TE Bvwg Erkenntnis 2024/2/1 W168 2260952-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2024
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Entscheidungsdatum

01.02.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W168 2260952-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag.Dr. Bernhard MACALKA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2022, Zl. 1285116103/211353939, nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag.Dr. Bernhard MACALKA über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Jemen, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2022, Zl. 1285116103/211353939, nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheid behoben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Beschwerde wird stattgegeben, der Spruchpunkt römisch eins. des bekämpften Bescheid behoben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG) idgF, nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG) idgF, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) ist jemenitischer Staatsangehöriger aus dem Gourvernement Hadramaut, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Er reiste am 18.09.2021 nach einem eineinhalbjährigen Aufenthalt in der Türkei via Ungarn illegal ins österreichsiche Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 19.09.2021 fand unter Beiziehung eines geprüften Dolmetschers die Erstbefragung des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Arabisch statt. Dabei gab der BF zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst an, dass er und sein Bruder von Unbekannten telefonisch aufgefordert worden wären, für 2.000 Dinar mit ihnen zu kämpfen. Ein Freund der nicht habe kämpfen wollen, sei in der Nähe der Universität erschossen worden. Daher hätte der BF auf Anraten seines Vaters gemeinsam mit seinem Bruder das Land verlassen. Sie hätten dort Krieg. Dies seien all seine Fluchtgründe. Im Fall der Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Am 18.02.2022 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Der BF sei in der Stadt XXXX im Gourvernement Hadramout geboren und habe dort nach der Matura ein Jahr lang die Universität besucht. Zu seinen Fluchtgründen brachte der BF im Wesentlichen vor, dass er an der Universität im Rahmen einer aktiven Bewegung für die Rechte des Südjemen Aktivitäten gemeinsam mit anderen organisiert habe, weshalb auf sie geschossen worden und der Staat gegen sie gewalttätig geworden sei. Er sei 2019 mit einem gefälschten Reisepass in die Türkei ausgereist. Er legte in Kopie einen Universitätsausweis, einen bis 06.04.2005 gültig gewesen sowie entwerteten (Kinder-)Reisepass, eine Geburtsurkunde und eine Bestätigung einer Studentenbewegung, wonach der BF im Rahmen dieser Aktivitäten unter Druck gesetzt worden sei; diese habe er von seiner bis auf einen in der Türkei aufhältigen Bruder im Jemen lebenden Familie per Whatsapp erhalten. Am 14.10.2019 um 10:00 Uhr hätte eine große von ihm organisierte Demonstration von Schülern und Studenten stattgefunden, welche um 12:00 Uhr von der Polizei beendet hätte werden sollen und wobei geschossen worden und Menschen gestorben seien. Der BF sei dann telefonisch bedroht worden und habe sich auf Anraten seiner Mutter noch einen Monat bis zur Ausreise versteckt. Alle Organisatioren der Demonstration seien bedroht worden und bereits aus dem Jemen geflüchtet. Die Polizei sei damals vier Mal bei seinen Eltern gewesen und habe nach ihm gesucht.Am 18.02.2022 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Der BF sei in der Stadt römisch 40 im Gourvernement Hadramout geboren und habe dort nach der Matura ein Jahr lang die Universität besucht. Zu seinen Fluchtgründen brachte der BF im Wesentlichen vor, dass er an der Universität im Rahmen einer aktiven Bewegung für die Rechte des Südjemen Aktivitäten gemeinsam mit anderen organisiert habe, weshalb auf sie geschossen worden und der Staat gegen sie gewalttätig geworden sei. Er sei 2019 mit einem gefälschten Reisepass in die Türkei ausgereist. Er legte in Kopie einen Universitätsausweis, einen bis 06.04.2005 gültig gewesen sowie entwerteten (Kinder-)Reisepass, eine Geburtsurkunde und eine Bestätigung einer Studentenbewegung, wonach der BF im Rahmen dieser Aktivitäten unter Druck gesetzt worden sei; diese habe er von seiner bis auf einen in der Türkei aufhältigen Bruder im Jemen lebenden Familie per Whatsapp erhalten. Am 14.10.2019 um 10:00 Uhr hätte eine große von ihm organisierte Demonstration von Schülern und Studenten stattgefunden, welche um 12:00 Uhr von der Polizei beendet hätte werden sollen und wobei geschossen worden und Menschen gestorben seien. Der BF sei dann telefonisch bedroht worden und habe sich auf Anraten seiner Mutter noch einen Monat bis zur Ausreise versteckt. Alle Organisatioren der Demonstration seien bedroht worden und bereits aus dem Jemen geflüchtet. Die Polizei sei damals vier Mal bei seinen Eltern gewesen und habe nach ihm gesucht.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 13.09.2022 wurde der Antrag des BF hinsichtlich Asyl abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass sein Vorbringen zu den Fluchtgründen widersprüchlich bzw. nicht schlüssig und daher nicht glaubwürdig sei. Auch das vorgelegte Schreiben sei mangels Datum nicht auf Echtheit überprüfbar. Sein Vorbingen sei letztlich als nicht zweifels-bzw. widerspruchsfreies und gesteigertes Konstrukt, also als nicht glaubwürdig zu erachten gewesen. Infolge der nach wievor instabilen Sicherheitslage in zahlreichen Landesteilen sei eine allgemeine Bedrohunglage im Fall der Rückkehr angesichts der kriegsbedingten Situation aktuell nicht auszuschließen.2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 13.09.2022 wurde der Antrag des BF hinsichtlich Asyl abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass sein Vorbringen zu den Fluchtgründen widersprüchlich bzw. nicht schlüssig und daher nicht glaubwürdig sei. Auch das vorgelegte Schreiben sei mangels Datum nicht auf Echtheit überprüfbar. Sein Vorbingen sei letztlich als nicht zweifels-bzw. widerspruchsfreies und gesteigertes Konstrukt, also als nicht glaubwürdig zu erachten gewesen. Infolge der nach wievor instabilen Sicherheitslage in zahlreichen Landesteilen sei eine allgemeine Bedrohunglage im Fall der Rückkehr angesichts der kriegsbedingten Situation aktuell nicht auszuschließen.

3. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung der Verfahrensvorschriften. Darin wurde vorgebracht, dass der BF als aktives Mitglied einer Jugend- und Studentenbewegung für die Befreiung und Unabhängigkeit im Jemen an Demonstrationen teilgenommen und solche auch selbst organisiert habe. Er sei deswegen von den Behörden telefonisch bedroht worden, wie andere Organisatoren auch. Etwa einen Monat danach habe er deswegen den Jemen verlassen. Anlässlich seiner Antragstellung in Österreich habe er vorgebracht, telefonisch von Unbekannten zum Kampf im Krieg aufgefordert worden zu sein. Das Vorbringen des BF über eine politische Verfolgung als Organisator von Demonstrationen werde durch die Länderberichte gestützt. Der BF unterfalle einem besonderen Risikoprofil von UNHCR, als Person, welcher eine ablehende (politische) Einstellung gegen eine Konfliktpartei zukomme bzw. unterstellt werde. Die Beweiswürdigung sei grob mangelhaft, weil es zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Fluchtvobringens vielmehr auch einer Plausibilitätskontrolle anhand der Länderberichte bedürfe, welche aktuell sein müssten. Es sei erforderlich sich mit der persönlichen Situation des BF im Hinblick auf die Länderfeststellungen auseinander zu setzen. Der VfGH habe als Erfordernis für die Bescheidbegründung eine Gegenüberstellung aller Gründe und Gegengründe sowie deren Abwägung verlangt. Auch seien keine hohen Ansprüche an die Erstbefragung in Bezug auf Stringenz und Vollständigkeit zu stellen. Nach Auffassung des VwGH (28.05.2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018) könne der Annahme, ein Asylwerber werde immer alles zur Asylgewährung führende bereits bei der Erstbefragung vorbringen, nicht beigetreten werden (VwGH 16.07.2020, Ra 2019/19/0419). Zudem sei die Behauptung der Behörde, der BF habe in der in der Erstbefragung nicht ansatzweise seine Rückkehrbefüchtung (Entführung, Hinrichtung) erwähnt, schlicht aktenwidrig. Im Übrigen sei die Beweiswürdigung auch unschlüssig. Der BF habe vorgebracht, auf Grund der Teilnahme und und der Organisationen von Demonstrationen verfolgt zu werden, demnach infolge des Konventionsgrundes der politischen Überzeugung. Die Verfolgung gehe vom Staat aus, eine innerstaatlich Fluchtaltenative bestehe nicht. Eine mündliche Verhandlung werde beantragt.3. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung der Verfahrensvorschriften. Darin wurde vorgebracht, dass der BF als aktives Mitglied einer Jugend- und Studentenbewegung für die Befreiung und Unabhängigkeit im Jemen an Demonstrationen teilgenommen und solche auch selbst organisiert habe. Er sei deswegen von den Behörden telefonisch bedroht worden, wie andere Organisatoren auch. Etwa einen Monat danach habe er deswegen den Jemen verlassen. Anlässlich seiner Antragstellung in Österreich habe er vorgebracht, telefonisch von Unbekannten zum Kampf im Krieg aufgefordert worden zu sein. Das Vorbringen des BF über eine politische Verfolgung als Organisator von Demonstrationen werde durch die Länderberichte gestützt. Der BF unterfalle einem besonderen Risikoprofil von UNHCR, als Person, welcher eine ablehende (politische) Einstellung gegen eine Konfliktpartei zukomme bzw. unterstellt werde. Die Beweiswürdigung sei grob mangelhaft, weil es zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Fluchtvobringens vielmehr auch einer Plausibilitätskontrolle anhand der Länderberichte bedürfe, welche aktuell sein müssten. Es sei erforderlich sich mit der persönlichen Situation des BF im Hinblick auf die Länderfeststellungen auseinander zu setzen. Der VfGH habe als Erfordernis für die Bescheidbegründung eine Gegenüberstellung aller Gründe und Gegengründe sowie deren Abwägung verlangt. Auch seien keine hohen Ansprüche an die Erstbefragung in Bezug auf Stringenz und Vollständigkeit zu stellen. Nach Auffassung des VwGH (28.05.2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018) könne der Annahme, ein Asylwerber werde immer alles zur Asylgewährung führende bereits bei der Erstbefragung vorbringen, nicht beigetreten werden (VwGH 16.07.2020, Ra 2019/19/0419). Zudem sei die Behauptung der Behörde, der BF habe in der in der Erstbefragung nicht ansatzweise seine Rückkehrbefüchtung (Entführung, Hinrichtung) erwähnt, schlicht aktenwidrig. Im Übrigen sei die Beweiswürdigung auch unschlüssig. Der BF habe vorgebracht, auf Grund der Teilnahme und und der Organisationen von Demonstrationen verfolgt zu werden, demnach infolge des Konventionsgrundes der politischen Überzeugung. Die Verfolgung gehe vom Staat aus, eine innerstaatlich Fluchtaltenative bestehe nicht. Eine mündliche Verhandlung werde beantragt.

