Entscheidungsdatum
31.07.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W125 2294706-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Paya & Paya Rechtsanwälte GmBH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2024, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch Paya & Paya Rechtsanwälte GmBH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2024, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Syriens, stellte am 11.03.2024 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Aus einem Aktenvermerk vom gleichen Tag geht hervor, der Beschwerdeführer habe vor dem Stadtpolizeikommando XXXX angegeben, dass er über Italien nach Österreich mit dem Zug eingereist sei. In Italien sei er registriert worden und von den italienischen Polizisten seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden. Aus einem Aktenvermerk vom gleichen Tag geht hervor, der Beschwerdeführer habe vor dem Stadtpolizeikommando römisch 40 angegeben, dass er über Italien nach Österreich mit dem Zug eingereist sei. In Italien sei er registriert worden und von den italienischen Polizisten seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden.
Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass er in Italien (Lampedusa e Linosa) am 05.03.2024 erkennungsdienstlich behandelt worden war (Eurodac-Treffer der Kategorie 2).
2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.03.2024 gab der Beschwerdeführer an, er heiße XXXX , sei am XXXX in Syrien geboren und sei syrischer Staatsangehöriger. Er sei verheiratet und seine Muttersprache sei Arabisch.2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.03.2024 gab der Beschwerdeführer an, er heiße römisch 40 , sei am römisch 40 in Syrien geboren und sei syrischer Staatsangehöriger. Er sei verheiratet und seine Muttersprache sei Arabisch.
Seinen Herkunftsstaat habe er am 10.08.2014 legal mit einem syrischen Reisepass verlassen. Er habe sich acht Jahre im Libanon, drei Monate in Libyen und vier Tage in Italien aufgehalten, wo er keinen Behördenkontakt gehabt habe und nicht erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Die Frage, ob er in einem dieser Länder oder in einem anderen Land um Asyl angesucht habe, verneinte er. Befragt danach, ob etwas dagegen spräche, in den durchgereisten Mitgliedstaat zurückkehren zu müssen und dort das Asylverfahren zu führen, führte der Beschwerdeführer aus, er habe keine Familie in Italien, in Österreich habe er Familie. Er sei vier Monate unterwegs gewesen, damit er in Österreich seine Familie sehe.
Auf Nachfrage, warum der Beschwerdeführer gesagt habe, keine Fingerabdrücke abgegeben zu haben, legte er dar, in Lampedusa hätten sie gesagt, dass er einen Fingerabdruck abgeben müsse und dann weitergehen könne. Er sei vier Monate in Italien gewesen.
Der Beschwerdeführer verneinte die Frage, ob er Beschwerden oder Krankheiten habe, die ihn an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Er könne der Einvernahme ohne Probleme folgen.
Zwei Brüder würden in Österreich und ein Bruder in Frankreich aufhältig sein.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete daraufhin unter Hinweis auf die Eurodac-Treffermeldung am 26.03.2024 ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien. 3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete daraufhin unter Hinweis auf die Eurodac-Treffermeldung am 26.03.2024 ein auf Artikel 13, Absatz eins, Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien.
4. Am 18.04.2024 informierte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers über die erteilte Vollmacht.
5. Mit Schreiben vom 27.05.2024 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die italienische Dublin-Behörde darüber, dass die Zuständigkeit zur Prüfung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz auf Italien gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO beginnend mit 27.05.2024 übergegangen sei. 5. Mit Schreiben vom 27.05.2024 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die italienische Dublin-Behörde darüber, dass die Zuständigkeit zur Prüfung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz auf Italien gemäß Artikel 22, Absatz 7, Dublin III-VO beginnend mit 27.05.2024 übergegangen sei.
6. Am 11.06.2024 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Zunächst bejahte er, durch einen Rechtsanwalt oder durch eine andere Person oder eine Organisation vertreten zu werden. Sein Rechtsanwalt werde heute nicht kommen, sie hätten aber vorher über den Termin heute gesprochen.
Der Beschwerdeführer wiederholte die in der Erstbefragung angegebenen Identitätsangaben. Seinen Reisepass habe er bereits abgegeben und in der Wohnung hätte er noch den syrischen Führerschein. Er verneinte, an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten zu leiden und brachte vor, er sei gesund und nehme keine Medikamente, es gäbe auch keine Arzttermine. Er sei verheiratet und habe keine Kinder. Seine Ehefrau befinde sich derzeit im Libanon.
Befragt danach, ob er Verwandte in Österreich, im Bereich der EU bzw. Norwegen oder Island habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestünde, brachte er vor, seine beiden Brüder seien hier in Österreich, weitere Verwandte gäbe es hier nicht. Er wohne seit 26.03.2024 bei seinem Bruder XXXX , der ihn heute auch hierher gebracht habe. Seine Brüder würden alles bezahlen, was er benötige. Er beziehe derzeit keine staatliche Grundversorgung, seine Brüder würden für seinen Unterhalt aufkommen. Seine Brüder seien seit 2015 in Österreich und sie seien bereits 2010 oder 2011 aus Syrien ausgereist. Sie hätten einander nicht mehr getroffen, als die Brüder Syrien verlassen hätten, sohin über zehn Jahre. Der Kontakt sei seither telefonisch aufrechterhalten worden. Einmal hätten sie einander auch im Libanon getroffen für eine Woche, das sei vor zirka zwei Jahren gewesen. Bevor diese Brüder Syrien verlassen hätten, hätten sie als Familie in einem Haus gelebt. Er sei von den Brüdern weder in Syrien noch auf der Reise und auch nicht in Italien finanziell unterstützt worden, er habe selber Geld gehabt.
