TE Bvwg Erkenntnis 2024/8/2 L503 2276977-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2024
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Entscheidungsdatum

02.08.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


L503 2276977-1/12E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.7.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.6.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.7.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.6.2024, zu Recht erkannt:

A.) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.A.) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.B.) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“) – eigenen Angaben zufolge ein syrischer Staatsangehöriger – stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 1.8.2022 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung am 2.8.2022 gab der BF an, er habe Syrien im Jänner 2022 zu Fuß in Richtung Türkei verlassen und sei über Griechenland, Nordmazedonien, Serbien und Ungarn schlepperunterstützt nach Österreich gereist. Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor den Rebellen. Da er Polizist gewesen sei, sei er ein Ziel der Rebellen, sie würden ihn töten.

2. Mit Schreiben vom 31.8.2022 bestätigten die griechischen Behörden auf Anfrage der österreichischen Dublin-Unit vom 8.8.2022, dass ein vom BF am 7.6.2022 unter dem Namen " XXXX " gestellter Antrag auf internationalen Schutz am 24.6.2022 als unzulässig erkannt worden sei.2. Mit Schreiben vom 31.8.2022 bestätigten die griechischen Behörden auf Anfrage der österreichischen Dublin-Unit vom 8.8.2022, dass ein vom BF am 7.6.2022 unter dem Namen " römisch 40 " gestellter Antrag auf internationalen Schutz am 24.6.2022 als unzulässig erkannt worden sei.

3. Am 30.6.2023 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden kurz: „BFA“) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF an, er sei in XXXX bei XXXX geboren, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitischen Glaubens. Gesundheitlich gehe es ihm gut, er nehme keine Medikamente. Seit 5.10.2010 sei er verheiratet, seine Frau und die gemeinsamen drei minderjährigen Kinder würden im Flüchtlingslager XXXX leben, ebenso wie sein Vater und vier seiner Geschwister. Vier weitere Geschwister würden in Österreich leben, zwei Brüder wiederum in Frankreich und einer in Syrien. Er habe weitere Verwandte in Syrien und überall in Europa. In Syrien habe er fünf oder sechs Jahre an seinem Geburtsort gelebt, dann seien sie nach XXXX in Idlib gezogen. Im Alter von 13 Jahren sei die Familie nach XXXX umgezogen, wo er bis 2013 geblieben sei. Er habe 12 Jahre lang ohne Maturaabschluss die Schule besucht und die Polizeiausbildung absolviert. Von 2006 bis 2013 habe er als einfacher Polizist in der Verwaltungsabteilung in Zivil gearbeitet, davor als Hilfsarbeiter. 2013 sei er nach XXXX geflohen, 2019 in das Flüchtlingslager XXXX . Am 1.8.2022 sei er in Österreich illegal eingereist. Zum Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass er desertiert sei. Er wolle keine Waffe gegen das eigene Volk richten, keine unschuldigen Menschen töten und selbst nicht sterben. Im Jahr 2013 sei er von einer oppositionellen Gruppierung für zehn Tage entführt worden, als er seinen Dienst auf der Polizeiinspektion verrichtet habe. Jede Polizeistation hätte sich auch mit Gewalt verteidigen müssen. Sie seien zu einem Haus in einer Landwirtschaft gebracht worden, man habe von ihnen verlangt, zu desertieren und sie mit dem Tod bedroht; im Zuge einer Schießerei hätten sie flüchten können. Danach habe das syrische Regime von der Polizei verlangt, auf das Volk zu schießen, sie hätten jeden Mann benötigt. Er habe bereits auf eine Gelegenheit zu desertieren gewartet und sei mit Frau und Kind nach Idlib geflohen, sein Bruder hätte sie mit dem Auto abgeholt. Ihn erwarte als Deserteur die Todesstrafe und er werde als Verräter des Landes bezeichnet. Sicher läge auch ein Haftbefehl gegen ihn vor. Eine Tochter von ihm sei verstorben, weil es in Syrien keine Grundversorgung gebe. Nach seiner Flucht habe er keinen Kontakt mehr mit seinen Polizeikollegen gehabt und seine Familie hätte nicht angegeben, dass er tot sei. Nicht alle von seiner Gruppe seien geflüchtet, manche seien zurückgegangen. Seinen Wehrdienst habe er von 2004 bis 2006 als einfacher Infanterist abgeleistet. In Idlib sei er gegen 2013/2014 von verschiedenen Milizen unter Druck gesetzt worden, eine Waffe zu tragen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er die Todesstrafe.3. Am 30.6.2023 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden kurz: „BFA“) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF an, er sei in römisch 40 bei römisch 40 geboren, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitischen Glaubens. Gesundheitlich gehe es ihm gut, er nehme keine Medikamente. Seit 5.10.2010 sei er verheiratet, seine Frau und die gemeinsamen drei minderjährigen Kinder würden im Flüchtlingslager römisch 40 leben, ebenso wie sein Vater und vier seiner Geschwister. Vier weitere Geschwister würden in Österreich leben, zwei Brüder wiederum in Frankreich und einer in Syrien. Er habe weitere Verwandte in Syrien und überall in Europa. In Syrien habe er fünf oder sechs Jahre an seinem Geburtsort gelebt, dann seien sie nach römisch 40 in Idlib gezogen. Im Alter von 13 Jahren sei die Familie nach römisch 40 umgezogen, wo er bis 2013 geblieben sei. Er habe 12 Jahre lang ohne Maturaabschluss die Schule besucht und die Polizeiausbildung absolviert. Von 2006 bis 2013 habe er als einfacher Polizist in der Verwaltungsabteilung in Zivil gearbeitet, davor als Hilfsarbeiter. 2013 sei er nach römisch 40 geflohen, 2019 in das Flüchtlingslager römisch 40 . Am 1.8.2022 sei er in Österreich illegal eingereist. Zum Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass er desertiert sei. Er wolle keine Waffe gegen das eigene Volk richten, keine unschuldigen Menschen töten und selbst nicht sterben. Im Jahr 2013 sei er von einer oppositionellen Gruppierung für zehn Tage entführt worden, als er seinen Dienst auf der Polizeiinspektion verrichtet habe. Jede Polizeistation hätte sich auch mit Gewalt verteidigen müssen. Sie seien zu einem Haus in einer Landwirtschaft gebracht worden, man habe von ihnen verlangt, zu desertieren und sie mit dem Tod bedroht; im Zuge einer Schießerei hätten sie flüchten können. Danach habe das syrische Regime von der Polizei verlangt, auf das Volk zu schießen, sie hätten jeden Mann benötigt. Er habe bereits auf eine Gelegenheit zu desertieren gewartet und sei mit Frau und Kind nach Idlib geflohen, sein Bruder hätte sie mit dem Auto abgeholt. Ihn erwarte als Deserteur die Todesstrafe und er werde als Verräter des Landes bezeichnet. Sicher läge auch ein Haftbefehl gegen ihn vor. Eine Tochter von ihm sei verstorben, weil es in Syrien keine Grundversorgung gebe. Nach seiner Flucht habe er keinen Kontakt mehr mit seinen Polizeikollegen gehabt und seine Familie hätte nicht angegeben, dass er tot sei. Nicht alle von seiner Gruppe seien geflüchtet, manche seien zurückgegangen. Seinen Wehrdienst habe er von 2004 bis 2006 als einfacher Infanterist abgeleistet. In Idlib sei er gegen 2013/2014 von verschiedenen Milizen unter Druck gesetzt worden, eine Waffe zu tragen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er die Todesstrafe.

