „belangte Behörde“), Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er gesund und nicht in medizinischer Behandlung sei. Er korrigierte das Protokoll der polizeilichen Erstbefragung dahingehend, dass er nicht verheiratet, sondern ledig sei und mit seiner Cousine nur traditionell verlobt gewesen sei. Sodann gab der Beschwerdeführer an, dass er in Syrien insgesamt 12 Jahre die Schule besucht und die Matura abgeschlossen habe. Seine Mutter, zwei Schwestern und zwei Brüder würden noch in Syrien leben. Ein Bruder würde in der Türkei und ein weiterer Bruder in Libanon leben. Er habe regelmäßig Kontakt zu seiner Familie. In Syrien sei der Beschwerdeführer von 2002 bis 2011 hauptsächlich als Elektriker tätig gewesen. Von 2011 bis 2016 habe der Beschwerdeführer eine Reinigung gehabt. Anschließend habe er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2022 in einer Textilfabrik gearbeitet. Seinen Militärdienst habe er bereits von 2005 bis 2007 als einfacher Soldat abgeleistet. Als Panzerschütze sei es seine Aufgabe gewesen, den Turm am Panzer zu bedienen. An Kampfhandlungen habe er sich nie beteiligt und keine spezielle Waffenausbildung erhalten. Sein Wehrdienstbuch sei noch in Syrien. Im Jahr 2013 habe der Beschwerdeführer einen Reisepass ausstellen wollen, jedoch sei ihm mitgeteilt worden, dass er als Reservist gesucht werden würde und ihm daher kein Reisepass ausgestellt werde.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er seinen Reservedienst nicht leisten wolle. Das syrische Regime habe das ganze Volk getötet, er wolle daher nicht im Dienst von Assad stehen. Des Weiteren seien dem Beschwerdeführer im Jahr 2019 in seinem Reinigungsgeschäft von Leuten der syrischen demokratischen Streitkräfte 75.000,- US-Dollar gestohlen worden. Der Beschwerdeführer habe eine Anzeige bei der Polizei erstattet. Nachdem ihm das Geld gestohlen worden sei, habe er sein Geschäft geschlossen und sei daraufhin in die Türkei eingereist, wo er dann in einer Textilfabrik gearbeitet haben soll. In der Türkei sei er nach Syrien abgeschoben worden. Nach einem Aufenthalt von fünf bis sechs Monaten in Syrien sei der Beschwerdeführer wieder in die Türkei eingereist. Der Beschwerdeführer sei nie wegen seiner Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Religion, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt worden und habe auch an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen. Er sei nur aufgrund der Anzeige bei der Polizei verfolgt worden.
Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA legte der Beschwerdeführer eine Kopie seines syrischen Personalausweises vor.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 25.02.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ihm wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat nicht habe glaubhaft machen können. Die Heimatregion des Beschwerdeführers, Manbij, im Gouvernement Aleppo, stehe unter der Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte („SDF“). Die syrischen Behörden können keine Rekrutierung im kurdisch dominierten Selbstverwaltungsgebiet durchführen. Es sei daher nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer zum Reservedienst der syrischen Regierung aufgefordert worden sei, sodass ihm auch keine Wehrdienstverweigerung vorzuwerfen sei. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst ohne eine militärische Spezialausbildung und ohne nennenswerten Dienstgrad abgeleistet. Dass dem Beschwerdeführer im Jahr 2019 75.000,- US-Dollar gestohlen worden sei und er aufgrund der erstatteten Anzeige bei der Polizei konkret verfolgt und bedroht werden würde, sei nicht glaubhaft und widersprüchlich. Der Beschwerdeführer habe somit insgesamt keine Umstände vorgebracht, die eine asylrelevante Verfolgung erkennen lassen würden. Es hätten sich im Verfahren keine begründeten Hinweise auf eine Flüchtlingseigenschaft ergeben. Es könne somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung landesweit ausgesetzt wäre. Dem Beschwerdeführer werde aufgrund der Sicherheitslage im Herkunftsstaat Syrien und somit der bestehenden Gefahr, dass er bei einer Rückkehr in eine aussichtslose Lage geraten könnte, subsidiärer Schutz gewährt. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 25.02.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Ihm wurde gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat nicht habe glaubhaft machen können. Die Heimatregion des Beschwerdeführers, Manbij, im Gouvernement Aleppo, stehe unter der Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte („SDF“). Die syrischen Behörden können keine Rekrutierung im kurdisch dominierten Selbstverwaltungsgebiet durchführen. Es sei daher nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer zum Reservedienst der syrischen Regierung aufgefordert worden sei, sodass ihm auch keine Wehrdienstverweigerung vorzuwerfen sei. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst ohne eine militärische Spezialausbildung und ohne nennenswerten Dienstgrad abgeleistet. Dass dem Beschwerdeführer im Jahr 2019 75.000,- US-Dollar gestohlen worden sei und er aufgrund der erstatteten Anzeige bei der Polizei konkret verfolgt und bedroht werden würde, sei nicht glaubhaft und widersprüchlich. Der Beschwerdeführer habe somit insgesamt keine Umstände vorgebracht, die eine asylrelevante Verfolgung erkennen lassen würden. Es hätten sich im Verfahren keine begründeten Hinweise auf eine Flüchtlingseigenschaft ergeben. Es könne somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung landesweit ausgesetzt wäre. Dem Beschwerdeführer werde aufgrund der Sicherheitslage im Herkunftsstaat Syrien und somit der bestehenden Gefahr, dass er bei einer Rückkehr in eine aussichtslose Lage geraten könnte, subsidiärer Schutz gewährt.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer über seinen Rechtsvertreter am 29.03.2024 fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst insbesondere vorgebracht, dass der Beschwerdeführer ein syrischer Mann im reservedienstfähigen Alter sei und diesen noch nicht abgeleistet habe. Er habe im Jahr 2013 einen Reisepass ausstellen lassen wollen und im Zuge dessen habe er erfahren, dass er als Reservist einberufen werde. Der Name des Beschwerdeführers sei dem syrischen Regime daher bekannt. Er wolle sich aber nicht dem syrischen Regime anschließen und den Reservedienst ableisten. In der Heimatregion des Beschwerdeführers hätten die Kurden die Kontrolle. Er würde bei einer Rückkehr in seine Heimatregion von diesen für den Selbstverteidigungsdienst einberufen werden. Der Beschwerdeführer verweigere auch diesen abzuleisten. Er wolle für keine der Parteien im syrischen Bürgerkrieg kämpfen, da er niemanden töten wolle. Bezüglich der Bedrohung durch kurdische Streitkräfte wolle der Beschwerdeführer ergänzen, dass sein Bruder von den Kurden kurzzeitig entführt worden sei. Durch die Flucht des Beschwerdeführers habe er sich dem Selbstverteidigungsdienst entzogen und würde ihm von Seiten der kurdischen Truppen daher asylrelevante Verfolgung drohen, da diese eine Weigerung mit ihnen zu kämpfen ebenfalls als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung sehen würden. In seinem Heimatort Manbij habe der Beschwerdeführer ein eigenes Geschäft gehabt. Dort sei ihm von korrupten Polizisten Geld gestohlen worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer eine Anzeige erstattet, jedoch sei die Situation dadurch schlimmer geworden, da die „Qasad“ nach dem Beschwerdeführer gesucht haben sollen. Des Weiteren sei der Beschwerdeführer illegal aus Syrien ausgereist und habe einen Asylantrag im Ausland gestellt. All diese Fakten könnten eigenständig zur Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung und einer Verfolgung aus dem jeweiligen Grund führen. Im Zuge der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer über seinen Rechtsvertreter am 29.03.2024 fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst insbesondere vorgebracht, dass der Beschwerdeführer ein syrischer Mann im reservedienstfähigen Alter sei und diesen noch nicht abgeleistet habe. Er habe im Jahr 2013 einen Reisepass ausstellen lassen wollen und im Zuge dessen habe er erfahren, dass er als Reservist einberufen werde. Der Name des Beschwerdeführers sei