Befragt danach, ob er Verwandte in Österreich, im Bereich der EU bzw. Norwegen oder Island habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestünde, brachte er vor, seine beiden Brüder seien hier in Österreich, weitere Verwandte gäbe es hier nicht. Er wohne seit 26.03.2024 bei seinem Bruder römisch 40 , der ihn heute auch hierher gebracht habe. Seine Brüder würden alles bezahlen, was er benötige. Er beziehe derzeit keine staatliche Grundversorgung, seine Brüder würden für seinen Unterhalt aufkommen. Seine Brüder seien seit 2015 in Österreich und sie seien bereits 2010 oder 2011 aus Syrien ausgereist. Sie hätten einander nicht mehr getroffen, als die Brüder Syrien verlassen hätten, sohin über zehn Jahre. Der Kontakt sei seither telefonisch aufrechterhalten worden. Einmal hätten sie einander auch im Libanon getroffen für eine Woche, das sei vor zirka zwei Jahren gewesen. Bevor diese Brüder Syrien verlassen hätten, hätten sie als Familie in einem Haus gelebt. Er sei von den Brüdern weder in Syrien noch auf der Reise und auch nicht in Italien finanziell unterstützt worden, er habe selber Geld gehabt.
Befragt zu seinem Aufenthalt in Italien führte der Beschwerdeführer aus, er sei zirka drei bis vier Tage in Italien gewesen. Er habe dort „sicher nicht“ bleiben wollen und habe ehestmöglich die Reise fortsetzen wollen. Im Libanon habe er sich entschieden, in ein neutrales Land zu kommen, dort wo kein Krieg herrsche. Seine Brüder würden hier leben und er brauche jemanden von seiner Familie um ihn. Hier gäbe es keine Diskriminierung. Er bejahte, in Italien (in Lampedusa nach der Ankunft) durch die Behörden untergebracht und verpflegt worden zu sein. Er sei dann in ein „Camp“ verlegt worden, habe aber nicht dort bleiben wollen. Er habe dort nur gegessen und sei dann gleich weitergereist. In Lampedusa seien ihm die Fingerabdrücke abgenommen und erklärt worden, dass dies nur für die kriminalpolizeiliche Überprüfung sei. Er verneinte, sich aktiv an die dortigen Behörden gewandt und um Schutz sowie Hilfe ersucht zu haben. Er sei sofort mit dem Zug weitergereist. In Italien habe es Unterkunft und Verpflegung gegeben, er habe sich dennoch entschieden weiterzureisen. Die Frage, ob er während seines Aufenthaltes in Italien irgendwelche Probleme gehabt habe, verneinte der Beschwerdeführer.
Nach Information über die beabsichtigte Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und der Außerlandesbringung nach Italien brachte der Beschwerdeführer vor, nicht nach Italien zu wollen. Seine Brüder würden hier leben. Sie seien lange getrennt gewesen und er wolle bei ihnen bleiben. Er sei neu in Europa und brauche Hilfe sowie Unterstützung von jemandem, der sich hier schon auskenne. Das seien für ihn seine Brüder.
7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2024, ZI. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2024, ZI. römisch 40 , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Artikel 13, Absatz eins, Dublin III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Italien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Zur Lage in Italien wurden folgende Feststellungen getroffen [unkorrigiert]:
„Allgemeines zum Asylverfahren
Letzte Änderung: 27.07.2023
In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 5.2023):
Quelle: AIDA 5.2023
2022 sind in Italien 105.129 Migranten auf dem Seeweg (über 55 % Anstieg gegenüber dem Vorjahr) und ca. 13.000 über Slowenien nach Italien gekommen (AIDA 5.2023). 2023 sind bis Mitte Juli 78.182 Migranten auf dem Seeweg nach Italien gekommen, darunter 7.876 unbegleitete Minderjährige. Die drei häufigsten Herkunftsländer der Migranten waren die Elfenbeinküste, Guinea und Ägypten (MdI 17.7.2023). Mehr als 4.500 Neuankömmlinge wurden 2023 bis Mai an der Grenze zu Slowenien berichtet (UNHCR 5.7.2023)
Im Jahr 2022 wurden in Italien 77.200 Asylanträge gestellt. 14,34 % der Entscheidungen in erster Instanz lauteten auf internationalen Schutz, 13,57 % auf subsidiären Schutz, 10.865 auf speziellen (humanitären) Schutz und 51,61 % wurden abgelehnt (AIDA 5.2023):
Quelle: AIDA 5.2023
Von Jänner bis April 2023 wurden 39.645 Asylanträge gestellt. Von Jänner bis März wurden 14.396 Entscheidungen getroffen (bei 89.080 anhängigen Verfahren im April 2023), von denen 9 % auf internationalen Schutz lauteten, 11 % auf subsidiären Schutz, 22 % speziellen (humanitären) Schutz und 58 % wurden abgelehnt (rejection) (UNHCR 17.7.2023).
Der humanitäre Schutz war unter Innenminister Salvini 2018 eingeschränkt und 2020 inhaltlich wieder hergestellt worden. Er wird heute als „spezieller Schutz“ an Personen vergeben, die faktisch nicht außer Landes gebracht werden können bzw. denen Refoulement droht. Die damit verbundene Aufenthaltsgenehmigung gilt für zwei Jahre (verlängerbar) (AIDA 5.2023).