Vorgelegt wurden vom BF zahlreiche personen- und familienstandsbezogene Dokumente, teils im Original und großteils samt deutscher Übersetzung. Ebenfalls in Vorlage gebracht wurden ein syrischer Führerschein im Original sowie Bestätigungen bezüglich des Polizeidiensts. Einen Reisepass habe der BF nie besessen und seinen Personalausweis verloren.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 12.7.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 12.7.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Dem BF wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend führte das BFA zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass der BF in einer Gesamtschau keine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung vorbringen habe können. In seiner Erstbefragung habe er lediglich Angst vor Rebellen, nicht aufgrund seiner Desertion angegeben. Er sei von 2006 bis 2013 in der Verwaltungsabteilung in Zivil bei der Polizei in Damaskus tätig gewesen, habe keine Waffe getragen und sich mit der Post von Gerichten beschäftigt. Nachdem er 2013 von der oppositionellen Gruppierung flüchten habe können, sei er nicht mehr zum Polizeidienst zurückgekehrt, sondern nach Idlib gegangen. Eine Bedrohung durch die dieses Gebiet kontrollierende Al-Nusrah-Front habe er nicht angegeben. Aus der einschlägigen ACCORD-Anfragebeantwortung sei ersichtlich, dass die Bestimmungen bei Desertion nicht konsistent eingehalten würden. Grundsätzlich sei nicht die Militärgerichtsbarkeit zuständig und selbst im Militärstrafrecht die Todesstrafe nur für das Überlaufen zum Feind vorgesehen; dem BF würde daher bei seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht die Todesstrafe drohen. Allerdings drohe dem BF im Entscheidungszeitpunkt in Syrien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes, sodass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren sei.Begründend führte das BFA zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass der BF in einer Gesamtschau keine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung vorbringen habe können. In seiner Erstbefragung habe er lediglich Angst vor Rebellen, nicht aufgrund seiner Desertion angegeben. Er sei von 2006 bis 2013 in der Verwaltungsabteilung in Zivil bei der Polizei in Damaskus tätig gewesen, habe keine Waffe getragen und sich mit der Post von Gerichten beschäftigt. Nachdem er 2013 von der oppositionellen Gruppierung flüchten habe können, sei er nicht mehr zum Polizeidienst zurückgekehrt, sondern nach Idlib gegangen. Eine Bedrohung durch die dieses Gebiet kontrollierende Al-Nusrah-Front habe er nicht angegeben. Aus der einschlägigen ACCORD-Anfragebeantwortung sei ersichtlich, dass die Bestimmungen bei Desertion nicht konsistent eingehalten würden. Grundsätzlich sei nicht die Militärgerichtsbarkeit zuständig und selbst im Militärstrafrecht die Todesstrafe nur für das Überlaufen zum Feind vorgesehen; dem BF würde daher bei seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht die Todesstrafe drohen. Allerdings drohe dem BF im Entscheidungszeitpunkt in Syrien eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes, sodass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren sei.

5. Mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vom 16.8.2023 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA vom 12.7.2023. Darin betonte der BF, dass er sich dem Dienst bei der syrischen Polizei entzogen hätte und illegal aus Syrien geflohen sei. Im Falle einer Rückkehr drohe ihm asylrelevante Verfolgung sowohl durch das syrische Regime als auch durch die Hayat Tahrir Al-Sham (HTS). Der BF sei unzureichend befragt wurden, insbesondere hinsichtlich des Militärdiensts, der Desertion und ihren Konsequenzen, der Suche nach ihm sowie der Befürchtung einer erneuten Zwangsrekrutierung. Die mangelnde Glaubhaftigkeit der Desertion sei mit einem Missverständnis zwischen Erstbefragung und Einvernahme begründet worden und hätte die Behörde selbst in diesem Fall weiter ermitteln müssen, da der BF im wehrfähigen Alter und die Gefahr einer (erneuten) Einberufung jedenfalls gegeben sei. Mangelhaft ermittelt worden sei auch hinsichtlich der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung im Ausland. Zudem würden jegliche Feststellungen dazu fehlen, wie der BF im Fall seiner Rückkehr in sein Herkunftsgebiet gelangen und sich dem Zugriff der syrischen Behörden entziehen solle. Die Länderfeststellungen seien unvollständig und nicht ausreichend berücksichtigt worden: Deserteuren drohe im Falle einer Rückkehr asylrelevante Verfolgung, ebenso werde der BF als Rückkehrer sowie seitens der HTS aus politischen Gründen verfolgt. Seine Angst sei vor dem Hintergrund der Länderberichte objektiv begründet und nachvollziehbar. Beantragt wurde unter anderem die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.5. Mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vom 16.8.2023 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des BFA vom 12.7.2023. Darin betonte der BF, dass er sich dem Dienst bei der syrischen Polizei entzogen hätte und illegal aus Syrien geflohen sei. Im Falle einer Rückkehr drohe ihm asylrelevante Verfolgung sowohl durch das syrische Regime als auch durch die Hayat Tahrir Al-Sham (HTS). Der BF sei unzureichend befragt wurden, insbesondere hinsichtlich des Militärdiensts, der Desertion und ihren Konsequenzen, der Suche nach ihm sowie der Befürchtung einer erneuten Zwangsrekrutierung. Die mangelnde Glaubhaftigkeit der Desertion sei mit einem Missverständnis zwischen Erstbefragung und Einvernahme begründet worden und hätte die Behörde selbst in diesem Fall weiter ermitteln müssen, da der BF im wehrfähigen Alter und die Gefahr einer (erneuten) Einberufung jedenfalls gegeben sei. Mangelhaft ermittelt worden sei auch hinsichtlich der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung im Ausland. Zudem würden jegliche Feststellungen dazu fehlen, wie der BF im Fall seiner Rückkehr in sein Herkunftsgebiet gelangen und sich dem Zugriff der syrischen Behörden entziehen solle. Die Länderfeststellungen seien unvollständig und nicht ausreichend berücksichtigt worden: Deserteuren drohe im Falle einer Rückkehr asylrelevante Verfolgung, ebenso werde der BF als Rückkehrer sowie seitens der HTS aus politischen Gründen verfolgt. Seine Angst sei vor dem Hintergrund der Länderberichte objektiv begründet und nachvollziehbar. Beantragt wurde unter anderem die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

