TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/13 I404 2290632-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.2024
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Entscheidungsdatum

13.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


I404 2290632-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. SYRIEN, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Spruchpunkt römisch eins. des Bescheids des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2024, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text




Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 28.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Rahmen seiner am 01.09.2023 stattfindenden Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen damit begründete, dass er Syrien verlassen habe, da er vor dem Militär geflüchtet sei. Er, sein Bruder und Vater seien bei einem Bombenangriff verletzt worden und sei er deshalb in die Türkei geflohen. Dort habe er sich für sieben Jahre aufgehalten, gearbeitet, sei jedoch schlecht behandelt worden, weshalb er die Türkei verlassen habe. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er verhaftet oder umgebracht zu werden, da er vor dem Militärdienst geflüchtet sei.

2.       Am 05.02.2024 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) einvernommen. Hierbei gab er hinsichtlich seiner Fluchtgründe im Wesentlichen an, dass er von Anfang 2011 bis Ende Mai 2015 ein einfacher Soldat beim Wehrdienst des syrischen Regimes in Idlib gewesen sei. Er habe seine Dienststelle Ende Mai 2015 verlassen, sei desertiert und für ein Jahr zu seinen Eltern zurückgekehrt. In weiterer Folge führte er auf die Frage, wieso er im Besitz seines Personalausweises sei, da dieser beim Antritt des Militärdienstes abgenommen werde, abweichend an, nicht „im Sinne eines Soldats Soldat“ tätig gewesen zu sein, sondern Zivilpolizist im Polizeidienst gewesen zu sein. Da er desertiert sei, bestehe ein offizieller Haftbefehl gegen ihn im Heimatland. Im Heimatdorf bei seinen Eltern seien er und sein Vater bei einem Bombenangriff Anfang 2016 verletzt worden, sein Bruder sei dabei ums Lebens gekommen und sei er sodann aus Syrien ausgereist. Zudem führte er an, er sei 2019 zur Eheschließung nach Syrien in ein Vertriebenenlager in XXXX , welches unter Einfluss der türkischen Behörden stehe, zurückgekehrt. Zudem seien die Kurden in sein Herkunftsgebiet eingerückt und besteht die Gefahr, dass diese ihn zum Militärdienst einziehen. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er den Tod oder eine Inhaftierung.2.       Am 05.02.2024 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) einvernommen. Hierbei gab er hinsichtlich seiner Fluchtgründe im Wesentlichen an, dass er von Anfang 2011 bis Ende Mai 2015 ein einfacher Soldat beim Wehrdienst des syrischen Regimes in Idlib gewesen sei. Er habe seine Dienststelle Ende Mai 2015 verlassen, sei desertiert und für ein Jahr zu seinen Eltern zurückgekehrt. In weiterer Folge führte er auf die Frage, wieso er im Besitz seines Personalausweises sei, da dieser beim Antritt des Militärdienstes abgenommen werde, abweichend an, nicht „im Sinne eines Soldats Soldat“ tätig gewesen zu sein, sondern Zivilpolizist im Polizeidienst gewesen zu sein. Da er desertiert sei, bestehe ein offizieller Haftbefehl gegen ihn im Heimatland. Im Heimatdorf bei seinen Eltern seien er und sein Vater bei einem Bombenangriff Anfang 2016 verletzt worden, sein Bruder sei dabei ums Lebens gekommen und sei er sodann aus Syrien ausgereist. Zudem führte er an, er sei 2019 zur Eheschließung nach Syrien in ein Vertriebenenlager in römisch 40 , welches unter Einfluss der türkischen Behörden stehe, zurückgekehrt. Zudem seien die Kurden in sein Herkunftsgebiet eingerückt und besteht die Gefahr, dass diese ihn zum Militärdienst einziehen. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er den Tod oder eine Inhaftierung.