Am 11.4.2023 gab der italienische Ministerrat bekannt, dass aufgrund des starken Anstiegs der Migrationsströme nach Italien, der zu einer starken Überfüllung der Erstaufnahmezentren und insbesondere des Hotspots Lampedusa führte, sowie des prognostizierten weiteren Anstiegs der Anlandungen, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen seien, um den Hotspot Lampedusa zu entlasten und neue Einrichtungen zu bauen, die sowohl den Bedürfnissen der Aufnahme als auch der Anerkennung und Rückführung von Migranten gerecht werden. Aus diesen Gründen beschloss der Ministerrat, für sechs Monate den Ausnahmezustand für das gesamte Staatsgebiet auszurufen (VB 12.4.2023; vgl. AIDA 5.2023). Die Ausrufung des Ausnahmezustandes aufgrund der Migrationssituation diente vor allem dazu, außerordentliche Geldmittel zu lukrieren, Ausschreibungsverfahren für die Einrichtung zusätzlicher Aufnahmezentren zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie zusätzliche Transfers von Lampedusa nach Sizilien einzurichten, um die Überlastung des Hotspots und insgesamt der Insel Lampedusa zu verhindern. Diese Maßnahmen sollen zu einer systemischen Entlastung führen und einen besseren Umgang mit dem hohen Migrationsdruck ermöglichen (VB 6.6.2023a).Am 11.4.2023 gab der italienische Ministerrat bekannt, dass aufgrund des starken Anstiegs der Migrationsströme nach Italien, der zu einer starken Überfüllung der Erstaufnahmezentren und insbesondere des Hotspots Lampedusa führte, sowie des prognostizierten weiteren Anstiegs der Anlandungen, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen seien, um den Hotspot Lampedusa zu entlasten und neue Einrichtungen zu bauen, die sowohl den Bedürfnissen der Aufnahme als auch der Anerkennung und Rückführung von Migranten gerecht werden. Aus diesen Gründen beschloss der Ministerrat, für sechs Monate den Ausnahmezustand für das gesamte Staatsgebiet auszurufen (VB 12.4.2023; vergleiche AIDA 5.2023). Die Ausrufung des Ausnahmezustandes aufgrund der Migrationssituation diente vor allem dazu, außerordentliche Geldmittel zu lukrieren, Ausschreibungsverfahren für die Einrichtung zusätzlicher Aufnahmezentren zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie zusätzliche Transfers von Lampedusa nach Sizilien einzurichten, um die Überlastung des Hotspots und insgesamt der Insel Lampedusa zu verhindern. Diese Maßnahmen sollen zu einer systemischen Entlastung führen und einen besseren Umgang mit dem hohen Migrationsdruck ermöglichen (VB 6.6.2023a).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/05/AIDA-IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023
MdI – Ministero dell’Interno [Italien] (17.7.2023): Cruscotto statistico giornaliero, http://www.libert aciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/sites/default/files/allegati/cruscotto_statistico_giornaliero_17 -07-2023.pdf, Zugriff 26.7.2023
UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (17.7.2023): Italy Weekly Snapshot (10 Jul - 16 Jul 2023), https://reliefweb.int/attachments/bda4ac26-2953-4fa5-9909-c2f604a1af26/2023_07_17 _Italy_Weekly_Snapshot.pdf, Zugriff 26.7.2023
UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (5.7.2023): Fact Sheet; Italy; May 2023, https:
//www.ecoi.net/en/file/local/2094480/202305_Fact+Sheet+May.pdf, Zugriff 21.7.2023
VB des BMI Italien [Österreich] (6.6.2023a): Auskunft des VB, per E-Mail
VB des BMI Italien [Österreich] (12.4.2023): Auskunft des VB, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung: 27.07.2023
Dublin-Rückkehrer, die bereits einen Asylantrag in Italien gestellt haben, sind in jene Provinz zu transferieren, wo sie ihren Antrag gestellt haben. Wurde noch kein Asylantrag in Italien gestellt, sind die Rückkehrer unter Wahrung der Familieneinheit in der Provinz des Ankunftsflughafens unterzubringen. Wenn Italien einer Überstellung ausdrücklich zustimmt, wird der Flughafen angegeben, welcher der für das konkrete Asylverfahren zuständigen Quästur am nächsten liegt. Wenn Italien durch Fristablauf zustimmt, landen Rückkehrer üblicherweise auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist (AIDA 5.2023; vgl. VQ 11.10.2022).Dublin-Rückkehrer, die bereits einen Asylantrag in Italien gestellt haben, sind in jene Provinz zu transferieren, wo sie ihren Antrag gestellt haben. Wurde noch kein Asylantrag in Italien gestellt, sind die Rückkehrer unter Wahrung der Familieneinheit in der Provinz des Ankunftsflughafens unterzubringen. Wenn Italien einer Überstellung ausdrücklich zustimmt, wird der Flughafen angegeben, welcher der für das konkrete Asylverfahren zuständigen Quästur am nächsten liegt. Wenn Italien durch Fristablauf zustimmt, landen Rückkehrer üblicherweise auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist (AIDA 5.2023; vergleiche VQ 11.10.2022).
Die zuständige Quästur ist oft weit entfernt, und die Rückkehrer haben nur wenige Tage Zeit, auf eigene Faust dort zu erscheinen. Sie werden weder begleitet noch über die Anreisemöglichkeiten informiert. In einigen Fällen werden die Rückkehrer in Mailand von der Behörde mit entsprechenden Fahrkarten ausgestattet. Am Flughafen Fiumicino in Rom war 2022 die NGO Cooperativa ITC mit der Information und dem Management von an der Luftgrenze ankommenden Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern betraut, darunter auch mit dem Transport vulnerabler Personen in die Unterbringungszentren. Am Flughafen Mailand Malpensa wird seit 2021 die Information für Asylwerber durch die NGO Kooperative Ballafon betreut. Es gibt solche NGO-Betreuung für Dublin-Rückkehrer am Flughafen auch in Bologna (AIDA 5.2023).
Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:
1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies tun, so wie jede andere Person auch, er könnte aber als illegaler Migrant betrachtet und mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung konfrontiert werden (AIDA 5.2023).
