TE Bvwg Erkenntnis 2024/4/18 W601 2278599-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.04.2024
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Entscheidungsdatum

18.04.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W601 2278599-1/9E

Schriftliche Ausfertigung des am 11.03.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Nadine FRANK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gesetzlich vertreten durch XXXX , dieser vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2023, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Nadine FRANK über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, gesetzlich vertreten durch römisch 40 , dieser vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2023, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste gemeinsam mit seinen zwei Onkeln unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 09.09.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass in Syrien Krieg herrsche, Menschen getötet und Kinder entführt werden. Sein Vater werde vom syrischen Regime gesucht, weil er einrücken soll.

3. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 30.01.2023, GZ XXXX wurde dem Onkel des Beschwerdeführers XXXX die Obsorge betreffend den minderjährigen Beschwerdeführer übertragen.3. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes römisch 40 vom 30.01.2023, GZ römisch 40 wurde dem Onkel des Beschwerdeführers römisch 40 die Obsorge betreffend den minderjährigen Beschwerdeführer übertragen.

4. Am 02.06.2023 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Beisein des gesetzlichen Vertreters des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) statt. Der Beschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Es habe keine Sicherheit gegeben und er habe ständig Angst gehabt. Sein Vater sei aus Syrien geflüchtet, weil er zum Militär gehen hätte müssen. Zudem würden Kinder in Syrien entführt werden und er habe immer aufpassen müssen, dass er nicht alleine irgendwohin gehe. Auf dem Heimweg von der Schule habe einmal ein Motorradfahrer angehalten und habe ihn gefragt, ob er ihn nachhause führen soll. Der Beschwerdeführer sei weggelaufen.

5. Mit gegenständlichen Bescheid vom 29.08.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).5. Mit gegenständlichen Bescheid vom 29.08.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend führte das Bundesamt betreffend Spruchpunkt I. im Wesentlichen aus, dass im Verfahren nicht vorgebracht bzw. festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer von Zwangs- oder Kinderrekrutierung betroffen gewesen wäre. Er habe weder das Mindestalter für eine Einberufung zum syrischen Militär erreicht, noch sei aus den Länderberichten und den Angaben des Beschwerdeführers ableitbar, dass irgendeine Gruppierung jemals versucht hätte, ihn zu rekrutieren oder dass generell Kinder in seinem Alter rekrutiert werden. Zudem habe eine Verfolgung aufgrund einer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der (verlassenen) Kinder im konkreten Fall nicht erblickt werden können. Begründend führte das Bundesamt betreffend Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen aus, dass im Verfahren nicht vorgebracht bzw. festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer von Zwangs- oder Kinderrekrutierung betroffen gewesen wäre. Er habe weder das Mindestalter für eine Einberufung zum syrischen Militär erreicht, noch sei aus den Länderberichten und den Angaben des Beschwerdeführers ableitbar, dass irgendeine Gruppierung jemals versucht hätte, ihn zu rekrutieren oder dass generell Kinder in seinem Alter rekrutiert werden. Zudem habe eine Verfolgung aufgrund einer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der (verlassenen) Kinder im konkreten Fall nicht erblickt werden können.

6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. 6. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

7. Mit Stellungnahme vom 08.03.2024 brachte der BF im Wesentlichen vor, dass ihm im Falle der Rückkehr nach Syrien Zwangsrekrutierung als minderjähriges Kind drohe.

8. Am 11.03.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Verfahren des Beschwerdeführers sowie seiner zwei Onkel XXXX ) wurden mit Beschluss gemäß § 39 Abs. 2 AVG aufgrund der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Kostenersparnis zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Das Bundesamt nahm an der Verhandlung nicht teil. Die erkennende Richterin verkündete das Erkenntnis und gab der Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG statt. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte das Verhandlungsprotokoll samt mündlicher Verkündung am 12.03.2024 dem Bundesamt, welches mit Schriftsatz vom 14.03.2024 die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragte.8. Am 11.03.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Verfahren des Beschwerdeführers sowie seiner zwei Onkel römisch 40 ) wurden mit Beschluss gemäß Paragraph 39, Absatz 2, AVG aufgrund der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Kostenersparnis zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Das Bundesamt nahm an der Verhandlung nicht teil. Die erkennende Richterin verkündete das Erkenntnis und gab der Beschwerde gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG statt. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte das Verhandlungsprotokoll samt mündlicher Verkündung am 12.03.2024 dem Bundesamt, welches mit Schriftsatz vom 14.03.2024 die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Syriens, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur Glaubensrichtung des sunnitischen Islams. Der Beschwerdeführer spricht Arabisch als Muttersprache.

