TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/10 W187 2287635-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.06.2024
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Entscheidungsdatum

10.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W187 2287635-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Blum & Blum Rechtsanwaltskanzlei, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2.1.2024, 1323471906-222826719, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Blum & Blum Rechtsanwaltskanzlei, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2.1.2024, 1323471906-222826719, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am römisch 40 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der Beschwerdeführer an, er sei am XXXX in XXXX geboren, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Moslem. Als Beweggrund für seine Ausreise gab der Beschwerdeführer an, er sei durch eine Zwangsrekrutierung durch Kurden und Regime bedroht.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am römisch 40 gab der Beschwerdeführer an, er sei am römisch 40 in römisch 40 geboren, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Moslem. Als Beweggrund für seine Ausreise gab der Beschwerdeführer an, er sei durch eine Zwangsrekrutierung durch Kurden und Regime bedroht.

3. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Hier gab er zu seinen Fluchtgründen an, es habe ihm eine Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime und durch die Kurden gedroht. Der Beschwerdeführer habe einen Einberufungsbefehl zur kurdischen Self-Defence-Duty erhalten.3. Am römisch 40 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Hier gab er zu seinen Fluchtgründen an, es habe ihm eine Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime und durch die Kurden gedroht. Der Beschwerdeführer habe einen Einberufungsbefehl zur kurdischen Self-Defence-Duty erhalten.

4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 2.1.2024, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihm jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.).4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 2.1.2024, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde ihm jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Verfolgung seiner Person im Herkunftsstaat glaubhaft machen können. Aufgrund der prekären Sicherheits- und Versorgungslage sei dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

6. Am 29.5.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch. Sie hatte folgenden Verlauf:

Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?

Beschwerdeführer: XXXX in XXXX .Beschwerdeführer: römisch 40 in römisch 40 .

Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?

Beschwerdeführer: Ich kann Arabisch lesen und Schreiben und ein wenig Englisch und Deutsch. Ich verstehe Deutsch, kann aber nicht sprechen. Ich habe das bei meiner Arbeit gelernt.

Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.

Beschwerdeführer: Sunnitischer Moslem, verheiratet, ich bin Araber.

Richter: Wie haben Sie geheiratet, staatlich und/oder traditionell?

Beschwerdeführer: Ich habe traditionell geheiratet, es wurde aber später bei Gericht registriert.

Richter: Sind Sie von Ihrer ersten Frau geschieden?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Warum haben Sie sich von Ihrer ersten Frau scheiden lassen?

Beschwerdeführer: Familiäre Probleme, das war es eigentlich.

Richter: Haben Sie Kinder?

Beschwerdeführer: Ja, eine Tochter und einen Sohn aus der ersten Ehe und einen Sohn von der zweiten Ehe.

Richter: Wo leben Ihre Frau und Ihre Kinder?

Beschwerdeführer: In XXXX , im Familienhaus, im Haus meines Vaters.Beschwerdeführer: In römisch 40 , im Familienhaus, im Haus meines Vaters.

Richter: Können Sie bitte soweit wie möglich chronologisch angeben, wann und wo Sie sich in Syrien aufgehalten haben.

Beschwerdeführer: Ich habe XXXX nur sehr kurz verlassen, um zu lernen. Wir wurden zwar vertrieben, aber ich habe die Region XXXX niemals verlassen. Wir sind in das Umland gegangen. Das war während der Bombardierung, aber wir sind in der Region geblieben.Beschwerdeführer: Ich habe römisch 40 nur sehr kurz verlassen, um zu lernen. Wir wurden zwar vertrieben, aber ich habe die Region römisch 40 niemals verlassen. Wir sind in das Umland gegangen. Das war während der Bombardierung, aber wir sind in der Region geblieben.

Richter: Wie haben Sie in Syrien gewohnt?

Beschwerdeführer: Wie alle anderen auch. Nachgefragt: In einem Haus.

Richter: Was haben Sie in Syrien gemacht, gearbeitet, gelernt oder etwas Anderes?

Beschwerdeführer: Am Anfang habe ich natürlich die Schule besucht. Dann haben die Ereignisse angefangen und ich konnte nicht mehr zur Schule und natürlich habe ich gearbeitet. Dann hat der Krieg aufgehört und ich konnte meine Matura nachholen und ich konnte studieren. Ich meine damit, dass der IS abgezogen ist, also in unserer Region nicht mehr gekämpft wurde. Es war schwierig damals zu lernen. Der IS hat Probleme mit dem Schulbesucht. Wir konnten nicht in andere Provinzen gehen. Danach wurde die Region befreit und die Kurden sind eingezogen. Ich habe die Schule besucht und abgeschlossen. Ich habe immer währenddessen gearbeitet.