2. Wenn das Verfahren eines Antragstellers in Italien suspendiert wurde, weil er sich dem Verfahren vor dem Interview entzogen hat, kann er, im Falle einer Rückkehr binnen zwölf Monaten ab Suspendierung, einen neuen Interviewtermin beantragen. Sind mehr als zwölf Monate vergangen und das Verfahren wurde abgeschossen, kann ein Folgeantrag gestellt werden, für den neue Asylgründe erforderlich sind, damit er zulässig ist (AIDA 5.2023). Gegen eine Unzulässigkeitsentscheidung ist grundsätzlich Beschwerde möglich, wenn auch ohne automatische aufschiebende Wirkung, welche aber gerichtlich beantragt werden kann (AIDA 5.2023).
3. In Fällen, in denen der Rückkehrer sich dem Verfahren entzogen hat, während er in privater Unterbringung lebte, und das Verfahren wegen Abwesenheit beendet wurde, kann das Verfahren wieder eröffnet werden, wenn der Antragsteller berechtigte Gründe für seine Abwesenheit vorbringt - und zwar innerhalb von zehn Tagen ab Wegfall dieser Gründe. Andernfalls muss der Rückkehrer einen Folgeantrag stellen.
4. Hat ein Interview stattgefunden, und wurde das Verfahren des Antragstellers in Italien negativ entschieden und ihm dies zur Kenntnis gebracht, ohne dass er fristgerecht Beschwerde eingelegt hätte, ist für den Rückkehrer eine Anordnung zur Außerlandesbringung und Schubhaft möglich. Die Entscheidung gilt bei Nichterreichbarkeit des Antragstellers nach 20 Tagen als zugestellt (AIDA 5.2023).
(Für weitere Informationen, siehe Kapitel „Versorgung“, Subkapitel „Dublin-Rückkehrer“.)
Am 5.12.2022 informierte die italienische Dublin-Einheit die anderen Dublin-Länder in einem Schreiben darüber, dass ab dem darauffolgenden Tag die Überstellungen nach Italien ausgesetzt werden, da es keine Plätze im Aufnahmesystem gebe. Italien wies darauf hin, dass die Aussetzung keine Auswirkungen auf die Wiedervereinigungsverfahren für Minderjährige habe (AIDA 5.2023).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/05/AIDA-IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023
VQ – Vertrauliche Quelle (11.10.2022): Datenbank aus dem supranationalen Bereich, Zugriff
26.7.2023
Non-Refoulement
Letzte Änderung: 27.07.2023
Italien wird von Kritikern vorgeworfen, eine Schlüsselrolle bei indirektem Refoulement nach
Libyen zu spielen, indem es die libyschen Behörden weiterhin ausrüstet und ausbildet (AIDA 5.2023). Besonders Gegenstand der Kritik ist dabei, dass aus Libyen immer wieder schwerwiegende Menschenrechtsverstöße seitens Behörden und Milizen berichtet werden. Im Laufe des Jahres 2022 sollen die libyschen Behörden mit logistischer und materieller Unterstützung Italiens mehr als 24.000 Menschen auf See abgefangen und nach Libyen zurückgebracht haben (AI 28.3.2023).
Italien hat im Feber 2023 ein heftig kritisiertes Memorandum of Understanding mit Libyen verlängert, in dessen Rahmen die italienische Seite Libyen mit Geld und Ausrüstung bei seinen Search and Rescue-Aktivitäten auf Seeund in der Wüste und bei der Prävention und Bekämpfung illegaler Migration unterstützt. Dies wird von Kritikern als indirekte Pushbacks nach Libyen betrachtet. UNHCR betrachtet Libyen angesichts des Fehlens eines funktionierenden Asylsystems, der berichteten Schwierigkeiten, mit denen Flüchtlinge und Asylsuchende dort konfrontiert sind, des fehlenden Schutzes vor Missbrauch und des Fehlens dauerhafter Lösungen, nicht als „sicheres Land“ (USDOS 20.3.2023).
Ankömmlinge aus Staaten, die als sicher gelten (z. B. Tunesien) sollen bei Ankunft in Italien regelmäßig als Wirtschaftsmigranten eingestuft und vom Zugang zum Asylverfahren ausgeschlossen
werden. Diese erhalten Rückführungsentscheidungen (AIDA 5.2023).
Berichten zufolge kommt es in den italienischen Adria-Häfen immer wieder zu Pushbacks nach Griechenland, auf der Grundlage des bilateralen Abkommens, das 1999 von der italienischen und der griechischen Regierung unterzeichnet wurde und das 2001 in Kraft trat, obwohl es nie vom italienischen Parlament ratifiziert wurde. In vielen Fällen ist es Migranten gelungen, Kontakt zu NGOs aufzunehmen, die in den adriatischen Häfen tätig sind, und einen Asylantrag zu stellen. In den anderen Fällen soll es zu Zurückschiebungen in den Hafen der Abfahrt gekommen sein. 2022 soll es auch zu Zurückweisungen und Refoulement nach Albanien gekommen sein. Berichte über angebliche Pushbacks gibt es auch von den Luftgrenzen. Weiters gibt es Berichte über Zurückschicken von Migranten von der Grenze zu Slowenien, auf der Grundlage eines bilateralen Rückübernahmeabkommens aus dem Jahre 1996, das nicht vom italienischen Parlament ratifiziert worden ist. Ein italienisches Gericht hat diese Praxis in einer Entscheidung vom Jänner 2021 als verfassungswidrig bezeichnet. Im Dezember 2022 wurden informelle Rückschiebungen wiederaufgenommen, die jedoch keine Asylwerber betrafen. Auch nahm die slowenische Seite nicht alle Betroffenen zurück, sodass nur 23 von 190 Rückschiebungen erfolgreich gewesen sein sollen (AIDA 5.2023).
