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90/01 Straßenverkehrsordnung 1960Norm
B-VG Art89 Abs1, Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Aufhebung einer Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Braunau betreffend eine Geschwindigkeitsbeschränkung mangels Vorlage eines Verordnungsaktes betreffend die Prüfung der Erforderlichkeit im VerordnungserlassungsverfahrenRechtssatz
Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 16.07.2009, ZVerkR10?501?42?2009.
Die Behörde hat vor Erlassung einer verkehrsbeschränkenden Verordnung die im Einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen. Die sohin gebotene Interessenabwägung erfordert sowohl die nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, als auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren. Das Ermittlungsverfahren dient dem Zweck, eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrsverhältnisse sowie eine sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, zu ermöglichen, damit die Behörde auf dieser Grundlage die gemäß §43 StVO 1960 vor Verordnungserlassung gebotene Interessenabwägung zwischen den Interessen an der Verkehrsbeschränkung und dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße vornehmen kann. Nach stRsp des VfGH ist der Verordnungsgeber verpflichtet, die erforderlichen Ermittlungsschritte aktenkundig festzuhalten, um eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung zu gewährleisten.
Dem VfGH ist es mangels Vorlage eines Verordnungsaktes mit entsprechender Dokumentation nicht möglich festzustellen, ob die verordnungserlassende Behörde vor Erlassung der angefochtenen Verordnung ein Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, in dem die gemäß §43 StVO 1960 vor Verordnungserlassung gebotene Prüfung der Erforderlichkeit der Erlassung der verkehrsbeschränkenden Maßnahme vorgenommen wurde. Die verordnungserlassende Behörde hat in ihrer Äußerung im Verfahren vor dem VfGH ausgeführt, dass aus Anlass der (Neu-)Verordnung im Jahr 2009 kein (weiteres) Verfahren durchgeführt worden sei. Aus dem Hinweis der verordnungserlassenden Behörde, dass es sich bei der angefochtenen Verordnung um eine bloße Adaptierung einer bereits bestehenden Geschwindigkeitsbeschränkung (70 km/h) gehandelt habe, ist jedoch schon im Hinblick darauf nichts zu gewinnen, dass auch kein auf die Verordnung aus dem Jahr 1973 Bezug habender Verordnungsakt mit entsprechender Dokumentation vorgelegt wurde.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Geschwindigkeitsbeschränkung, Verkehrsbeschränkungen, Ermittlungsverfahren, Verordnungserlassung, VfGH / GerichtsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2024:V12.2023Zuletzt aktualisiert am
28.08.2024