6. Am 17.8.2023 wurde der Akt dem BVwG vorgelegt und am 5.2.2024 der hg. Abteilung zugewiesen.

7. Am 24.6.2024 führte das BVwG in der Sache des BF in dessen Beisein sowie seiner Rechtsvertretung eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Ein Behördenvertreter ist zur Verhandlung entschuldigt nicht erschienen. Im Zuge der Verhandlung wurden das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (Stand 27.3.2024) sowie der Themenbericht der Staatendokumentation "Syrien – Grenzübergänge" vom 25.10.2023 in das Verfahren eingebracht. Die Berichte wurden von der Rechtsvertretung des BF zur Kenntnis genommen.

8. Mit Schreiben vom 5.7.2023 wurden dem BF bzw. seiner Rechtsvertretung sowie dem BFA die ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien a-11862 Desertion vom Polizeidienst etc. vom 02.05.2022 sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation "Abbruch der Polizeiausbildung; Kontrolle Harbanoush" vom 08.05.2023 übermittelt. Binnen der gesetzten Frist von 14 Tagen langte keine Stellungnahme ein.

9. Am 5.7.2024 übermittelte das BFA den vom BVwG angeforderten Bescheid sowie den Aktenvermerk zur Asylzuerkennung an XXXX , einem Bruder des BF.9. Am 5.7.2024 übermittelte das BFA den vom BVwG angeforderten Bescheid sowie den Aktenvermerk zur Asylzuerkennung an römisch 40 , einem Bruder des BF.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den im Spruch angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich zum Islam der sunnitischen Glaubensrichtung. Der BF spricht Arabisch.

Der BF wurde in XXXX im Gouvernement Hama geboren und verbrachte dort die ersten Lebensjahre. Noch im Kindesalter verzog der BF mit seiner Familie nach " XXXX ", einem unmittelbar bei XXXX südöstlich der Stadt Idlib, nordwestlich von XXXX gelegenen Dorf, das sich noch in jenem Gebiet befindet, das unter Kontrolle der oppositionellen HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) steht. Die Grenze zu dem von der syrischen Regierung bzw. ihren Verbündeten beherrschten Gebiet verläuft unmittelbar südöstlich; der Ort XXXX liegt bereits im Regierungsgebiet. Der Großvater des BF besaß dort ein Grundstück, auf dem der Vater des BF ein Haus errichtet hatte. Nach sechs oder sieben Jahren, als der BF etwa 11 bis 13 Jahre alt war, zog die Familie nach Damaskus, wo sein Vater als Taxifahrer arbeitete. Bis zu seiner Heirat, für die er sich erneut nach Idlib begab, lebte der BF bei seiner Familie. Danach wohnte er zusammen mit seiner Ehefrau weiterhin in Damaskus in einer eigenen Wohnung im Bezirk XXXX , auch sein Bruder hatte ein Zimmer dort. 2013, als der Bürgerkrieg begann, kehrte der BF mit Frau und Kind nach Idlib zurück, wo sie wieder im Haus der Familie lebten. Als die Gegend bombardiert wurde, floh die Familie und hielt sich in Flüchtlingslagern auf. Als die Familie das Dorf bereits verlassen hatte, wurde das Haus etwa 2015 oder 2016 zerstört. Der BF wechselte mehrmals seinen Aufenthaltsort und reiste schließlich Anfang 2022 aus Syrien aus, da die bewaffneten Gruppierungen in den Lagern Druck auf ihn ausübten und die Lebensumstände sehr schlecht waren. Vor seiner Ausreise hatte er sich mehrere Jahre lang im Camp XXXX aufgehalten. Das Grundstück in Idlib befindet sich nach dem Tod des Großvaters im Eigentum seines Vaters und dessen Geschwistern. Auch das Haus in Damaskus wurde teils zerstört; die Wohnung, in der der BF gelebt hat, steht auch aktuell noch im Eigentum seines Vaters.Der BF wurde in römisch 40 im Gouvernement Hama geboren und verbrachte dort die ersten Lebensjahre. Noch im Kindesalter verzog der BF mit seiner Familie nach " römisch 40 ", einem unmittelbar bei römisch 40 südöstlich der Stadt Idlib, nordwestlich von römisch 40 gelegenen Dorf, das sich noch in jenem Gebiet befindet, das unter Kontrolle der oppositionellen HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) steht. Die Grenze zu dem von der syrischen Regierung bzw. ihren Verbündeten beherrschten Gebiet verläuft unmittelbar südöstlich; der Ort römisch 40 liegt bereits im Regierungsgebiet. Der Großvater des BF besaß dort ein Grundstück, auf dem der Vater des BF ein Haus errichtet hatte. Nach sechs oder sieben Jahren, als der BF etwa 11 bis 13 Jahre alt war, zog die Familie nach Damaskus, wo sein Vater als Taxifahrer arbeitete. Bis zu seiner Heirat, für die er sich erneut nach Idlib begab, lebte der BF bei seiner Familie. Danach wohnte er zusammen mit seiner Ehefrau weiterhin in Damaskus in einer eigenen Wohnung im Bezirk römisch 40 , auch sein Bruder hatte ein Zimmer dort. 2013, als der Bürgerkrieg begann, kehrte der BF mit Frau und Kind nach Idlib zurück, wo sie wieder im Haus der Familie lebten. Als die Gegend bombardiert wurde, floh die Familie und hielt sich in Flüchtlingslagern auf. Als die Familie das Dorf bereits verlassen hatte, wurde das Haus etwa 2015 oder 2016 zerstört. Der BF wechselte mehrmals seinen Aufenthaltsort und reiste schließlich Anfang 2022 aus Syrien aus, da die bewaffneten Gruppierungen in den Lagern Druck auf ihn ausübten und die Lebensumstände sehr schlecht waren. Vor seiner Ausreise hatte er sich mehrere Jahre lang im Camp römisch 40 aufgehalten. Das Grundstück in Idlib befindet sich nach dem Tod des Großvaters im Eigentum seines Vaters und dessen Geschwistern. Auch das Haus in Damaskus wurde teils zerstört; die Wohnung, in der der BF gelebt hat, steht auch aktuell noch im Eigentum seines Vaters.