Richter: Welche Schulbildung haben Sie erhalten?

Beschwerdeführer: Ich habe die Schule abgeschlossen und ich habe das erste Studienjahr abgeschlossen. Ich habe damals Recht studiert. Der Grund, weshalb ich mein Studium nicht beenden konnte, war, dass ich nur wegen einer Ausnahme studieren durfte. Ich habe damals Aufschub bekommen können, aber ich war nicht mehr im richtigen Alter und deswegen konnte ich nicht mehr weiterstudieren. Mit 21 ist man nicht im ersten Studienjahr, mit 21 muss man eigentlich im zweiten Studienjahr sein.

Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?

Beschwerdeführer: Sie sind sehr viele. Sie sind verteilt. Was meinen Sie genau mit der Frage?

Richter: Wo leben Ihr Vater, Mutter, Brüder, Schwestern?

Beschwerdeführer: Mein Vater lebt in seinem Haus mit der Familie natürlich. Einige meiner Schwestern studieren in anderen Provinzen. Sie studieren in der Provinz XXXX und mein Bruder wohnt zur Miete, zieht aber dauernd um. Manchmal ist er in der Stadt XXXX und manchmal im Dorf.Beschwerdeführer: Mein Vater lebt in seinem Haus mit der Familie natürlich. Einige meiner Schwestern studieren in anderen Provinzen. Sie studieren in der Provinz römisch 40 und mein Bruder wohnt zur Miete, zieht aber dauernd um. Manchmal ist er in der Stadt römisch 40 und manchmal im Dorf.

Richter: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Onkel)?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Haben Sie in Syrien weitere Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen wie zB Freunde und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?

Beschwerdeführer: Sehr wenige.

Richter: Will Ihre Familie, dh Ihre Frau und Ihre Kinder auch nach Österreich kommen?

Beschwerdeführer: Natürlich, selbstverständlich.

Richter: Wer beherrschte Ihre Heimatregion zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise?

Beschwerdeführer: Die kurdischen Milizen.

Richter: Wer beherrscht Ihre Heimatregion jetzt?

Beschwerdeführer: Die kurdischen Milizen.

Richter: Hat der syrische Staat Zugriff auf Ihre Heimatregion?

Beschwerdeführer: Ja, es ist sehr einfach für sie sogar.

Richter: Trotz der kurdischen Milizen?

Beschwerdeführer: Sie dringen ein. Das ist sehr einfach für sie. Das ist sehr wichtig für mich zu erwähnen. Nicht die ganze Armee dringt ein, aber der Geheimdienst zum Beispiel.

Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien politisch betätigt?

Beschwerdeführer: Ich nicht, nein.

Richter: Waren Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Mitglied einer politischen Partei?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien religiös betätigt?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien an Demonstrationen beteiligt?

Beschwerdeführer: Mein Bruder und ein paar Cousins, allgemein haben viele mitgemacht. Als der Krieg angefangen hat, war ich XXXX Jahre alt.Beschwerdeführer: Mein Bruder und ein paar Cousins, allgemein haben viele mitgemacht. Als der Krieg angefangen hat, war ich römisch 40 Jahre alt.

Richter: Sind Sie in Syrien vorbestraft?

Beschwerdeführer: Nein, ich bin nicht vorbestraft, aber ich werde wegen der Wehrpflicht gesucht.

Richter: Waren Sie in Syrien in Haft?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme mit Behörden?

Beschwerdeführer: Direkt nicht.

Richter: Bestehen gegen Sie in Syrien Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief oder Ähnliches?

Beschwerdeführer: Eine polizeiliche Nachricht gegen mich von beiden Seiten, sowohl vom Regime, als auch die Kurden suchen mich. Ich habe die polizeiliche Nachricht der Kurden dabei. Ich habe zwei solche Nachrichten bekommen, im Jahr XXXX und XXXX . Diese sind bei uns zu Hause angekommen.Beschwerdeführer: Eine polizeiliche Nachricht gegen mich von beiden Seiten, sowohl vom Regime, als auch die Kurden suchen mich. Ich habe die polizeiliche Nachricht der Kurden dabei. Ich habe zwei solche Nachrichten bekommen, im Jahr römisch 40 und römisch 40 . Diese sind bei uns zu Hause angekommen.