4. Mit Stellungnahme vom 07.11.2023 erstttete die Vertreterin des BF ein (gänzlich) neues Fluchtvorbringen, wonach der BF bereits im Jemen sieben Jahre lang eine geheime Beziehung mit einem Mann geführt habe. Seine Familie habe er als Angehörige des Stammes Ba Qatyan, welcher sehr streng und konservativ sei, damals nicht davon unterrichtet, aus Angst, wegen seiner Homosexualität umgebracht zu werden. In Österreich führe der BF seit über einem Jahr eine Beziehung mit einem Mann und habe vor Kurzem seine Familie davon telefonisch informiert, worauf diese den Kontakt mit ihm abgebrochen habe. Neben der politischen Verfolgung befürchte der BF nun auch Vergeltung von Seiten seiner Familie bzw. seines Stammes. Das Neuerungsverbot nach § 20 BFA-VG stehe dem nicht entgegen. Die Reduktion des Neuerungsverbotes auf rechtsmissbräuliches Verhalten entspreche der ständigen Rechtssprechung des VGVH sowie des VwGH (29.07.2015, Ra 2015/18/0036). Auch der EuGH habe insbesondere zum Thema Homosexualität klargestellt, dass ein späteres Vorbringen dazu nicht ohne Weitres gegen die Glaubwürdigkeit eines Anstragstellers heranzuziehen sei. Der BF habe aus Angst, als Homosexueller in Österreich nicht erwünscht zu sein, bisher kein entsprechendes Vorbringen erstatten können. Er habe die Lage in Österreich schwer einschätzen können und daher das im Heimatstaaat erlernte Verhalten und gewohnte Verhalten, Sexualität nur im Geheimen auszuleben, fortgeführt. Vor diesem Hintergrund bitte er um Verständnis für die Ergänzung seines Vorbringens zu diesem späten Zeitpunkt. Nach Berichten von AI stehe Homosexualität im Jemen unter Strafe. Zudem habe AI Fälle dokumentiert, in denen Personen von Sicherheitskräften aller Konfliktparteien wegen ihrer sexuellen Orientierung willkürlich verhaftet, gefoltert, vergewlatigt worden und anderen Formen von Gewalt ausgesetzt gewesen seien. Auch aus den Länderfeststellungen sei zu entnehmen, dass Homosexualität im Jemen mit Freiheitsstrafe oder Steinigung bestraft werde. Integrationsunterlagen wurden vorgelegt.4. Mit Stellungnahme vom 07.11.2023 erstttete die Vertreterin des BF ein (gänzlich) neues Fluchtvorbringen, wonach der BF bereits im Jemen sieben Jahre lang eine geheime Beziehung mit einem Mann geführt habe. Seine Familie habe er als Angehörige des Stammes Ba Qatyan, welcher sehr streng und konservativ sei, damals nicht davon unterrichtet, aus Angst, wegen seiner Homosexualität umgebracht zu werden. In Österreich führe der BF seit über einem Jahr eine Beziehung mit einem Mann und habe vor Kurzem seine Familie davon telefonisch informiert, worauf diese den Kontakt mit ihm abgebrochen habe. Neben der politischen Verfolgung befürchte der BF nun auch Vergeltung von Seiten seiner Familie bzw. seines Stammes. Das Neuerungsverbot nach Paragraph 20, BFA-VG stehe dem nicht entgegen. Die Reduktion des Neuerungsverbotes auf rechtsmissbräuliches Verhalten entspreche der ständigen Rechtssprechung des VGVH sowie des VwGH (29.07.2015, Ra 2015/18/0036). Auch der EuGH habe insbesondere zum Thema Homosexualität klargestellt, dass ein späteres Vorbringen dazu nicht ohne Weitres gegen die Glaubwürdigkeit eines Anstragstellers heranzuziehen sei. Der BF habe aus Angst, als Homosexueller in Österreich nicht erwünscht zu sein, bisher kein entsprechendes Vorbringen erstatten können. Er habe die Lage in Österreich schwer einschätzen können und daher das im Heimatstaaat erlernte Verhalten und gewohnte Verhalten, Sexualität nur im Geheimen auszuleben, fortgeführt. Vor diesem Hintergrund bitte er um Verständnis für die Ergänzung seines Vorbringens zu diesem späten Zeitpunkt. Nach Berichten von AI stehe Homosexualität im Jemen unter Strafe. Zudem habe AI Fälle dokumentiert, in denen Personen von Sicherheitskräften aller Konfliktparteien wegen ihrer sexuellen Orientierung willkürlich verhaftet, gefoltert, vergewlatigt worden und anderen Formen von Gewalt ausgesetzt gewesen seien. Auch aus den Länderfeststellungen sei zu entnehmen, dass Homosexualität im Jemen mit Freiheitsstrafe oder Steinigung bestraft werde. Integrationsunterlagen wurden vorgelegt.

5. Anlässlich der beim Bundesverwaltungsgericht anberaumten öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung am 16.11.2023 wurde Beweis erhoben durch die Einvernahme des BF unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und dem Fluchtvorbringen des BF:

Der ledige BF ist jemenitischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-moslimischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus der Gouvernement Hadramout. Seine Herkunftsregion steht aktuell unter der Kontrolle der Hadrami Elite Forces.

Er stellte am 18.09.2021 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 13.09.2022 wurde dem BF subsidiärer Schutz zuerkannt, wohingegen sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf Asyl abgelehnt wurde, da sein Vorbringen zu den Fluchtgründen nicht als glaubwürdig erachtet wurde. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 10.10.2022.

Der BF hat bereits im Jemen sechs Jahre eine homosexuelle Beziehung geführt, diese jedoch verheimtlicht.

Der BF lebt in Österreich offen seine Homosexualität und ist mehrere Beziehungen mit Männern im Bundesgebiet eingegangen. Der nun 27-jährige BF befindet sich auch gegenwärtig in Österreich in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung.

Dem BF ist es im Herkunftsstaat nicht möglich, seine Homosexualität offen zu leben, ohne sich dabei u.a. einem realen Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung, die zu einer bis zu einjährigen Haftstrafe führen kann, auszusetzen.

Darüber hinaus hat die Familie des BF den Kontakt deswegen mit ihm abgebrochen. Der BF befürchtet zudem wegen im Herkunftsstaat verbotener sexueller Beziehungen von seinen Angehörigen (Stammesangehörige, Verwandte) Sanktionen bis hin zum Tod.