3.       Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 08.02.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3.       Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 08.02.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Die belangte Behörde traf umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung in Spruchpunkt I. im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft habe machen können. Der Beschwerdeführer habe die Ungereimtheiten zu seinen Angaben bezüglich Soldat oder Zivilpolizist nicht aufklären können. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wieso er in der Erstbefragung angegeben habe, es bestehe die Gefahr zum Militär des syrischen Regimes sowie der Kurden eingezogen zu werden, da er vor der belangten Behörde anführte, er sei vom syrische Wehrdienst desertiert. Aufgrund des in sich widersprechenden Vorbringens sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer vom Militärdienst desertiert sei. Weiters sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer bei einer tatsächlich drohenden Verfolgung im Jahr 2019 für 20 Tage nach Syrien zurückgekehrt sei. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers stehe unter der Kontrolle der Kurden und bestehe keine Zugriffmöglichkeit des syrischen Regimes auf Wehrpflichtige im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet, wobei nicht verkannt werde, dass das syrische Regime Zugriff auf Wehrpflichtige in Gebieten unter der Kontrolle der PYD habe, diese aber als illoyal angesehen und nicht rekrutiert werden. Außerdem bestehe keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit von den Kurden eingezogen zu werden. Die belangte Behörde traf umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung in Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft habe machen können. Der Beschwerdeführer habe die Ungereimtheiten zu seinen Angaben bezüglich Soldat oder Zivilpolizist nicht aufklären können. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wieso er in der Erstbefragung angegeben habe, es bestehe die Gefahr zum Militär des syrischen Regimes sowie der Kurden eingezogen zu werden, da er vor der belangten Behörde anführte, er sei vom syrische Wehrdienst desertiert. Aufgrund des in sich widersprechenden Vorbringens sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer vom Militärdienst desertiert sei. Weiters sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer bei einer tatsächlich drohenden Verfolgung im Jahr 2019 für 20 Tage nach Syrien zurückgekehrt sei. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers stehe unter der Kontrolle der Kurden und bestehe keine Zugriffmöglichkeit des syrischen Regimes auf Wehrpflichtige im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet, wobei nicht verkannt werde, dass das syrische Regime Zugriff auf Wehrpflichtige in Gebieten unter der Kontrolle der PYD habe, diese aber als illoyal angesehen und nicht rekrutiert werden. Außerdem bestehe keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit von den Kurden eingezogen zu werden.

4.       Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 13.03.2024 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Es wurde insbesondere vorgebracht, dass der Beschwerdeführer von Herbst 2010 bis April 2015 seinen Militärdienst in Idlib abgeleistet habe, wobei der reguläre Militärdienst 1 Jahr und 9 Monate angedauert habe und direkt in den Reservedienst übergegangen sei. Er sei Zivilpolizist gewesen und im April 2015 vom Reservedienst desertiert, indem er einen gewöhnlichen Urlaub angetreten sei und in seine Heimatregion flüchtete. Im Mai und Juni 2016 - der IS habe die Kontrolle über die Herkunftsregion des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt gehabt- seien er und sein Vater bei einem Bombenangriff verletzt und sein Bruder getötet worden. Deshalb sei er in die Türkei geflüchtet. Die Eheschließung 2019 in Syrien sei ihm möglich gewesen, da er eine Kimlik gehabt habe und der Ort unter türkischer Kontrolle gestanden habe. Der Beschwerdeführer befinde sich im reservedienstpflichtigen Alter und lehne es aus Gewissensgründen sowie politischen Gründen ab, den Wehrdienst zu leisten. Aufgrund der Flucht und dem Entzug vom Reservedienst drohe ihm in Syrien eine unterstellte oppositionelle Gesinnung durch das syrische Regime und fürchte er bei einer Rückkehr die zwangsweise Einziehung zum Wehrdienst, eine unverhältnismäßige Haftstrafe samt Folter und/oder seine Tötung. Überdies drohe ihm die Rekrutierung durch die Kurden. Er sei gegen den Krieg, wolle keine Waffe tragen und weder für das syrische Regime noch für die Kurden kämpfen oder töten. Außerdem drohe ihm bei einer Rückkehr aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung im Ausland zumindest unterstellter oppositioneller Gesinnung durch das syrische Regime verfolgt zu werden. Auch sei eine sichere und legale Einreise nach Syrien ohne in Kontakt mit dem syrischen Regime zu geraten nicht möglich.4.       Gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 13.03.2024 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Es wurde insbesondere vorgebracht, dass der Beschwerdeführer von Herbst 2010 bis April 2015 seinen Militärdienst in Idlib abgeleistet habe, wobei der reguläre Militärdienst 1 Jahr und 9 Monate angedauert habe und direkt in den Reservedienst übergegangen sei. Er sei Zivilpolizist gewesen und im April 2015 vom Reservedienst desertiert, indem er einen gewöhnlichen Urlaub angetreten sei und in seine Heimatregion flüchtete. Im Mai und Juni 2016 - der IS habe die Kontrolle über die Herkunftsregion des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt gehabt- seien er und sein Vater bei einem Bombenangriff verletzt und sein Bruder getötet worden. Deshalb sei er in die Türkei geflüchtet. Die Eheschließung 2019 in Syrien sei ihm möglich gewesen, da er eine Kimlik gehabt habe und der Ort unter türkischer Kontrolle gestanden habe. Der Beschwerdeführer befinde sich im reservedienstpflichtigen Alter und lehne es aus Gewissensgründen sowie politischen Gründen ab, den Wehrdienst zu leisten. Aufgrund der Flucht und dem Entzug vom Reservedienst drohe ihm in Syrien eine unterstellte oppositionelle Gesinnung durch das syrische Regime und fürchte er bei einer Rückkehr die zwangsweise Einziehung zum Wehrdienst, eine unverhältnismäßige Haftstrafe samt Folter und/oder seine Tötung. Überdies drohe ihm die Rekrutierung durch die Kurden. Er sei gegen den Krieg, wolle keine Waffe tragen und weder für das syrische Regime noch für die Kurden kämpfen oder töten. Außerdem drohe ihm bei einer Rückkehr aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung im Ausland zumindest unterstellter oppositioneller Gesinnung durch das syrische Regime verfolgt zu werden. Auch sei eine sichere und legale Einreise nach Syrien ohne in Kontakt mit dem syrischen Regime zu geraten nicht möglich.