Der Beschwerdeführer legt einen Stellungsbefehl mit einem Zeitraum vom XXXX bis XXXX und einen weiteren Stellungsbefehl für einen Zeitraum von XXXX bis XXXX vor. Der erste Stellungsbefehl befindet sich auf AS 67 im Akt des BFA und ist auf AS 115 auf Deutsch übersetzt. Nach Angaben der Dolmetscherin ist der zweite Stellungsbefehl gleichlautend mit dem ersten mit Ausnahme der Daten über das Erscheinen. Der zweite Stellungsbefehl wird in Kopie zum Akt genommen.Der Beschwerdeführer legt einen Stellungsbefehl mit einem Zeitraum vom römisch 40 bis römisch 40 und einen weiteren Stellungsbefehl für einen Zeitraum von römisch 40 bis römisch 40 vor. Der erste Stellungsbefehl befindet sich auf AS 67 im Akt des BFA und ist auf AS 115 auf Deutsch übersetzt. Nach Angaben der Dolmetscherin ist der zweite Stellungsbefehl gleichlautend mit dem ersten mit Ausnahme der Daten über das Erscheinen. Der zweite Stellungsbefehl wird in Kopie zum Akt genommen.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wegen Ihrer Religion?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wegen Ihrer Volkszugehörigkeit?

Beschwerdeführer: Man konnte nichts sagen. Deswegen habe ich das vermieden.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wie Blutfehden, Sippenhaftung, Racheakten oder Ähnliches mit Privatpersonen?

Beschwerdeführer: Ich persönlich nicht, aber in jeder Großfamilie gibt es Probleme. Auch in meiner Familie gab es Probleme. Vielleicht ist es schwierig für Sie diesen Punkt zu verstehen. Es ist schwierig diesen Punkt nachzuvollziehen. Natürlich gibt es Probleme zwischen den Stämmen, aber als Einzelperson kann man nichts bewirken. Man bleibt halt zu Hause.

Richter: Haben Sie in Syrien an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Syrien wegen des Kontakts zu Islamisten Probleme?

Beschwerdeführer: Nein. Man konnte nicht aktiv machen. Jeder war für sich und deswegen gab es auch keine Probleme.

Richter: Könnten Sie Ihre Heimatregion erreichen, ohne Kontrolle des syrischen Staats passieren zu müssen?

Beschwerdeführer: Wie soll ich das machen? Sie stehen an den Grenzen.

Richter: Könnten Sie Ihre Heimatregion zB über den Grenzübergang Semalka vom Irak aus erreichen, ohne Kontrolle des syrischen Staats passieren zu müssen?

Beschwerdeführer: Man wird sofort an der Grenze mitgenommen. Man wird egal von wem angehalten und verhaftet und sowohl dem Regime als auch den Kurden übergeben.

Richter: Haben Sie in Syrien ein Militärbuch bekommen?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Von wem haben Sie in Syrien ein Militärbuch bekommen?

Beschwerdeführer: Ich habe eines vom Regime und eines von den Kurden erhalten.

Richter: Wer kann Sie in Syrien zum Militär einberufen, der syrische Staat, die Kurden, andere?

Beschwerdeführer: Das Regime, weil die Verwaltung in XXXX gehört immer noch dem Regime. Neugeborene werden z. B. auch dort registriert. Die Kurden kontrollieren die Region, also werden wir auch von ihnen für die Selbstverteidigungseinheit einberufen.Beschwerdeführer: Das Regime, weil die Verwaltung in römisch 40 gehört immer noch dem Regime. Neugeborene werden z. B. auch dort registriert. Die Kurden kontrollieren die Region, also werden wir auch von ihnen für die Selbstverteidigungseinheit einberufen.

Richter: Wurden Sie in Syrien tatsächlich zum Militär einberufen?

Beschwerdeführer: Ich wurde einberufen, aber ich hatte Aufschub. Sie wissen was das ist. Ich kann es Ihnen zeigen. Es ist aber nicht übersetzt, weil beim letzten Gerichtstermin hat man mir gesagt, dass ich das nicht übersetzen muss.