Es kann ihm nicht zugemutet werden, seine Homosexualität und geschlechtliche Orientierung im Falle einer Rückkehr im Verborgenen zu halten und es droht ihm deswegen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung.

Der BF ist unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation im Jemen:

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. aber es gibt keine Hinweise darauf, dass eine unabhängige Justiz in irgendeiner Form existiert. Sie ist anfällig für die Einmischung verschiedener politischer Gruppierungen und bewaffneter Gruppen (USDOS 20.3.2023; vgl. BTI 23.2.2022). Die Behörden setzen Gerichtsurteile, insbesondere gegen prominente Stammesführer oder Politiker, selten durch. In Ermangelung eines wirksamen Gerichtssystems greifen die Bürger häufig auf Formen der Stammesjustiz und des Gewohnheitsrechts zurück (FH 24.2.2022).Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. aber es gibt keine Hinweise darauf, dass eine unabhängige Justiz in irgendeiner Form existiert. Sie ist anfällig für die Einmischung verschiedener politischer Gruppierungen und bewaffneter Gruppen (USDOS 20.3.2023; vergleiche BTI 23.2.2022). Die Behörden setzen Gerichtsurteile, insbesondere gegen prominente Stammesführer oder Politiker, selten durch. In Ermangelung eines wirksamen Gerichtssystems greifen die Bürger häufig auf Formen der Stammesjustiz und des Gewohnheitsrechts zurück (FH 24.2.2022).

In vielen Regionen kann die Justiz ihre Aufgabe nicht erfüllen (BTI 23.2.2022). Die Strafgerichte in den von den Huthi kontrollierten Gebieten sind nach wie vor aktiv (FH 2023), das Justizsystem wird dort jedoch dem UN-Sicherheitsrat zufolge zur Unterdrückung jeglicher Opposition oder vermeintlicher abweichender Meinung instrumentalisiert (UNSC 26.1.2022). In einigen anderen Teilen des Landes bzw. in nicht von den Huthi kontrollierten Gebieten ist das Justizsystem weitgehend funktionsunfähig (FH 24.2.2022; vgl. UNSC 26.1.2022) und wird von den Sicherheitskräften weitgehend ignoriert (UNSC 26.1.2022). Die Gerichte können nicht unabhängig von der Gruppe arbeiten, die in dem jeweiligen Gebiet die Macht innehat, und manchmal übernehmen Milizen die Rolle der Justiz. Gerichte und Richter werden umgangen, ersetzt oder sogar angegriffen. Zwar funktionieren zumindest einige Gerichte in der Hauptstadt und in den Provinzhauptstädten noch, aber inwieweit die Verfahren fair sind oder einen Mindeststandard erfüllen, ist fraglich. Spezialisierte Gerichte verhängen immer mehr Todesurteile, verfolgen aber die Umsetzung ihrer Urteile nicht immer (BTI 23.2.2022).In vielen Regionen kann die Justiz ihre Aufgabe nicht erfüllen (BTI 23.2.2022). Die Strafgerichte in den von den Huthi kontrollierten Gebieten sind nach wie vor aktiv (FH 2023), das Justizsystem wird dort jedoch dem UN-Sicherheitsrat zufolge zur Unterdrückung jeglicher Opposition oder vermeintlicher abweichender Meinung instrumentalisiert (UNSC 26.1.2022). In einigen anderen Teilen des Landes bzw. in nicht von den Huthi kontrollierten Gebieten ist das Justizsystem weitgehend funktionsunfähig (FH 24.2.2022; vergleiche UNSC 26.1.2022) und wird von den Sicherheitskräften weitgehend ignoriert (UNSC 26.1.2022). Die Gerichte können nicht unabhängig von der Gruppe arbeiten, die in dem jeweiligen Gebiet die Macht innehat, und manchmal übernehmen Milizen die Rolle der Justiz. Gerichte und Richter werden umgangen, ersetzt oder sogar angegriffen. Zwar funktionieren zumindest einige Gerichte in der Hauptstadt und in den Provinzhauptstädten noch, aber inwieweit die Verfahren fair sind oder einen Mindeststandard erfüllen, ist fraglich. Spezialisierte Gerichte verhängen immer mehr Todesurteile, verfolgen aber die Umsetzung ihrer Urteile nicht immer (BTI 23.2.2022).

Dem Gesetz nach gelten Angeklagte als unschuldig, bis ihre Schuld bewiesen ist. Die Gerichtsverhandlungen sind in der Regel öffentlich, aber alle Gerichte können „aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder der Moral“ geschlossene Sitzungen abhalten. Richter, die eine aktive Rolle bei der Befragung von Zeugen und Angeklagten spielen, entscheiden über die Strafsachen. Die Angeklagten haben das Recht, anwesend zu sein und sich rechtzeitig mit einem Anwalt zu beraten. Den Verteidigern ist es erlaubt, ihre Mandanten zu beraten, sich an das Gericht zu wenden und Zeugen und relevante Beweismittel zu befragen. Das Gesetz sieht vor, dass die Regierung mittellosen Angeklagten in schweren Strafsachen einen Anwalt zur Verfügung stellt; in der Vergangenheit ist dies nicht immer geschehen. Angeklagte können sich mit Zeugen, die gegen sie aussagen, konfrontieren oder diese befragen. Angeklagte können auch Zeugen und Beweise in ihrem Namen vorlegen. Die Angeklagten haben das Recht, zu einer Aussage oder einem Schuldbekenntnis nicht gezwungen zu werden, und können Rechtsmittel einlegen. Über die Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens im Laufe des Jahres 2022 liegen nur wenige Informationen vor (USDOS 20.3.2023).