Der BF ist seit 2010 mit seiner Cousine väter- und mütterlicherseits verheiratet, die urspünglich aus Hama stammt und in Idlib registriert ist. Er hat drei minderjährige Kinder, zwei 2011 und 2022 geborene Söhne und eine 2014 geborene Tochter. Seine Frau und seine Kinder leben – ebenso wie sein Vater und fünf seiner Geschwister – nach wie vor in Syrien im Camp XXXX , wobei sich der Vater davor fürchtet, in Damaskus zu leben. Die Mutter des BF wurde durch das Erdbeben verletzt und ist 2023 verstorben. Der BF hat sechs weitere Geschwister: Zwei seiner Brüder leben in Frankreich. Zwei seiner Schwestern, XXXX und XXXX , und zwei seiner Brüder, XXXX und XXXX , leben in Österreich. Insgesamt hat der BF sieben Brüder und vier Schwestern; mit Ausnahme seines jüngsten, in Frankreich aufhältigen Bruders sind alle verheiratet. Sowohl in Syrien als auch in anderen europäischen Staaten leben weitere Angehörige. Mit seinen in Syrien aufhältigen Angehörigen hat der BF – abhängig vom Internetzugang – etwa ein bis zwei Mal im Monat Kontakt.Der BF ist seit 2010 mit seiner Cousine väter- und mütterlicherseits verheiratet, die urspünglich aus Hama stammt und in Idlib registriert ist. Er hat drei minderjährige Kinder, zwei 2011 und 2022 geborene Söhne und eine 2014 geborene Tochter. Seine Frau und seine Kinder leben – ebenso wie sein Vater und fünf seiner Geschwister – nach wie vor in Syrien im Camp römisch 40 , wobei sich der Vater davor fürchtet, in Damaskus zu leben. Die Mutter des BF wurde durch das Erdbeben verletzt und ist 2023 verstorben. Der BF hat sechs weitere Geschwister: Zwei seiner Brüder leben in Frankreich. Zwei seiner Schwestern, römisch 40 und römisch 40 , und zwei seiner Brüder, römisch 40 und römisch 40 , leben in Österreich. Insgesamt hat der BF sieben Brüder und vier Schwestern; mit Ausnahme seines jüngsten, in Frankreich aufhältigen Bruders sind alle verheiratet. Sowohl in Syrien als auch in anderen europäischen Staaten leben weitere Angehörige. Mit seinen in Syrien aufhältigen Angehörigen hat der BF – abhängig vom Internetzugang – etwa ein bis zwei Mal im Monat Kontakt.

Dem Bruder XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , wurde mit rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 10.6.2021, Zl. XXXX , der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Bruder XXXX , geb. XXXX , hat seit rechtskräftigem hg. Erkenntnis vom 24.2.2023, Zl. W240 2255036-1, ebenfalls den Status des Asylberechtigten. Jüngst wurde auch einem Cousin des BF, XXXX , geb. XXXX , mit hg. Erkenntnis vom 6.5.2024, Zl. L508 2276694-1, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Auch dessen volljährige Söhne sowie ein weiterer Cousin namens XXXX sind in Österreich asylberechtigt. Dem Bruder römisch 40 alias römisch 40 , geb. römisch 40 alias römisch 40 , wurde mit rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 10.6.2021, Zl. römisch 40 , der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Bruder römisch 40 , geb. römisch 40 , hat seit rechtskräftigem hg. Erkenntnis vom 24.2.2023, Zl. W240 2255036-1, ebenfalls den Status des Asylberechtigten. Jüngst wurde auch einem Cousin des BF, römisch 40 , geb. römisch 40 , mit hg. Erkenntnis vom 6.5.2024, Zl. L508 2276694-1, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Auch dessen volljährige Söhne sowie ein weiterer Cousin namens römisch 40 sind in Österreich asylberechtigt.

Der BF absolvierte in Syrien eine zwölfjährige Schulausbildung ohne einen Maturabschluss zu erwerben und arbeitete nach der Schule als Hilfsarbeiter. Zwischen 2004 und 2006 hat er seinen Militärdienst als Gefreiter abgeleistet. Von 2006 bis 2013 arbeitete er als einfacher Polizist und war ausschließlich für die Zustellung von offiziellen Schriftstücken von Gerichten und Behörden zuständig. Er war selten uniformiert und unbewaffnet.

Spätestens am 1.8.2022 reiste der BF unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein, wo er am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der BF hat in Österreich den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