dem syrischen Regime daher bekannt. Er wolle sich aber nicht dem syrischen Regime anschließen und den Reservedienst ableisten. In der Heimatregion des Beschwerdeführers hätten die Kurden die Kontrolle. Er würde bei einer Rückkehr in seine Heimatregion von diesen für den Selbstverteidigungsdienst einberufen werden. Der Beschwerdeführer verweigere auch diesen abzuleisten. Er wolle für keine der Parteien im syrischen Bürgerkrieg kämpfen, da er niemanden töten wolle. Bezüglich der Bedrohung durch kurdische Streitkräfte wolle der Beschwerdeführer ergänzen, dass sein Bruder von den Kurden kurzzeitig entführt worden sei. Durch die Flucht des Beschwerdeführers habe er sich dem Selbstverteidigungsdienst entzogen und würde ihm von Seiten der kurdischen Truppen daher asylrelevante Verfolgung drohen, da diese eine Weigerung mit ihnen zu kämpfen ebenfalls als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung sehen würden. In seinem Heimatort Manbij habe der Beschwerdeführer ein eigenes Geschäft gehabt. Dort sei ihm von korrupten Polizisten Geld gestohlen worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer eine Anzeige erstattet, jedoch sei die Situation dadurch schlimmer geworden, da die „Qasad“ nach dem Beschwerdeführer gesucht haben sollen. Des Weiteren sei der Beschwerdeführer illegal aus Syrien ausgereist und habe einen Asylantrag im Ausland gestellt. All diese Fakten könnten eigenständig zur Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung und einer Verfolgung aus dem jeweiligen Grund führen. Im Zuge der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt langte am 04.04.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 02.07.2024 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil, die Verhandlungsschrift wurde ihr übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er wurde am XXXX in Manbij, im Gouvernement Aleppo geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt 40 Jahre alt. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er wurde am römisch 40 in Manbij, im Gouvernement Aleppo geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt 40 Jahre alt. Seine Muttersprache ist Arabisch.
Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben. Der Beschwerdeführer hat insgesamt sechs Geschwister. Von ihnen befindet sich ein Bruder in der Türkei und ein weiterer Bruder in Libanon. Seine übrigen vier Geschwister (zwei Brüder und zwei Schwestern) sind weiterhin in Manbij aufhältig. Er hat regelmäßig Kontakt zu seinen Geschwistern.
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Er besuchte 12 Jahre lang die Schule in Syrien und schloss diese auch ab.
Der Beschwerdeführer hat keine Berufsausbildung. Er arbeitete von 2002 bis 2011 als Tagelöhner am Bau, hauptsächlich als Elektriker. Von 2011 bis 2016 besaß der Beschwerdeführer in Syrien einen Laden für Reinigungsmittel. Anschließend arbeitete er von 2016 bis 2022 in einer Textilfabrik.
Der Beschwerdeführer stammt aus der kurdischen Stadt Manbij, im Gouvernement Aleppo, welche unter der Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte („SDF“) steht.
Der Beschwerdeführer wohnte bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2022 hauptsächlich in Manbij. Anschließend reiste der Beschwerdeführer in die Türkei ein, jedoch wurde er aus der Türkei zurück nach Syrien abgeschoben. In Syrien hielt er sich anschließend für fünf bis sechs Monate in der Stadt Jarabulus, im Gouvernement Aleppo auf, bis er im Sommer 2022 sein Heimatland Syrien endgültig verließ. Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 18.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des BFA vom 25.02.2024 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten (rechtskräftig) zuerkannt und ihm eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Zu den geltend gemachten Fluchtgründen wird vom erkennenden Gericht Folgendes festgehalten:
Der Beschwerdeführer hat seinen verpflichtenden Wehrdienst bereits von 2005 bis 2007 beim syrischen Militär abgeleistet und ist daher Reservist. Er hat seinen Wehrdienst als einfacher Rekrut absolviert und hat keine Spezialkenntnisse erworben.