Ein weiteres spezielles Strafgericht, das Staatssicherheitsgericht, das nach anderen Verfahren in geschlossenen Sitzungen arbeitet, gewährt den Angeklagten nicht die gleichen Rechte wie die regulären Gerichte. Die Verteidiger in Sicherheitsfällen haben keinen uneingeschränkten Zugang zu den Anklagen oder Gerichtsakten ihrer Mandanten (USDOS 20.3.2023).

Zusätzlich zu den etablierten Gerichten gibt es ein Stammesjustizsystem für nicht-strafrechtliche Angelegenheiten. Stammesrichter, in der Regel angesehene Scheichs, urteilen häufig über nicht-strafrechtliche Fälle nach Stammesrecht, wobei es sich in der Regel um eine öffentliche Anklage handelt, ohne dass formell eine Anklage erhoben wird. Die Öffentlichkeit respektiert die Ergebnisse von Stammesverfahren oft mehr als das formelle Gerichtssystem, das von vielen als korrupt und unzureichend unabhängig angesehen wird (USDOS 20.3.2023).

Quellen:

-        BTI – Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Yemen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069601/country_report_2022_YEM.pdf, Zugriff 9.8.2023

-        FH – Freedom House (2023): Freedom in the World 2022 - Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2095579.html, Zugriff 9.8.2023

-        UNSC – United Nations Security Council (26.1.2022): Letter dated 25 January 2022 from the Panel of Experts on Yemen addressed to the President of the Security Council, https://www.ecoi.net/en/file/local/2087155/N2141562.pdf, Zugriff 9.8.2023

-        USDOS – United States Department of States [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089145.html, Zugriff 9.8.2023

Sicherheitsbehörden

Gemäß der Verfassung ist der Staat die Autorität, die die Streitkräfte, Polizei, Sicherheitskräfte und alle anderen Einrichtungen dieser Art zu schaffen hat. Keine Organisation, Einzelperson, Gruppe, politische Partei oder Organisation darf Streitkräfte oder paramilitärische Gruppen zu irgendeinem Zweck oder unter irgendeinem Namen aufstellen (Art. 36). Auch dürfen sie nicht im Interesse einer Partei, einer Einzelperson oder einer Gruppe eingesetzt werden, sondern sie habe ihre Aufgaben neutral und ordnungsgemäß zu erfüllen (Art. 40). Im Artikel 39 versteht sich die Polizei als eine zivile und reguläre Kraft, die ihre Aufgaben im Dienste des Volkes wahrnimmt und den Frieden und dessen Sicherheit garantiert. Sie bewahrt das Recht, hält die öffentliche Ordnung aufrecht, wahrt die guten Sitten, führt die Anordnungen der Justizbehörden aus und erfüllt die Aufgaben, die ihr durch die Gesetze und Vorschriften des Landes auferlegt werden. Zuständig für die Ernennung und Entlassung hochrangiger Militär- oder Polizeibeamter gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ist der Präsident der Republik (Art. 119) (JEME 1991).Gemäß der Verfassung ist der Staat die Autorität, die die Streitkräfte, Polizei, Sicherheitskräfte und alle anderen Einrichtungen dieser Art zu schaffen hat. Keine Organisation, Einzelperson, Gruppe, politische Partei oder Organisation darf Streitkräfte oder paramilitärische Gruppen zu irgendeinem Zweck oder unter irgendeinem Namen aufstellen (Artikel 36,). Auch dürfen sie nicht im Interesse einer Partei, einer Einzelperson oder einer Gruppe eingesetzt werden, sondern sie habe ihre Aufgaben neutral und ordnungsgemäß zu erfüllen (Artikel 40,). Im Artikel 39 versteht sich die Polizei als eine zivile und reguläre Kraft, die ihre Aufgaben im Dienste des Volkes wahrnimmt und den Frieden und dessen Sicherheit garantiert. Sie bewahrt das Recht, hält die öffentliche Ordnung aufrecht, wahrt die guten Sitten, führt die Anordnungen der Justizbehörden aus und erfüllt die Aufgaben, die ihr durch die Gesetze und Vorschriften des Landes auferlegt werden. Zuständig für die Ernennung und Entlassung hochrangiger Militär- oder Polizeibeamter gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ist der Präsident der Republik (Artikel 119,) (JEME 1991).

Die wichtigsten Einrichtungen der international anerkannten jemenitischen Regierung, die für die innere Sicherheit zuständig sind, sind die Organisation für politische Sicherheit und das Nationale Sicherheitsbüro. Beide Organisationen sind per Gesetz dem Innenminister und anschließend dem Präsidenten unterstellt (USDOS 20.3.2023). Im September 2019 haben die Huthi die beiden seit langem bestehenden Nachrichtendienste zu einem einzigen Dienst mit der Bezeichnung „Sicherheits- und Nachrichtendienst" zusammengelegt (CTC 10.2022).

Die Kriminalpolizei, die die meisten strafrechtlichen Ermittlungen und Verhaftungen durchführt, die paramilitärischen Sondersicherheitskräfte und die Antiterroreinheit unterstehen ebenfalls dem Innenminister. Die Huthi-Kräfte kontrollieren die meisten der verbliebenen nationalen Sicherheitsorgane in Teilen des Nordens und andere ehemalige staatliche Einrichtungen. Die jemenitische Regierung besetzt die nationalen Sicherheitsbehörden in den von ihr kontrollierten Gebieten, obwohl große Gebiete, die nominell unter der Kontrolle der jemenitischen Regierung stehen, faktisch von Stammesführern und lokalen Militärkommandeuren kontrolliert werden. Der Südliche Übergangsrat (STC) und die mit ihm verbundenen bewaffneten Gruppen übernehmen die Verantwortung für die Sicherheit in weiten Teilen des Südens, einschließlich der vorübergehenden Hauptstadt der Regierung, Aden. Die zivilen Behörden haben keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 20.3.2023).