Am 11.4.2023 gab der italienische Ministerrat bekannt, dass aufgrund des starken Anstiegs der Migrationsströme nach Italien, der zu einer starken Überfüllung der Erstaufnahmezentren und insbesondere des Hotspots Lampedusa führte, sowie des prognostizierten weiteren Anstiegs der Anlandungen, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen seien, um den Hotspot Lampedusa zu entlasten und neue Einrichtungen zu bauen, die sowohl den Bedürfnissen der Aufnahme als auch der Anerkennung und Rückführung von Migranten gerecht werden. Aus diesen Gründen beschloss der Ministerrat für sechs Monate den Ausnahmezustand für das gesamte Staatsgebiet auszurufen (VB 12.4.2023; vgl. AIDA 5.2023). Die Ausrufung des Ausnahmezustandes aufgrund der Migrationssituation durch den italienischen Ministerrat am 11.4.2023 diente vor allem dazu, außerordentliche Geldmittel zu lukrieren, Ausschreibungsverfahren für die Einrichtung zusätzlicher Aufnahmezentren zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie zusätzliche Transfers von Lampedusa nach Sizilien einzurichten, um die Überlastung des Hotspots und insgesamt der Insel Lampedusa zu verhindern. Diese Maßnahmen sollen zu einer systemischen Entlastung führen und einen besseren Umgang mit dem hohen Migrationsdruck ermöglichen (VB 6.6.2023a).Am 11.4.2023 gab der italienische Ministerrat bekannt, dass aufgrund des starken Anstiegs der Migrationsströme nach Italien, der zu einer starken Überfüllung der Erstaufnahmezentren und insbesondere des Hotspots Lampedusa führte, sowie des prognostizierten weiteren Anstiegs der Anlandungen, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen seien, um den Hotspot Lampedusa zu entlasten und neue Einrichtungen zu bauen, die sowohl den Bedürfnissen der Aufnahme als auch der Anerkennung und Rückführung von Migranten gerecht werden. Aus diesen Gründen beschloss der Ministerrat für sechs Monate den Ausnahmezustand für das gesamte Staatsgebiet auszurufen (VB 12.4.2023; vergleiche AIDA 5.2023). Die Ausrufung des Ausnahmezustandes aufgrund der Migrationssituation durch den italienischen Ministerrat am 11.4.2023 diente vor allem dazu, außerordentliche Geldmittel zu lukrieren, Ausschreibungsverfahren für die Einrichtung zusätzlicher Aufnahmezentren zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie zusätzliche Transfers von Lampedusa nach Sizilien einzurichten, um die Überlastung des Hotspots und insgesamt der Insel Lampedusa zu verhindern. Diese Maßnahmen sollen zu einer systemischen Entlastung führen und einen besseren Umgang mit dem hohen Migrationsdruck ermöglichen (VB 6.6.2023a).
Italien verfügt über eine Liste sicherer Herkunftsstaaten, welche Albanien, Algerien, Bosnien und
Herzegowina, Kap Verde, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Marokko, Montenegro, Senegal, Serbien und Tunesien umfasst. Am 17.3.2023 wurden die Elfenbeinküste, Gambia, Georgien und Nigeria zur Liste hinzugefügt, aber das Verfahren für sichere Herkunftsstaaten gilt nicht für Anträge, die von Bürgern aus diesen vier Ländern vor dem Inkrafttreten des Dekrets am 9. April 2023 gestellt wurden. Ebenfalls am 17.3.2023 wurde die Ukraine von der Liste genommen. Anträge von Bürgern aus sicheren Herkunftsstaaten können im beschleunigten Verfahren bearbeitet werden (AIDA 5.2023).
Quellen:
AI – Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Italien 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089542.html, Zugriff
21.7.2023
AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/05/AIDA-IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023
USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089493.html, Zugriff 20.7.2023
VB des BMI Italien [Österreich] (6.6.2023a): Auskunft des VB, per E-Mai
VB des BMI Italien [Österreich] (12.4.2023): Auskunft des VB, per E-Mail
Versorgung
Letzte Änderung: 27.07.2023
Asylwerber dürfen zwei Monate nach Antragstellung legal arbeiten. In der Praxis haben sie jedoch Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa durch Verzögerungen bei der Registrierung ihrer Asylanträge (die damit einhergehende Aufenthaltserlaubnis ist für den Zugang zum Arbeitsmarkt wichtig), oder durch die Sprachbarriere, oder die geografische Abgelegenheit der Unterbringungszentren usw. (AIDA 5.2023).
Es gibt Berichte über Diskriminierung von Migranten durch Arbeitgeber und Ausbeutung, insbesondere in den Sektoren Landwirtschaft und Dienstleistungen (USDOS 20.3.2023).