Der Beschwerdeführer legt ein Militärbuch des syrischen Staats vor. Auf Seite 10, 11 und 12 finden sich darin Aufschübe für die Zeiträume XXXX . Der letzte Aufschub ist bis XXXX . Nach Einsicht wird das Militärbuch zurückgegeben. Weiters verweist der Beschwerdeführer auf das kurdische Militärbuch, das im Akt des BFA auf AS 77ff, Übersetzung auf AS 125 aufliegt.Der Beschwerdeführer legt ein Militärbuch des syrischen Staats vor. Auf Seite 10, 11 und 12 finden sich darin Aufschübe für die Zeiträume römisch 40 . Der letzte Aufschub ist bis römisch 40 . Nach Einsicht wird das Militärbuch zurückgegeben. Weiters verweist der Beschwerdeführer auf das kurdische Militärbuch, das im Akt des BFA auf AS 77ff, Übersetzung auf AS 125 aufliegt.

Richter: Wer hat Sie zum Militärdienst einberufen?

Beschwerdeführer: Ich bin im wehrfähigen Alter, also werde ich von beiden Seiten gesucht. Man wird automatisch vom Regime gesucht. Man kann die Provinz nicht verlassen und gleichzeitig wird man von den Kurden gesucht, weil sie die Region kontrollieren und man in ihrer Region lebt.

Richter: Haben Sie in Syrien Ihren Militärdienst abgeleistet?

Beschwerdeführer: Nein, ich habe nicht gedient.

Richter: Wäre es Ihnen in Syrien möglich, sich vom Militärdienst freizukaufen?

Beschwerdeführer: Diese Möglichkeit steht allen Menschen zu, aber ich bin dagegen. Es gibt Bedingungen, aber ich persönlich würde nicht zahlen, unmöglich, niemals.

Richter: Würde ein Freikauf vom Militärdienst in Syrien anerkannt und könnte er Sie wirksam vor einer Einberufung zur Armee schützen?

Beschwerdeführer: Man zum Beispiel eine Behinderung haben oder, wenn man älter als 42 ist, wenn man eine körperliche Behinderung hat oder wenn man zum Beispiel, so vermute ich das, 8 Jahre im Ausland ist. Ich kenne viele Personen persönlich, die bezahlt haben. Sie haben auch so ein Buch und die Aufschübe werden notiert und dennoch werden sie an Checkpoints angehalten und kontrolliert. Manchmal werden sie einige Zeit angehalten und einige Stunden später freigelassen. Ich habe ein Beispiel, aber ich bin mir nicht sicher ob ich das erzählen darf. Der Cousin meines Vaters väterlicherseits hat eine Kriegsverletzung. Er ist ein Einzelsohn und er muss eigentlich nicht zum Militär. Er wurde am Auge verletzt. Er kann nicht sehen. Er muss immer wieder nach Damaskus zur Behandlung. Jedes Mal wird er kontrolliert und angehalten. Ihm wird oft vorgeworfen, dass es eine Fälschung ist, obwohl er eine Befreiung hat.

Richter: Wäre es Ihnen in Syrien möglich, sich vom Militärdienst für die Kurden freizukaufen?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Haben Sie in Syrien versucht, sich vom Militärdienst freizukaufen?

Beschwerdeführer: Ich erfülle die Bedingungen nicht. Es ist klar und sowieso bin ich dagegen. Aber ich erfülle die Voraussetzungen nicht. Ich bin nicht körperlich behindert, ich bin nicht älter als 42. Auch wenn ich wollte, wäre es nicht möglich.

Richter: Wie ist Ihr Leben derzeit in Österreich? Was machen Sie in Österreich?

Beschwerdeführer: Normal, ich arbeite in einem Restaurant in XXXX im Service. Ich habe mich für einen Integrationskurs angemeldet. Das wäre dann am XXXX und ich habe mich auch für einen Kurs angemeldet. Nach einigen Monaten werde ich dann ein Sprachkurs besuchen, da es im Winter nicht so viel Arbeit gibt und ich mir die Zeit für den Deutschkurs nehmen kann. Ich möchte auch den Winter abwarten, weil ich jetzt arbeiten möchte und währenddessen Deutsch lernen möchte.Beschwerdeführer: Normal, ich arbeite in einem Restaurant in römisch 40 im Service. Ich habe mich für einen Integrationskurs angemeldet. Das wäre dann am römisch 40 und ich habe mich auch für einen Kurs angemeldet. Nach einigen Monaten werde ich dann ein Sprachkurs besuchen, da es im Winter nicht so viel Arbeit gibt und ich mir die Zeit für den Deutschkurs nehmen kann. Ich möchte auch den Winter abwarten, weil ich jetzt arbeiten möchte und währenddessen Deutsch lernen möchte.

