TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/30 92/18/0275

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Veröffentlicht am 30.05.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

B-VG Art129a Abs1 Z2;
FrPolG 1954 §13;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M (alias J), vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 7. Mai 1992, Zl. UVS-02/11/00017/92, betreffend Abschiebung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit der am 7. April 1992 zur Post gegebenen, an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gerichteten Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG beantragte der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, die am 27. Februar 1991 (richtig 1992) ab 7.00 Uhr durch die Bundespolizeidirektion Wien vorgenommene zwangsweise Beförderung unter Begleitung von Sicherheitsorganen (Schub) vom Polizeigefangenenhaus Wien zum Grenzübergang Spielfeld und die daran anschließende Beförderung über die österreichische Bundesgrenze "für rechts- allenfalls verfassungswidrig" zu erklären.

2. Mit Bescheid vom 7. Mai 1992 wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) die an sie gerichtete Beschwerde zum Teil zurück und zum Teil als unbegründet ab.

In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerde richte sich gegen den Vollzug des gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 7. Juli 1989 rechtskräftig verhängten Aufenthaltsverbotes. Bei der Abschiebung handle es sich nicht um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, weshalb der unabhängige Verwaltungssenat nicht angerufen werden könne. Im übrigen sei der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nur für Maßnahmen, die in Wien gesetzt worden seien, örtlich zuständig.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II.

1. Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend, daß er M heiße und nicht identisch sei mit J, gegen den von der Bundespolizeidirektion Wien das Aufenthaltsverbot vom 7. Juli 1989 erlassen worden sei. Desweiteren sei das genannte Aufenthaltsverbot nicht wirksam erlassen worden, weil dieser Bescheid, der nicht automationsunterstützt hergestellt worden sei, bloß eine den Buchstaben des lateinischen Alphabets nicht zuordenbare Abzeichnung aufweise, ohne daß der Name des die Erledigung genehmigenden Organs beigesetzt worden sei.

Die Auffassung der belangten Behörde, sie sei hinsichtlich der außerhalb Wiens gesetzten Handlungen örtlich unzuständig, scheine den Wortlaut des § 67c Abs. 1 AVG für sich zu haben, doch sei diese Regelung verfassungsrechtlich bedenklich.

2.1. Bei der Beurteilung des Beschwerdefalles ist davon auszugehen, daß die auf Grund eines vollstreckbaren Aufenthaltsverbotes erfolgte Abschiebung gemäß § 13 Fremdenpolizeigesetz bloß eine der Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes dienende und nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizierende Maßnahme darstellt (siehe die hg. Erkenntnisse vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0113, und vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0261, mwN). Die Bekämpfung der in Rede stehenden Abschiebung des Beschwerdeführers mittels Beschwerde an die belangte Behörde (Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG, § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG) war demnach unzulässig, wenn gegen den Beschwerdeführer, was von ihm bestritten wird, ein vollstreckbares Aufenthaltsverbot bestanden hat.

2.2. Was die Identität des Beschwerdeführers mit dem im Aufenthaltsverbot vom 7. Juli 1989 genannten J betrifft, vermag der Beschwerdeführer keine Umstände aufzuzeigen, welche die der diesbezüglichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde zugrundeliegende Beweiswürdigung als unschlüssig erkennen ließe. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang mit Recht ins Treffen geführt, daß das bei einem Sichtvermerksantrag des J befindliche Lichtbild den Beschwerdeführer zeigt und daß der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 28. Jänner 1992 seine Identität mit dem im Aufenthaltsverbot genannten J zugestanden hat. Dazu kommen die Übereinstimmung der Geburtsdaten und die Tatsache, daß der Beschwerdeführer in derselben Wohnung festgenommen wurde, in der zuvor J wohnhaft und gemeldet war.

Nur der Vollständigkeit halber sei angefügt, daß nach dem Inhalt der vorliegenden Akten der Bundespolizeidirektion Wien der (nunmehr von einem anderen Rechtsanwalt vertretene) Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vom 29. Juli 1994 sich als "M ehem. J" bezeichnet hat, woraus folgt, daß er zumindest seit diesem Zeitpunkt der Fremdenpolizeibehörde gegenüber nicht mehr behauptet, daß es sich bei den verwendeten Bezeichnungen um die Namen verschiedener Personen handelt.

2.3. Bei der Prüfung der vom Beschwerdeführer bestrittenen Bescheidqualität des Aufenthaltsverbotes ist von der zur Zeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes geltenden Fassung des (gemäß § 58 Abs. 3 auch für Bescheide geltenden) § 18 Abs. 4 AVG 1950 (i.d.F. des Art. I Z. 7 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 199/1982) auszugehen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei telegraphischen, fernschriftlichen oder vervielfältigten Ausfertigungen genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung."

Das vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorgetragene Argument, es fehle die gemäß § 18 Abs. 4 AVG 1950 erforderliche leserliche Beifügung des Namens des die Erledigung Genehmigenden, geht ins Leere, weil es sich nicht auf die ihm (mit Wirkung vom 20. Juli 1989) zugestellte Ausfertigung des Bescheides bezieht, sondern auf die im Akt der Bundespolizeidirektion Wien befindliche Urschrift. Soweit der Beschwerdeführer in den Beschwerdeverfahren bei der belangten Behörde Ablichtungen des Aufenthaltsverbotes vorgelegt hat, handelte es sich dabei eindeutig um Ablichtungen der im Akt der Bundespolizeidirektion Wien befindlichen Urschrift. Die dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung wurde - seinem damaligen Vorbringen betreffend seine Identität entsprechend - nicht vorgelegt. In der an die belangte Behörde gerichteten Gegenschrift vom 26. Februar 1992 im Verfahren betreffend die Beschwerde gemäß § 5a Fremdenpolizeigesetz wurde von der Bundespolizeidirektion Wien unwidersprochen ausgeführt, daß die Urschrift von Dr. H. unterfertigt wurde und daß der (dem Beschwerdeführer zugestellte) "Originalbescheid" mit einer den Namen eindeutig wiedergebenden Stampiglie versehen worden sei.

Aus dem vorgelegten Akt der Bundespolizeidirektion Wien geht hervor, daß der - damals noch von einem anderen Rechtsanwalt vertretene - Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 24. Juli 1989 auf Gewährung eines Vollstreckungsaufschubes keinerlei Zweifel an der Bescheidqualität der ihm zugestellten Ausfertigung geäußert hat.

Bei dieser Sachlage bestand für die belangte Behörde kein Grund, daran zu zweifeln, daß die dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung des Bescheides vom 7. Juli 1989 den Bestimmungen des § 18 Abs. 4 AVG 1950 entsprochen hat.

3. Da somit gegen den Beschwerdeführer ein vollstreckbares Aufenthaltsverbot erlassen worden war, stellte die von ihm bekämpfte, am 27. Februar 1992 erfolgte Abschiebung die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes dar und war daher nach dem zu Punkt II 2.1. Gesagten nicht mit Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG, § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG bekämpfbar. Die Beschwerde wäre daher zur Gänze zurückzuweisen gewesen. Dadurch, daß die belangte Behörde - verfehlterweise - die Beschwerde zum Teil abgewiesen hat, hat sie bei der gegebenen Sachlage subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerde nach dem Gesagten jedenfalls unzulässig und somit zurückzuweisen war, brauchte auf die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage, welcher unabhängige Verwaltungssenat im Falle einer "länderübergreifenden" Maßnahme zuständig ist, nicht eingegangen zu werden.

4. Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992180275.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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