2013 versah der BF seinen Dienst an einer Dienststelle in XXXX im Gouvernement Damaskus-Land. Zu dieser Zeit wurde von Polizei und Militär bereits auf Demonstranten geschossen. Auch hatte jede Dienststelle die Anweisung, sich notfalls mit Gewalt zu verteidigen. Da der BF weder auf unschuldige Menschen schießen, noch selbst getötet werden wollte, plante er damals bereits seinen Austritt aus dem Polizeidienst und traf entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen, indem er Frau und Kind mit seinem älteren Bruder nach Idlib vorausschickte. Schließlich wurde seine Dienststelle von einer oppositionellen Gruppierung gestürmt und der BF und seine Kollegen in eine ländliche Umgebung verbracht; wie der BF nachträglich erfahren sollte, handelte es sich um XXXX , sohin einen benachbarten Vorort von Damaskus, der erst 2016 von der syrischen Regierung zurückerobert wurde. Dort wurden sie etwa zehn Tage lang festgehalten, bevor sie im Zuge der Auseinandersetzungen die Flucht ergreifen konnten. Während manche seiner Kollegen zurückkehrten, ergriff der BF die Gelegenheit, sich dem Dienst endgültig zu entziehen. Er verständigte seine Familie und gelangte mithilfe seines Cousins und seines Bruders nach Idlib. 2013 versah der BF seinen Dienst an einer Dienststelle in römisch 40 im Gouvernement Damaskus-Land. Zu dieser Zeit wurde von Polizei und Militär bereits auf Demonstranten geschossen. Auch hatte jede Dienststelle die Anweisung, sich notfalls mit Gewalt zu verteidigen. Da der BF weder auf unschuldige Menschen schießen, noch selbst getötet werden wollte, plante er damals bereits seinen Austritt aus dem Polizeidienst und traf entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen, indem er Frau und Kind mit seinem älteren Bruder nach Idlib vorausschickte. Schließlich wurde seine Dienststelle von einer oppositionellen Gruppierung gestürmt und der BF und seine Kollegen in eine ländliche Umgebung verbracht; wie der BF nachträglich erfahren sollte, handelte es sich um römisch 40 , sohin einen benachbarten Vorort von Damaskus, der erst 2016 von der syrischen Regierung zurückerobert wurde. Dort wurden sie etwa zehn Tage lang festgehalten, bevor sie im Zuge der Auseinandersetzungen die Flucht ergreifen konnten. Während manche seiner Kollegen zurückkehrten, ergriff der BF die Gelegenheit, sich dem Dienst endgültig zu entziehen. Er verständigte seine Familie und gelangte mithilfe seines Cousins und seines Bruders nach Idlib.

Der BF hat 2013 somit den Polizeidienst unerlaubt verlassen und konnte den Konsequenzen entgehen, indem er sich danach jahrelang durchgehend in Gebieten aufhielt, die nicht unter der Kontrolle der Behörden bzw. Streitkräfte der Arabischen Republik Syrien, sondern unter Kontrolle der Opposition standen. Aufgrund der Umstände, unter denen die Entziehung erfolgte, droht dem BF im Falle einer Rückkehr nach Damaskus mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass ihm seitens der syrischen Behörden eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird. Es kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem BF in diesem Zusammenhang eine unverhältnismäßige, mit Folter verbundene Bestrafung droht.

Gründe, nach denen ein Ausschluss des BF hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

1.3. Zur aktuellen Situation in Syrien:

Zur Lage in Syrien wird auf das vom BVwG in der mündlichen Verhandlung vom 24.6.2024 in das Verfahren eingebrachte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (Version 11, Gesamtaktualisierung am 27.3.2024), in dem eine Vielzahl von Berichten diverser allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt werden und in welchem auch konkret auf die regelmäßig beauftragten Anfragebeantwortungen zur aktuellen Situation bzw. spezifischen Fragestellungen Bezug genommen wurde, verwiesen. Weiters wurden in der Beschwerdeverhandlung der Themenbericht der Staatendokumentation „Syrien-Grenzübergänge“ vom 25.10.2023 in das Verfahren eingebracht und nahmen der BF bzw. seine Rechtsvertretung diese zur Kenntnis. Am 5.7.2024 wurden dem BF bzw. seiner Rechtsvertretung sowie dem BFA zudem die ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien a-11862 Desertion vom Polizeidienst etc. vom 02.05.2022 sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation "Abbruch der Polizeiausbildung; Kontrolle Harbanoush" vom 08.05.2023 übermittelt, denen nicht entgegengetreten wurde. Gegen die Heranziehung der Berichte bestehen somit keine Bedenken. Im Übrigen wird auf die Berichte unten im Rahmen der Beweiswürdigung im jeweiligen Zusammenhang näher eingegangen.

2. Beweiswürdigung:

Neben der Heranziehung des vom BFA vorgelegten Verwaltungsakts, der Vornahme der elektronischen Abfragen in den entsprechenden Registern, den oben angeführten Länderinformationen und der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde vom BVwG Beweis erhoben durch Beischaffung des Bescheids und Aktenvermerks zu Zl. XXXX sowie durch Einsichtnahme in das hg. Erkenntnis zu Zl. W240 2255036-1.Neben der Heranziehung des vom BFA vorgelegten Verwaltungsakts, der Vornahme der elektronischen Abfragen in den entsprechenden Registern, den oben angeführten Länderinformationen und der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde vom BVwG Beweis erhoben durch Beischaffung des Bescheids und Aktenvermerks zu Zl. römisch 40 sowie durch Einsichtnahme in das hg. Erkenntnis zu Zl. W240 2255036-1.

2.1. Zur Person des BF:

Die zur Identität des BF getroffenen Feststellungen, wie auch zu seiner Staats- und Volksgruppenzugehörigkeit, dem religiösen Bekenntnis und seinen Sprachkenntnissen beruhen auf den Angaben des BF im Verfahren in Zusammenhalt mit den von ihm vorgelegten Dokumenten, insbesondere dem syrischen Führerschein im Original. Seine Identität ist somit als geklärt anzusehen.

Die getroffenen Feststellungen zu den in Syrien lebenden Familienangehörigen des BF beruhen unmittelbar auf seinen glaubhaften Angaben vor dem BFA (AS. 63 ff.) und in der Beschwerdeverhandlung (VH. S. 4, 7), wobei der BF bereits vor dem BFA auch entsprechende – jedoch zum Teil nachträglich beschaffte – Dokumente bzw. Dokumentkopien vorgelegt hat (AS. 75 ff.). Insbesondere gab der BF in der Beschwerdeverhandlung auf Nachfrage an, dass sein Vater zwar noch über Eigentum in Syrien verfügt, aber dennoch im Flüchtlingslager lebt, da er Angst davor hat, in Damaskus zu leben (VH. S. 7, 11). Hinsichtlich der Anzahl und der Aufenthaltsorte seiner Geschwister ist anzumerken, dass aus dem Protokoll der Erstbefragung nur fünf Geschwister hervorgehen (AS. 31) und die Anzahl der Geschwister auch im hg. Erkenntnis, Zl. W240 2255036-1, mit dem seinem Bruder XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, abweicht. Zudem divergieren teilweise die Angaben zu den Aufenthaltsorten. Hinsichtlich der Angaben der Erstbefragung dürften die diesbezüglichen Abweichungen jedoch schlicht auf eine Änderung der Aufenthaltsorte der betreffenden Geschwister im Laufe des Verfahrens zurückzuführen sein. Im Asylverfahren des Bruders wurde wiederum keine mündliche Verhandlung vor dem BVwG durchgeführt, sodass die entsprechenden Feststellungen allein auf Basis von dessen Angaben vor dem BFA und in der Erstbefragung beruhen. Die nunmehrigen Feststellungen wurden daher anhand der genauen, schlüssigen und detaillierten Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung getroffen, zumal diese mit jenen, die der BF vor dem BFA getätigt hat, im Einklang stehen.Die getroffenen Feststellungen zu den in Syrien lebenden Familienangehörigen des BF beruhen unmittelbar auf seinen glaubhaften Angaben vor dem BFA (AS. 63 ff.) und in der Beschwerdeverhandlung (VH. Sitzung 4, 7), wobei der BF bereits vor dem BFA auch entsprechende – jedoch zum Teil nachträglich beschaffte – Dokumente bzw. Dokumentkopien vorgelegt hat (AS. 75 ff.). Insbesondere gab der BF in der Beschwerdeverhandlung auf Nachfrage an, dass sein Vater zwar noch über Eigentum in Syrien verfügt, aber dennoch im Flüchtlingslager lebt, da er Angst davor hat, in Damaskus zu leben (VH. Sitzung 7, 11). Hinsichtlich der Anzahl und der Aufenthaltsorte seiner Geschwister ist anzumerken, dass aus dem Protokoll der Erstbefragung nur fünf Geschwister hervorgehen (AS. 31) und die Anzahl der Geschwister auch im hg. Erkenntnis, Zl. W240 2255036-1, mit dem seinem Bruder römisch 40 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, abweicht. Zudem divergieren teilweise die Angaben zu den Aufenthaltsorten. Hinsichtlich der Angaben der Erstbefragung dürften die diesbezüglichen Abweichungen jedoch schlicht auf eine Änderung der Aufenthaltsorte der betreffenden Geschwister im Laufe des Verfahrens zurückzuführen sein. Im Asylverfahren des Bruders wurde wiederum keine mündliche Verhandlung vor dem BVwG durchgeführt, sodass die entsprechenden Feststellungen allein auf Basis von dessen Angaben vor dem BFA und in der Erstbefragung beruhen. Die nunmehrigen Feststellungen wurden daher anhand der genauen, schlüssigen und detaillierten Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung getroffen, zumal diese mit jenen, die der BF vor dem BFA getätigt hat, im Einklang stehen.

Seine Aufenthaltsorte in Syrien gab der BF im Laufe des gesamten Verfahrens im Wesentlichen übereinstimmend und nachvollziehbar wieder. Naturgemäß divergierten die zeitlichen Angaben zu den lange zurückliegenden Ortswechseln in seiner Kindheit im Laufe des Verfahrens ein wenig bzw. konnten nur näherungsweise festgestellt werden, was der grundsätzlichen Glaubhaftigkeit seiner Ausführungen keinen Abbruch tat. Genau angeben konnte der BF hingegen, dass er Damaskus im Jahr 2013 verlassen hat und zunächst nach Idlib zurückkehrte. In Anbetracht der Länderfeststellungen folgt das Gericht auch seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung zum Verlassen des Dorfes und dem darauffolgenden Aufenthalt in Flüchtlingslagern, auch wenn die Angaben vor dem BFA zunächst den Eindruck erwecken, dass er sich bis 2019 in diesem Dorf aufgehalten habe (vgl. AS. 65). Jedenfalls hielt er sich zuletzt mehrere Jahre lang im Flüchtlingslager XXXX auf und sind seine Frau und seine Kinder ebenso wie sein Vater nach wie vor dort. Das Gericht schenkt dem BF auch dahingehend Glauben, dass aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit als Polizist in den Lagern zumindest sozialer Druck auf ihn ausgeübt wurde, sich den dortigen bewaffneten Gruppierungen anzuschließen, und dies zusammen mit den schlechten Lebensumständen dazu führte, dass er schließlich sein Heimatland verließ (vgl. VH. S. 9). Genaue Angaben machte der BF auch zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie in Syrien (VH S. 4-7). Nachdem sich der BF bereits mehrere Jahre lang nicht mehr in XXXX aufgehalten hat, wurden die Feststellungen zur dortigen Gebietskontrolle, die der BF nicht bei der HTS, sondern beim türkischen Militär verortete (VH. S. 11), allerdings aufgrund der Länderinformationen (insb. Syria live map) getroffen. Dass sich Damaskus unter Regierungskontrolle befindet, ist unstrittig.Seine Aufenthaltsorte in Syrien gab der BF im Laufe des gesamten Verfahrens im Wesentlichen übereinstimmend und nachvollziehbar wieder. Naturgemäß divergierten die zeitlichen Angaben zu den lange zurückliegenden Ortswechseln in seiner Kindheit im Laufe des Verfahrens ein wenig bzw. konnten nur näherungsweise festgestellt werden, was der grundsätzlichen Glaubhaftigkeit seiner Ausführungen keinen Abbruch tat. Genau angeben konnte der BF hingegen, dass er Damaskus im Jahr 2013 verlassen hat und zunächst nach Idlib zurückkehrte. In Anbetracht der Länderfeststellungen folgt das Gericht auch seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung zum Verlassen des Dorfes und dem darauffolgenden Aufenthalt in Flüchtlingslagern, auch wenn die Angaben vor dem BFA zunächst den Eindruck erwecken, dass er sich bis 2019 in diesem Dorf aufgehalten habe vergleiche AS. 65). Jedenfalls hielt er sich zuletzt mehrere Jahre lang im Flüchtlingslager römisch 40 auf und sind seine Frau und seine Kinder ebenso wie sein Vater nach wie vor dort. Das Gericht schenkt dem BF auch dahingehend Glauben, dass aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit als Polizist in den Lagern zumindest sozialer Druck auf ihn ausgeübt wurde, sich den dortigen bewaffneten Gruppierungen anzuschließen, und dies zusammen mit den schlechten Lebensumständen dazu führte, dass er schließlich sein Heimatland verließ vergleiche VH. Sitzung 9). Genaue Angaben machte der BF auch zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie in Syrien (VH Sitzung 4-7). Nachdem sich der BF bereits mehrere Jahre lang nicht mehr in römisch 40 aufgehalten hat, wurden die Feststellungen zur dortigen Gebietskontrolle, die der BF nicht bei der HTS, sondern beim türkischen Militär verortete (VH. Sitzung 11), allerdings aufgrund der Länderinformationen (insb. Syria live map) getroffen. Dass sich Damaskus unter Regierungskontrolle befindet, ist unstrittig.