Richter: Haben Sie Freunde in Österreich?

Beschwerdeführer: Ja. Das ist ganz normal, dass ich Freunde habe.

Richter: Haben Sie auch österreichische Freunde?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Österreich oder anderswo Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?

Beschwerdeführer: Nein, ich habe keine Probleme verursacht.

Richter: Schildern Sie den Vorfall, der zu Ihrer Flucht geführt hat!

Beschwerdeführer: Die Rekrutierung im Allgemeinen. Ich möchte den Wehrdienst nicht ableisten. Ich habe bis zuletzt versucht mich zu entziehen, aber es hat nicht funktioniert. Ich hatte keine Zeit mehr. Man wird gezwungen. Entweder man kämpft für die Kurden gegen das Regime oder man kämpft für das Regime gegen die Kurden und die FSA. Sie haben mich heute gefragt, ob das Regime auf unsere Region zugreifen kann und ich habe ja, mit Leichtigkeit geantwortet. Gleichzeitig möchte ich erklären, dass die Kurden das Regime bekämpft und das Regime die Kurden, aber ihre Geheimdienste arbeiten zusammen. Ich habe nur Angst, dass sie das hören und überrascht sind, weil niemand glaubt es eigentlich.

Richter: Sind Sie in Syrien oder an einem anderen Ort jemals persönlich bedroht oder angegriffen worden?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Wodurch sind Sie in Syrien bedroht?

Beschwerdeführer: Das Tragen von Waffen. Dass man eine Waffe tragen muss. In meinem Alter wird man gezwungen eine Waffe zu tragen. Egal wo man wohnt, egal welche Provinz, man wird von beiden Seiten gezwungen mitzukämpfen.

Richter: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?

Beschwerdeführer: Mit Hilfe von Schleppern.

Richter: Wie haben Sie die Reise bezahlt?

Beschwerdeführer: Ich hatte Geld. Ich hatte damals Arbeit. Ich habe ja gearbeitet. Wir hatten zwar Geld, aber unser Leben war wichtiger. Also haben wir verkaufen müssen. Wir hatten ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück und haben ein Teil von diesem verkaufen müssen.

Richter: Schildern Sie bitte nochmals die Gründe Ihrer Beschwerde!

Beschwerdeführer: Weil ich mit subsidiären Schutz keine Familienzusammenführung machen kann.

Richter: Was würde passieren, wenn Sie jetzt nach Syrien zurückkehren müssten?

Beschwerdeführer: Man würde mich zwingen eine Waffe zu tragen. Man würde mich zwingen, entweder ich muss mich dem Regime anschließen oder den Kurden.

Richter: Hätten Sie entweder von der syrischen Regierung oder den Kurden eine Strafe zu erwarten, weil Sie den Wehrdienst noch nicht abgeleistet und das Land verlassen haben?

Beschwerdeführer: Selbstverständlich. Sie haben ja den Einberufungsbefehl gelesen. Ich hatte mich in dieser Frist bei den Behörden melden sollen. Ansonsten würde man mich bestrafen, entweder eine Geldstrafe oder Haft und man würde mich zwingen den Wehrdienst abzuleisten.

Rechtsvertreterin: Wäre es für Sie möglich noch einmal einen Aufschub zu bekommen?

Beschwerdeführer: Unmöglich, es ist nichts mehr geblieben. Ich bin heute XXXX Jahre alt. Das bedeutet, ich sollte eigentlich im XXXX Studienjahr sein. Ich sollte nicht im ersten Studienjahr sein. Ich habe sogar mit XXXX keinen Aufschub mehr bekommen können. Sie haben eh gesehen, der letzte Aufschub war im Jahr XXXX .Beschwerdeführer: Unmöglich, es ist nichts mehr geblieben. Ich bin heute römisch 40 Jahre alt. Das bedeutet, ich sollte eigentlich im römisch 40 Studienjahr sein. Ich sollte nicht im ersten Studienjahr sein. Ich habe sogar mit römisch 40 keinen Aufschub mehr bekommen können. Sie haben eh gesehen, der letzte Aufschub war im Jahr römisch 40 .

