Entscheidungsdatum
05.07.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W200 2282753-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 09.11.2023, Zl. 1335638801/223783125, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.04.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien, vom 09.11.2023, Zl. 1335638801/223783125, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.04.2024, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 29.11.2022 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am gleichen Tag gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er in Aleppo geboren worden sei. Er bekenne sich zum Islam, gehöre der Volksgruppe der Araber an und seine Muttersprache sei Arabisch. Er habe in Syrien die Grundschule besucht. Der Beschwerdeführer sei geschieden und habe fünf Kinder, welche in der Türkei leben würden. Der Vater des Beschwerdeführers sei bereits verstorben, die Mutter lebe in Istanbul. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er habe Syrien wegen des Krieges verlassen. Im Falle einer Rückkehr sei „alles“ möglich. Befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden bzw. ob er im Falle seiner Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte, gab der Beschwerdeführer an, sein Leben sei dort in Gefahr.
Am 11.10.2023 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“ oder „belangte Behörde“) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen. Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, er sei in „ XXXX “, Umgebung von Aleppo, geboren worden. Er sei Araber, Sunnit und spreche Arabisch sowie etwas Türkisch. Er habe in Syrien bis 2015 in „ XXXX “ in Idlib und zuletzt in „ XXXX “ an der türkischen Grenze gelebt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe in der Türkei. Er habe zwei Brüder und vier Schwestern, ein Bruder lebe in den Niederlanden, eine Schwester in XXXX , die anderen Geschwister würden in Syrien leben. Der Beschwerdeführer sei geschieden, seine zwei Söhne und drei Töchter würden in der Türkei leben. Die Schule habe er in Syrien bis zur 9. Klasse besucht. Zudem habe er in Syrien als Landwirt und Koch gearbeitet. Syrien habe er 2020 verlassen, am 27.11.2022 sei er nach Österreich gekommen. Von 2020 bis 2022 habe er in der Türkei gelebt. Dort habe er keinen Aufenthaltstitel gehabt und als Koch gearbeitet.Am 11.10.2023 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“ oder „belangte Behörde“) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch einvernommen. Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, er sei in „ römisch 40 “, Umgebung von Aleppo, geboren worden. Er sei Araber, Sunnit und spreche Arabisch sowie etwas Türkisch. Er habe in Syrien bis 2015 in „ römisch 40 “ in Idlib und zuletzt in „ römisch 40 “ an der türkischen Grenze gelebt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe in der Türkei. Er habe zwei Brüder und vier Schwestern, ein Bruder lebe in den Niederlanden, eine Schwester in römisch 40 , die anderen Geschwister würden in Syrien leben. Der Beschwerdeführer sei geschieden, seine zwei Söhne und drei Töchter würden in der Türkei leben. Die Schule habe er in Syrien bis zur 9. Klasse besucht. Zudem habe er in Syrien als Landwirt und Koch gearbeitet. Syrien habe er 2020 verlassen, am 27.11.2022 sei er nach Österreich gekommen. Von 2020 bis 2022 habe er in der Türkei gelebt. Dort habe er keinen Aufenthaltstitel gehabt und als Koch gearbeitet.
Zu seinen Fluchtgründen bzw. den Gründen für das Verlassen Syriens und für die Asylantragstellung befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe Syrien wegen des Krieges verlassen. Er habe an Demonstrationen teilgenommen. Sie hätten gefordert, dass das Regime fallen solle. Außerdem sei er durch den Bürgermeister mündlich aufgefordert worden, den Reservedienst zu leisten. In ihrem Gebiet habe es heftige Luftangriffe gegeben, zum Beispiel sei das Haus seiner Familie angegriffen und komplett zerstört, sein Haus teilweise zerstört worden. Aus diesem Grund hätten sie ihr Heimatdorf verlassen müssen und seien in Richtung Nordsyrien gefahren. Der Beschwerdeführer wolle nicht am Krieg teilnehmen und keine Landsleute töten. In Syrien gebe es einen Bürgerkrieg. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, das syrische Regime habe Gewalt am Volk ausgeübt, damit meine er die Tötung und dass sie das Land verlassen hätten müssen.