Den Feststellungen zu den in Österreich asylberechtigten Angehörigen des BF ergeben sich – neben dessen Angaben im Verfahren – aus den vom erkennenden Gericht beigeschafften bzw. herangezogenen Entscheidungen.

Die Feststellungen zu seiner schulischen und beruflichen Laufbahn konnten ebenfalls anhand der glaubhaften Angaben des BF im Laufe des Verfahrens und insbesondere in der Beschwerdeverhandlung getroffen werden, wobei der BF zum Beleg seiner Tätigkeit im Polizeidienst auch Dokumente in Vorlage gebracht hat (vgl. AS. 71 ff.).Die Feststellungen zu seiner schulischen und beruflichen Laufbahn konnten ebenfalls anhand der glaubhaften Angaben des BF im Laufe des Verfahrens und insbesondere in der Beschwerdeverhandlung getroffen werden, wobei der BF zum Beleg seiner Tätigkeit im Polizeidienst auch Dokumente in Vorlage gebracht hat vergleiche AS. 71 ff.).

Die unrechtmäßige Einreise und Asylantragstellung in Österreich geht aus dem Akteninhalt sowie den damit übereinstimmenden Angaben des BF hervor. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem vom erkennenden Gericht eingeholten Strafregisterauszug (vgl. OZ. 2, 5).Die unrechtmäßige Einreise und Asylantragstellung in Österreich geht aus dem Akteninhalt sowie den damit übereinstimmenden Angaben des BF hervor. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem vom erkennenden Gericht eingeholten Strafregisterauszug vergleiche OZ. 2, 5).

2.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

2.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen Asylwerber nicht auf Grund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang auf Grund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), der ursprüngliche Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen. Zur Bestimmung der Heimatregion kommt der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat (vgl. zuletzt VwGH 29.02.2024, Ra 2023/18/0370, mwN).2.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen Asylwerber nicht auf Grund eines eigenen Entschlusses, sondern unter Zwang auf Grund einer Vertreibung ihren dauernden Aufenthaltsort innerhalb des Herkunftsstaates gewechselt hatten und an dem neuen Aufenthaltsort nicht Fuß fassen konnten (Zustand innerer Vertreibung), der ursprüngliche Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen. Zur Bestimmung der Heimatregion kommt der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat vergleiche zuletzt VwGH 29.02.2024, Ra 2023/18/0370, mwN).

Gegenständlich ist daher Damaskus als Herkunftsort des BF anzusehen, obwohl der BF auch Verbindungen zu XXXX in Idlib hat. So verbrachte er seine ersten Lebensjahre an seinem Geburtsort im Gouvernement XXXX , bevor die Familie nach Idlib zog. Dort hat der BF in seiner Kindheit bzw. frühen Jugend einige Jahre gelebt und seine Familie besitzt nach wie vor ein Grundstück, auf dem das Haus der Familie stand. Auch hat der BF dort geheiratet und ist 2013 dorthin zurückgekehrt. Den Großteil seiner Jugend hat der BF allerdings – mit seinen Eltern und Geschwistern – in Damaskus verbracht und ist auch nach Erreichen des Erwachsenenalters dort verblieben: Er ist dort zur Schule gegangen und ins Erwerbsleben eingestiegen. Nach Absolvierung seines Militärdiensts ist er in den Polizeidienst eingetreten und war dort in verschiedenen Stadtteilen tätig, zuletzt in XXXX , einem bereits im Gouvernement Damaskus-Land befindlichen Vorort. Nach seiner Heirat 2010 lebte der BF mit seiner Frau und seinem Bruder in einer eigenen Wohnung, die nach wie vor seinem Vater gehört. Auch erfolgte die Rückkehr nach Idlib, die heute letzte verbliebene "Oppositionshochburg", nur bedingt freiwillig, sondern stand im Zusammenhang mit der Entziehung des BF vom Polizeidienst für die syrische Regierung und konnte sich der BF dadurch dem Zugriff der syrischen Regierung entziehen (siehe dazu auch unter Punkt 2.2.4.). Nicht zuletzt erwies sich die Rückkehr in das "Heimatdorf" (AS. 67) nur von kurzer Dauer: Aufgrund der Bürgerkriegssituation flohen sowohl der BF als auch seine Familie innerhalb Idlibs weiter und hielten sich in Flüchtlingslagern auf. Das Haus wurde in weiterer Folge zerstört, wobei der BF die Zerstörung zeitlich ca. 2015 oder 2016 einordnete. Insgesamt ist nicht davon auszugehen, dass zu XXXX so enge Bindungen bestehen, dass das Dorf bzw. dessen Umgebung als Heimatregion anzusehen wäre, zumal eine Aufenthaltsdauer von schätzungsweise fünf bis sieben Jahren im Vergleich zum Lebensalter des BF als verhältnismäßig kurz anzusehen ist. Schließlich bezeichnete der BF in der Beschwerdeverhandlung Damaskus selbst als seinen Lebensmittelpunkt: "Mein Lebensmittelpunkt ist Damaskus. […] RI: XXXX würden Sie nicht als Lebensmittelpunkt bezeichnen? P: Es handelt sich dort um ein Dorf, wo ich einige Zeit gelebt habe. Aber wenn Sie mich nach meinem Lebensmittelpunkt fragen, nenne ich Damaskus." (VH. S. 6).Gegenständlich ist daher Damaskus als Herkunftsort des BF anzusehen, obwohl der BF auch Verbindungen zu römisch 40 in Idlib hat. So verbrachte er seine ersten Lebensjahre an seinem Geburtsort im Gouvernement römisch 40 , bevor die Familie nach Idlib zog. Dort hat der BF in seiner Kindheit bzw. frühen Jugend einige Jahre gelebt und seine Familie besitzt nach wie vor ein Grundstück, auf dem das Haus der Familie stand. Auch hat der BF dort geheiratet und ist 2013 dorthin zurückgekehrt. Den Großteil seiner Jugend hat der BF allerdings – mit seinen Eltern und Geschwistern – in Damaskus verbracht und ist auch nach Erreichen des Erwachsenenalters dort verblieben: Er ist dort zur Schule gegangen und ins Erwerbsleben eingestiegen. Nach Absolvierung seines Militärdiensts ist er in den Polizeidienst eingetreten und war dort in verschiedenen Stadtteilen tätig, zuletzt in römisch 40 , einem bereits im Gouvernement Damaskus-Land befindlichen Vorort. Nach seiner Heirat 2010 lebte der BF mit seiner Frau und seinem Bruder in einer eigenen Wohnung, die nach wie vor seinem Vater gehört. Auch erfolgte die Rückkehr nach Idlib, die heute letzte verbliebene "Oppositionshochburg", nur bedingt freiwillig, sondern stand im Zusammenhang mit der Entziehung des BF vom Polizeidienst für die syrische Regierung und konnte sich der BF dadurch dem Zugriff der syrischen Regierung entziehen (siehe dazu auch unter Punkt 2.2.4.). Nicht zuletzt erwies sich die Rückkehr in das "Heimatdorf" (AS. 67) nur von kurzer Dauer: Aufgrund der Bürgerkriegssituation flohen sowohl der BF als auch seine Familie innerhalb Idlibs weiter und hielten sich in Flüchtlingslagern auf. Das Haus wurde in weiterer Folge zerstört, wobei der BF die Zerstörung zeitlich ca. 2015 oder 2016 einordnete. Insgesamt ist nicht davon auszugehen, dass zu römisch 40 so enge Bindungen bestehen, dass das Dorf bzw. dessen Umgebung als Heimatregion anzusehen wäre, zumal eine Aufenthaltsdauer von schätzungsweise fünf bis sieben Jahren im Vergleich zum Lebensalter des BF als verhältnismäßig kurz anzusehen ist. Schließlich bezeichnete der BF in der Beschwerdeverhandlung Damaskus selbst als seinen Lebensmittelpunkt: "Mein Lebensmittelpunkt ist Damaskus. […] RI: römisch 40 würden Sie nicht als Lebensmittelpunkt bezeichnen? P: Es handelt sich dort um ein Dorf, wo ich einige Zeit gelebt habe. Aber wenn Sie mich nach meinem Lebensmittelpunkt fragen, nenne ich Damaskus." (VH. Sitzung 6).