Rechtsvertreterin: Sie haben 2 Brüder. Haben Ihre beiden Brüder den Militärdienst abgeleistet?

Beschwerdeführer: Nein.

Rechtsvertreterin: Wie ist es Ihren beiden Brüdern möglich dem Militärdienst zu entgehen?

Beschwerdeführer: Der Älteste wurde für den Wehrdienst einberufen, aber er hat mehrmals den Aufschub beantragt und bekommen bis er sein Studium abgeschlossen hat. Er hat keine Aufschübe vom Regime mehr bekommen. Er ist wieder nach XXXX zurückgekehrt und bei den Kurden werden Männer mit dem Geburtsjahr 1994 nicht mehr verlangt. Er ist Angestellter bei einer internationalen Organisation. Er wird nicht mehr mitgenommen. Der Jüngere hat derzeit einen Aufschub. Er studiert und verlängert die Aufschübe fristgerecht. Mein jüngerer Bruder hat das Militärbuch vom Regime, aber nicht von den Kurden bekommen. Er wurde aber im 3. oder 4. Monat von den Kurden angehalten und er musste ein Militärbuch von ihnen ausstellen lassen.Beschwerdeführer: Der Älteste wurde für den Wehrdienst einberufen, aber er hat mehrmals den Aufschub beantragt und bekommen bis er sein Studium abgeschlossen hat. Er hat keine Aufschübe vom Regime mehr bekommen. Er ist wieder nach römisch 40 zurückgekehrt und bei den Kurden werden Männer mit dem Geburtsjahr 1994 nicht mehr verlangt. Er ist Angestellter bei einer internationalen Organisation. Er wird nicht mehr mitgenommen. Der Jüngere hat derzeit einen Aufschub. Er studiert und verlängert die Aufschübe fristgerecht. Mein jüngerer Bruder hat das Militärbuch vom Regime, aber nicht von den Kurden bekommen. Er wurde aber im 3. oder 4. Monat von den Kurden angehalten und er musste ein Militärbuch von ihnen ausstellen lassen.

Rechtsvertreterin: Sie haben jetzt beim älteren Bruder gemeint, dass das Geburtsjahr 1994 nicht mehr von den Kurden eingezogen wird. Wie schaut es da wegen dem syrischen Regime aus?

Beschwerdeführer: Er kann nicht in Regimegebiete gehen. Er ist Angestellter bei einer internationalen Organisation und das Regime betrachtet sie als Terroristen.

Rechtsvertreterin: Sie haben vorhin erwähnt, dass ein Bruder öfters oft umzieht. Welcher Bruder ist?

Beschwerdeführer: XXXX , der Älteste. Wenn die Kurden das Gefühl haben, dass das Regime eindringen wird, werden die Leute aufgefordert zu Hause zu bleiben. Wenn das passiert, wechselt er oft den Wohnort, da wir wissen, dass irgendetwas passieren könnte. Wenn die Kurden z. B. sagen, dass man von 16 Uhr bis 6 Uhr morgens das Haus nicht verlassen darf, wissen wir, dass etwas passieren wird. Also dass jemand gesucht und verhaftet wird. Wenn das passiert, pendelt er und bleibt manchmal bei Freunden, bei einem Onkel oder beim Familienhaus des Vaters. Er bleibt nicht im gleichen Ort.Beschwerdeführer: römisch 40 , der Älteste. Wenn die Kurden das Gefühl haben, dass das Regime eindringen wird, werden die Leute aufgefordert zu Hause zu bleiben. Wenn das passiert, wechselt er oft den Wohnort, da wir wissen, dass irgendetwas passieren könnte. Wenn die Kurden z. B. sagen, dass man von 16 Uhr bis 6 Uhr morgens das Haus nicht verlassen darf, wissen wir, dass etwas passieren wird. Also dass jemand gesucht und verhaftet wird. Wenn das passiert, pendelt er und bleibt manchmal bei Freunden, bei einem Onkel oder beim Familienhaus des Vaters. Er bleibt nicht im gleichen Ort.

Rechtsvertreterin: Habe ich das richtig verstanden, dass nach wie vor ein Risiko für den Bruder besteht, dass er rekrutiert wird?

Beschwerdeführer: Ja.

Rechtsvertreterin: Warum wollen Sie sich nicht am Krieg beteiligen?