1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt XXXX im gleichnamigen Gouvernement geboren. Als der Beschwerdeführer ca. ein Jahr alt war, übersiedelte seine Familie mit ihm in das Dorf XXXX im Gouvernement Deir Ezzor, wo er mit seiner Familie ca. zwei Jahre lebte bevor sie weiter nach XXXX im Gouvernement Aleppo zogen. Der Vater des Beschwerdeführers reiste 2016 aus Syrien in die Türkei aus. Der Beschwerdeführer lebte sodann mit seiner Mutter und seinen Geschwistern von September 2016 bis Juni 2022 in XXXX , wo er auch drei Jahre lang die Schule besuchte. Ein Onkel des Beschwerdeführers versorgte seine Familie in Syrien finanziell. Im Juni 2022 reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in die Türkei. Der Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit zwei Onkeln väterlicherseits ( XXXX ) nach Österreich.1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt römisch 40 im gleichnamigen Gouvernement geboren. Als der Beschwerdeführer ca. ein Jahr alt war, übersiedelte seine Familie mit ihm in das Dorf römisch 40 im Gouvernement Deir Ezzor, wo er mit seiner Familie ca. zwei Jahre lebte bevor sie weiter nach römisch 40 im Gouvernement Aleppo zogen. Der Vater des Beschwerdeführers reiste 2016 aus Syrien in die Türkei aus. Der Beschwerdeführer lebte sodann mit seiner Mutter und seinen Geschwistern von September 2016 bis Juni 2022 in römisch 40 , wo er auch drei Jahre lang die Schule besuchte. Ein Onkel des Beschwerdeführers versorgte seine Familie in Syrien finanziell. Im Juni 2022 reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in die Türkei. Der Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit zwei Onkeln väterlicherseits ( römisch 40 ) nach Österreich.

1.1.3. Die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers sind nach wie vor in der Türkei. Es leben keine Verwandten oder Bekannte des Beschwerdeführers in XXXX . Es leben zwei Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers in Syrien. Der genaue Aufenthaltsort dieser Onkel kann nicht festgestellt werden. Zu diesen hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.1.1.3. Die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers sind nach wie vor in der Türkei. Es leben keine Verwandten oder Bekannte des Beschwerdeführers in römisch 40 . Es leben zwei Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers in Syrien. Der genaue Aufenthaltsort dieser Onkel kann nicht festgestellt werden. Zu diesen hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.

1.1.4. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers XXXX befindet sich unter der Kontrolle der der Syrian National Army bzw. türkischer Kräfte.1.1.4. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers römisch 40 befindet sich unter der Kontrolle der der Syrian National Army bzw. türkischer Kräfte.

1.1.5. In XXXX im Gouvernement Aleppo verfügt der Beschwerdeführer über keine engen Familienangehörige, sonstige Verwandte oder Bekannte. Der Beschwerdeführer muss in Syrien als alleinstehendes minderjähriges Kind ohne familiäres Netzwerk angesehen werden. Bei einer Rückkehr in seine Heimatregion wird der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von Vertretern der in Nordsyrien aktiven militärischen Gruppierungen (insbesondere Kräfte der Syrian National Army) rekrutiert werden.1.1.5. In römisch 40 im Gouvernement Aleppo verfügt der Beschwerdeführer über keine engen Familienangehörige, sonstige Verwandte oder Bekannte. Der Beschwerdeführer muss in Syrien als alleinstehendes minderjähriges Kind ohne familiäres Netzwerk angesehen werden. Bei einer Rückkehr in seine Heimatregion wird der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von Vertretern der in Nordsyrien aktiven militärischen Gruppierungen (insbesondere Kräfte der Syrian National Army) rekrutiert werden.

1.1.6. Der Beschwerdeführer ist gesund und lebt in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter. Er ist in Österreich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Die aktuellen UNHCR Richtlinien sowie die aktuellen EUAA Country Guidance und EUAA Reports werden der Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren weiters auf nachstehenden Quellen:

-        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 9, veröffentlicht am 17.07.2023 (LIB; Beilage ./1);

-        UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Version, März 2021 (UNHCR; Beilage ./2);

-        EUAA Country Guidance Syria, Februar 2023 (EUAA; Beilage ./3);

-        Themenbericht der Staatendokumentation zu Syrien – Grenzübergänge, Version 1 vom 25.10.2023 (TB; Beilage ./4)

-        DIS: COI Brief Report Syria – Treatment upon return May 2022 (DIS, Beilage ./5)

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.09.2022 zu SYRIEN: Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen (AB Wehrdienstgesetze; Beilage ./6)-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.09.2022 zu SYRIEN: Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen Ausschussbericht Wehrdienstgesetze; Beilage ./6)

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.09.2022 zu SYRIEN: Fragen des BvwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion (AB Bestrafung; Beilage ./7)-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.09.2022 zu SYRIEN: Fragen des BvwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion Ausschussbericht Bestrafung; Beilage ./7)

-        ACCORD Anfragebeantwortung vom 31.01.2022 zu Syrien: Zwangsrekrutierung Minderjähriger (Konzentration auf 1-16-jährige, regionale Unterschiede( [a-11806] (AB Zwangsrekrutierung Minderjähriger; Beilage ./7)-        ACCORD Anfragebeantwortung vom 31.01.2022 zu Syrien: Zwangsrekrutierung Minderjähriger (Konzentration auf 1-16-jährige, regionale Unterschiede( [a-11806] Ausschussbericht Zwangsrekrutierung Minderjähriger; Beilage ./7)