Der Beschwerdeführer ist in seiner Heimatregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr ausgesetzt, zum Reservedienst der syrischen Armee einberufen zu werden. Der Beschwerdeführer wurde in Syrien niemals vonseiten der syrischen Regierung konkret aufgefordert, seinen Reservedienst abzuleisten, er hat keinen förmlichen Einberufungsbefehl erhalten. Das syrische Regime verfügt über keine Rekrutierungsmöglichkeiten in dem von der SDF kontrollierten Herkunftsort des Beschwerdeführers. Dem Beschwerdeführer steht (für die Einreise) insbesondere die Benützung des Grenzüberganges von Semalka (zwischen der Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien und der Autonomen Region Kurdistan im Irak), der nicht vom syrischen Regime kontrolliert wird, zur Verfügung, womit ihm die Einreise nach Syrien in das Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung ohne Kontakt zu den syrischen Behörden, möglich ist.
In der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien, in der sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers befindet, sind Männer, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben, zum Wehrdienst verpflichtet. Der bereits 40-jährige Beschwerdeführer unterliegt daher nicht der Wehrpflicht in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien. Ihm droht bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion somit nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr der Verfolgung bzw. der Zwangsrekrutierung seitens kurdischer Gruppierungen.
Der Beschwerdeführer war nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und ist auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder anderen Konfliktparteien geraten.
Gegen den Beschwerdeführer liegt in seinem Herkunftsstaat kein Haftbefehl vor, nach ihm wurde weder gefahndet noch wurde er aufgrund einer erstatteten Anzeige durch die syrische Behörde oder anderen Konfliktparteien aufgesucht oder verfolgt.
Dem Beschwerdeführer droht keine Gefahr, wegen der illegalen Ausreise oder der Asylantragstellung in Österreich mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine individuelle Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat Syrien nicht glaubhaft machen konnte. Insbesondere eine konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers durch die syrische Regierung oder andere Konfliktparteien konnte nicht plausibel dargelegt werden. Es gibt keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer abseits der durch den Bürgerkrieg gegebenen allgemeinen Gefahren einer individuellen Verfolgung oder Gefährdung ausgesetzt wäre.
Zusammengefasst droht dem Beschwerdeführer in Syrien daher keine konkrete Gefährdung aus Gründen der „Rasse“, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung.
1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat Syrien:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024, wiedergegeben:
Auszüge aus dem Länderinformationsblatt Syrien Version 11 vom 27.03.2024
Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Letzte Änderung 2023-07-14 13:52
Anmerkungen:
In den folgenden Kapiteln kann aufgrund der Vielzahl an bewaffneten Gruppen nur auf die Rekrutierungspraxis eines Teils der Organisationen eingegangen werden. Darin wird der Begriff „Militärdienst“ als Überbegriff für Wehr- und Reservedienst verwendet. Wo es die Quellen zulassen, wird versucht, klar zwischen Wehr- und Reservedienst bzw. zwischen Desertion und Wehrdienstverweigerung zu unterscheiden.
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Letzte Änderung 2024-03-11 06:50
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).
Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 8.2023).
Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022).
Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vgl. ICWA 24.5.2022).Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vergleiche ICWA 24.5.2022).