Beschwerdeführer: Wie soll ich am Krieg teilnehmen? Wen soll ich unterstützen? Es ist ein Bürgerkrieg. Man trägt eine Waffe und kämpft gegen die eigenen Leute. Es ist kein fremder Angreifer, den man bekämpfen muss.

Rechtsvertreterin: Sonst keine Fragen mehr. Das LIB wird zur Kenntnis genommen. Die Heimatregion des Beschwerdeführers ist zwar unter der Kontrolle der Kurden, aber es gibt sogenannte Sicherheitsquadrate, wo die syrische Regierung Kontrolle bzw. Einfluss ausübt. Laut dem LIB haben Militärexperten angegeben, dass die syrische Regierung Zugriff auf wehrpflichtige Personen hat. Dem Beschwerdeführer wäre es nicht möglich seine Heimatregion sicher zu erreichen ohne dabei kontrolliert oder rekrutiert zu werden. Er befindet sich im rekrutierungs-fähigen Alter, es ist weder ein weiterer Aufschub noch ein Freikauf möglich. Er würde im Zuge einer Einreise bei einem Grenzübergang festgenommen werden. Es gibt keine Garantie für eine sichere Rückkehr. Dem LIB ist auch zu entnehmen, dass Wehrdienstverweigerern lange Haftstrafen drohen, was schwere Menschenrechtsverletzungen wie z. B. Folter bedeutet. Der Beschwerdeführer hat auch durch seine Ausreise eine regierungskritische Haltung gezeigt, weshalb ihm ebenfalls asylrelevante Verfolgung im Falle einer Rückkehr drohen würde.

Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogenrömisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

1.1 Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers

1.1.1 Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am XXXX in Syrien geboren. Er ist Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX . Der Herkunftsort des Beschwerdeführers steht derzeit unter der Kontrolle der kurdisch geführten Syrian Democratic Forces (SDF). Der Beschwerdeführer lehnt die Ableistung eines Militärdienstes im Allgemeinen ab.1.1.1 Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am römisch 40 in Syrien geboren. Er ist Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer stammt aus römisch 40 . Der Herkunftsort des Beschwerdeführers steht derzeit unter der Kontrolle der kurdisch geführten Syrian Democratic Forces (SDF). Der Beschwerdeführer lehnt die Ableistung eines Militärdienstes im Allgemeinen ab.

1.1.2 Der Beschwerdeführer hat zwei inhaltlich gleichlautende Einberufungsbefehle zur kurdischen Self-Defence-Duty erhalten und auch ein kurdisches Militärbuch. Diese hatten im Wesentlichen folgenden Inhalt: „Bitte wenden Sie sich an das Selbstverteidigungszentrum in XXXX ab dem XXXX bis zum XXXX , um ihre Situation während des genannten Zeitraumes zu regeln. Sollten Sie die oben genannte Frist nicht einhalten können, droht Ihnen der Beitritt zur Wehrpflicht und ihre Dienstzeit verlängert sich auf ein Jahr und einen Monat, zusätzlich zu einer Geldstrafe, wobei zu beachten ist, dass die Dauer für die Ausübung der Selbstverteidigungspflicht bei freiwilligem und fristgerechtem Beitritt nur ein Jahr beträgt. Ich habe den Inhalt der Mitteilung verstanden und verpflichte mich, innerhalb der mir gesetzten Frist, mich bei dem Selbstverteidigungszentrum zu melden und trage die rechtliche Verantwortung für den Fall, dass ich dagegen verstoße.“1.1.2 Der Beschwerdeführer hat zwei inhaltlich gleichlautende Einberufungsbefehle zur kurdischen Self-Defence-Duty erhalten und auch ein kurdisches Militärbuch. Diese hatten im Wesentlichen folgenden Inhalt: „Bitte wenden Sie sich an das Selbstverteidigungszentrum in römisch 40 ab dem römisch 40 bis zum römisch 40 , um ihre Situation während des genannten Zeitraumes zu regeln. Sollten Sie die oben genannte Frist nicht einhalten können, droht Ihnen der Beitritt zur Wehrpflicht und ihre Dienstzeit verlängert sich auf ein Jahr und einen Monat, zusätzlich zu einer Geldstrafe, wobei zu beachten ist, dass die Dauer für die Ausübung der Selbstverteidigungspflicht bei freiwilligem und fristgerechtem Beitritt nur ein Jahr beträgt. Ich habe den Inhalt der Mitteilung verstanden und verpflichte mich, innerhalb der mir gesetzten Frist, mich bei dem Selbstverteidigungszentrum zu melden und trage die rechtliche Verantwortung für den Fall, dass ich dagegen verstoße.“

