Entscheidungsdatum
24.07.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W135 2281375-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Ivona GRUBESIC über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Ivona GRUBESIC über die Beschwerde von römisch 40 alias römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 08.07.2022 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Am 09.07.2022 fand seine Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, er habe Syrien im Jahr 2018 illegal zu Fuß in die Türkei verlassen und die folgenden vier Jahre dort gelebt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er zum Militärdienst des syrischen Regimes sowie auch von allen anderen Kriegsparteien einberufen worden sei. Er fürchte sich vor den terroristischen Vereinigungen. Das seien all seine Fluchtgründe. Bei einer Rückkehr in seine Heimat fürchte er, das syrische Regime sowie dass er Waffen tragen müsse.
Am 01.03.2023 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht. Begründend führte er aus, dass ihm zwar eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG ausgestellt, jedoch in den letzten sieben Monaten keine Entscheidung getroffen worden sei. Es wurde beantragt, das Verwaltungsgericht möge der Säumnisbeschwerde stattgeben und in der Sache selbst entscheiden oder in Stattgebung der Säumnisbeschwerde der säumigen Behörde auftragen, den versäumten Bescheid binnen acht Wochen zu lassen.Am 01.03.2023 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht. Begründend führte er aus, dass ihm zwar eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß Paragraph 51, AsylG ausgestellt, jedoch in den letzten sieben Monaten keine Entscheidung getroffen worden sei. Es wurde beantragt, das Verwaltungsgericht möge der Säumnisbeschwerde stattgeben und in der Sache selbst entscheiden oder in Stattgebung der Säumnisbeschwerde der säumigen Behörde auftragen, den versäumten Bescheid binnen acht Wochen zu lassen.
Am 25.05.2023 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde), im Rahmen welcher der Beschwerdeführer seine Säumnisbeschwerde vom 01.03.2023 zurückzog. Er gab an, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem zu sein. Er korrigierte seine Angaben zur Ausreise dahingehend, dass er bereits im Jahr 2015 Syrien in die Türkei verlassen habe und im Februar 2018 von der Türkei in das Gouvernement Idlib in Syrien abgeschoben worden sei. Eine Woche später sei er wieder in die Türkei ausgereist, wo er sich anschließend bis zum 23.05.2022 aufgehalten habe. Er sei am XXXX in XXXX in Aleppo Land geboren und aufgewachsen. Im Juni 2012 sei er gemeinsam mit seiner Familie aufgrund starker Bombardierungen seines Heimatdorfes durch das syrische Regime nach XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor Land übersiedelt, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2015 gelebt habe. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus XXXX habe der IS die Kontrolle gehabt, derzeit sei der Ort unter Kontrolle der Kurden. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. Seine Eltern sowie ein Bruder und eine Schwester seien in Syrien aufhältig, zwei weitere Brüder würden in der Türkei leben. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er aus, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Er sei hauptsächlich wegen des IS ausgereist, er habe jedoch auch das wehrpflichtige Alter für den Militärdienst erreicht. Er habe den Militärdienst nicht abgeleistet und verfüge auch über kein Militärbuch, da er im Alter von 15 Jahren seinen Heimatort verlassen habe und seitdem in Gebieten außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes gelebt habe. Auch von den kurdischen Streitkräften sei er weder zum Militärdienst einberufen worden noch habe er Zwangsrekrutierungsversuche erlebt. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien fürchte er inhaftiert zu werden, da er als Verräter betrachtet werden würde. Am 25.05.2023 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde), im Rahmen welcher der Beschwerdeführer seine Säumnisbeschwerde vom 01.03.2023 zurückzog. Er gab an, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem zu sein. Er korrigierte seine Angaben zur Ausreise dahingehend, dass er bereits im Jahr 2015 Syrien in die Türkei verlassen habe und im Februar 2018 von der Türkei in das Gouvernement Idlib in Syrien abgeschoben worden sei. Eine Woche später sei er wieder in die Türkei ausgereist, wo er sich anschließend bis zum 23.05.2022 aufgehalten habe. Er sei am römisch 40 in römisch 40 in Aleppo Land geboren und aufgewachsen. Im Juni 2012 sei er gemeinsam mit seiner Familie aufgrund starker Bombardierungen seines Heimatdorfes durch das syrische Regime nach römisch 40 im Gouvernement Deir ez-Zor Land übersiedelt, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2015 gelebt habe. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus römisch 40 habe der IS die Kontrolle gehabt, derzeit sei der Ort unter Kontrolle der Kurden. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. Seine Eltern sowie ein Bruder und eine Schwester seien in Syrien aufhältig, zwei weitere Brüder würden in der Türkei leben. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er aus, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Er sei hauptsächlich wegen des IS ausgereist, er habe jedoch auch das wehrpflichtige Alter für den Militärdienst erreicht. Er habe den Militärdienst nicht abgeleistet und verfüge auch über kein Militärbuch, da er im Alter von 15 Jahren seinen Heimatort verlassen habe und seitdem in Gebieten außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes gelebt habe. Auch von den kurdischen Streitkräften sei er weder zum Militärdienst einberufen worden noch habe er Zwangsrekrutierungsversuche erlebt. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien fürchte er inhaftiert zu werden, da er als Verräter betrachtet werden würde.
Der Beschwerdeführer legte im Rahmen des Verfahrens vor dem BFA einen syrischen Personalausweis im Original (dieser wurde urkundentechnisch überprüft und für echt befunden) vor.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).Mit Bescheid der belangten Behörde vom römisch 40 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Der Beschwerdeführer erhob gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides mit Eingabe vom 24.10.2023 fristgerecht Beschwerde. Hierin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus dem Gouvernement Aleppo, nahe der gleichnamigen Hauptstadt stamme. Er sei dort im Ort XXXX aufgewachsen, wo er bis zu seiner Vertreibung im Jahr 2012 nach Deir ez-Zor Land gelebt habe. Im September oder Oktober 2015 habe der Beschwerdeführer Syrien illegal in die Türkei verlassen. Das Gouvernement Aleppo sowie der Heimatort des Beschwerdeführers stünden aktuell unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Der XXXX -jährige Beschwerdeführer sei als syrischer Staatsangehöriger verpflichtet, den gesetzlichen Militärdienst zu leisten. Er wolle jedoch nicht kämpfen und töten, weshalb er mit seinen Geschwistern in die Türkei geflüchtet sei. Wehrdienstentziehung werde vom syrischen Regime als oppositioneller politischer Akt angesehen und werde mit einem direkten Fronteinsatz oder Folter bestraft. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien fürchte er gleich bei seiner Einreise zum Militärdienst eingezogen zu werden, wo er die Waffe gegen das eigene Volk richten und an Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen teilnehmen müsse. Zudem sei der Personalbedarf der syrischen Armee nach wie vor hoch und es würden regelmäßig neue Rekruten einberufen werden. Ebenso fürchte der Beschwerdeführer eine Zwangsrekrutierung durch die Kurden. Auch würde er aufgrund seiner Flucht ins Ausland und seiner Weigerung den Wünschen der PKK zu entsprechen, als Oppositioneller der kurdischen Machthaber eingestuft werden. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er gemeinsam mit seinem Bruder an mehreren Demonstrationen gegen das syrische Regime in seiner Heimatortschaft teilgenommen habe und sein Bruder festgenommen worden sei, jedoch gegen Bezahlung wieder freigelassen worden sei. Dem Beschwerdeführer drohe aufgrund seiner Ausreise, seiner Herkunft aus dem Gouvernement Aleppo sowie Asylantragsstellung im Falle einer Rückkehr nach Syrien asylrelevante Verfolgung aufgrund einer unterstellten oppositionelle Gesinnung.Der Beschwerdeführer erhob gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides mit Eingabe vom 24.10.2023 fristgerecht