Weiters führte der Beschwerdeführer aus, er habe seinen regulären Militärdienst vom 08.09.2001 bis 08.03.2004 als einfacher Soldat in Damaskus abgeleistet.
Vom BFA befragt, ob er aufgrund der angegebenen Teilnahme an Demonstrationen behördlich erfasst worden sei, erklärte der Beschwerdeführer, das Regime habe eine Razzia im Dorf durchgeführt, zum Glück seien sie geflüchtet. Aber das Regime habe seinen Namen gehabt, weil er an Demonstrationen teilgenommen habe. An Demonstrationen habe er ungefähr in den Jahren 2012 bis 2014 teilgenommen, es seien mehrere Demos gewesen. Das Regime habe mehrere Razzien durchgeführt.
Von der mündlichen Einberufung durch den Bürgermeister habe der Beschwerdeführer 2012 erfahren. Dieser sei mit den Onkeln des Beschwerdeführers väterlicherseits befreundet gewesen, er habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Name des Beschwerdeführers auf der Liste des Regimes stehe.
Er habe sich der Einberufung in den Reservedienst bis 2020 entziehen können, weil er 2015 sein Dorf verlassen und in „ XXXX “ in Nordsyrien gelebt habe. Dort habe es kein Regime gegeben, die „FSA“ sei dort an der Macht gewesen. Zu einem späteren Zeitpunkt erneut befragt, wie der Beschwerdeführer der Einberufung entgehen habe können, gab dieser an, er sei vor dem Regime geflüchtet.Er habe sich der Einberufung in den Reservedienst bis 2020 entziehen können, weil er 2015 sein Dorf verlassen und in „ römisch 40 “ in Nordsyrien gelebt habe. Dort habe es kein Regime gegeben, die „FSA“ sei dort an der Macht gewesen. Zu einem späteren Zeitpunkt erneut befragt, wie der Beschwerdeführer der Einberufung entgehen habe können, gab dieser an, er sei vor dem Regime geflüchtet.
Weiters gab der Beschwerdeführer an, sich in Syrien nicht politisch bzw. religiös betätigt zu haben, niemals religiös oder politisch, konkret und persönlich einer Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein und niemals aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder sozialen Stellung konkret und persönlich einer Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein.
Im Falle einer Rückkehr habe der Beschwerdeführer große Angst vor dem Regime, sie hätten in seinem Gebiet die Kontrolle. Sie würden ihn sofort töten. Sein Leben sei dort in Gefahr.
Der Beschwerdeführer legte folgende Beweismittel vor: Syrischer Personalausweis im Original, syrischer Führerschein im Original, Kopie des syrischen Militärbuches (unvollständig).