2.2.2. Damaskus befindet sich unstrittig unter der Kontrolle der syrischen Regierung (vgl. auch unter Punkt 2.2.3). Im Hinblick auf die Lage in Syrien im Allgemeinen, in der Herkunftsprovinz des BF im Besonderen wird neben der Website https://syria.liveuamap.com auf den aktuellen Länderbericht der Staatendokumentation, Stand 27.3.2024, auszugsweise verwiesen wie folgt:2.2.2. Damaskus befindet sich unstrittig unter der Kontrolle der syrischen Regierung vergleiche auch unter Punkt 2.2.3). Im Hinblick auf die Lage in Syrien im Allgemeinen, in der Herkunftsprovinz des BF im Besonderen wird neben der Website https://syria.liveuamap.com auf den aktuellen Länderbericht der Staatendokumentation, Stand 27.3.2024, auszugsweise verwiesen wie folgt:

Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien

Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vgl. GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vgl. SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) […]Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vergleiche GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vergleiche SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) […]

Ungeachtet der obigen Ausführungen bleibt Syrien bis hin zur subregionalen Ebene territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Die Regierung ist nicht in der Lage, alle von ihr kontrollierten Gebiete zu verwalten und bedient sich verschiedener Milizen, um einige Gebiete und Kontrollpunkte in Aleppo, Lattakia, Tartus, Hama, Homs und Deir ez-Zor zu kontrollieren (DIS/DRC 2.2019). Die Hizbollah und andere von Iran unterstützte schiitische Milizen kontrollieren derzeit rund 20 Prozent der Grenzen des Landes. Obwohl die syrischen Zollbehörden offiziell für die Grenzübergänge zum Irak (Abu Kamal), zu Jordanien (Nasib) und zum Libanon (al-Arida, Jdeidat, al-Jousiyah und al-Dabousiyah) zuständig sind, liegt die tatsächliche Kontrolle bei anderen: Die libanesische Grenze ist von der Hizbollah besetzt, die auf der syrischen Seite Stützpunkte eingerichtet hat (Zabadani, al-Qusayr), von denen aus sie die Bergregion Qalamoun beherrscht. Auch die irakischen schiitischen Milizen verwalten beide Seiten ihrer Grenze von Abu Kamal bis at-Tanf (WI 10.2.2021).

[…] Damaskus, insbesondere im Zentrum sowie die Provinz Latakia gelten als Gebiete mit relativ stabiler Sicherheitslage (NMFA 8.2023).

Unabhängig von militärischen Entwicklungen kommt es laut Vereinten Nationen (VN) und Menschenrechtsorganisationen zu massiven Menschenrechtsverletzungen durch verschiedene Akteure in allen Landesteilen, insbesondere auch in Gebieten unter Kontrolle des Regimes (AA 29.11.2021). Die VN-Untersuchungskommission für Syrien hält es für wahrscheinlich, dass das Regime, seine russischen Verbündeten und andere regimetreue Kräfte Angriffe begangen haben, die durch Kriegsverbrechen gekennzeichnet sind und möglicherweise auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen. Dem Regime nahestehende paramilitärische Gruppen begehen Berichten zufolge häufige Verstöße und Misshandlungen, darunter Massaker, wahllose Tötungen, Entführungen von Zivilisten, extreme körperliche Misshandlungen, einschließlich sexueller Gewalt, und rechtswidrige Festnahmen (USDOS 20.3.2023). Die syrische Regierung und andere Konfliktparteien setzen weiterhin Verhaftungen und das Verschwindenlassen von Personen als Strategie zur Kontrolle und Einschüchterung der Zivilbevölkerung ein (GlobalR2P 31.5.2023; vgl. CC 3.11.2022). In Zentral-, West- und Südsyrien kommt es in den von der Regierung kontrollierten Gebieten systematisch zu w

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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