Entscheidungsdatum
01.08.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W169 2268871-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU-GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2023, Zl. 1286193902-211454298, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.06.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 StA. Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU-GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2023, Zl. 1286193902-211454298, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.06.2024, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins,, 10 Absatz eins, Ziffer 3,, 57 AsylG 2005, Paragraph 9, BFA-VG und Paragraphen 52,, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.10.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Ort Jamame stamme und der Religionsgemeinschaft der sunnitischen Muslime sowie der Minderheit der Boon angehöre. Seine Muttersprache sei Somali. Er habe zwei Jahre die Grundschule besucht und sei keinem Beruf nachgegangen. Sein Bruder und fünf Schwestern würden in Kenia leben. Er habe Somalia im Dezember 2020 illegal per Flugzeug in die Türkei verlassen. Die Schleppung habe seine Tante organisiert und er kenne die Kosten nicht. Zu seinem Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass er in Somalia einer Minderheit angehöre und keine Rechte habe, weshalb er weggegangen sei. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer Diskriminierung.
2. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.11.2022 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus Jamame in der Region Lower Juba stamme und der Religionsgemeinschaft der Muslime sowie dem Clan der Boon bzw. Madhibaan angehöre. Er habe zwei Jahre die Schule und fünf Jahre die Koranschule besucht. Er habe von seinem Vater gelebt, der eine Landwirtschaft betrieben habe, auf der Bananen, Mangos, Bohnen, Mais, Sesam und dergleichen angebaut und verkauft worden seien. Die Familie habe davon leben können. Sie hätten in einem Eigentumshaus mit fünf Zimmern gelebt. Sein Vater sei im November 2020 von der Al Shabaab getötet worden. Sein in Jamame wohnhafter Onkel väterlicherseits habe ihm gesagt, dass seine Geschwister und seine Mutter jetzt in einem Flüchtlingslager in Kenia leben würden. Das letzte Mal habe er mit seinem Onkel Kontakt gehabt, als er nach Österreich gekommen sei. Zur Familie in Kenia habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer in Deutschland und in Großbritannien je eine Tante väterlicherseits. Der Beschwerdeführer habe im Dezember 2020 Somalia legal mit einem Flugzeug in die Türkei verlassen. Seine Ausreise habe sein Onkel väterlicherseits organisiert, die Kosten kenne er nicht. Sie sei mit dem Geld des Onkels und des Vaters bezahlt worden. Der Beschwerdeführer sei gesund.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer in freier Erzählung im Wesentlichen aus, dass er eine Frau aus dem Mehrheitsclan der Hawiye heiraten habe wollen, was jedoch ihr Vater abgelehnt habe, als er von der Clanangehörigkeit des Beschwerdeführers erfahren habe. Er habe daraufhin die Frau heimlich geheiratet und sie hätten sich in der Folge heimlich getroffen. Als die Frau schwanger geworden sei, habe ihr Vater davon erfahren und den Beschwerdeführer angerufen, um sich bei ihm zu entschuldigen und ihn zu sich zu bitten. Der Beschwerdeführer sei sodann im Haus seines Schwiegervaters von ihm und seinen drei Söhnen geschlagen und aufgefordert worden, die Scheidung auszusprechen. Der Beschwerdeführer sei dem unter Zwang nachgekommen und dann aus dem Haus geworfen worden. Nach einer Woche habe seine Ex-Frau ihn angerufen und sich für das Geschehene entschuldigt. Sie hätten zusammen beschlossen, an einen anderen Ort zu gehen und dort ein neues Leben anzufangen. Bei der Bushaltestelle sei jedoch der Vater seiner Ex-Frau anwesend gewesen und habe diese festgehalten. Der Beschwerdeführer sei weggelaufen und der Vater seiner Ex-Frau habe Leute nach ihm geschickt. Der Beschwerdeführer habe sich bei seinem Onkel versteckt. Der Vater seiner Ex-Frau sei zur Al Shabaab gegangen und habe den Beschwerdeführer angezeigt und gesagt, dass dieser seine Tochter heimlich „ohne islamische Gesetze“ geheiratet habe und sie nun schwanger sei. Er habe gesagt, dass der Beschwerdeführer sie geschwängert habe, ohne mit ihr verheiratet zu sein. Die Al Shabaab habe geantwortet, dass nach den religiösen Gesetzen der Beschwerdeführer gesteinigt werde. Der Vater seiner Ex-Frau habe die Al Shabaab angelogen, weil er gewusst habe, dass sie vorher geheiratet hätten. Die Al Shabaab habe daraufhin begonnen, den Beschwerdeführer zu suchen. Sie hätten bei seinem Vater Nachschau gehalten und ihm gesagt, dass er gewusst habe, was der Beschwerdeführer gemacht habe, und den Beschwerdeführer der Al Shabaab bringen müsse, wenn er nachhause komme. Sein Vater habe ihn angerufen und gesagt, dass er beim Onkel versteckt bleiben müsse, und seinem Onkel mitgeteilt, dass er den Beschwerdeführer wegschicken solle. Sein Onkel habe ihn mit einem Auto von Jamame zu einem Schlepper in Mogadischu geschickt. Während der Schlepper die Ausreise des Beschwerdeführers organisiert habe, sei die Al Shabaab nochmals zu seinem Vater gekommen, habe ihn festgenommen und gerichtlich verurteilt, weil er gewusst habe, was der Beschwerdeführer gemacht habe und wo dieser jetzt sei. Sein Vater sei dann getötet worden. Sein Onkel habe ihm davon, sowie dass die Al Shabaab weiter nach ihm suche, erzählt. Nachdem sein Vater getötet worden sei, habe die Al Shabaab der Familie die Landwirtschaft und das Haus weggenommen und sie vertrieben. Nachdem der Schlepper alles organisiert habe, sei der Beschwerdeführer ausgereist.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia festgestellt (Spruchpunkt V.) und schließlich gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) sowie gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt römisch II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.), gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Somalia festgestellt (Spruchpunkt römisch fünf.) und schließlich gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und monierte nach Wiederholung der bisher getätigten Angaben unter Ausführung näherer Gründe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, eine mangelhafte Beweiswürdigung sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung.