Beschwerde. Hierin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus dem Gouvernement Aleppo, nahe der gleichnamigen Hauptstadt stamme. Er sei dort im Ort römisch 40 aufgewachsen, wo er bis zu seiner Vertreibung im Jahr 2012 nach Deir ez-Zor Land gelebt habe. Im September oder Oktober 2015 habe der Beschwerdeführer Syrien illegal in die Türkei verlassen. Das Gouvernement Aleppo sowie der Heimatort des Beschwerdeführers stünden aktuell unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Der römisch 40 -jährige Beschwerdeführer sei als syrischer Staatsangehöriger verpflichtet, den gesetzlichen Militärdienst zu leisten. Er wolle jedoch nicht kämpfen und töten, weshalb er mit seinen Geschwistern in die Türkei geflüchtet sei. Wehrdienstentziehung werde vom syrischen Regime als oppositioneller politischer Akt angesehen und werde mit einem direkten Fronteinsatz oder Folter bestraft. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien fürchte er gleich bei seiner Einreise zum Militärdienst eingezogen zu werden, wo er die Waffe gegen das eigene Volk richten und an Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen teilnehmen müsse. Zudem sei der Personalbedarf der syrischen Armee nach wie vor hoch und es würden regelmäßig neue Rekruten einberufen werden. Ebenso fürchte der Beschwerdeführer eine Zwangsrekrutierung durch die Kurden. Auch würde er aufgrund seiner Flucht ins Ausland und seiner Weigerung den Wünschen der PKK zu entsprechen, als Oppositioneller der kurdischen Machthaber eingestuft werden. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er gemeinsam mit seinem Bruder an mehreren Demonstrationen gegen das syrische Regime in seiner Heimatortschaft teilgenommen habe und sein Bruder festgenommen worden sei, jedoch gegen Bezahlung wieder freigelassen worden sei. Dem Beschwerdeführer drohe aufgrund seiner Ausreise, seiner Herkunft aus dem Gouvernement Aleppo sowie Asylantragsstellung im Falle einer Rückkehr nach Syrien asylrelevante Verfolgung aufgrund einer unterstellten oppositionelle Gesinnung.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt am 16.11.2023 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Mit Stellungnahme vom 15.04.2024 legte der Beschwerdeführer einen Kartenausschnitt seines Heimatortes, XXXX , vor und verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Herkunftsregion.Mit Stellungnahme vom 15.04.2024 legte der Beschwerdeführer einen Kartenausschnitt seines Heimatortes, römisch 40 , vor und verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Herkunftsregion.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.04.2024 eine mündliche Verhandlung durch, an der die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seiner Rechtsvertreterin und eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zu seinen Fluchtgründen befragt und es wurde ihm Gelegenheit gegeben, zu den aktuellen Feststellungen zur Situation in Syrien Stellung zu nehmen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme betreffend den Freikauf vom Wehrdienst bei der syrischen Armee vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person des Beschwerdeführers:
Der XXXX -jährige Beschwerdeführer führt die im Spruch ersichtlichen Personalien, ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der römisch 40 -jährige Beschwerdeführer führt die im Spruch ersichtlichen Personalien, ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX im Gouvernement Aleppo geboren, wo er aufgewachsen ist und neun Jahre die Grundschule sowie Hauptschule besucht hat. Aufgrund massiver Bombardierungen des Dorfes XXXX im Juni 2012 übersiedelte er gemeinsam mit seiner Familie in das Dorf XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor, wo er gemeinsam mit seiner Familie bis zu seiner Ausreise aus Syrien im September oder Oktober 2015 lebte. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch 40 im Gouvernement Aleppo geboren, wo er aufgewachsen ist und neun Jahre die Grundschule sowie Hauptschule besucht hat. Aufgrund massiver Bombardierungen des Dorfes römisch 40 im Juni 2012 übersiedelte er gemeinsam mit seiner Familie in das Dorf römisch 40 im Gouvernement Deir ez-Zor, wo er gemeinsam mit seiner Familie bis zu seiner Ausreise aus Syrien im September oder Oktober 2015 lebte.
