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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG §15 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. Dezember 1994, Zl. SD 1102/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 1. Dezember 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei im Oktober 1991 mit einem 20 Tage gültigen Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist und habe hier am 4. Mai 1992 eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht. Zwei Tage später habe er einen Befreiungsschein beantragt, der ihm aufgrund der Ehe erteilt worden sei. Den am 31. Juli 1992 gestellten Sichtvermerksantrag habe er vier Wochen danach wieder zurückgezogen. Erst aufgrund eines neuerlichen Antrages vom 4. November 1992 sei dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung bis 31. Dezember 1994 erteilt worden. Gleichzeitig sei er wegen illegalen Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden. In der Zwischenzeit sei beim Bezirksgericht Donaustadt eine Ehenichtigkeitsklage eingebracht worden, weil die Ehegattin des Beschwerdeführers am 12. Juli 1994 vor der Erstbehörde angegeben habe, vom Beschwerdeführer S 60.000,-- für die Eheschließung erhalten zu haben. Diese Ehe, die nie vollzogen worden sei, sei nur deshalb geschlossen worden, um dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein zu verschaffen. Der Beschwerdeführer habe diesen Sachverhalt nicht bestritten, jedoch vorgebracht, daß er auch ohne Eheschließung eine Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein hätte erlangen können. Diese Ansicht sei schon deshalb verfehlt, weil die Ausstellung eines Befreiungsscheines eine Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger voraussetze.
Es sei daher aufgrund des Geschehensablaufes als erwiesen anzunehmen, daß der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deswegen geschlossen habe, um in den Besitz eines Befreiungsscheines und in der Folge einer Aufenthaltsberechtigung zu kommen. Dieses Verhalten stelle nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen Rechtsmißbrauch dar, der die öffentliche Ordnung gefährde und seinem Gehalt nach dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzuhalten sei. Die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei demnach jedenfalls gerechtfertigt.
Im Hinblick auf den relativ kurzen und zum Teil illegalen bzw. nur durch Eingehung einer Scheinehe bewirkten Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich sowie aufgrund des Fehlens familiärer Bindungen könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG keine Rede sein.
Demnach sei weder zu überprüfen gewesen, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. In der Beschwerde wird in Zweifel gezogen, "ob tatsächlich nur aufgrund der Eheschließung (sei die Ehe auch anschließend geschieden worden) der Beschwerdeführer rechtliche Vorteile erzielen wollte und auch tatsächlich erlangt hat". Wenn es zutreffe, daß der Beschwerdeführer wegen "illegalen Aufenthaltes" bestraft, ihm jedoch trotzdem eine Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei, dann sei kein zwingender Zusammenhang zwischen der Eheschließung und der Erteilung dieser Berechtigung ersichtlich. Außerdem gehe es nicht darum, ob der Beschwerdeführer einen Befreiungsschein erhalten habe, sondern darum, ob ihm eine Berechtigung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt worden sei. Dies könne auch in Form der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung oder einer Arbeitserlaubnis geschehen. Dazu habe die belangte Behörde weder tatsächliche noch rechtliche Überlegungen angestellt. Zusammengefaßt sei der Beschwerdeführer der Ansicht, daß der Schluß auf die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus der Tatsache der Eheschließung nicht zwingend sei. Sei dies der Fall, dann könne keinesfalls davon gesprochen werden, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich einen "Verstoß gegen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt".
1.2. Mit diesem unter dem Titel "Rechtswidrigkeit des Inhaltes" erstatteten Vorbringen bekämpft die Beschwerde tatsächlich die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist diese nicht als unschlüssig zu erkennen. Vielmehr steht es mit den Denkgesetzen durchaus in Einklang, wenn die belangte Behörde aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Angaben der Gattin des Beschwerdeführers vor der Erstbehörde als erwiesen angenommen hat, daß die Ehe allein zwecks Erlangung eines Befreiungsscheines und sodann einer Aufenthaltsberechtigung für den Beschwerdeführer geschlossen worden sei. Diese maßgebliche Feststellung zu entkräften, gelingt der Beschwerde mit dem obigen Vorbringen nicht. Angesichts dessen, daß dem Beschwerdeführer unbestrittenermaßen aufgrund der von ihm mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe ein Befreiungsschein erteilt wurde, war es für die belangte Behörde entbehrlich, Überlegungen darüber anzustellen, ob er auch in anderer Form die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Beschäftigung (siehe § 3 Abs. 1 AuslBG) hätte schaffen können. Auch der Beschwerdehinweis auf die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung bei gleichzeitiger Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes vermag die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung nicht zu erschüttern, schließt doch die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in der Zeit zwischen dem Ablauf der Gültigkeitsdauer seines ersten Sichtvermerkes und der Erteilung eines neuen Sichtvermerkes aufgrund seines Antrages vom 4. November 1992 keineswegs aus, daß letztere allein auf die ein paar Monate vorher eingegangene Ehe des Beschwerdeführers zurückzuführen ist. Aus welchen Gründen der Beschwerdeführer einen zwischenzeitig (am 31. Juli 1992) gestellten Sichtvermerksantrag zurückgezogen und einen neuerlichen derartigen Antrag eingebracht hat, ist für die in, wie dargetan, unbedenklicher Weise getroffene Feststellung des wesentlichen Sachverhaltes ohne Belang.
2. Durfte die belangte Behörde nach dem Gesagten für ihre weiteren Erwägungen von der Eingehung der Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin allein zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ausgehen, so begegnet der Schluß, daß dieses Verhalten einen die öffentliche Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) erheblich gefährdenden Rechtsmißbrauch darstelle, der die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige, keinem Einwand (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1061, vom 1. Februar 1995, Zl. 94/18/1084, vom 23. Februar 1995, Zl. 94/18/1054, und vom 28. April 1995, Zl. 95/18/0441).
3. Der Vorwurf mangelnden Parteiengehörs entbehrt insofern der Relevanz, als der Beschwerdeführer der unbestrittenen Feststellung im bekämpften Bescheid zufolge das ihm - unter Zugrundelegung der Beschwerdeausführungen - wesentlich erscheinende Sachverhaltsvorbringen im Verwaltungsverfahren ohnedies erstattet hat und die belangte Behörde in der angefochtenen Entscheidung darauf eingegangen ist. In der Beschwerde wird nicht dargetan, inwiefern eine nochmalige Äußerung des Beschwerdeführers die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, zu einem anderen als den von ihr als maßgeblich festgestellten Sachverhalt zu gelangen.
Für den Vorwurf, der Sachverhalt sei in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen worden, bleibt die Beschwerde jegliche Begründung schuldig.
4. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995180607.X00Im RIS seit
20.11.2000