Entscheidungsdatum
01.08.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L512 2280793-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Staatenlos (Palästinensischen Gebiete – Gaza), vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt: Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Staatenlos (Palästinensischen Gebiete – Gaza), vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am römisch 40 zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz iVm Art. 12 Abs. 1 lit. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. römisch eins. Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz in Verbindung mit Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II. Die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben. römisch II. Die Spruchpunkte römisch II. bis römisch VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), ein staatenloser Palästinenser und Angehöriger der sunnitischen Religionsgemeinschaft, stellte am 07.10.2022 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz. römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), ein staatenloser Palästinenser und Angehöriger der sunnitischen Religionsgemeinschaft, stellte am 07.10.2022 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 08.10.2022 zusammengefasst zu seinen Ausreisegründen vor, dass es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den Palästinensern sowie Israelis gebe und keine Sicherheit herrsche. Die Israelis könnten jederzeit auf sie schießen und sie mit Bomben attackieren. Er wohne in der Näher der israelischen Grenze und beim Spazierengehen komme er in die Nähe der Grenze und würden sie dann auf sie schießen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er Unsicherheit. (AS 11).römisch eins.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 08.10.2022 zusammengefasst zu seinen Ausreisegründen vor, dass es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den Palästinensern sowie Israelis gebe und keine Sicherheit herrsche. Die Israelis könnten jederzeit auf sie schießen und sie mit Bomben attackieren. Er wohne in der Näher der israelischen Grenze und beim Spazierengehen komme er in die Nähe der Grenze und würden sie dann auf sie schießen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er Unsicherheit. (AS 11).
I.3. Vor einem Organwalter der belangten Behörde brachte der BF am 30.08.2023 zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er wegen dem Krieg, den Bombardierungen, der Ungerechtigkeit und der fehlenden Menschlichkeit von israelischer Seite ausgereist sei. Wenn ein Palästinenser getötet werde, sei es ihnen egal. Man habe keine Meinungsfreiheit. Mit der Ungerechtigkeit meiner die Regierung von Palästina und Israel (AS 83 ff.).römisch eins.3. Vor einem Organwalter der belangten Behörde brachte der BF am 30.08.2023 zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er wegen dem Krieg, den Bombardierungen, der Ungerechtigkeit und der fehlenden Menschlichkeit von israelischer Seite ausgereist sei. Wenn ein Palästinenser getötet werde, sei es ihnen egal. Man habe keine Meinungsfreiheit. Mit der Ungerechtigkeit meiner die Regierung von Palästina und Israel (AS 83 ff.).
I.4. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß
§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Palästinensische Gebiete Gaza nicht zugesprochen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Palästinensische Gebiete Gaza gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise im Ausmaß von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).römisch eins.4. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13 und Paragraph 6, Absatz eins, AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß
§ 8 Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Palästinensische Gebiete Gaza nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Palästinensische Gebiete Gaza gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise im Ausmaß von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt römisch VI.).
I.5.1. Beweiswürdigend wurde vom BFA ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Gaza aufgrund der allgemeinen Lage und aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Bei einer Rückkehr drohe ihm keine asylrelevante Verfolgung (AS 231 ff.). römisch eins.5.1. Beweiswürdigend wurde vom BFA ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Gaza aufgrund der allgemeinen Lage und aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Bei einer Rückkehr drohe ihm keine asylrelevante Verfolgung (AS 231 ff.).
I.5.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in den Palästinensische Gebiete Gaza traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben. römisch eins.5.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in den Palästinensische Gebiete Gaza traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.
I.5.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter § 3 Abs. 1 AsylG noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Zudem sei die Abschiebung gemäß § 46 FPG in das palästinensische Gebiet – Gaza zulässig und wurde gemäß §§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen festgesetzt.römisch eins.5.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Paragraph 3, Absatz eins, AsylG noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Artikel 8, EMRK dar. Zudem sei die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG in das palästinensische Gebiet – Gaza zulässig und wurde gemäß Paragraphen 55, Absatz eins bis 3 FPG eine Frist zur für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen festgesetzt.
I.6. Gegen den Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, wegen mangelhafter Beweiswürdigung sowie wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, vollumfänglich Beschwerde erhoben (AS 259ff). römisch eins.6. Gegen den Bescheid vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, wegen mangelhafter Beweiswürdigung sowie wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, vollumfänglich Beschwerde erhoben (AS 259ff).