Die Ausrufung des Ausnahmezustandes aufgrund der Migrationssituation durch den italienischen Ministerrat am 11.4.2023 diente vor allem dazu, außerordentliche Geldmittel zu lukrieren, Ausschreibungsverfahren für die Einrichtung zusätzlicher Aufnahmezentren zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie zusätzliche Transfers von Lampedusa nach Sizilien einzurichten, um die Überlastung des Hotspots und insgesamt der Insel Lampedusa zu verhindern. Diese Maßnahmen sollen zu einer systemischen Entlastung führen und einen besseren Umgang mit dem hohen Migrationsdruck ermöglichen. Leistungen von Versorgungseinrichtungen für Asylwerber bzw. asylsuchende Familien sind dadurch nicht unmittelbar betroffen (VB 6.6.2023a).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/05/AIDA-IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023
USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089493.html, Zugriff 20.7.2023 VB des BMI Italien (6.6.2023a): Auskunft des VB, per E-Mail
Unterbringung
Letzte Änderung: 27.07.2023
Das offizielle italienische Unterbringungssystem für erwachsene Asylwerber stellt sich folgendermaßen dar:
CPSA (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots
Es handelt sich dabei um Zentren an den Hauptanlandungspunkten der Migranten, die über das Mittelmeer nach Italien kommen. Die CPSA wurden 2006 gegründet und fungieren seit 2016 formell als Hotspots (gemäß dem sogenannten Hotspot-Approach der Europäischen Kommission). Diese dienen der Erstversorgung, der Identifizierung, der Trennung von Asylwerbern und Migranten und dem Transfer in andere Zentren. Ende 2022 gab es in Italien fünf Hotspots in
Apulien (Taranto) und Sizilien (Lampedusa, Pozzallo, Pantelleria und Messina)mit zusammen 1.265 Plätzen Kapazität. Es können aber auch andere Einrichtungen gemäß dem Hotspot-Approach genützt werden. Im Jahr 2021 durchliefen 44.242 Personen die Hotspots. Der Aufenthalt der Migranten in den Hotspots sollte „so kurz wie möglich“ dauern. In der Praxis dauert er einige Tage bis einige Wochen(AIDA 5.2023).
Erstaufnahme
Es gibt derzeit neun Erstaufnahmezentren zur Unterbringung von Asylwerbern in fünf italienischen Regionen. Bei Platzmangel kann auch auf temporäre Strukturen (Centri di accoglienza straordinaria, CAS) zurückgegriffen werden (AIDA 5.2023).
SAI (Sistema di Accoglienza e Integrazione)
Dies ist die Unterbringung der zweiten Linie (vormals SPRAR genannt, unter Innenminister Salvini umgewandelt in SIPROIMI, später ersetzt durch SAI). Mit Gesetz 50/2023, welches
Dekret 20/2023 (Cutro-Dekret) vom 5.5.2023 in ein Gesetz umwandelt, wird der Zugang von Asylwerbern zum SAI-System eingeschränkt. Das SAI-System steht somit neben Schutzberechtigten (Flüchtlingsstatus oder subsidiärer Schutz) nur noch Asylwerbern offen, die vulnerabel oder auf legalem Weg in Italien eingereist sind (staatliches Resettlement oder privat finanzierte humanitäre Aufnahmeprogramme). Gemäß Gesetz 50/2023 dürfen die Präfekturen Asylwerber in provisorischen Aufnahmeeinrichtungen unterbringen, falls in staatlichen Zentren oder vorübergehenden Einrichtungen (CAS) keine Plätze verfügbar sind (AIDA 5.2023).
Stand Feber 2023 umfasste das SAI insgesamt 934 kleinere dezentrale Projekte mit gesamt 43.923 Unterbringungsplätzen, davon 36.821 herkömmliche Plätze, 6.299 Plätze für unbegleitete Minderjährige und 803 Plätze für Menschen mit psychischen Problemen oder körperlichen Behinderungen. Dies wird als zu wenig für den vorhandenen Bedarf kritisiert (AIDA 5.2023).
CAS (Centri di accoglienza straordinaria)
Das sind „temporäre Strukturen“ (Notunterkünfte) der Präfekturen. So eine Notunterbringung weist geringere Leistungen für die Untergebrachten auf als SAI und soll strikt auf die Zeit beschränkt sein, welche notwendig ist um Identifizierung, Registrierung und Vulnerabilitätseinschätzung vorzunehmen. Danach sollten sie verlegt werden. In der Praxis machen CAS jedoch über 66 % der Unterbringungskapazitäten aus. In den landesweit über 4.200 CAS-Unterbringungen sind die Unterbringungsstandards sehr unterschiedlich(AIDA 5.2023).
Provisorische Aufnahmestrukturen
Gesetz 50/2023 sieht vor, dass jeder Präfekt, für die unbedingt erforderliche Zeit bis zur Ermittlung verfügbarer Unterbringungsplätze, die Aufnahme von Asylwerbern in provisorischen Strukturen organisieren kann, in denen u. a. Verpflegung, Unterkunft, Kleidung und medizinische Versorgung gewährleistet sind (AIDA 5.2023).
Private Unterbringung / NGOs
Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben von Kirchen oder Freiwilligenverbänden. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen.
Interessant sind sie speziell in Notfällen oder als Integrationsmittel (AIDA 5.2023).
CPR (Centri di Permanenza per il Rimpatrio)
Italien verfügt über zehn Schubhaftzentren (CPR) mit zusammen 1.359 Plätzen (wobei die effektive Gesamtkapazität mit 744 Plätzen angegeben wird) (AIDA 5.2023).
Grundsätzlich sind bedürftige Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den
Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht das Unterbringungsrecht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Bei Rechtsmitteln ohne automatische aufschiebende Wirkung kann diese bei Gericht beantragt werden. Bis zu dieser Entscheidung darf der Beschwerdeführer im Zentrum bleiben. Ist die Entscheidung positiv, besteht auch das Unterbringungsrecht weiter. In der Praxis erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione), die bis zu einigen Monaten nach der Antragstellung stattfinden kann. Auch nach der Registrierung kann es noch zu einigen Wochen Wartezeit bis zur Unterbringung kommen. In dieser Zeit müssen Betroffene alternative Unterbringungsmöglichkeiten finden, was problematisch sein kann. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. In ganz Italien gibt es auch informelle Siedlungen oder besetzte Häuser, in denen geschätzte 10.000 Fremde leben, unter ihnen Asylwerber und Schutzberechtigte (AIDA 5.2023). Laut UNHCR, IOM und NGOs leben Tausende legal und illegal aufhältige Fremde, darunter auch Flüchtlinge, in verlassenen, unzureichenden oder überfüllten Gebäuden in Rom und anderen Großstädten des Landes, mit begrenztem Zugang zu medizinischer Versorgung, Rechtsberatung, Bildung und anderen öffentlichen Dienstleistungen. Viele Flüchtlinge und Asylsuchende, die in der informellen Wirtschaft arbeiten, können es sich, insbesondere in Großstädten, nicht leisten, Wohnungen zu mieten. Sie leben oft in provisorischen Hütten in ländlichen Gebieten oder besetzten Gebäuden unter Substandard-Bedingungen (USDOS 20.3.2023).