-        Ecoi-net Themendossier, Syrien, Arabische Republik; Wehrdienst, vom 16.01.2024 (Themendossier Wehrdienst; Beilage ./8)

-        Bericht des UN-Generalsekretär zu Kindern im bewaffneten Konflikt vom 05.06.2023 (Bericht UN-Generalsekretär; Beilage ./9)

1.2.1. Politische Lage

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, stellt die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten dar. In der Praxis hängt der politische Zugang von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten ab (LIB, S. 6).Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, stellt die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten dar. In der Praxis hängt der politische Zugang von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten ab (LIB, Sitzung 6).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und konfessionelle Spannungen (LIB, S. 3).Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und konfessionelle Spannungen (LIB, Sitzung 3).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 ist der Konflikt in eine neue Patt-Phase eingetreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (LIB, S. 3 f).Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 ist der Konflikt in eine neue Patt-Phase eingetreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (LIB, Sitzung 3 f).

Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, S. 4).Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB, Sitzung 4).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (LIB, S. 4 f).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (LIB, Sitzung 4 f).

Das Ziel der Assad-Regierung ist es die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden. Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Die EU-Mitgliedsstaaten und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB, S. 5).Das Ziel der Assad-Regierung ist es die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden. Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Die EU-Mitgliedsstaaten und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB, Sitzung 5).

Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine ’zweite Front’ in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba’ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, ’Ain al-’Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (LIB, S. 11f).2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine ’zweite Front’ in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba’ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, ’Ain al-’Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (LIB, Sitzung 11f).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für „Westen“ (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF). Die von den USA unterstützten SDF sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen, in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist. Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des „Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien“ (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben. Im März 2018 übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe. Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (LIB, S. 12).Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für „Westen“ (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF). Die von den USA unterstützten SDF sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen, in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist. Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des „Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien“ (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben. Im März 2018 übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe. Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (LIB, Sitzung 12).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet ’belohnt’ zu werden, ist bisher ausgeblieben. Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an. Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen. Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren. Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung. Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen. Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet. Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (LIB, S. 12f).Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet ’belohnt’ zu werden, ist bisher ausgeblieben. Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an. Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen. Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren. Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung. Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen. Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet. Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (LIB, Sitzung 12f).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die „autonome Verwaltung“ basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden. Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht. Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten, und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen. Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen. Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kinder-soldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (LIB, S. 13).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die „autonome Verwaltung“ basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden. Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht. Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten, und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen. Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen. Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kinder-soldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (LIB, Sitzung 13).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht. Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an. Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (LIB, S. 13).Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht. Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an. Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (LIB, Sitzung 13).

AANES und SDF sind formell unabhängig, aber mehrere Quellen weisen auf Verbindungen zwischen ihnen und der PKK hin. Ein Universitätsprofessor beschrieb, dass die SDF und die AANES eine Pro-PKK-Ideologie haben und dass die PKK einen gewissen Einfluss in den Führungsetagen dieser Institutionen hat. Diese Ansicht wurde von einem politischen Analysten und einem Hochschulforscher geteilt, die ebenfalls die ideologischen Ähnlichkeiten zwischen der kurdischen Verwaltung in Syrien und der PKK hervorhoben. Der derzeitige SDF-Führer, Mazloum Abdi, war früher Mitglied der PKK. Es gibt viele Bilder des PKK-Führers Abdullah Öcalan in offiziellen Gebäuden in Nord- und Ostsyrien. Nach der Gründung der Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES) schlossen sich viele syrische PKK-Mitglieder der YPG an. Einige Menschen in Nord- und Ostsyrien unterscheiden nicht zwischen den SDF und der PKK, da sie sie im Wesentlichen für dasselbe halten (DIS, S. 26).AANES und SDF sind formell unabhängig, aber mehrere Quellen weisen auf Verbindungen zwischen ihnen und der PKK hin. Ein Universitätsprofessor beschrieb, dass die SDF und die AANES eine Pro-PKK-Ideologie haben und dass die PKK einen gewissen Einfluss in den Führungsetagen dieser Institutionen hat. Diese Ansicht wurde von einem politischen Analysten und einem Hochschulforscher geteilt, die ebenfalls die ideologischen Ähnlichkeiten zwischen der kurdischen Verwaltung in Syrien und der PKK hervorhoben. Der derzeitige SDF-Führer, Mazloum Abdi, war früher Mitglied der PKK. Es gibt viele Bilder des PKK-Führers Abdullah Öcalan in offiziellen Gebäuden in Nord- und Ostsyrien. Nach der Gründung der Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien (AANES) schlossen sich viele syrische PKK-Mitglieder der YPG an. Einige Menschen in Nord- und Ostsyrien unterscheiden nicht zwischen den SDF und der PKK, da sie sie im Wesentlichen für dasselbe halten (DIS, Sitzung 26).

1.2.2. Sicherheitslage

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen. Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (LIB, S. 15).Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen. Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (LIB, Sitzung 15).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 70 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (LIB, S. 15) Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 70 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (LIB, Sitzung 15)

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu. Der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Syrien wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden. Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (LIB, S. 17 f).Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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