I.7. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den XXXX eine öffentliche mündliche Verhandlung an und übermittelte dem Beschwerdeführer aktuelle Länderinformationen für die Palästinensischen Gebiete Westjordanland/Gaza.römisch eins.7. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den römisch 40 eine öffentliche mündliche Verhandlung an und übermittelte dem Beschwerdeführer aktuelle Länderinformationen für die Palästinensischen Gebiete Westjordanland/Gaza.
I.7.1. Im Rahmen der mündlichen Verhandlungen hatte der BF die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen.römisch eins.7.1. Im Rahmen der mündlichen Verhandlungen hatte der BF die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen.
I.8. Mit Verständigung vom 07.06.2024 wurde dem BF die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 22.05.2024 zur UNRWA Registrierung des BF übermittelt.römisch eins.8. Mit Verständigung vom 07.06.2024 wurde dem BF die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 22.05.2024 zur UNRWA Registrierung des BF übermittelt.
I.9. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.römisch eins.9. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
II.1.1. Der Beschwerdeführer römisch II.1.1. Der Beschwerdeführer
Die Identität des BF steht fest. Der BF ist staatenloser Palästinenser, Angehöriger der arabischen Volksgruppe, sunnitischer Moslem und stammt aus dem palästinensischen Autonomiegebiet des sogenannten Gaza-Streifens (in weiterer Folge kurz: „Gaza“).
Der BF wurde in XXXX im gleichnamigen Gouvernement im südlichen Gaza geboren, wohnte dort mit seiner Familie und besuchte bis zur Matura die Schule, wobei er die Matura-Prüfungen XXXX nicht positiv ablegte und XXXX die Schule verließ. Anschließend erlernte der BF keinen Beruf, war bis XXXX als XXXX in einem XXXX tätig und später als XXXX . Der BF wurde in römisch 40 im gleichnamigen Gouvernement im südlichen Gaza geboren, wohnte dort mit seiner Familie und besuchte bis zur Matura die Schule, wobei er die Matura-Prüfungen römisch 40 nicht positiv ablegte und römisch 40 die Schule verließ. Anschließend erlernte der BF keinen Beruf, war bis römisch 40 als römisch 40 in einem römisch 40 tätig und später als römisch 40 .
Im XXXX verließ der BF Gaza nach Ägypten, gelangte mittels Flug weiter in XXXX und hielt sich dort ca. XXXX auf. Im römisch 40 verließ der BF Gaza nach Ägypten, gelangte mittels Flug weiter in römisch 40 und hielt sich dort ca. römisch 40 auf.
Im XXXX reiste der BF über XXXX und weitere Länder nach Österreich, wo er am 07.10.2022 nach illegaler Einreise den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seither ist der BF durchgehend in Österreich aufhältig. Im römisch 40 reiste der BF über römisch 40 und weitere Länder nach Österreich, wo er am 07.10.2022 nach illegaler Einreise den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seither ist der BF durchgehend in Österreich aufhältig.
In Gaza leben die Eltern, zwei Schwestern und zwei Brüder des BF.
Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Der BF ist arbeitsfähig.
Der BF ist als Flüchtlinge bei der UN-Hilfsorganisation für palästinensische Flüchtlinge UNRWA in den Palästinensischen Autonomiegebieten (kurz UNRWA) registriert. Der BF und seine Familie haben die Leistungen von UNRWA in Form von Lebensmittel auch in Anspruch genommen (AS 85).
In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf.
Der BF war in Österreich nie legal erwerbstätig und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber. Für seine Wohnsitzgemeinde war der BF zeitweise ehrenamtlich tätig. Der BF hat eine freundschaftliche Beziehung zu seinen Unterkunftsgebern.
Der BF hat bisher keine Deutschqualifizierungsmaßnahmen besucht und verfügt über keine nennenswerten Deutschkenntnisse.
Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
II.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in den palästinensischen Gebieten – Gaza werden folgende Feststellungen getroffen:römisch II.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in den palästinensischen Gebieten – Gaza werden folgende Feststellungen getroffen:
1. Politische Lage
Die Palästinensischen Gebiete bestehen aus dem Westjordanland, dem Gaza-Streifen und Ost- Jerusalem (AA 3.2.2022a). Palästina hat den Status eines Völkerrechtssubjekts, wird aber von Österreich nicht als Staat im Sinne des Völkerrechts anerkannt (BMEIA 18.5.2022). 138 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) stimmten am 29.11.2012 für eine Aufwertung des völkerrechtlichen Status der Palästinenser zu einem „Beobachterstaat“. Konkret bedeutet der Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedstaat, den etwa auch der Vatikan innehat, mehr Mitspracherechte bei den Vereinten Nationen. Künftig können die Palästinenser im Sicherheitsrat und in der Generalversammlung – sofern sie betroffen sind – an Diskussionen teilnehmen und Resolutionen einbringen. Ein weiterer wichtiger Zugewinn ist der Zugang zu Unterorganisationen der UN wie dem Internationalen Strafgerichtshof. Dadurch hätten die Palästinenser das Recht, etwaige Militäroperationen der Israelis in den Palästinensergebieten oder die Siedlungspolitik der israelischen Regierung vor Gericht zu bringen (BPB 30.11.2012). Im Dezember 2014 stimmte das europäische Parlament mit einer überwältigenden Mehrheit (498 Stimmen dafür, 88 dagegen) für die „Quasi“-Anerkennung Palästinas als Staat. Dieses Votum ist rechtlich nicht bindend, aber stellt ein Signal an die internationale Gemeinschaft dar. Schweden ist einen Schritt weitergegangen und hat Palästina offiziell als Staat anerkannt (BBC 17.12.2014).
Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO – Palestinian Liberation Organisation) wurde 1964 gegründet, 1974 als einzig legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes von der UNO anerkannt und erhielt den Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen (VP o.D.; vgl. Britannica o.D.). 1993 kam es zum Oslo-Abkommen zwischen Israel und der PLO (BPB 17.7.2011). Im Jahr 1993 folgte die Anerkennung der PLO als einzige Vertreterin der Palästinenser durch Israel (Haaretz 9.9.1993). Die PLO ist die Dachorganisation für die verschiedenen palästinensischen Parteien und Bewegungen, darunter die Fatah, die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), die Arabische Befreiungsfront, die Demokratische Front zur Befreiung Palästinas (DFLP), die Palästinensische Befreiungsfront (PLF) und die Palästinensische Volkspartei (PPP). Hamas und Islamischer Jihad sind nicht in der PLO vertreten (VP o.D.; vgl. SZ 12.1.2018).Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO – Palestinian Liberation Organisation) wurde 1964 gegründet, 1974 als einzig legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes von der UNO anerkannt und erhielt den Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen (VP o.D.; vergleiche Britannica o.D.). 1993 kam es zum Oslo-Abkommen zwischen Israel und der PLO (BPB 17.7.2011). Im Jahr 1993 folgte die Anerkennung der PLO als einzige Vertreterin der Palästinenser durch Israel (Haaretz 9.9.1993). Die PLO ist die Dachorganisation für die verschiedenen palästinensischen Parteien und Bewegungen, darunter die Fatah, die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP), die Arabische Befreiungsfront, die Demokratische Front zur Befreiung Palästinas (DFLP), die Palästinensische Befreiungsfront (PLF) und die Palästinensische Volkspartei (PPP). Hamas und Islamischer Jihad sind nicht in der PLO vertreten (VP o.D.; vergleiche SZ 12.1.2018).
Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA – Palestinian Authority) wurde 1994 nach Abschluss der Osloer Verträge zwischen Israel und der PLO gegründet. Am 13.4.2019 wurde die neue PA unter Premierminister Mohammad Shtayyeh vereidigt. Grundpfeiler des politischen Systems sind der Präsident, die Regierung unter Vorsitz eines Premierministers sowie das Parlament, der sogenannte Legislativrat (Palestinian National Council – PLC) mit 132 Sitzen. Das Wahlrecht sieht Verhältniswahl (Landesebene) und Direktwahl (Bezirksebene) vor. Letzte Wahlen in der Westbank und Gaza fanden im Januar 2006 statt; die vierjährige Legislaturperiode ist seit 2010 abgelaufen. Der Legislativrat tagt seit der Machtübernahme der Hamas in Gaza im Juni 2007 nicht mehr. Am 22.12.2018 hat Präsident Abbas den PLC für aufgelöst erklärt (AA 3.2.2022b; vgl. FH 28.2.2022). Parlamentswahlen hätten in den folgenden sechs Monaten stattfinden sollen, was nicht passierte.Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA – Palestinian Authority) wurde 1994 nach Abschluss der Osloer Verträge zwischen Israel und der PLO gegründet. Am 13.4.2019 wurde die neue PA unter Premierminister Mohammad Shtayyeh vereidigt. Grundpfeiler des politischen Systems sind der Präsident, die Regierung unter Vorsitz eines Premierministers sowie das Parlament, der sogenannte Legislativrat (Palestinian National Council – PLC) mit 132 Sitzen. Das Wahlrecht sieht Verhältniswahl (Landesebene) und Direktwahl (Bezirksebene) vor. Letzte Wahlen in der Westbank und Gaza fanden im Januar 2006 statt; die vierjährige Legislaturperiode ist seit 2010 abgelaufen. Der Legislativrat tagt seit der Machtübernahme der Hamas in Gaza im Juni 2007 nicht mehr. Am 22.12.2018 hat Präsident Abbas den PLC für aufgelöst erklärt (AA 3.2.2022b; vergleiche FH 28.2.2022). Parlamentswahlen hätten in den folgenden sechs Monaten stattfinden sollen, was nicht passierte.
Die Hamas lehnte die Entscheidung über die Auflösung des PLC ab. Im Januar 2021 kündigte Abbas nicht nur an, dass im Juli Präsidentschaftswahlen stattfinden würden, sondern rief auch PLC-Wahlen für Mai aus. Allerdings sagte er beide Wahlen im April ab, und es wurde kein neuer Termin festgelegt (FH 28.2.2022). Der Präsident der Palästinensischen Behörde wird vom Volk direkt gewählt. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden im Januar 2005 statt. Die Amtszeit von Präsident Abbas ist formal seit 2009 abgelaufen (AA 3.2.2022b; vgl. FH 28.2.2022). Präsident Abbas ist auch Vorsitzender der PLO und Generalkommandant der Fatah-Bewegung (USDOS 12.4.2022). Der Premierminister ist laut Verfassung gegenüber dem Präsidenten und dem Legislativrat für sein Handeln und das Handeln des Kabinetts verantwortlich (GIZ 11.2020a). Nach dem Erdrutschsieg der Hamas [Anm.: bei den Wahlen im Jahr 2006] begannen die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern von Hamas und Fatah, in deren Verlauf Hunderte von Menschen ums Leben kamen. Ihren Höhepunkt fanden sie im Juni 2007 im Gazastreifen als die Hamas mit Gewalt die Kontrolle über alle Sicherheitseinrichtungen und Regierungsgebäude der PA übernahm (GIZ 11.2020a). Zahlreiche Mitglieder und Anhänger der Fatah von Palästinenserpräsident Abbas flohen aus Gaza (Spiegel Online 13.6.2007; FAZ 3.8.2008). Von diesem Zeitpunkt an war Palästina zweigeteilt, in einen von der Hamas kontrollierten Gazastreifen und ein von der Fatah kontrolliertes Westjordanland. In beiden Gebieten wurden Aktivisten der jeweils anderen Seite inhaftiert und misshandelt, deren Einrichtungen geschlossen, ihre Medien verboten und ihre Demonstrationen aufgelöst (GIZ 11.2020a). In den letzten Jahren sind mehrere Versöhnungsversuche zwischen Fatah und Hamas gescheitert (CGRS 6.3.2020).Die Hamas lehnte die Entscheidung über die Auflösung des PLC ab. Im Januar 2021 kündigte Abbas nicht nur an, dass im Juli Präsidentschaftswahlen stattfinden würden, sondern rief auch PLC-Wahlen für Mai aus. Allerdings sagte er beide Wahlen im April ab, und es wurde kein neuer Termin festgelegt (FH 28.2.2022). Der Präsident der Palästinensischen Behörde wird vom Volk direkt gewählt. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden im Januar 2005 statt. Die Amtszeit von Präsident Abbas ist formal seit 2009 abgelaufen (AA 3.2.2022b; vergleiche FH 28.