TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/30 95/05/0024

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Veröffentlicht am 30.05.1995
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Index

L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
L82703 Mineralölordnung Ölfeuerung Niederösterreich;

Norm

MÖLO NÖ §21 Abs2;
MÖLO NÖ §21 Abs4;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. November 1993, Zl. R/1-V-91137/01, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 24. Juli 1990 hat die Beschwerdeführerin um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für technische Adaptierungen der S-Tankstelle in W angesucht. Aus den Plänen und der Baubeschreibung geht hervor, daß sie um die Adaptierung von Zapfsäulen, insbesondere für die Umstellung auf Selbstbedienung, sowie um Bewilligung der Errichtung eines neuen, 10.000 Liter umfassenden unterirdischen Lagerbehälters und einer zusätzlichen Zapfsäule angesucht hat.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 29. Jänner 1991 wurde das Bauansuchen abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 9. Juli 1991 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, laut Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde lägen die gegenständlichen Grundstücke im Bauland-Kerngebiet. Die Tankstelle liege in einem Gebäude, gemäß § 21 Abs. 4 der Niederösterreichischen Mineralölordnung seien Tankstellen innerhalb von Gebäuden im Bauland-Kerngebiet nicht zulässig.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. April 1993 den Bescheid des Gemeinderates vom 9. Juni 1991 aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauansuchen beinhalte zwei Punkte, nämlich den Austausch der bestehenden Zapfsäulen für eine Umstellung des Betriebes auf Selbstbedienung sowie die Erweiterung der Tankstelle durch Einbau eines weiteren 10.000 Liter fassenden Lagerbehälters. Es könnten die Bestimmungen der §§ 16 Abs. 3 und 21 Abs. 4 der Niederösterreichischen Mineralölordnung nur so ausgelegt werden, daß die Erweiterung bestehender Tankstellen nicht zulässig, eine Adaptierung einer bestehenden Tankstelle an den heutigen Stand der Technik und Wissenschaft, aber auch eine Verbesserung in umweltschutztechnischer Hinsicht jedoch nicht ausgeschlossen sei. Daraus ergebe sich, daß die Baubewilligung für die Erweiterung der Tankstelle zu Recht versagt worden sei, nicht jedoch der Austausch der bestehenden Zapfsäulen und die Umstellung des Betriebes auf Selbstbedienung. Damit erfolge ja keine Erweiterung des bestehenden Betriebes. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. Juni 1993 wurde sodann der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 29. Jänner 1991 dahingehend stattgegeben, daß nur die Bewilligung für die Erweiterung der Tankstelle versagt wurde; der Austausch der bestehenden Zapfsäulen für eine Umstellung des Betriebes auf Selbstbedienung wurde jedoch bewilligt.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. November 1993 keine Folge. Die belangte Behörde führte aus, aus dem Einreichplan gehe hervor, daß es sich um einen zusätzlichen Lagerbehälter und nicht um die Adaptierung eines bestehenden Lagerbehälters handle. Auch die Zahl der vorhandenen Lagerbehälter erhöhe sich von 4 auf 5 laut den vorgelegten Plänen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 29. November 1994, B 71/94-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der erforderlichen Bewilligung bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfalten nur die tragenden Aufhebungsgründe des Bescheides einer Aufsichtsbehörde Bindungswirkung (vgl. hg. Erkenntnisse vom 28. April 1992, Zl. 91/05/0241, sowie vom 20. April 1995, Zl. 95/06/0062, u.v.a.). Der tragende Aufhebungsgrund des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides der Aufsichtsbehörde vom 16. April 1993 war, die Gemeindebehörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß auch eine Umgestaltung der bestehenden Zapfsäulen und die Umstellung des Betriebes auf Selbstbedienung nicht bewilligungsfähig seien. Nur in diesem Rahmen entstand Bindungswirkung, hinsichtlich der weiters geäußerten Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde, wonach die Erweiterung einer Tankstelle in einem Gebäude im bebauten Gebiet, das die Widmung Bauland-Kerngebiet aufweist, unzulässig sei, liegt somit keine Bindungswirkung vor.

