TE Bvwg Erkenntnis 2024/7/25 W217 2271162-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2024
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Entscheidungsdatum

25.07.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W217 2271162-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2024, Zl. XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 alias römisch 40 geb. am römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2024, Zl. römisch 40 , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:römisch eins.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.04.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid vom 04.04.2023, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Es erkannte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.).2.       Mit Bescheid vom 04.04.2023, Zl. römisch 40 , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Es erkannte dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.).

3.       Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 18.09.2023, Zl. W255 2271162-1/9E, als unbegründet abgewiesen.

4.       Am 19.10.2023 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. In der noch am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, seine alten Fluchtgründe aufrechtzuerhalten. Er habe nun einen Bescheid des Militärkommandos bekommen, wonach er zu 15 Monaten Haft verurteilt worden sei. Sein Aufenthaltstitel sei zweimal abgelehnt worden, er könne nicht nach Syrien zurückfliegen.

5.       Am 07.05.2024 wurde der Beschwerdeführer vom BFA niederschriftlich einvernommen. Befragt, aus welchen Gründen er einen neuerlichen Asylantrag stelle, gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

„Meine alten Fluchtgründe sind aufrecht, ich habe nichts neues hinzuzufügen. Befragt gebe ich an, dass ich meine Familie hierherholen möchte. Ich meine damit, meine Frau und meine Kinder, sie leben in Syrien, Damaskus.“ (AS 37).

Auf Befragen zu den Folgen einer Rückkehr gab er ferner an:

„Ich bin mit dem Tod und der Inhaftierung bedroht wegen meiner politischen Einstellung. Befragt gebe ich an, dass ich auch wegen meines Reservedienstes bedroht bin. Im Strafregisterauszug ist ersichtlich, dass ich wegen zwei Urteilen im Syrien gesucht bin. Erstens wegen der Verschwörung gegen die Staatssicherheit und das andere wegen dem Reservedienstes, sowie der Teilnahme an Demos. Befragt gebe ich an, dass ich das Dokument über einen Anwalt, er lebt in Damaskus, ich kenne den Anwalt selbst nicht, meine Frau hat das organisiert. Befragt gebe ich an, dass ich das Original dem BVwG vorgelegt habe, ich bin mir aber nicht sicher, ich finde es nicht mehr. Das Dokument hat mich circa 20 Euro gekostet, meine Frau hat keine Vollmacht von mir für die Ausstellung benötigt, es war nicht notwendig, ich habe mit dem Anwalt geredet“. (AS 37).

6.       Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 08.05.2024 wies das BFA den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Bezug zum Vorverfahren keine neuen asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht hätte. Das vorgelegte Beweismittel (Strafregisterauszug in Kopie samt Übersetzung) habe der Beschwerdeführer bereits im Vorverfahren vorgelegt. Es handle sich zudem um kein taugliches Beweismittel, da es sich um ein Dokument von einfachster Beschaffenheit handle. Es würden in Syrien bekanntlich zahlreiche Schreiben von Behörden mit unrichtigem Inhalt ausgestellt werden, sodass es vor dem Hintergrund des gesamten Sachverhalts letztendlich auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bloß um Gefälligkeitsschreiben bzw. konstruierte Beweismittel gegen Entgelt handle. Der Beschwerdeführer selbst hätte angegeben, das Schreiben von einem Anwalt übermittelt bekommen zu haben, dessen Namen er nicht mal kenne, noch habe er jemals mit dem Anwalt persönlich Kontakt gehabt. Auch habe er angegeben, dass der Anwalt für die Ausstellung des Schreibens keine Vollmacht von ihm benötigt hätte. Es lasse sich aus dem Vorbringen kein neuer Sachverhalt entnehmen und das BFA gehe daher nach wie vor davon aus, dass dem Beschwerdeführer in Syrien keine asylrelevante Verfolgung drohe, wie auch schon vom BVwG mit Erkenntnis vom 18.09.2023, Zl. W255 2271162-1/9E, festgehalten worden sei.6.       Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 08.05.2024 wies das BFA den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Bezug zum Vorverfahren keine neuen asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht hätte. Das vorgelegte Beweismittel (Strafregisterauszug in Kopie samt Übersetzung) habe der Beschwerdeführer bereits im Vorverfahren vorgelegt. Es handle sich zudem um kein taugliches Beweismittel, da es sich um ein Dokument von einfachster Beschaffenheit handle. Es würden in Syrien bekanntlich zahlreiche Schreiben von Behörden mit unrichtigem Inhalt ausgestellt werden, sodass es vor dem Hintergrund des gesamten Sachverhalts letztendlich auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bloß um Gefälligkeitsschreiben bzw. konstruierte Beweismittel gegen Entgelt handle. Der Beschwerdeführer selbst hätte angegeben, das Schreiben von einem Anwalt übermittelt bekommen zu haben, dessen Namen er nicht mal kenne, noch habe er jemals mit dem Anwalt persönlich Kontakt gehabt. Auch habe er angegeben, dass der Anwalt für die Ausstellung des Schreibens keine Vollmacht von ihm benötigt hätte. Es lasse sich aus dem Vorbringen kein neuer Sachverhalt entnehmen und das BFA gehe daher nach wie vor davon aus, dass dem Beschwerdeführer in Syrien keine asylrelevante Verfolgung drohe, wie auch schon vom BVwG mit Erkenntnis vom 18.09.2023, Zl. W255 2271162-1/9E, festgehalten worden sei.