Mit Stand 15.7.2023 waren 125.922 Migranten in staatlichen Unterkünften untergebracht, davon
2.787 in Hotspots, 88.060 in Unterbringungszentren und 35.075 in SAI (VB 18.7.2023).
Nach dem Gesetz wird der Antragsteller im Register der Wohnbevölkerung registriert (AIDA 5.2023). Mit Dekret Nr. 130/2020 in Verbindung mit Umwandlungsgesetz Nr. 173 vom 18.12.2020 wurde für Antragsteller wieder die Möglichkeit geschaffen, sich in das Melderegister einzutragen (dies war unter Salvini abgeschafft worden - ein Schritt, der heftig kritisiert und für verfassungswidrig erklärt worden war). Im Zuge der Anmeldung wird dem Schutzsuchenden ein Personalausweis ausgestellt, der nicht zur Ausreise berechtigt und drei Jahre Gültigkeit hat (VB 3.3.2021).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/05/AIDA-IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023
USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089493.html, Zugriff 20.7.2023
VB des BMI Italien [Österreich] (18.7.2023): Statistik der italienischen Behörden, per E-Mail VB des BMI Italien [Österreich] (3.3.2021): Auskunft des VB, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung: 27.07.2023
Dublin-Rückkehrer haben grundsätzlich Zugang zum Unterbringungssystem zu denselben Bedingungen wie andere Asylwerber und stehen damit vor denselben Problemen beim Zugang zum Verfahren und zur Unterbringung wie andere Asylwerber. Es gibt für sie keine speziell reservierten Unterbringungsplätze (AIDA 5.2023).
Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellt Italien seit Juni 2015 regelmäßig eine Liste von Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 5.2023). Rückkehrer, die als Antragsteller nach Italien kommen, werden an die zuständige Präfektur verwiesen, die normalerweise einen Platz in einem CAS zur Verfügung stellt. Falls die Kapazitäten der CAS nicht ausreichen, kann auf Unterbringungen der 2. Stufe (SAI) zurückgegriffen werden (VQ 11.10.2022). Das SAI-System steht jedoch aufgrund der Gesetzesänderung vom Mai 2023 (Gesetz 50/2023) nur noch Asylwerbern offen, die vulnerabel sind oder auf legalem Weg nach Italien eingereist sind. Gemäß Gesetz dürfen die Präfekturen Asylwerber in provisorischen Aufnahmeeinrichtungen unterbringen, falls in staatlichen Zentren oder vorübergehenden Einrichtungen (CAS) keine Plätze verfügbar sind (AIDA 5.2023).
Am 5.12.2022 informierte die italienische Dublin-Einheit die anderen Dublin-Länder in einem Schreiben darüber, dass ab dem darauffolgenden Tag die Überstellungen nach Italien ausgesetzt werden, da es keine Plätze im Aufnahmesystem gebe. Italien wies darauf hin, dass die Aussetzung keine Auswirkungen auf die Wiedervereinigungsverfahren für Minderjährige habe (AIDA 5.2023).
Wenn Rückkehrer vor ihrer Ausreise aus Italien in Aufnahmezentren für Asylwerber gelebt haben, können sie bei ihrer Rückkehr Probleme haben, eine neue Unterkunft zu beantragen. Aufgrund ihrer Ausreise und gemäß den Regeln über den Entzug der Aufnahmebedingungen kann die Präfektur ihnen den Zugang zum Aufnahmesystem verweigern (AIDA 5.2023).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/05/AIDA-IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023
VQ – Vertrauliche Quelle (11.10.2022): Datenbank aus dem supranationalen Bereich, Zugriff
26.7.2023
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 27.07.2023
Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus müssen sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann in Bezug auf medizinische Versorgung dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger. Das gilt unabhängig davon, ob sie staatliche Versorgung genießen oder nicht. Das Recht auf medizinische Versorgung entsteht formell im Moment der Registrierung eines Asylantrags, wobei es aber in der Praxis Verzögerung von bis zu einigen Monaten geben kann, bis einige Quästuren den Steuer-Code (codice fiscale), welcher für den Zugang zur medizinischen Versorgung wichtig ist, zugewiesen haben. Bis dahin haben die betroffenen Asylsuchenden lediglich Zugang zu medizinischer Notfall- und Basisversorgung. Die Anmeldung beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst erfolgt im zuständigen Büro des lokalen Gesundheitsdienstes (Azienda Sanitaria Locale, ASL), in der Gemeinde, in der der Asylwerber seinen Wohnsitz (domicilio) hat. Im Zuge der Registrierung wird eine europäische Gesundheitskarte (tessera europea di assicurazione malattia) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; und kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Das Recht auf medizinische Versorgung soll im Rahmen der Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis nicht erlöschen. Wenn die Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist, besteht keine Garantie auf Zugang zu nicht notwendiger medizinischer Versorgung bis zur Erneuerung derselben, was aufgrund bürokratischer Verzögerungen einige Zeit dauern kann. Wenn Asylwerber keine Wohnsitzmeldung (domicilio) vorweisen können, erhalten sie auch keine Gesundheitskarte. Eines der größten Hindernisse für den Zugang zu Gesundheitsdiensten ist jedoch die Sprachbarriere (AIDA 5.2023).