Das Beschwerdevorbringen, das sich auf die Veränderung der bestehenden Tankstelle - soweit damit keine Erweiterung verbunden ist - bezieht, geht ins Leere, weil diese Veränderungen ohnedies bewilligt wurden.

Aus der Baubeschreibung und den eingereichten Plänen geht hervor, daß die Bauwerberin die zusätzliche Errichtung einer elektrisch betriebenen Zapfsäule sowie eines unterirdisch verlegten doppelwandigen Flußstahllagerbehälters mit einem Fassungsraum von 10.000 Litern beantragte. Die Erörterungen in der Beschwerde, ob es sich dabei um "Erweiterungen" oder "Standardverbesserungen" handle, vermögen angesichts der eindeutigen Ausweisung in der Baubeschreibung und in den Plänen keinen Zweifel daran zu begründen, daß es sich diesbezüglich tatsächlich um eine Erweiterung der bestehenden Tankstelle handelt. Dem Beschwerdevorbringen ist aber zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin auch die Errichtung einer weiteren Zapfsäule und eines weiteren Behälters mit einem Fassungsraum von 10.000 Litern mit der Bestimmung des § 21 Abs. 3 der Niederösterreichischen Mineralölordnung für vereinbar hält.

§ 21 der Niederösterreichischen Mineralölordnung, LGBl. Nr. 8270-0, lautet wie folgt:

"§ 21

Tankstellen

(1) Lagerbehälter von Tankstellen für eine Menge von mehr als 2.000/4.000/10.000 Litern müssen unterirdisch verlegt werden.

(2) Tankstellen dürfen in Gebäuden bis einschließlich der Bauklasse IV eingerichtet werden, und zwar nur im Erdgeschoß; Wände, Decken und Fußböden der Räume, in denen die Abgabestelle oder Zapfsäulen angebracht sind, müssen brandbeständig, Türen und Fenster hochbrandhemmend ausgeführt sein. Die Türen sind in die Fluchtrichtung aufschlagend und selbsttätig schließend einzurichten. Zur Belüftung des Raumes ist erforderlichenfalls eine mechanische Lüftungsanlage einzubauen. In allseits geschlossenen Räumen dürfen nur Tankstellen für Treibstoffe der Gefahrenklasse III untergebracht werden.

(3) In Gebäuden, in deren Erdgeschoß Tankstellen eingerichtet sind, dürfen keine brennbaren Flüssigkeiten erzeugt, verarbeitet oder gelagert werden.

(4) Tankstellen innerhalb von Gebäuden sind im Wohngebiet, im Kerngebiet und im Sondergebiet für Baulichkeiten mit besonderem Schutzbedürfnis sowie im Grünland nicht zulässig.

(5) Tankstellen für Fahrzeugtreibstoffe sind unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, die Leichtigkeit und die Flüssigkeit des Verkehrs mit günstigem Anschluß (Zu- und Abfahrt) an öffentliche Verkehrsflächen und unter Bedachtnahme auf die Verkehrsverhältnisse zu situieren."

Aus der Zusammenschau der Absätze 2 und 4 der zitierten Bestimmung läßt sich entgegen der erkennbaren Auffassung der Beschwerdeführerin nicht ableiten, daß § 21 Abs. 4 leg. cit. den Fall der Errichtung von Tankstellen regle, vielmehr ergibt sich daraus, daß die grundsätzlich zulässige Einrichtung der Tankstellen in Gebäuden im Wohngebiet, im Kerngebiet und im Sondergebiet für Baulichkeiten mit besonderem Schutzbedürfnis sowie im Grünland nicht zulässig ist, sondern im Hinblick auf § 16 Abs. 1 NÖ ROG 1976 eben nur in Gebäuden in Gebieten mit der Widmung Betriebsgebiet, Industriegebiet und Agrargebiet, sofern sie dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienen, zulässig ist. Mit dieser eindeutigen rechtlichen Regelung ist aber jedenfalls die Erweiterung einer bestehenden, in einem Gebäude untergebrachten Tankstelle nicht vereinbar, sodaß das Baugesuch, soweit es auf die Erweiterung der bestehenden Tankstelle gerichtet war, im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden ist.

Da die Beschwerdeführerin somit durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt worden ist, war ihre Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050024.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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