7.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde. Dabei wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer neue Beweismittel betreffend seinen Fluchtgrund vorgelegt habe. Es handle sich um eine Bestätigung, dass er zu 15 Jahren Haft verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe gegen die „Regierungssicherheit“ verstoßen, da er vor einem Regierungsgebäude demonstriert habe. Ein geänderter Sachverhalt sei daher anzunehmen, da der Beschwerdeführer nun neue Beweismittel vorbringe, die er bisher nicht vorbringen habe können. Der Beschwerdeführer befürchte eine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung. Der Beschwerdeführer führe die Verurteilung auf seine Cousins zurück. Die Cousins seien Mitglieder der Baath Partei und würden das syrische Regime unterstützen. Die Cousins hätten den Beschwerdeführer und seinen Bruder bedroht und versucht, sie von der Teilnahme an Demonstrationen abzuhalten. Während einer Demonstration in Syrien sei auf die Demonstranten geschossen und der Bruder des Beschwerdeführers getötet worden, der Beschwerdeführer sei daraufhin im Jahr 2014 aus Syrien geflohen. Die Cousins des Beschwerdeführers seien sehr einflussreich und der syrische Staat sei nicht schutzwillig und schutzfähig, den Beschwerdeführer vor einer Verfolgung durch die Cousins zu bewahren. Der Beschwerdeführer müsse befürchten, bei einer Rückkehr nach Syrien aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung im asylrelevanten Ausmaß verfolgt zu werden. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, das Vorbringen früher zu erstatten, da er rechtsunkundig sei. Der Beschwerdeführer habe nicht gewusst, dass er derart konkrete Angaben machen musste und dass oben erwähnte Ergänzungen verfahrensrelevant wären. Weiters habe es die belangte Behörde verabsäumt, den Beschwerdeführer zu den fluchtrelevanten Vorfällen näher zu befragen. Dem neuen Vorbringen stehe das Neuerungsverbot daher nicht entgegen.

8.       Die gegenständliche Beschwerde wurde unter Anschluss des Verwaltungsaktes in weiterer Folge vom BFA dem BVwG am 03.07.2024 vorgelegt.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und das Geburtsdatum XXXX . Er ist syrischer Staatsangehöriger, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Muttersprache ist Arabisch.Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und das Geburtsdatum römisch 40 . Er ist syrischer Staatsangehöriger, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Muttersprache ist Arabisch.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und ist in der Stadt XXXX , im Gouvernement XXXX , gemeinsam mit seinen Eltern, drei Brüdern und zwei Schwestern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat neun Jahre die Schule besucht und als Tischler gearbeitet. Der Beschwerdeführer hat von 2005 bis 2007 den Pflicht-Militärdienst in Syrien geleistet und im Zuge dessen die normale Grundausbildung absolviert. Der Beschwerdeführer wurde seit seiner Entlassung aus dem Militärdienst im Jahr 2007 nie wieder zum Militär einberufen. Der Beschwerdeführer wurde als einfacher Soldat eingesetzt. Er verfügt über keine Spezialausbildung.Der Beschwerdeführer wurde in römisch 40 geboren und ist in der Stadt römisch 40 , im Gouvernement römisch 40 , gemeinsam mit seinen Eltern, drei Brüdern und zwei Schwestern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat neun Jahre die Schule besucht und als Tischler gearbeitet. Der Beschwerdeführer hat von 2005 bis 2007 den Pflicht-Militärdienst in Syrien geleistet und im Zuge dessen die normale Grundausbildung absolviert. Der Beschwerdeführer wurde seit seiner Entlassung aus dem Militärdienst im Jahr 2007 nie wieder zum Militär einberufen. Der Beschwerdeführer wurde als einfacher Soldat eingesetzt. Er verfügt über keine Spezialausbildung.

Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers, die Stadt XXXX im Gouvernement XXXX , steht aktuell unter der Kontrolle des syrischen Regimes.Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers, die Stadt römisch 40 im Gouvernement römisch 40 , steht aktuell unter der Kontrolle des syrischen Regimes.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2.    Zum Vorverfahren und zum gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz:

1.2.1.  Der Beschwerdeführer reiste Ende 2021 aus Syrien aus und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich erstmals am 20.04.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies diesen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 04.04.2023, Zl. XXXX , bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.). 1.2.1.  Der Beschwerdeführer reiste Ende 2021 aus Syrien aus und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich erstmals am 20.04.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies diesen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 04.04.2023, Zl. römisch 40 , bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Das BFA erkannte dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.).

1.2.2.  Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 18.09.2023, Zl. W255 2271162-1/9E, als unbegründet abgewiesen.

Das BVwG stellte fest, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, in Syrien an gegen das syrische Regime gerichteten Demonstrationen teilgenommen zu haben und in diesem Zusammenhang einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt zu sein. Der Beschwerdeführer habe nach Ableistung seines Militärdienstes im Jahr 2007 nie wieder einen Einberufungsbefehl oder eine sonstige vergleichbare Aufforderung, als Reservist einzuziehen, erhalten. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass ihm tatsächlich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr drohe, im Falle der Rückkehr nach Syrien als Reservist von der syrischen Armee einberufen zu werden. Der Beschwerdeführer habe während der Ableistung seines Militärdienstes weder einen besonderen Rang oder eine besondere Position innegehabt noch eine besondere Ausbildung erhalten, welche ihn für eine abermalige Einberufung zum Militär besonders eignen würde. Dem Beschwerdeführer drohe keine konkrete Gefahr, durch andere Gruppierungen als die syrische Armee zwangsrekrutiert zu werden. Dem Beschwerdeführer drohe in Syrien nicht aufgrund seiner illegalen Ausreise und der Asylantragstellung in Österreich eine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung.

Der Beschwerdeführer sei in Syrien noch nie einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder sozialen Gruppe ausgesetzt gewesen und wäre im Falle der Rückkehr nach Syrien keiner konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder sozialen Gruppe ausgesetzt. Der Beschwerdeführer sei in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert worden und hätte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seiner Rasse, Nationalität, seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme gehabt. Der Beschwerdeführer sei nie politisch tätig gewesen und habe nie einer politischen Partei angehört. Es gebe insgesamt keinen stichhaltigen Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

1.2.3.  Am 20.04.2022 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den das BFA mit Bescheid vom 04.04.2023, Zl. XXXX , gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat. 1.2.3.  Am 20.04.2022 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den das BFA mit Bescheid vom 04.04.2023, Zl. römisch 40 , gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.

Zwischen dem rechtskräftigen Abschluss des Asyl-Erstverfahrens mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2023, Zl. W255 2271162-1/9E, und der Zurückweisung des gegenständlichen Folgeantrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 04.04.2023 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten, welche geeignet wäre, einen neuen Grund für die Gewährung internationalen Schutzes darzustellen.

Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor, welche nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens entstanden wären und denen ein glaubhafter Kern innewohnt. Das Vorbringen einer vermeintlichen Verfolgung durch das syrische Regime bzw. durch seine Cousins aufgrund einer ihm zumindest unterstellten oppositionellen Gesinnung in Zusammenhang mit der Teilnahme an Demonstrationen stellt lediglich eine Wiederholung des bereits im Vorverfahren als unglaubhaft gewerteten Fluchtvorbringens dar und liegt insofern kein neuer Sachverhalt vor. Bei dem von ihm ins Verfahren eingebrachten syrischen Strafregisterauszug handelt es sich um ein bereits im Erstverfahren in inhaltsgleicher Fassung vorgelegtes identisches Dokument. Es liegt insofern keine relevante, wesentliche Änderung des Sachverhalts seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Antrag auf internationalen Schutz vor.

1.3.    Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsland:

Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien, Version 11 vom 27.03.2024 aus dem Country of Origin - Content Management System (COI-CMS) (im Folgenden kurz: LIB):
„3. Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023).

Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

[…]

4. Sicherheitslage

Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).


Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):

Quelle: UNGeo 1.7.2023 (Stand: 6.2023)

Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Routen eingezeichnet sind, die von syrischen, russischen und amerikanischen Kräften befahren werden. Im Nordosten kommt es dabei zu gemeinsam genutzten Straßen [Anm.: zu den Gebieten mit IS-Präsenz siehe Unterkapitel zu den Regionen]:

Quelle: CC 13.12.2023 (Stand: 30.9.2023)

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).

Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Startund Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).

Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).

Die folgende Karte zeigt die verschiedenen internationalen Akteure und deren militärische Interessenschwerpunkte in Syrien:

Quelle: Jusoor 30.7.2023

Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen ’Operation Claw-Sword’, die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten ’eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen’ in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am V

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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