Asylwerber können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei den Büros des lokalen Gesundheitsdienstes (ASL) als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr („Ticket“) bezahlen. Die Befreiung gilt zunächst für zwei Monate ab Asylantragstellung (da in diesem Zeitraum kein Zugang zum Arbeitsmarkt besteht). Danach ist die Praxis landesweit uneinheitlich. In einigen Regionen sind Asylwerber nach den ersten zwei Monaten nicht mehr vom Ticket befreit, da sie nicht als arbeitslos gelten, sondern als inaktiv. In anderen Regionen wie dem Piemont und der Lombardei müssen sie sich offiziell arbeitslos melden, und dann wird die Ticket-Befreiung so lange verlängert, bis es den Asylwerbern gelingt, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden (AIDA 5.2023).
Asylwerber mit psychischen Problemen und Folteropfer haben dasselbe Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung wie italienische Bürger. In der Praxis haben sie die Möglichkeit von speziellen Leistungen des nationalen Gesundheitsdienstes, spezialisierter NGOs oder privater Stellen zu profitieren. Die NGOs ASGI und Ärzte ohne Grenzen betreiben in Rom seit April 2016 ein Zentrum zur Identifikation und Rehabilitation von Folteropfern (AIDA 5.2023).
In Italien haben alle Asylwerber und -berechtigte grundsätzlich Zugang zum nationalen Gesundheitssystem (Servizio sanitario nazionale) gem. Art. 32 der italienischen Verfassung i.V.m. Art. 34 des italienischen Einwanderungsgesetzes. Der Zugang zum nationalen Gesundheitssystem schließt auch den Zugriff auf notwendige Medikamente ein (VB 14.12.2022).In Italien haben alle Asylwerber und -berechtigte grundsätzlich Zugang zum nationalen Gesundheitssystem (Servizio sanitario nazionale) gem. Artikel 32, der italienischen Verfassung i.V.m. Artikel 34, des italienischen Einwanderungsgesetzes. Der Zugang zum nationalen Gesundheitssystem schließt auch den Zugriff auf notwendige Medikamente ein (VB 14.12.2022).
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten (EUAA MedCOI
19.2.2021).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/05/AIDA-IT_2022-Update.pdf, Zugriff
23.6.2023
EUAA MedCOI – Medical COI (19.2.2021): Auskunft von EUAA MedCOI, per E-Mail
VB des BMI (14.12.2022): Auskunft des Vertrauensarztes der ÖB Rom, per E-Mail“
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, da sich aus dem Vorbringen und dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Italien für die Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung des Art. 4 GRC beziehungsweise von Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe daher zu und es habe sich kein zwingender Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, da sich aus dem Vorbringen und dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Italien für die Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung des Artikel 4, GRC beziehungsweise von Artikel 3, EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG 2005 treffe daher zu und es habe sich kein zwingender Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17, Absatz eins, Dublin-III-VO ergeben.
Hinsichtlich seiner in Österreich asylberechtigten Brüder könne aus näher dargelegten Gründen nicht von einer intensiven Abhängigkeit bzw. starken Bindung gesprochen werden. Ein darüber hinausgehender Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich oder österreichischen Staatsbürgern liege nicht vor. In seinem Fall sei der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz, als dass ein Eingriff in das Recht auf Privatleben anzunehmen wäre. Die Anordnung zur Außerlandesbringung führe zu keiner Verletzung der Dublin III-VO, Art. 7 Grundrechtecharta bzw. Art. 8 EMRK, die Zurückweisungsentscheidung sei daher auch unter diesen Aspekten zulässig. Hinsichtlich seiner in Österreich asylberechtigten Brüder könne aus näher dargelegten Gründen nicht von einer intensiven Abhängigkeit bzw. starken Bindung gesprochen werden. Ein darüber hinausgehender Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich oder österreichischen Staatsbürgern liege nicht vor. In seinem Fall sei der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz, als dass ein Eingriff in das Recht auf Privatleben anzunehmen wäre. Die Anordnung zur Außerlandesbringung führe zu keiner Verletzung der Dublin III-VO, Artikel 7, Grundrechtecharta bzw. Artikel 8, EMRK, die Zurückweisungsentscheidung sei daher auch unter diesen Aspekten zulässig.
8. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.06.2024, eingelangt am 01.07.2024, im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und es wurde gleichzeitig angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zunächst wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zusammengefasst wiedergegeben und zum Reiseweg nach Österreich vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bis August 2014 in Aleppo gelebt habe und in den Libanon geflüchtet sei. Diesen habe er im Dezember 2023 verlassen, sich drei Monate in Libyen aufgehalten, um dann schlepperunterstützt per Schiff am 4. oder 5. März 2024 nach Lampedusa (Italien) zu reisen.
Zu den Beschwerdegründen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der Anwendung des Art. 16 Dublin III-VO respektive der Ermessensklausel des Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO in die meritorische Prüfung des Antrags hätte eingetreten werden müssen. Es handle sich um fakultative Bestimmungen und sie würden den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen einräumen. Es sei auch auf Erwägungsgrund 17 der Dublin III-VO aufmerksam zu machen, wonach alle Mitgliedstaaten insbesondere aus humanitären Gründen oder in Härtefällen von den Zuständigkeitskriterien abweichen könnten, um Familienangehörige, Verwandte oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen. Der Beschwerdeführer habe anlässlich seiner Befragungen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich zwei Brüder in Österreich aufhalten würden und dass er mit einem Bruder im gemeinsamen Haus