Männliche Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1956 nach Syrien kamen und als solche bei der General Administration for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert sind (NMFA 5.2022), bzw. palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht (AA 13.11.2018; vgl. Action PAL 3.1.2023, ACCORD 21.9.2022). Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee trägt: Palestinian Liberation Army (PLA) (BAMF 2.2023, (AA 13.11.2018; vgl. ACCORD 21.9.2022). Es konnten keine Quellen gefunden werden, die angeben, dass Palästinenser vom Reservedienst ausgeschlossen seien (ACCORD 21.9.2022; vgl. BAMF 2.2023).Männliche Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1956 nach Syrien kamen und als solche bei der General Administration for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert sind (NMFA 5.2022), bzw. palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht (AA 13.11.2018; vergleiche Action PAL 3.1.2023, ACCORD 21.9.2022). Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee trägt: Palestinian Liberation Army (PLA) (BAMF 2.2023, (AA 13.11.2018; vergleiche ACCORD 21.9.2022). Es konnten keine Quellen gefunden werden, die angeben, dass Palästinenser vom Reservedienst ausgeschlossen seien (ACCORD 21.9.2022; vergleiche BAMF 2.2023).
Frauen können als Berufssoldatinnen dem syrischen Militär beitreten. Dies kommt in der Praxis tatsächlich vor, doch stoßen die Familien oft auf kulturelle Hindernisse, wenn sie ihren weiblichen Verwandten erlauben, in einem so männlichen Umfeld zu arbeiten. Dem Vernehmen nach ist es in der Praxis häufiger, dass Frauen in niedrigeren Büropositionen arbeiten als in bewaffneten oder leitenden Funktionen. Eine Quelle erklärt dies damit, dass Syrien eine männlich geprägte Gesellschaft ist, in der Männer nicht gerne Befehle von Frauen befolgen (NMFA 5.2022).
Mit Stand Mai 2023 werden die regulären syrischen Streitkräfte immer noch von zahlreichen regierungsfreundlichen Milizen unterstützt (CIA 9.5.2023). Frauen sind auch regierungsfreundlichen Milizen beigetreten. In den Reihen der National Defence Forces (NDF) dienen ca. 1.000 bis 1.500 Frauen, eine vergleichsweise geringe Anzahl. Die Frauen sind an bestimmten Kontrollpunkten der Regierung präsent, insbesondere in konservativen Gebieten, um Durchsuchungen von Frauen durchzuführen (FIS 14.12.2018).
Die Umsetzung
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vgl. DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vergleiche DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).
Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vgl. AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer "Verkürzung" des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022).Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vergleiche AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer "Verkürzung" des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022).
Seit März 2020 hat es in Syrien keine größeren militärischen Offensiven an den offiziellen Frontlinien mehr gegeben. Scharmützel, Granatenbeschuss und Luftangriffe gingen weiter, aber die Frontlinien waren im Grunde genommen eingefroren. Nach dem Ausbruch von COVID-19 und der Einstellung größerer Militäroperationen in Syrien Anfang 2020 verlangsamten sich Berichten zufolge die militärischen Rekrutierungsmaßnahmen der SAA. Die SAA berief jedoch regelmäßig neue Wehrpflichtige und Reservisten ein. Im Oktober 2021 wurde ein Rundschreiben herausgegeben, in dem die Einberufung von männlichen Syrern im wehrpflichtigen Alter angekündigt wurde. Auch in den wiedereroberten Gebieten müssen Männer im wehrpflichtigen Alter den Militärdienst ableisten (EUAA 9.2022). Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 2.2.2024).
Rekrutierungspraxis
Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vgl. NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vgl. NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara'a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.9.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahr 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 6.3.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.1.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 2.2.2024).Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vergleiche NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vergleiche NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara'a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.9.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahr 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 6.3.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.1.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 2.2.2024).
Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von einer zeitweisen Amnestie vom Wehrdienst Gebrauch machen wollen, an der Grenze eingezogen zu werden (DIS 5.2020). Lokale Medien berichteten, dass die Sicherheitskräfte der Regierung während der Fußballweltmeisterschaft der Herren 2022 mehrere Cafés, Restaurants und öffentliche Plätze in Damaskus stürmten, wo sich Menschen versammelt hatten, um die Spiele zu sehen, und Dutzende junger Männer zur Zwangsrekrutierung festnahmen (USDOS 20.3.2023).
Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z. B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vgl. ICG 9.5.2022, EB 6.3.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 5.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 1.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 8.2023; vgl. DIS 7.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 1.2024).Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z. B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vergleiche ICG 9.5.2022, EB 6.3.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 5.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 1.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 8.2023; vergleiche DIS 7.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 1.2024).
Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 8.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017; vgl. FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 8.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017; vergleiche FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).
Die Regierung hat in vormals unter der Kontrolle der Oppositionskräfte stehenden Gebieten, wie zum Beispiel Ost-Ghouta, Zweigstellen zur Rekrutierung geschaffen. Wehrdienstverweigerer und Deserteure können sich in diesen Rekrutierungszentren melden, um nicht länger von den Sicherheitskräften gesucht zu werden. In vormaligen Oppositionsgebieten werden Listen mit Namen von Personen, welche zur Rekrutierung gesucht werden, an lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Checkpoints verteilt (DIS 5.2020). Anfang April 2023 wurde beispielsweise von verstärkten Patrouillen der Regierungsstreitkräfte im Osten Dara'as berichtet, um Personen aufzugreifen, die zum Militär- und Reservedienst verpflichtet sind (ETANA 4.4.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gab es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 4.12.2020).
Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 4.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vgl. EASO 4.2021). Da die Zusammensetzung der syrisch-arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als "Kanonenfutter" im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.3.2023).Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 4.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vergleiche EASO 4.2021). Da die Zusammensetzung der syrisch-arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als "Kanonenfutter" im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.3.2023).
Im Rahmen sog. lokaler "Versöhnungsabkommen" in den vom Regime zurückeroberten Gebieten sowie im Kontext lokaler Rückkehrinitiativen aus Libanon hat das Regime Männern im wehrpflichtigen Alter eine sechsmonatige Schonfrist zugesichert. Diese wurde jedoch in zahlreichen Fällen, auch nach der Einnahme des Südwestens, nicht eingehalten. Sowohl in Ost-Ghouta als auch in den südlichen Gouvernements Dara‘a und Quneitra soll der Militärgeheimdienst dem Violations Documentation Center zufolge zahlreiche Razzien zur Verhaftung und zum anschließenden Einzug ins Militär durchgeführt haben (AA 2.2.2024).
Staatenlose Palästinenser werden meistens in die Palestinian Liberation Army (PLA) rekrutiert, seltener auch in die reguläre SAA. Sie sind ebenfalls reservepflichtig. Allerdings dauert ihre Pflicht zum Reservedienst weniger lange, nämlich nur viereinhalb Jahre. Den meisten Quellen des Danish Immigration Service waren keine Fälle bekannt, wonach staatenlose Palästinenser in Syrien zum Reservedienst in der PLA einberufen wurden. Die PLA wurde auch an die Front geschickt (DIS 1.2024).
Rekrutierung von Personen aus Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle
Nach dem Abkommen zwischen den Syrian Democratic Forces (SDF) und der syrischen Regierung Mitte Oktober 2019, das die Stationierung von Truppen der syrischen Regierung in zuvor kurdisch kontrollierten Gebieten vorsah, wurde berichtet, dass syrische Kurden aus dem Gebiet in den Irak geflohen sind, weil sie Angst hatten, in die SAA eingezogen zu werden (Rechtsexperte 14.9.2022). Die Absolvierung des "Wehrdiensts" gemäß der "Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien" [Autonomous Administration of North and East Syria (AANES)] befreit nicht von der nationalen Wehrpflicht in Syrien. Die syrische Regierung verfügt über mehrere kleine Gebiete im Selbstverwaltungsgebiet. In Qamishli und al-Hassakah tragen diese die Bezeichnung "Sicherheitsquadrate" (al-Morabat al-Amniya), wo sich verschiedene staatliche Behörden, darunter auch solche mit Zuständigkeit für die Rekrutierung befinden. Während die syrischen Behörden im Allgemeinen keine Rekrutierungen im Selbstverwaltu