Die Eltern, sein jüngerer Bruder sowie die Schwester des Beschwerdeführers lebten bis zum Jahr 2020 in XXXX und hielten sich anschließend auf einem Bauernhof in XXXX , in der Nähe von XXXX , auf. Aktuell leben die Eltern des Beschwerdeführers sowie sein jüngerer Bruder und seine Schwester in Erbil im Irak. Zwei weitere Brüder leben in der Türkei.Die Eltern, sein jüngerer Bruder sowie die Schwester des Beschwerdeführers lebten bis zum Jahr 2020 in römisch 40 und hielten sich anschließend auf einem Bauernhof in römisch 40 , in der Nähe von römisch 40 , auf. Aktuell leben die Eltern des Beschwerdeführers sowie sein jüngerer Bruder und seine Schwester in Erbil im Irak. Zwei weitere Brüder leben in der Türkei.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers – XXXX im Gouvernement Aleppo – steht aktuell unter der Kontrolle der syrischen Regierung. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers – römisch 40 im Gouvernement Aleppo – steht aktuell unter der Kontrolle der syrischen Regierung.
Der Beschwerdeführer verließ Syrien im September oder Oktober 2015 im Alter von 18 Jahren illegal in die Türkei. Im Februar 2018 wurde er von der Türkei in das Gouvernement Idlib in Syrien abgeschoben. Er hielt sich anschließend ungefähr eine Woche im türkisch-syrischen Grenzgebiet in Idlib auf, bevor er neuerlich in die Türkei ausreiste.
Der Beschwerdeführer verließ die Türkei im Mai 2022 und reiste über Griechenland, Albanien, Kosovo, Serbien, Ungarn und die Slowakei nach Österreich, wo er am 08.07.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen aktuell XXXX Jahren entsprechend der gesetzlichen Regelung in Syrien im wehrdienstpflichtigen Alter. Er hat seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet. Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen aktuell römisch 40 Jahren entsprechend der gesetzlichen Regelung in Syrien im wehrdienstpflichtigen Alter. Er hat seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien aktuell nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aufgrund von Wehrdienstverweigerung bzw. einer ihm hierdurch (unterstellten) oppositionellen Gesinnung.
Die syrischen Behörden unterstellen nicht sämtlichen Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, eine oppositionelle politische Gesinnung und haben sich auch im Fall des Beschwerdeführers keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben. Insbesondere weist der Beschwerdeführer keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen die syrische Zentralregierung oder gegen den Dienst an der Waffe an sich auf.
Auch droht dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht die reale Gefahr einer Verfolgung durch die syrische Zentralregierung aufgrund seiner behaupteten Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen in Syrien. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang von den syrischen Behörden gesucht wird.
Dem Beschwerdeführer droht in seiner Herkunftsregion auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die zwangsweise Rekrutierung durch die kurdischen SDF/YPG und/oder durch eine der sonstigen Konfliktparteien.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr auch nicht die Gefahr einer „Reflexverfolgung“ aufgrund der vorgebrachten Verhaftung seines Bruders nach dessen behaupteter Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen.
Ebenso droht dem Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner Herkunft aus Aleppo, seiner illegalen Ausreise oder seiner Asylantragstellung im Ausland bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Nicht jedem Rückkehrer, der ausgereist ist und der im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
? Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (LIB)
? UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von syrischen Staatsangehörigen aus März 2021
? EUAA Country Guidance: Syria April 2024
Politische Lage
Letzte Änderung 08.03.2024
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba'ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).
Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).
Sicherheitslage
Letzte Änderung 08.03.2024
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal