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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit einer Verordnung über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Autobahnen zur Nachtzeit; vorrangiges Interesse der Bevölkerung an der Fernhaltung von Belästigungen durch Lärm entlang der "Transitrouten"; gehörige und gleichheitskonforme Kundmachung im Bundesgesetzblatt mangels Ausdrückbarkeit des Inhalts der Verordnung durch VerkehrszeichenSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird daher abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem gemäß Art144 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung wurde der Beschwerdeführer wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß §1 litc Z4 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989 über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Autobahnen zur Nachtzeit, BGBl. 527, iVm §99 Abs3 lita StVO 1960 bestraft. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in seinen Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.
Die bekämpfte Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 lautet:
"Auf Grund des §43 Abs1 und 2 lita Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, wird verordnet:
§1. Zur Sicherheit des Verkehrs und zur Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm und Schadstoffe, wird für den Bereich der nachstehend angeführten Autobahnen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr die erlaubte Höchstgeschwindigkeit
a)
für die Lenker von Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t mit 60 km/h,
b) für die Lenker von Omnibussen mit 90 km/h und
c)
für die Lenker der übrigen Kraftfahrzeuge mit 110 km/h festgesetzt:
1.
Innkreisautobahn A 8 im gesamten Bereich;
2.
Pyhrnautobahn A 9 im gesamten Bereich,
ausgenommen Bosruck- und Gleinalmtunnel;
3.
Tauernautobahn A 10 im gesamten Bereich,
ausgenommen Tauern- und Katschbergtunnel;
4.
Inntalautobahn A 12 im gesamten Bereich;
5.
Brennerautobahn A 13 im gesamten Bereich;
6.
Rheintalautobahn A 14 im gesamten Bereich.
§2. Rechtsvorschriften, mit denen geringere als die oben angeführten Fahrgeschwindigkeiten angeordnet werden, bleiben unberührt.
§3. Diese Verordnung tritt mit 1. Dezember 1989, 22.00 Uhr in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt wird die Verordnung vom 22. November 1988, Zl. 610.800/4-I/6-1988, über eine Geschwindigkeitsbeschränkung für bestimmte Kraftfahrzeuge während der Nacht auf der Inntalautobahn und der Brennerautobahn aufgehoben."
Die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides von der Tiroler Landesregierung angewendete Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 ist nach Meinung des Beschwerdeführers nicht gehörig kundgemacht. Entgegen dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1991, Z91/03/0017, und der Ansicht der belangten Behörde lasse sich die gegenständliche Verordnung sehr wohl durch Verkehrszeichen einwandfrei ausdrücken. Dies ergebe sich bereits aus der Tatsache, daß an der Landesgrenze "entsprechende Verkehrszeichen" aufgestellt seien.
Eine Geschwindigkeitsbeschränkung sei weiters "eine derart wesentliche Anordnung, daß sie generell nur mit Verkehrszeichen kundgemacht" und insbesondere nur so verordnet werden dürfe, daß sie eben durch Verkehrszeichen ausgedrückt und von allen Verkehrsteilnehmern verstanden werden kann.
Die angefochtene Verordnung hätte schließlich auch deshalb durch Verkehrszeichen kundgemacht werden müssen, weil sie nicht im gesamten Bundesgebiet gilt.
Mangels gehöriger Kundmachung sei die Verordnung daher gesetzwidrig.
Es sei zudem nicht einsichtig und sachlich nicht gerechtfertigt, daß eine Geschwindigkeitsbeschränkung für den die Landesgrenze passierenden Teil der Verkehrsteilnehmer durch Aufstellen von Verkehrszeichen, für den die Autobahnzubringer in Tirol benützenden Teil lediglich im Bundesgesetzblatt kundgemacht werde. Es dürfe nicht dem Zufall überlassen werden, ob ein Verkehrsteilnehmer in Tirol Kenntnis von einer konkreten Geschwindigkeitsbeschränkung erlange oder nicht. Durch diese sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung werde der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 finde aber auch in der Verordnungsermächtigung des §43 StVO 1960 keine Deckung, da es sich bei der "weite Teile bzw. die wichtigsten Straßen eines Bundeslandes bzw. des gesamten Bundesgebietes" erfassenden Verordnung um eine "permanente generelle Geschwindigkeitsbeschränkung" handle. Selbst wenn im Hinblick auf den Umweltschutz und die Verkehrssicherheit die Festsetzung niedrigerer Tempolimits notwendig sei, dürften diese nur für solche Straßen, Straßenstücke oder Gebiete verfügt werden, auf denen vorher die überproportionale Unfall- bzw. Umweltbelastung festgestellt wurde. Würde man der StVO 1960 nämlich eine derart weite Verordnungsermächtigung unterstellen, könnte jedes Bundesland eigene Tempolimits verfügen und somit die durch Gesetz festgelegten außer Kraft setzen.
2. Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr hat die Verordnungsakten vorgelegt und in seiner Äußerung die Gesetzmäßigkeit der Verordnung verteidigt.
Seiner Auffassung nach lasse sich die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung "aufgrund der Vielfalt der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten und wegen der verschiedenen Fahrzeugkategorien, für die sie gelten, durch Straßenverkehrszeichen nicht ausdrücken ..., da sie nicht leicht und rechtzeitig erkannt" werden könnten. Gerade auf Autobahnauffahrten seien in der Regel zahlreiche Verkehrszeichen aufgestellt und verlangten bereits die notwendigen Abbiegevorgänge und ähnliche konfliktträchtige Verkehrssituationen die besondere Aufmerksamkeit des Fahrzeuglenkers. Würde man der Auffassung des Beschwerdeführers folgen, "wären an jeder Autobahnauffahrt für die 3 verschiedenen Begrenzungen der Höchstgeschwindigkeit für zumindest 3 verschiedene Arten von Kraftfahrzeugen jeweils mindestens 2 Anbringungsvorrichtungen samt Zusatztafeln gemäß §51 Abs1 1. Satz" StVO 1960 anzubringen. Ein Kraftfahrzeuglenker hätte dann auf einer Autobahnauffahrt zusätzlich zur Beachtung von eventuellen Vorrangzeichen, Gebotszeichen und Hinweiszeichen (Autobahnbeginn), Vorwegweisern, Wegweisern, Einfahrtsverboten auch noch diese Verkehrszeichen wahrzunehmen und zueinander in ein Verhältnis zu setzen. Eine derartige Kundmachung durch Verkehrszeichen würde aber gerade dem Zweck einer Kundmachung, nämlich der leichten und unmittelbaren Erkennbarkeit des gebotenen Verhaltens, zuwiderlaufen. Dies wäre auch der Verkehrssicherheit völlig abträglich, da zahlreiche Lenker zum Anhalten gezwungen wären. Gerade für solche Verordnungen habe der Gesetzgeber die Kundmachung nach §48 Abs2 StVO 1960 vorgesehen.
Soweit durch den Straßenerhalter Hinweiszeichen gemäß §53 Abs1 Z22 StVO 1960 an den Landesgrenzen, die gleichzeitig Bundesgrenzen sind, aufgestellt wurden, bestehe dafür keine Verpflichtung und diene dies bloß einer zusätzlichen Information insbesondere der ausländischen Kraftfahrzeuglenker. Bei Fehlen einer derartigen Information könne sich jedoch kein Kraftfahrzeuglenker darauf berufen, daß er die Vorschriften nicht gekannt habe oder kennen konnte. Gerade von einem Kraftfahrzeuglenker, der ja auch eine entsprechende Ausbildung im Hinblick auf verkehrsrechtliche Bestimmungen habe, müsse verlangt werden können, daß er sich sowohl über die nationalen als auch über die im Ausland geltenden, ihn betreffenden Verkehrsvorschriften informiert und sich ständig am laufenden hält (- da ansonsten Änderungen von Verkehrsgesetzen unmöglich wären -).
Das bloße Aufstellen eines "Hinweiszeichens" lasse darüber hinaus keinerlei Rückschluß dahingehend zu, daß sich der Inhalt einer Verordnung tatsächlich im Sinne des Gesetzes durch Verkehrszeichen ausdrücken läßt.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sei die Verordnung nicht deshalb im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden, weil sie im gesamten Bundesgebiet gilt.
Zum Vorwurf des Beschwerdeführers, die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung sei durch die Verordnungsermächtigung des §43 StVO 1960 nicht gedeckt, entgegnet der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr,
"daß die Verordnung zur Sicherheit des Verkehrs und zur Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm und Schadstoffe, erlassen wurde. Diese Verordnung ist in einem engen Verhältnis zur Verordnung betreffend Erlassung eines Nachtfahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge auf Autobahnen (BGBl. Nr. 528/1989) zu sehen. Die durch das Nachtfahrverbot bezweckte Lärmminderung wird nämlich u.a. nur dann erreicht, wenn für die in der Verordnung angegebenen Fahrzeuge die gegenständlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten. Da - zufolge der logarithmischen Addition verschiedener Lärmquellen - die stärkste Lärmquelle alle anderen Lärmquellen stets übertönt, war dafür Sorge zu tragen, daß sich alle auftretenden Verkehrslärmquellen auf gleichem Niveau bewegen."
Der von einem LKW ausgehende Lärm setze sich nämlich aus zwei Komponenten zusammen, dem Motor- und dem Abrollgeräusch. Wenn der Lärmminderungsnutzen von lärmarmen LKW lukriert werden soll, sei es auf Grund der aufgezeigten physikalischen Gegebenheiten notwendig, sowohl das Motorgeräusch als auch das von der Fahrgeschwindigkeit abhängende Abrollgeräusch der Reifen zu reduzieren. Ebenso seien bei den übrigen Kraftfahrzeugen Geschwindigkeitsbeschränkungen notwendig, um das Abrollgeräusch dieser Fahrzeuge auf einen Wert zu reduzieren, der nicht höher ist als jener von lärmarmen LKW bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h. Die Geschwindigkeitsbeschränkungen seien daher auch nur für solche Straßen und Straßenstrecken verfügt worden, auf denen ein entsprechendes Nachtfahrverbot gilt.
Nach Meinung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr sei es auf Grund physikalischer Gegebenheiten eine Tatsache, daß eine Geschwindigkeitsbeschränkung zur Verringerung des Unfallrisikos und daher in der Folge zur Hebung der Verkehrssicherheit beiträgt.
3. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat über Einladung des Verfassungsgerichtshofes eine Äußerung erstattet, die sich im wesentlichen den Ausführungen des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr anschließt.
4. Die Tiroler Landesregierung beantragt unter Verweis auf die Äußerung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde abzuweisen.
II. Die Beschwerde ist zwar zulässig, in der Sache aber nicht berechtigt.
Der Beschwerdeführer geht davon aus, daß die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989 über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Autobahnen zur Nachtzeit, BGBl. 527, wegen deren Übertretung er bestraft wurde, sowohl mangels gehöriger (- weil dem Gesetz und dem Gleichheitssatz vorgeblich widersprechender -) Kundmachung als auch wegen inhaltlichen Widerspruchs zu §20 Abs2 StVO 1960 gesetzwidrig sei.
1. Der Verfassungsgerichtshof schließt sich den vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 19. Juni 1991, Z91/03/0017 und Z91/03/0024, angestellten Überlegungen zur Gesetzmäßigkeit der Kundmachung der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 an. Der Verwaltungsgerichtshof führt darin aus:
"Gemäß §44 Abs1 erster Satz StVO 1960 sind die im §43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft. Läßt sich der Inhalt einer Verordnung (§43) des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr durch Straßenverkehrszeichen nicht ausdrücken oder bezieht sie sich auf das ganze Bundesgebiet, so gelten gemäß §44 Abs2 erster Satz StVO 1960 für die Kundmachung die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Gemäß §2 Abs1 litf des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1985 ist das Bundesgesetzblatt - u.a. - zur Verlautbarung von Verordnungen der Bundesminister - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - bestimmt.
Der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, daß die oben angeführte Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr nicht unter §44 Abs2 StVO 1960 falle, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten:
Gemäß §48 Abs1 erster Satz StVO 1960 sind die Straßenverkehrszeichen (§§50, 52 und 53) ... unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, daß sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Enthält eine gemäß §43 StVO 1960 erlassene Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr Regelungen, deren Inhalt - etwa wegen seiner Kompliziertheit - nicht durch diesem Gebot entsprechende Straßenverkehrszeichen ausgedrückt werden kann, dann kommt für die Kundmachung §44 Abs2 StVO 1960 zur Anwendung (vgl. RZ 18 und 29 zu §44 StVO in Dittrich-Stolzlechner, Österreichisches Straßenverkehrsrecht I3). Dies trifft auf die im §1 der gegenständlichen Verordnung angeordneten Regelungen zu."
Wenn der Beschwerdeführer dagegen einwendet, die Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen seien - jedenfalls an bestimmten Grenzen - durch Verkehrszeichen "kundgemacht", sodaß sich der Inhalt dieser Verordnung nicht nur "ohne weiteres in Verkehrszeichen ausdrücken" lasse, sondern auch eine gleichheitswidrige Benachteiligung jener Verkehrsteilnehmer vorliege, welche diese Grenzen nicht passierten, ist ihm folgendes entgegenzuhalten:
Die an Bundesgrenzen aufgestellten Hinweiszeichen gemäß §53 Abs1 Z22 StVO 1960 über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen stellen keine Kundmachung straßenpolizeilicher Verordnungen dar, sondern dienen, wie schon §53 Abs1 erster Satz StVO 1960 zu entnehmen ist, lediglich der Information (insbesondere ausländischer) Verkehrsteilnehmer. Ihre Aufstellung hat auf die Rechtmäßigkeit (der Kundmachung) einer Verordnung keinen Einfluß. Für eine gleichheitskonforme Kundmachung einer Verordnung (§43 StVO 1960) des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, die sich durch Straßenverkehrszeichen nicht ausdrücken läßt, genügt vielmehr die Kundmachung im Bundesgesetzblatt. Da aber ein - den zwischen drei Fahrzeugkategorien differenzierenden Inhalt der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 wiedergebendes - Verkehrszeichen, das an allen Autobahnauffahrten und -ausfahrten aufgestellt werden müßte, nicht mehr "leicht und rechtzeitig" erkennbar und für den Verkehrsteilnehmer verständlich ist (§48 Abs1 erster Satz StVO 1960), entspricht nur die Kundmachung nach §44 Abs2 StVO 1960 dem Gesetz.
Daß jener Kreis von Verkehrsteilnehmern, welcher die entsprechenden Hinweistafeln wahrnimmt, eher als andere Verkehrsteilnehmer an den Inhalt der Verordnung erinnert wird, ist nicht gleichheitswidrig, zumal bei einer gehörigen, §44 Abs2 StVO 1960 entsprechenden Kundmachung der Verordnung im Bundesgesetzblatt im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt von Rechts wegen davon ausgegangen werden muß, daß jedem Verkehrsteilnehmer die Verordnung bekannt ist.
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bietet §43 Abs2 lita StVO 1960 für die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 eine hinreichende gesetzliche Grundlage, ohne daß zu prüfen ist, ob auch §43 Abs1 StVO 1960, auf den sich die Verordnung ihrem Wortlaut nach zusätzlich beruft, zu ihrer Erlassung ermächtigt.
Wie dem Verordnungsakt des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Z165.000/49-I/6-1989, zu entnehmen ist, wurde die im vorliegenden Fall angewendete Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989 über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Autobahnen zur Nachtzeit, BGBl. 527, gemeinsam mit der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989, mit der auf bestimmten Autobahnen ein Nachtfahrverbot für Lastkraftfahrzeuge verhängt wurde, BGBl. 528, als Teil eines Maßnahmenpakets erlassen, das auf bestimmten, speziell dem Transit dienenden Autobahnstrecken in Österreich im Interesse der anrainenden Bevölkerung eine Verminderung des Verkehrslärms bezweckt.
Die Gesetzmäßigkeit des Nachtfahrverbots für (nicht lärmarme) Lastkraftfahrzeuge kraft Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 528/1989 hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 12485/1990 näher dargetan. Er hat ausgeführt, "daß der Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelästigungen in der Nacht entlang den in den Nachtfahrverbotsverordnungen aufgezählten Straßen und Straßenstrecken ein im Sinne des Gleichheitssatzes hinlänglicher sachlicher Grund für die Erlassung der Nachtfahrverbotsverordnungen ist; dies auch im Hinblick auf das Bundesverfassungsgesetz vom 27. November 1984 über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. Nr. 491, das u.a. die 'Vermeidung von Störungen durch Lärm' zum Staatsziel erklärt". Auch im Hinblick auf §43 Abs2 lita StVO 1960 befand der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 528/1989 als unbedenklich, "weil durch die Nachtfahrverbote Lärmemissionen in der Nähe von Autobahnen auf entsprechend niedrigere dB-Werte abgesenkt werden können" und weil der nach der zitierten Bestimmung dem Bundesminister eingeräumte Beurteilungsspielraum im Zuge der notwendigen Interessenabwägung (vgl. VfSlg. 8086/1977, S. 436 f.) nicht überschritten wurde, wenn die Behörde "dem Interesse der Bevölkerung an der Fernhaltung von Belästigungen durch Lärm den Vorrang vor den Interessen des Verkehrs an einer ungehinderten Benutzung der sogenannten 'Transitrouten' in der Nacht eingeräumt" hat. Wie der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr in seiner Stellungnahme zur Gesetzmäßigkeit der von ihm erlassenen Verordnung BGBl. 527/1989 vermerkt, kann die durch das Nachtfahrverbot bezweckte Lärmminderung nur dann erreicht werden, wenn sich durch entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkungen "alle auftretenden Verkehrslärmquellen auf gleichem Niveau bewegen". Die verordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen waren sohin notwendig, um das Abrollgeräusch der verschiedenen, von der Verordnung erfaßten Kraftfahrzeuge der Lärmentwicklung anzupassen, die von lärmarmen LKW bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h erreicht wird.
Der Verfassungsgerichtshof vermeint, daß neben dem partiellen Nachtfahrverbot kraft der Verordnung BGBl. 528/1989 auch die dieses unterstützenden und begleitenden Geschwindigkeitsbeschränkungen der Verordnung BGBl. 527/1989 im Sinne des §43 Abs2 lita StVO 1960 zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, sowie zum Schutz der Bevölkerung entlang den von der gegenständlichen Verordnung erfaßten Autobahnstrecken erforderlich sind und daß die nach dem letzten Satz der zitierten Bestimmung vorgeschriebene Interessenabwägung die verordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen angesichts des vorrangigen Interesses der Bevölkerung an der Fernhaltung von Belästigungen durch Lärm gerade entlang den sogenannten "Transitrouten" in der Nacht rechtfertigt.
Der Verfassungsgerichtshof teilt auch die Bedenken des Beschwerdeführers nicht, wonach die durch die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 verfügten Geschwindigkeitsbeschränkungen über das notwendige Ausmaß "zahlenmäßig oder streckenmäßig" hinausgehen und als "überregionale Tempolimits ... die von der StVO gezogenen Grenzen" überschreiten. Anders als bei der vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 15. Dezember 1992, B1055/91 ua., in Prüfung gezogenen Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 13. Februar 1990, LGBl. 8 idF LGBl. 20/1992, wurden nämlich die Geschwindigkeitsbeschränkungen gemäß der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 nicht global für die Straßen eines Landesgebietes erlassen, ohne auf die spezifische Verkehrs- und Gefahrensituation abzustellen, wie sie auf bestimmten Straßen besteht. Wie der Verfassungsgerichtshof vielmehr im bereits zitierten Erkenntnis VfSlg. 12485/1990 ausführte, wurden die Maßnahmen zur Verringerung des Verkehrslärms entlang den Transitrouten auf Grund von Verkehrszählungen und der Ermittlung der zu erwartenden Lärmreduktion unter spezifischer Abgrenzung jener Straßenzüge, "die für den Durchzugsverkehr von wesentlicher Bedeutung sind", gesetzt. Für dieselben Straßenzüge wurden durch die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 - zusätzlich zum (für gesetzmäßig befundenen) Nachtfahrverbot - auch Geschwindigkeitsbeschränkungen erlassen. Vor Erlassung dieser Verordnung wurden sohin sehr wohl "die bei einer bestimmten Straße oder Straßenstrecke, für welche die Verordnung erlassen werden soll, anzutreffenden, für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen (verglichen), die für eine nicht unbedeutende Anzahl anderer Straßen zutreffen" (so bereits VfSlg. 8984/1980). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist sohin die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. 527/1989 "auf bestimmten Autobahnen" (Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof) zur Nachtzeit sehr wohl straßenstreckenbezogen und sohin von der gesetzlichen Ermächtigung des §43 Abs2 lita StVO 1960 gedeckt.
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid sohin weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt wurde, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob der Beschwerdeführer in sonstigen Rechten verletzt wurde.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Straßenpolizei, Geschwindigkeitsbeschränkung, Verordnung Kundmachung, Kundmachung VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B1218.1991Dokumentnummer
JFT_10069684_91B01218_2_00