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 09.11.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ihm wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 09.11.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Ihm wurde gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in Syrien einer Verfolgung durch staatliche Organe unterliege. Der Beschwerdeführer habe als Fluchtgründe keine spezifisch auf die Person des Beschwerdeführers gerichtete Bedrohung nachweisen können. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei zu vage, um Asylrelevanz zu begründen. Er habe keine bevorstehende Einberufung zum Reservedienst beim syrischen Militär glaubhaft machen können. Der Beschwerdeführer habe zudem keine asylrelevante persönliche Verfolgung in Syrien aus politischen Gründen, aufgrund seiner Religionszugehörigkeit und seiner Volksgruppenzugehörigkeit angeführt.Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in Syrien einer Verfolgung durch staatliche Organe unterliege. Der Beschwerdeführer habe als Fluchtgründe keine spezifisch auf die Person des Beschwerdeführers gerichtete Bedrohung nachweisen können. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei zu vage, um Asylrelevanz zu begründen. Er habe keine bevorstehende Einberufung zum Reservedienst beim syrischen Militär glaubhaft machen können. Der Beschwerdeführer habe zudem keine asylrelevante persönliche Verfolgung in Syrien aus politischen Gründen, aufgrund seiner Religionszugehörigkeit und seiner Volksgruppenzugehörigkeit angeführt.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer über seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst insbesondere vorgebracht, der Beschwerdeführer habe 2013 sein Heimatdorf „ XXXX “ aufgrund von heftigen Luftangriffen verlassen und bis 2015 in „ XXXX “ (Idlib) gelebt. Als es auch in jener Ortschaft zu starken Bombardierungen gekommen sei, sei der Beschwerdeführer weiter nach Nordsyrien geflüchtet und habe sich bis 2020 in einem Flüchtlingslager in „ XXXX “ an der türkischen Grenze aufgehalten. Von 08.09.2001 bis 08.03.2004 habe der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst in Damaskus abgeleistet. Vom Bürgermeister seines Dorfes habe der Beschwerdeführer erfahren, dass er auf der Reservedienst-Liste stehe und den Reservedienst zu leisten habe. Eine Abfrage auf der Website des syrischen Verteidigungsministeriums am 29.11.2023 habe ergeben, dass der Beschwerdeführer in Syrien vom Regime als Reservist gesucht werde. Der Beschwerdeführer habe Angst, als Reservist eingezogen zu werden. Außerdem habe der Beschwerdeführer an friedlichen Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen und den Sturz des Regimes gefordert. Aufgrund dieser Teilnahme an Demonstrationen sei eine Razzia im Dorf des Beschwerdeführers durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe zu diesem Zeitpunkt sein Dorf bereits verlassen gehabt. Das Heimatdorf des Beschwerdeführers sei damals zwar unter Kontrolle der Oppositionellen gestanden, das syrische Regime habe jedoch Präsenz in diesem Gebiet und Kontakt zu regimetreuen Personen aus dem Dorf gehabt. Dem Beschwerdeführer drohe ein Einzug als Reservist in den syrischen Bürgerkrieg und damit zusammenhängend eine erhebliche Gefahr für sein Leben und der Zwang, sich an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder an anderen Handlungen, die der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, beteiligen zu müssen. Im Falle einer Weigerung würde er sich weiter als „oppositionell bekennen“. Der Beschwerdeführer lehne es ab, für jegliche Streitkräfte in Syrien zu kämpfen und am Krieg teilzunehmen. Die oppositionelle Gesinnung werde ihm auch aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung im Ausland unterstellt. Erstmals werde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer eine Spezialausbildung am RPG während des Wehrdienstes absolviert habe. Das Neuerungsverbot stehe dem nicht entgegen. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, dieses Vorbringen früher zu erstatten. Er habe als juristischer Laie nicht gewusst wie detailliert er sein Vorbringen zu erstatten habe und er sei diesbezüglich auch nicht befragt worden. Der Beschwerde beigelegt waren „Fotos vom Militärbuch“ sowie „Screenshots von der Abfrage auf der Homepage des syrischen Verteidigungsministeriums“.