5. Am 27.06.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist entschuldigt nicht erschienen. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen, Rückkehrbefürchtungen und Integrationsbemühungen in Österreich befragt (s. Verhandlungsprotokoll).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er ist ein Staatsangehöriger von Somalia, stammt aus der Stadt Jamame in der Region Lower Juba und gehört der Religionsgemeinschaft der sunnitischen Muslime an. Seine Muttersprache ist Somali. Er hat zwei Jahre die Grundschule und fünf Jahre die Koranschule besucht. Seine Eltern und Geschwister wohnen weiterhin in seinem Heimatort in einem Eigentumshaus mit fünf Zimmern, betreiben eine Land- und Viehwirtschaft und leben vom Verkauf der Erträge. Ebenso lebt dort ein Onkel väterlicherseits. Der Beschwerdeführer hat im Vereinigten Königreich eine erwerbstätige Tante sowie in Deutschland eine weitere Tante. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seinen Angehörigen. Er ist gesund.
Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist er ein Angehöriger eines Mehrheitsclans. Er erlebte in Somalia keine Diskriminierung aufgrund einer Zugehörigkeit zur berufsständischen Minderheit der Madhibaan. Er wurde nicht wegen der heimlichen Heirat einer dem Mehrheitsclan der Hawiye zugehörigen Frau von ihrem Vater und der Al Shabaab bedroht.
Der Beschwerdeführer kann in sein Elternhaus zu seiner Familie zurückkehren und dort wie schon vor seiner Ausreise durch die familieneigene Land- und Viehwirtschaft seine Existenz sichern. Nötigenfalls können er und seine Familie auch auf Remissen seiner in Europa lebenden Tanten zurückgreifen. Der Beschwerdeführer läuft dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Außergewöhnliche Umstände, die eine Rückkehr ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer reiste im Oktober 2021 illegal in Österreich ein und ist seither als Asylwerber aufhältig. Er hat hier keine Angehörigen oder Verwandten. Er besucht derzeit einen Deutschkurs auf dem Niveau A2, hat aber bislang keine Deutschprüfung bestanden. Im Jahr 2021/22 nahm er an einem Basisbildungskurs teil. Er nimmt seit dem Jahr 2023 regelmäßig an Treffen eines integrativen Vereins teil und hat seit Dezember 2023 zwanzig Stunden ehrenamtlich in einem ökosozialen Verein gearbeitet. Er spielt in seiner Freizeit mit Österreichern Fußball. Er lebt von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgehalten:
1. Sicherheitslage in der Region Lower Juba
Die Region steht in Teilen unter Kontrolle von ATMIS, der kenianischen Armee, Kräften von Jubaland; und al Shabaab. Die Städte Kismayo, Afmadow und Dhobley sowie die Orte Tabta, Dif, Koday und Kolbiyow werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert. Jamaame steht unter Kontrolle von al Shabaab; dies gilt auch für den nördlichen Teil Lower Jubas. Auch Badhaade und das Umland in Richtung Norden werden von al Shabaab kontrolliert (PGN 23.1.2023). Die Front zu al Shabaab verläuft an der Straße Richtung Jamaame bei Bar Sanguuni, wo auch immer wieder Angriffe stattfinden (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023). Afmadow und Dhobley sind Bastionen von Jubaland, dort gibt es starke Checkpoints und eine große Präsenz. Beide Städte können laut einer Quelle als ziemlich sicher bezeichnet werden (Researcher/STDOK/SEM 4.2023). In Dhobley befinden sich das Kommando der Kenianer und ein Ausbildungslager, in Afmadow, Tabda und Bilis Qooqaani jeweils Stützpunkte. Diese Achse - inkl. Hosingow - kann als relativ sicher (BMLV 1.12.2023) und hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden (BMLV 9.2.2023).