1.2 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

1.2.1 In Syrien besteht die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Militärdienst einberufen werden. Der Beschwerdeführer ist XXXX Jahre alt und befindet sich damit im wehrpflichtigen Alter. Der Beschwerdeführer hat seinen verpflichtenden Militärdienst noch nicht abgeleistet. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers steht jedoch derzeit unter Kontrolle der SDF. Der syrische Staat verfügt in Gebieten unter der Kontrolle der SDF über keinen Zugriff. Es ist dem syrischen Regime nicht möglich, den Beschwerdeführer in seinem Heimatort zu rekrutieren oder festzunehmen. Dem Beschwerdeführer droht daher in seinem Herkunftsort keine reale Gefahr, zwangsweise zum Militärdienst von der syrischen Regierung wegen unterstellter oppositioneller Gesinnung verfolgt zu werden. In Gebieten, die unter der Kontrolle der kurdisch geführten SDF stehen, besteht die Verpflichtung zur Ableistung eines „Wehrdienstes“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“. Die Autonomiebehörden sehen eine Verweigerung der Self-Defence-Duty nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung. Der Beschwerdeführer ist und war politisch nicht aktiv und hat sich nicht oppositionell gegen die SDF oder sonstige kurdische Milizen betätigt. Er hat insbesondere nicht an Demonstrationen gegen kurdische Kräfte teilgenommen. Der Beschwerdeführer hatte keine individuellen Probleme mit den SDF oder sonstigen kurdischen Milizen. Der Beschwerdeführer würde im Dienst der kurdischen Self-Defence-Duty mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht an aktiven Kampfhandlungen beteiligt sein.1.2.1 In Syrien besteht die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Militärdienst einberufen werden. Der Beschwerdeführer ist römisch 40 Jahre alt und befindet sich damit im wehrpflichtigen Alter. Der Beschwerdeführer hat seinen verpflichtenden Militärdienst noch nicht abgeleistet. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers steht jedoch derzeit unter Kontrolle der SDF. Der syrische Staat verfügt in Gebieten unter der Kontrolle der SDF über keinen Zugriff. Es ist dem syrischen Regime nicht möglich, den Beschwerdeführer in seinem Heimatort zu rekrutieren oder festzunehmen. Dem Beschwerdeführer droht daher in seinem Herkunftsort keine reale Gefahr, zwangsweise zum Militärdienst von der syrischen Regierung wegen unterstellter oppositioneller Gesinnung verfolgt zu werden. In Gebieten, die unter der Kontrolle der kurdisch geführten SDF stehen, besteht die Verpflichtung zur Ableistung eines „Wehrdienstes“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“. Die Autonomiebehörden sehen eine Verweigerung der Self-Defence-Duty nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung. Der Beschwerdeführer ist und war politisch nicht aktiv und hat sich nicht oppositionell gegen die SDF oder sonstige kurdische Milizen betätigt. Er hat insbesondere nicht an Demonstrationen gegen kurdische Kräfte teilgenommen. Der Beschwerdeführer hatte keine individuellen Probleme mit den SDF oder sonstigen kurdischen Milizen. Der Beschwerdeführer würde im Dienst der kurdischen Self-Defence-Duty mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht an aktiven Kampfhandlungen beteiligt sein.

1.2.2 Zur Einreise steht dem Beschwerdeführer der „grundsätzlich durchlässige“ Grenzübergang Semalka zur Verfügung. Dem Beschwerdeführer droht im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung. Eine Fortbewegung durch das kurdische Selbstverwaltungsgebiet in sein Heimatdorf ist somit möglich.

1.2.3 Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in der Arabischen Republik Syrien, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung persönlich bedroht oder verfolgt wurde oder eine Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in die Arabische Republik Syrien zu befürchten hätte. Insbesondere liegt keine maßgebliche Verfolgung wegen einer Einberufung zum syrischen Militärdienst oder zur Ableistung der Self-Defence-Duty vor.

1.3 Zur Lage im Herkunftsstaat

Auszug aus der Länderinformation zu Syrien, Version 11

[…]

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstüytzt von Russland und Iran – unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuyerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte – Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten – im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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