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer über seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst insbesondere vorgebracht, der Beschwerdeführer habe 2013 sein Heimatdorf „ römisch 40 “ aufgrund von heftigen Luftangriffen verlassen und bis 2015 in „ römisch 40 “ (Idlib) gelebt. Als es auch in jener Ortschaft zu starken Bombardierungen gekommen sei, sei der Beschwerdeführer weiter nach Nordsyrien geflüchtet und habe sich bis 2020 in einem Flüchtlingslager in „ römisch 40 “ an der türkischen Grenze aufgehalten. Von 08.09.2001 bis 08.03.2004 habe der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst in Damaskus abgeleistet. Vom Bürgermeister seines Dorfes habe der Beschwerdeführer erfahren, dass er auf der Reservedienst-Liste stehe und den Reservedienst zu leisten habe. Eine Abfrage auf der Website des syrischen Verteidigungsministeriums am 29.11.2023 habe ergeben, dass der Beschwerdeführer in Syrien vom Regime als Reservist gesucht werde. Der Beschwerdeführer habe Angst, als Reservist eingezogen zu werden. Außerdem habe der Beschwerdeführer an friedlichen Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen und den Sturz des Regimes gefordert. Aufgrund dieser Teilnahme an Demonstrationen sei eine Razzia im Dorf des Beschwerdeführers durchgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe zu diesem Zeitpunkt sein Dorf bereits verlassen gehabt. Das Heimatdorf des Beschwerdeführers sei damals zwar unter Kontrolle der Oppositionellen gestanden, das syrische Regime habe jedoch Präsenz in diesem Gebiet und Kontakt zu regimetreuen Personen aus dem Dorf gehabt. Dem Beschwerdeführer drohe ein Einzug als Reservist in den syrischen Bürgerkrieg und damit zusammenhängend eine erhebliche Gefahr für sein Leben und der Zwang, sich an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder an anderen Handlungen, die der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, beteiligen zu müssen. Im Falle einer Weigerung würde er sich weiter als „oppositionell bekennen“. Der Beschwerdeführer lehne es ab, für jegliche Streitkräfte in Syrien zu kämpfen und am Krieg teilzunehmen. Die oppositionelle Gesinnung werde ihm auch aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung im Ausland unterstellt. Erstmals werde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer eine Spezialausbildung am RPG während des Wehrdienstes absolviert habe. Das Neuerungsverbot stehe dem nicht entgegen. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, dieses Vorbringen früher zu erstatten. Er habe als juristischer Laie nicht gewusst wie detailliert er sein Vorbringen zu erstatten habe und er sei diesbezüglich auch nicht befragt worden. Der Beschwerde beigelegt waren „Fotos vom Militärbuch“ sowie „Screenshots von der Abfrage auf der Homepage des syrischen Verteidigungsministeriums“.
Das Bundesverwaltungsgericht holte nach Vorlage der Beschwerde und des Verwaltungsaktes eine Übersetzung der angeführten Beilagen zur Beschwerde ein.
Am 29.04.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Auf dem Laptop des Beschwerdeführervertreters wurde mit Zustimmung des Beschwerdeführers versucht, Einsicht in die Website des syrischen Verteidigungsministeriums zu nehmen. Da die Maske offensichtlich geändert wurde, war dies nicht möglich. Die belangte Behörde nahm nicht an der Verhandlung teil, die Verhandlungsschrift wurde ihr übermittelt.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde die Dolmetscherin – mit ausdrücklicher Zustimmung des Beschwerdeführers – vom Bundesverwaltungsgericht beauftragt, Recherchen zum Status des Reservedienstes des Beschwerdeführers einzuholen.
In einer Nachricht der Dolmetscherin an das Bundesverwaltungsgericht vom 13.05.2024 hielt diese fest, dass sie mehrmals und an unterschiedlichen Tagen die Website des syrischen Verteidigungsministeriums aufgerufen habe, leider scheine die Seite mit der Suchmaske für den Wehrdienst bzw. Reservedienst nicht mehr auf.
Auch in einer Nachricht an das Bundesverwaltungsgericht vom 03.06.2024 hielt die Dolmetscherin fest, sie habe immer wieder versucht die Website aufzurufen. Die Website sei entweder nicht verfügbar oder die Suchmaske erscheine nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung. Er wurde am XXXX im Dorf XXXX im Gouvernement Aleppo geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt 41 Jahre alt. Seine Muttersprache ist Arabisch. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung. Er wurde am römisch 40 im Dorf römisch 40 im Gouvernement Aleppo geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt 41 Jahre alt. Seine Muttersprache ist Arabisch. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.
Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben, seine Mutter lebt in der Türkei. Eine Schwester des Beschwerdeführers, XXXX , ist in Österreich asylberechtigt.Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben, seine Mutter lebt in der Türkei. Eine Schwester des Beschwerdeführers, römisch 40 , ist in Österreich asylberechtigt.
Der Beschwerdeführer ist geschieden und hat fünf minderjährige Kinder, die in der Türkei leben.
Der Beschwerdeführer besuchte in Syrien die Schule bis zur neunten Klasse und war in Syrien als Landwirt und Koch beruflich tätig.
Seine Herkunftsregion ist das Dorf XXXX (im Gouvernement Aleppo) samt näherer Umgebung. Diese befindet sich unter der Kontrolle des syrischen Regimes.Seine Herkunftsregion ist das Dorf römisch 40 (im Gouvernement Aleppo) samt näherer Umgebung. Diese befindet sich unter der Kontrolle des syrischen Regimes.
Bis ungefähr 2012/2013 wohnte der Beschwerdeführer in seinem Geburtsort, danach war er aufgrund von Luftangriffen/Bombardierungen in dieser Region in XXXX im Gouvernement Idlib und aufgrund von Bombardierungen auch in dieser Region ab 2015 in XXXX (im Gouvernement Aleppo) aufhältig bis er im Jahr 2020 aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen dort illegal in die Türkei ausreiste. Am 29.11.2022 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.Bis ungefähr 2012/2013 wohnte der Beschwerdeführer in seinem Geburtsort, danach war er aufgrund von Luftangriffen/Bombardierungen in dieser Region in römisch 40 im Gouvernement Idlib und aufgrund von Bombardierungen auch in dieser Region ab 2015 in römisch 40 (im Gouvernement Aleppo) aufhältig bis er im Jahr 2020 aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen dort illegal in die Türkei ausreiste. Am 29.11.2022 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des BFA vom 09.11.2023 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten (rechtskräftig) zuerkannt und ihm eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer hat seinen verpflichtenden Wehrdienst (in der syrischen Armee) bereits im Zeitraum von 2001 bis 2004 als einfacher Soldat, der Granatenwerfer einer RPG-Waffe bedient hat, abgeleistet. Dadurch hat er keine (militärischen) Spezialkenntnisse erworben oder Spezialausbildungen absolviert. Mit seinen bald 42 Jahren ist der Beschwerdeführer bereits zu alt für den Reservedienst der syrischen Armee.
Der Beschwerdeführer wurde in Syrien niemals vonseiten der syrischen Regierung konkret aufgefordert, seinen Reservedienst abzuleisten. Einen förmlichen Einberufungsbefehl hat er nie erhalten. Im Falle einer Rückkehr wird er nicht wegen einer Ableistung des Reservedienstes asylrelevant verfolgt.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr der Verfolgung bzw. der Zwangsrekrutierung seitens oppositioneller Kräfte.
Dem Beschwerdeführer droht nicht wegen einer (ihm unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung eine Gefahr seitens des syrischen Regimes, insbesondere auch nicht wegen seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung in Österreich oder seiner Herkunft aus XXXX .Dem Beschwerdeführer droht nicht wegen einer (ihm unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung eine Gefahr seitens des syrischen Regimes, insbesondere auch nicht wegen seiner illegalen Ausreise, seiner Asylantragstellung in Österreich oder seiner Herkunft aus römisch 40 .
Ebenso wenig droht ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr der Verfolgung wegen der Teilnahme an Demonstrationen.
Dem Beschwerdeführer droht in Syrien keine konkrete Gefährdung aus Gründen der „Rasse“, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung.
Der Beschwerdeführer kann seine Herkunftsregion über alle möglichen offenen Grenzübergänge, etwa über den Flughafen in Damaskus, erreichen.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.03.2024, wiedergegeben:
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024). […]
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syris