Vorfälle: In den Regionen Lower Juba (1,038.602), Middle Juba (366.851) und Gedo (938.249) leben nach Angaben einer Quelle 2,343.702 Einwohner (IPC 13.12.2022). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2021 insgesamt 34 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie violence against civilians). Bei 20 dieser 34 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2022 waren es 21 derartige Vorfälle (davon 12 mit je einem Toten) (ACLED 2023). In der Zusammenschau von Bevölkerungszahl und "violence against civilians" ergeben sich für 2022 folgende Zahlen (Vorfälle je 100.000 Einwohner): Lower Juba 0,67; Gedo 1,07; Middle Juba 1,09.
Quellen:
? ACLED - Armed Conflict Location and Event Data (2023): Curated Data - Africa (6 January 2022)
? BMLV - Bundesministerium für Landesverteidigung [Österreich] (1.12.2023): Auskunft eines Länderexperten an die Staatendokumentation, per e-Mail
? BMLV - Bundesministerium für Landesverteidigung [Österreich] (9.2.2023): Auskunft eines Länderexperten an die Staatendokumentation, per e-Mail
? IPC - Integrated Food Security Phase Classification (13.12.2022): Nearly 8.3 million people across Somalia face Crisis (IPC Phase 3) or worse acute food insecurity outcomes
? PGN - Political Geography Now (23.1.2023): Special Preview: Somalia Control Map – Full Report Forthcoming
? Researcher/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Researcher (Autor) (4.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023
? UNOFFX/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Senior UN Official X (Autor) (4.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023? UNOFFX/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Senior UN Official römisch zehn (Autor) (4.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023
2. Sicherheitslage in Mogadischu
In Benadir/Mogadischu leben nach Angaben einer Quelle 2,874.431 Einwohner (IPC 13.12.2022). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2021 insgesamt 85 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 79 dieser 85 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2022 waren es 105 derartige Vorfälle (davon 94 mit je einem Toten) (ACLED 2023). In der Zusammenschau von Bevölkerungszahl und violence against civilians ergeben sich für 2022 folgende Zahlen (Vorfälle je 100.000 Einwohner): 3,7.
Quellen:
? ACLED - Armed Conflict Location and Event Data (2023): Curated Data - Africa (6 January 2022)
? IPC - Integrated Food Security Phase Classification (13.12.2022): Nearly 8.3 million people across Somalia face Crisis (IPC Phase 3) or worse acute food insecurity outcomes
3. Al Shabaab
Al Shabaab ist mit al-Qaida affiliiert (THLSC 20.3.2023) und wird häufig und korrekterweise als die größte zu al-Qaida zugehörige Gruppe bezeichnet (Sahan/Bacon/Guiditta 7.8.2023). Die Gruppe weist eine stärkere innere Kohärenz auf als die Bundesregierung und einige der Bundesstaaten. Al Shabaab nutzt erfolgreich lokale Missstände, um taktische Allianzen zu schmieden und Kämpfer zu rekrutieren (Sahan/SWT 27.3.2023). Die Gruppe erkennt die Bundesregierung nicht als legitime Regierung Somalias an (UNSC 10.10.2022) und lehnt die gesamte politische Ordnung Somalias, die sie als unislamisch bezeichnet, ab (Sahan/SWT 9.6.2023). Al Shabaab wendet eine Strategie des asymmetrischen Guerillakriegs an, die bisher sehr schwer zu bekämpfen war. Zudem bietet die Gruppe in den Gebieten unter ihrer Kontrolle Sicherheit und eine grundlegende Regierungsführung (Sahan/SWT 27.3.2023).
Al Shabaab ist eine mafiöse Organisation, die Schutzgelder im Austausch für Sicherheits-, Sozial- und Finanzdienstleistungen verlangt. Ihre konsequente Botschaft ist, dass die Alternative - die Bundesregierung - eigennützig und unzuverlässig ist (Sahan/SWT 25.8.2023). Die Gruppe ist weiterhin eine gut organisierte und einheitliche Organisation mit einer strategischen Vision: die Eroberung Somalias (BMLV 9.2.2023) bzw. die Durchsetzung ihrer eigenen extremen Interpretation des Islams und der Scharia in "Großsomalia" (USDOS 15.5.2023) und der Errichtung eines islamischen Staates in Somalia (CFR 6.12.2022). Al Shabaab ist eine tief verwurzelte, mafiöse Organisation, die in fast allen Facetten der Gesellschaft, der Wirtschaft und der Politik integriert ist (GITOC/Bahadur 8.12.2022). Die Gr