Zu den Militär- und Sicherheitskräften der international anerkannten Regierung gehören mehrere Organisationen aus dem Verteidigungs- und Innenministerium. Hinzu kommen die von Saudi-Arabien unterstützten paramilitärischen oder militärischen Kräfte, die sich weitgehend auf Stammes- oder regionale Zugehörigkeit stützen. Zu den von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterstützten Kräften gehören stammes- und regionenbezogene Milizen und paramilitärische Kräfte (vor allem in den südlichen Gouvernements) wie die Kräfte des STC. Nicht zuletzt verfügen die von Iran militärisch und politisch unterstützten Huthi über Milizen oder Stammeshilfstruppen (CIA 11.7.2023).

Die dem jemenitischen Verteidigungsministerium unterstellten Regierungstruppen sind für die territoriale Verteidigung zuständig, haben aber auch Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit (CIA 11.7.2023; vgl. USDOS 20.3.2023); ihr Hauptaugenmerk liegt auf den Huthi-Rebellen und dem Schutz der jemenitischen Seegrenzen (CIA 11.7.2023).Die dem jemenitischen Verteidigungsministerium unterstellten Regierungstruppen sind für die territoriale Verteidigung zuständig, haben aber auch Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit (CIA 11.7.2023; vergleiche USDOS 20.3.2023); ihr Hauptaugenmerk liegt auf den Huthi-Rebellen und dem Schutz der jemenitischen Seegrenzen (CIA 11.7.2023).

Quellen:

-        CIA – The World Factbook [USA] (11.7.2023): Yemen, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/yemen/#military-and-security, Zugriff 9.8.2023

-        CTC – Combating Terrorism Center at West Point (10.2022): The Houthi Jihad Council: Command and Control in ‘the Other Hezbollah’, https://ctc.westpoint.edu/wp-content/uploads/2022/10/CTC-SENTINEL-102022.pdf, Zugriff 7.2023

-        JEME – Die jemenitische Verfassung [Jemen] (1991): Yemen's Constitution of 1991 with Amendments through 2015, zitiert in: Comparative Constitutions Project am 28.11.2022, https://www.constituteproject.org/constitution/Yemen_2015.pdf?lang=en, Zugriff 9.8.2023

-        USDOS – United State Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089145.html, Zugriff 9.8.2023

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter und andere Misshandlungen dieser Art. Obwohl das Gesetz keine umfassende Definition von Folter enthält, gibt es Bestimmungen, die Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren für wegen Folter verurteilte Personen vorsehen (USDOS 20.3.2023).

Willkürliche Inhaftierungen sind weit verbreitet, und in den letzten Jahren wurden Hunderte von Fällen dokumentiert. In vielen Fällen handelt es sich um erzwungenes Verschwindenlassen, ohne dass Informationen über den Status oder den Aufenthaltsort der Opfer vorliegen (FH 2023). Untersuchungen von Human Rights Watch und anderen Rechtsgruppen erbringen immer mehr Beweise für weit verbreitete willkürliche Verhaftungen, gewaltsames Verschwindenlassen sowie Misshandlungen und Folter in der Haft durch die Konfliktparteien (HRW 13.1.2022; vgl. UNSC 21.2.2023).Willkürliche Inhaftierungen sind weit verbreitet, und in den letzten Jahren wurden Hunderte von Fällen dokumentiert. In vielen Fällen handelt es sich um erzwungenes Verschwindenlassen, ohne dass Informationen über den Status oder den Aufenthaltsort der Opfer vorliegen (FH 2023). Untersuchungen von Human Rights Watch und anderen Rechtsgruppen erbringen immer mehr Beweise für weit verbreitete willkürliche Verhaftungen, gewaltsames Verschwindenlassen sowie Misshandlungen und Folter in der Haft durch die Konfliktparteien (HRW 13.1.2022; vergleiche UNSC 21.2.2023).

Quellen:

-        FH – Freedom House (2023): Freedom in the World 2022 - Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2095579.html, Zugriff 9.8.2023

-        HRW – Human Rights Watch (13.1.2023): World Report 2022 - Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066507.html, Zugriff 9.8.2023

-        UNSC – United Nations Security Council (21.2.2023): Letter dated 21 February 2023 from the Panel of Experts on Yemen addressed to the President of the Security Council, https://www.ecoi.net/en/file/local/2088405/N2277093.pdf, Zugriff 9.8.2023

-        USDOS – United State Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089145.html, Zugriff 9.8.2023

Todesstrafe

Im Jemen darf ein Todesurteil nur vollstreckt werden, wenn es vom Präsidenten der Republik bestätigt wird (JEME 1991, Art. 123).Im Jemen darf ein Todesurteil nur vollstreckt werden, wenn es vom Präsidenten der Republik bestätigt wird (JEME 1991, Artikel 123,).