5.       Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 22.04.2024 vorgelegt.

6.       Am 28.05.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung sowie eines Dolmetschers für die arabische Sprache abgehalten und hierbei die gegenständliche Beschwerdesache erörtert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der 33-jährige Beschwerdeführer ist syrischer Staatsbürger, verheiratet, Vater von zwei minderjährigen Kindern, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Muslim. Seine Identität steht fest.

Er ist im Dorf XXXX (Anm. auch XXXX ), im Gouvernement Deir Ezzor, geboren und aufgewachsen. Von 2016 bis 2022 lebte er in der Türkei und kehrte im Jahr 2019 für 20 Tage zur Eheschließung in sein Heimatland zurück. Er hat 12 Jahre die Schule besucht. Er ist im Dorf römisch 40 Anmerkung auch römisch 40 ), im Gouvernement Deir Ezzor, geboren und aufgewachsen. Von 2016 bis 2022 lebte er in der Türkei und kehrte im Jahr 2019 für 20 Tage zur Eheschließung in sein Heimatland zurück. Er hat 12 Jahre die Schule besucht.

Seine Ehefrau und seine zwei Kinder sowie ein Bruder leben in der Türkei. Seine Eltern, ein Bruder und drei Schwestern leben weiterhin in Syrien. Zu seiner Familie steht er in einem regelmäßigen Kontakt.

Seit seiner Antragstellung ist der Beschwerdeführer durchgehend im Bundesgebiet aufhältig.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das Dorf XXXX , im Gouvernement Deir Ezzor, steht seit November 2017 unter der Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte („SDF“ - Syrian Democratic Forces - Syrische Demokratischen Kräfte der selbsternannten Selbstverwaltungsregion, auch Autonomous Administration of North and East Syria – AANES).Das Dorf römisch 40 , im Gouvernement Deir Ezzor, steht seit November 2017 unter der Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte („SDF“ - Syrian Democratic Forces - Syrische Demokratischen Kräfte der selbsternannten Selbstverwaltungsregion, auch Autonomous Administration of North and East Syria – AANES).

Der Beschwerdeführer hat in Syrien seinen Militärdienst bereits abgeleistet und ist Reservist. Er absolvierte die normale Grundausbildung, Sport und Waffenbenutzung, erlangte keine militärische Spezialausbildung und hat nie aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen.

Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer nach seinem Wehrdienst als Reservist eingezogen wurde und desertiert ist.

Im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet besteht für den Beschwerdeführer keine Gefahr, als Reservist zum syrischen Militärdienst eingezogen zu werden. Das syrische Regime hat keinen Zugriff auf die von der kurdischen SDF kontrollierte Herkunftsregion des Beschwerdeführers.

Aufgrund des Alters des Beschwerdeführers ist es außerdem unwahrscheinlich, dass er zum Wehrdienst der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien bei den kurdisch geführten SDF einberufen wird, da er sich mit 33 Jahren (geboren im Jahr 1991) nicht mehr im wehrpflichtigen Alter befindet. Außerdem droht ihm selbst im Falle einer Einziehung durch die kurdischen Streitkräfte keine unverhältnismäßige Strafe und es wird ihm keine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt.

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr auch keine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung in Österreich.

Die Heimatregion des Beschwerdeführers im Gouvernement Deir Ezzor ist ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.

Es liegen auch sonst keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers in seiner Heimatregion vor.

1.3. Zu den Länderfeststellungen:

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024, wiedergegeben und bezieht sich das erkennende Gericht auf diese:

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/document/2089904.html, Zugriff 23.6.2023

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Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung 2024-03-08 11:12

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).

Anmerkung: s. die entsprechenden Unterkapitel des Kapitels Sicherheitslage zum Frontverlauf in Nordsyrien sowie zur Vorgehensweise der Türkei.

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024

?        AAA - Asharq Al-Awsat (24.6.2023): Syria: AANES Issues Warning Regarding Outcomes of ‘Astana Meetings’, https://english.aawsat.com/arab-world/4399071-syria-aanes-issues-warning-regarding-outcomes-%E2%80%98astana-meetings%E2%80%99, Zugriff 28.6.2023

?        Alaraby - New Arab, the (31.5.2023): Why Syria's Kurds and Hayat Tahrir al-Sham are offering to host refugees, https://www.newarab.com/analysis/why-syrias-kurds-and-hts-are-offering-host-refugees, Zugriff 28.6.2023

?        Brookings (27.1.2023): Syria’s dissolving line between state and nonstate actors, https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2023/01/27/syrias-dissolving-line-between-state-and-nonstate-actors/, Zugriff 27.6.2023

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?        ICG - International Crisis Group (18.11.2021): Syria: Shoring Up Raqqa’s Shaky Recovery, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064234/229-raqqas-shaky-recovery.pdf, Zugriff 29.6.2023

?        K24 - Kurdistan 24 (22.1.2023): Syrian Kurds deny stealing oil and wheat, https://www.kurdistan24.net/en/story/30513-Syrian-Kurds-deny-stealing-oil-and-wheat, Zugriff 28.6.2023

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?        ÖB Damaskus - Österreichische Botschaft Damaskus [Österreich] (1.10.2021): Asylländerbericht Syrien 2021 (Stand September 2021), https://www.ecoi.net/en/document/2066258.html, Zugriff 28.6.2023

?        Savelsberg, Eva: Der Aufstieg der kurdischen PYD im syrischen Bürgerkrieg (2011 bis 2017). In STDOK - Staatendokumentation des BFA [Österreich] (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 28.6.2023

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?        SO - Syrian Observer, the (27.6.2022): Belgium Seeks Recognition of AANES – Belgian Envoy to Syria, https://syrianobserver.com/news/76218/belgium-seeks-recognition-of-aanes-belgian-envoy-to-syria.html, Zugriff 28.6.2023

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?        TWI - Washington Institute for Near East Policy, the (18.7.2022): How the Autonomous Administration Leadership and Civilians Will View a Turkish Incursion into Northeast Syria, https://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/how-autonomous-administration-leadership-and-civilians-will-view-turkish-incursion, Zugriff 28.6.2023

?        USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): Country Report on Human Rights Practices 2022, https://www.ecoi.net/en/document/2089061.html, Zugriff 23.6.2023

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Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

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