Das jemenitische republikanische Dekret von 1994 sieht die Todesstrafe in einer Reihe an Artikeln wie 126 – 128 etc. vor. Beispielsweise wird der Versuch, die Unabhängigkeit, Einheit oder territoriale Unversehrtheit der Republik zu verletzen, der Todesstrafe bestraft (NLB 12.10.1994, Art. 125). Weiters wird die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt, wenn der Widerstand gegen einen befehlshabenden Offizier zu dessen Tod geführt hat (Art. 226). Jeder Angehörige der Streitkräfte wird beim Desertieren oder freiwilligem Überlaufen zum Feind u.a. wegen feigen Verhaltens mit der Todesstrafe bestraft (Art. 227). Wer eine unfehlbare Seele vorsätzlich ermordet, wird mit der Todesstrafe bestraft, es sei denn, die begangene Tat wird vergeben (Art. 234). Wer sich von der Religion des Islam abwendet oder sie verleugnet, wird mit der Todesstrafe bestraft, nachdem er dreimal zur Reue befragt wurde und eine Frist von dreißig Tagen erhalten hat (Art. 259). Bei Homosexuellen ist es gesetzlich zulässig, sie mit einer Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr zu bestrafen, oder mit Steinigung, wenn sie verheiratet sind (Art. 264) (NLB 12.10.1994), jedoch sind keine Hinrichtungen von LGBTQI+ Personen in den letzten Jahren bekannt (USDOS 21.3.2023).Das jemenitische republikanische Dekret von 1994 sieht die Todesstrafe in einer Reihe an Artikeln wie 126 – 128 etc. vor. Beispielsweise wird der Versuch, die Unabhängigkeit, Einheit oder territoriale Unversehrtheit der Republik zu verletzen, der Todesstrafe bestraft (NLB 12.10.1994, Artikel 125,). Weiters wird die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt, wenn der Widerstand gegen einen befehlshabenden Offizier zu dessen Tod geführt hat (Artikel 226,). Jeder Angehörige der Streitkräfte wird beim Desertieren oder freiwilligem Überlaufen zum Feind u.a. wegen feigen Verhaltens mit der Todesstrafe bestraft (Artikel 227,). Wer eine unfehlbare Seele vorsätzlich ermordet, wird mit der Todesstrafe bestraft, es sei denn, die begangene Tat wird vergeben (Artikel 234,). Wer sich von der Religion des Islam abwendet oder sie verleugnet, wird mit der Todesstrafe bestraft, nachdem er dreimal zur Reue befragt wurde und eine Frist von dreißig Tagen erhalten hat (Artikel 259,). Bei Homosexuellen ist es gesetzlich zulässig, sie mit einer Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr zu bestrafen, oder mit Steinigung, wenn sie verheiratet sind (Artikel 264,) (NLB 12.10.1994), jedoch sind keine Hinrichtungen von LGBTQI+ Personen in den letzten Jahren bekannt (USDOS 21.3.2023).

Todesurteile werden in Jemen nach Verfahren verhängt, die nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen. In den Jahren 2021 bzw. 2022 gab es 298 bzw. 78 Todesurteile und 14 bzw. 4 Hinrichtungen (AI 5.2023).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (5.2023): Death Sentences and Executions 2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091962/ACT5065482023ENGLISH.pdf, Zugriff 9.8.2023

-        JEME – Die jemenitische Verfassung [Jemen] (1991): Yemen's Constitution of 1991 with Amendments through 2015, zitiert in: Comparative Constitutions Project am 28.11.2022, https://www.constituteproject.org/constitution/Yemen_2015.pdf?lang=en, Zugriff 9.8.2023

-        NLB – National Legislative Bodies [Jemen] (12.10.1994): Republican Decree for Law No 12 for the Year 1994 Concerning Crimes and Penalties, zitiert in: Refworld, https://www.refworld.org/docid/3fec62f17.html, Zugriff 9.8.2023

-        USDOS – United States Department of States [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091945.html, Zugriff 9.8.2023

-        USDOS – United States Department of States [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089145.html, Zugriff 9.8.2023

Haftbedingungen

In den von den Huthi kontrollierten Gebieten werden Inhaftierte Tageslichtentzug, Isolationshaft, Demütigungen, Schlägen durch Stöcke und Kabel, Elektroschocks, mangelhafter Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie unzureichender medizinischer Behandlung ausgesetzt. Andererseits werden der international anerkannten Regierung u.a. Schläge, Beleidigungen und mangelhafte medizinische Versorgung vorgeworfen (BAMF 19.6.2023; vgl. HRW 13.1.2023). Auch werden Gefangene häufig in inoffiziellen Haftanstalten festgehalten (FH 2023).In den von den Huthi kontrollierten Gebieten werden Inhaftierte Tageslichtentzug, Isolationshaft, Demütigungen, Schlägen durch Stöcke und Kabel, Elektroschocks, mangelhafter Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie unzureichender medizinischer Behandlung ausgesetzt. Andererseits werden der international anerkannten Regierung u.a. Schläge, Beleidigungen und mangelhafte medizinische Versorgung vorgeworfen (BAMF 19.6.2023; vergleiche HRW 13.1.2023). Auch werden Gefangene häufig in inoffiziellen Haftanstalten festgehalten (FH 2023).

Quellen:

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.5.2023): Briefing Notes (KW019/2023), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2023/briefingnotes-kw19-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 9.8.2023

-        FH – Freedom House (2023): Freedom in the World 2022 - Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2095579.html, Zugriff 9.8.2023

-        HRW – Human Rights Watch (13.1.2023): World Report 2022 - Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066507.html, Zugriff 9.8.2023

Homosexuelle/Sexuelle Minderheiten

Das jemenitische Strafgesetzbuch verbietet gleichgeschlechtliche Beziehungen (HRW 23.4.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). Artikel 264 bestraft Analsex mit 100 Peitschenhieben und möglicherweise einem Jahr Freiheitsstrafe, wenn die Teilnehmer nicht verheiratet sind. Wenn verheiratet, schreibt der gleiche Artikel den Tod durch Steinigung vor. Artikel 268 bestraft Sex zwischen Frauen mit bis zu drei Jahren Gefängnis. Artikel 273 und 274 bestrafen jede Handlung, die „auf eine Verletzung der Bescheidenheit und gegen die Etikette hinweist", mit bis zu sechs Monaten Gefängnis (HRW 23.4.2021).Das jemenitische Strafgesetzbuch verbietet gleichgeschlechtliche Beziehungen (HRW 23.4.2021; vergleiche USDOS 30.3.2021). Artikel 264 bestraft Analsex mit 100 Peitschenhieben und möglicherweise einem Jahr Freiheitsstrafe, wenn die Teilnehmer nicht verheiratet sind. Wenn verheiratet, schreibt der gleiche Artikel den Tod durch Steinigung vor. Artikel 268 bestraft Sex zwischen Frauen mit bis zu drei Jahren Gefängnis. Artikel 273 und 274 bestrafen jede Handlung, die „auf eine Verletzung der Bescheidenheit und gegen die Etikette hinweist", mit bis zu sechs Monaten Gefängnis (HRW 23.4.2021).

Lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersexuelle (LGBTI) Personen werden diskriminiert. Es gibt von Seiten der Regierung keine offizielle Berichterstattung zu Gewalt oder Diskriminierung gegen LGBTI-Personen. Aufgrund der schweren Strafen gehen nur wenige Homosexuelle oder LGBTI-Personen offen mit ihrer sexuellen Orientierung oder Identität um. Es gibt keine LGBTI-Organisationen (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

-        HRW – Human Rights Watch (23.4.2021): Human Rights Watch Country Profiles: Sexual Orientation and Gender Identity, https://www.hrw.org/video-photos/interactive/2021/04/23/country-profiles-sexual-orientation-and-gender-identity#yemen, Zugriff 15.12.2021

-        USDOS - US Department of State (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048179.html, Zugriff 3.12.2021

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit und Identität des BF basieren auf gleichlautenden Angaben des BF bzw. seiner Sprachkenntnisse. Der vorgelegte, jedoch ungültige jemenitische Kinderreisepass ist allerdings nicht geeignet, positive Feststellungen zur Identität des BF zu treffen.

Die Feststellung zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaft des BF in Österreich basiert auf seinen nachvollziehbaren Angaben beim BVwG in Zusammenschau mit seiner Stellungnahme vom 07.11.2023 und ist insgesamt glaubwürdig und schlüssig durch den BF dargelegt worden.

Der vom BF erst in der Verhandlung beim BVwG über Aufforderung des Richters namhaft gemachte und beantragte Zeuge konnte infolge Urlaubs keine Zeugenaussage erstatten. Dem BF wurde daher aufgetragen, Namen und Adressen von Zeugen binnen 3 Wochen bekannt zu geben (vgl. VwGH 06.06.2023, Ra 2022/19/0263 RZ 11). Dies wurde durch die Beweismittelvorlage vom 05.12.2023 vorgenommen. In diesem Schreiben wird durch den ausgewiesenen Zeugen insbesondere explizit das Vorbringen in Bezug auf die sexuelle Orientierung des BF durch konkrete Angaben bestätigt. Der vom BF erst in der Verhandlung beim BVwG über Aufforderung des Richters namhaft gemachte und beantragte Zeuge konnte infolge Urlaubs keine Zeugenaussage erstatten. Dem BF wurde daher aufgetragen, Namen und Adressen von Zeugen binnen 3 Wochen bekannt zu geben vergleiche VwGH 06.06.2023, Ra 2022/19/0263 RZ 11). Dies wurde durch die Beweismittelvorlage vom 05.12.2023 vorgenommen. In diesem Schreiben wird durch den ausgewiesenen Zeugen insbesondere explizit das Vorbringen in Bezug auf die sexuelle Orientierung des BF durch konkrete Angaben bestätigt.

Die vom BF geäußerten Befürchtungen bzw. Sanktionen finden Deckung in den oa. Länderberichten. Insbesondere ergibt sich daraus, dass von Stammesführern gefällte Urteile mangels funktionierender Justiz im Jemen seitens der Bevölkerung beachtet bzw. akzeptiert werden. Die Befürchtungen des BF, seitens seines Stammes Sanktionen wegen seiner gleichgeschlechtlichen Handlungen/Beziehungen ausgesetzt zu sein, sind daher plausibel und glaubwürdig. Dass der BF infolge Korruption und nicht existentem Justizwesen staatlichen Schutz dann nicht erwarten kann, ergibt sich aus dem Vorgesagten bzw. würde ihm selbst von Seiten des Staates Verfolgung drohen.

Die Feststellung, dass er im Fall einer Rückkehr in den Jemen wegen seiner Homosexualität einer Verfolgung in asylrelevanter Intensität ausgesetzt wäre, basiert auf den getroffenen Länderfeststellungen: Wie diesen zu entnehmen ist, verbietet das jemenitische Strafgesetzbuch gleichgeschlechtliche Beziehungen (HRW 23.4.2021; vgl. USDOS 30.3.2021). Artikel 264 bestraft Analsex mit 100 Peitschenhieben und möglicherweise einem Jahr Freiheitsstrafe, wenn die Teilnehmer nicht verheiratet sind. Wenn verheiratet, schreibt der gleiche Artikel den Tod durch Steinigung vor. Artikel 268 bestraft Sex zwischen Frauen mit bis zu drei Jahren Gefängnis. Artikel 273 und 274 bestrafen jede Handlung, die „auf eine Verletzung der Bescheidenheit und gegen die Etikette hinweist", mit bis zu sechs Monaten Gefängnis (HRW 23.4.2021).Die Feststellung, dass er im Fall einer Rückkehr in den Jemen wegen seiner Homosexualität einer Verfolgung in asylrelevanter Intensität ausgesetzt wäre, basiert auf den getroffenen Länderfeststellungen: Wie diesen zu entnehmen ist, verbietet das jemenitische Strafgesetzbuch gleichgeschlechtliche Beziehungen (HRW 23.4.2021; vergleiche USDOS 30.3.2021). Artikel 264 bestraft Analsex mit 100 Peitschenhieben und möglicherweise einem Jahr Freiheitsstrafe, wenn die Teilnehmer nicht verheiratet sind. Wenn verheiratet, schreibt der gleiche Artikel den Tod durch Steinigung vor. Artikel 268 bestraft Sex zwischen Frauen mit bis zu drei Jahren Gefängnis. Artikel 273 und 274 bestrafen jede Handlung, die „auf eine Verletzung der Bescheidenheit und gegen die Etikette hinweist", mit bis zu sechs Monaten Gefängnis (HRW 23.4.2021).

Lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersexuelle (LGBTI) Personen werden diskriminiert. Es gibt von Seiten der Regierung keine offizielle Berichterstattung zu Gewalt oder Diskriminierung gegen LGBTI-Personen. Aufgrund der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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