Entscheidungsdatum
06.02.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W168 2262181-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2022, Zl. 1281720307/211051649, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.11.2023, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Jemen, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2022, Zl. 1281720307/211051649, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.11.2023, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG), nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der damals 26-jährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger des Jemen, gehört der arabischen Volksgruppe an, ist sunnitischer Moslem, reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte hier am 31.07.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 31.07.2021 -mittels geprüftem Dolmetscher- gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt auf Arabisch an, dass er wegen des Krieges sein Heimatland verlassen habe und er gezwungen worden wäre, den Militärdienst zu leisten. Bei einer Rückkehr in den Jemen habe er Angst, in das Militär einberufen zu werden. Er hätte mit einer Haftstrafe seitens der Behörde zu rechnen, da er flüchtig sei.
Er habe den Jemen 2015 wegen des Krieges legal mittels PKW nach Saudi-Arabien verlassen, wo er bis 21.07.2021 gelebt habe. Seine Familie (Eltern, vier Brüder, eine Schwester) seien in Saudi-Arabien, bis auf den im Jemen aufhältigen Bruder Nasser. Der Beschwerdeführer stamme aus Aden, habe nach der 12 Jahren Grundschule keine Berufsausbildung erhalten und sei zuletzt als Verkäufer tätig gewesen. Nach durchgeführter Rückübersetzung bestätigte der Beschwerdeführer alles verstanden zu haben und keine Ergänzungen vornehmen zu wollen.
Der am 20.01.2020 in Jeddah ausgestellte jemenitische Reisepass des BF samt einem für die Zeit vom 15.07.2021 bis 15.10.2021 gültigen bosnischem Visum und Einreisestempel wurde sichergestellt.
2. In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 10.03.2022 gab der BF an, dass sich sein Bruder Nasser nicht im Jemen, sondern in Saudi-Arabien befinde. Außerdem sei er selbst vor der Al Qaida und anderen Gruppierungen und nicht vor dem Militärdienst geflüchtet. Er habe den Jemen erst 2016 und nicht bereits 2015 verlassen. Sein jemenitischer Reisepass wurde am 20.01.2020 in der Botschaft in Jeddah ausgestellt und enthält ein bosnisches Visum, einen bosnischen Einreisestempel, sowie einen Ausreisestempel aus Saudi-Arabien. Der BF sei in Gouvernement Abyan geboren und habe bei seinen Eltern gelebt. Sei Vater sei Lehrer gewesen und aus finanziellen Gründen nach Saudi-Arabien gegangen, um dort zu arbeiten, etwa 2007. Bis Ende 2014 habe der Beschwerdeführer neben der Schule als Hilfskraft in einem Geschäft gearbeitet, bis 2016 habe er nichts gearbeitet und hätte dann mit seiner Familie den Jemen verlassen. Sie seien in Folge zum Vater nach Saudi-Arabien gereist. In den letzten beiden Jahren vor der Ausreise 2021 habe er dort als Programmierer gearbeitet und bei seiner Familie gewohnt. Sein Vater sei Bauleiter in einer Baufirma. Sein ältester Bruder habe eine Aufenthaltsberechtigung und arbeite in derselben Firma wie der Vater, die übrigen Brüder besuchten die Schule, seine Mutter sei Hausfrau. Er habe Kontakt zur Familie, es gehe ihnen finanziell gut.
Zum Fluchtgrund befragt brachte der BF vor, im Herkunftsstaat nicht straffällig geworden oder verhaftet worden zu sein bzw. nie Probleme mit den Behörden gehabt zu haben oder von staatlicher Seite verfolgt worden zu sein. Er sei nie Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei gewesen und sei im Herkunftsstaat auch nicht aus Gründen der GFK verfolgt worden. Saudi-Arabien habe er verlassen, weil sein Besuchervisum abgelaufen sei und auf Grund des Krieges Jemeniten bzw. auch seine Familie jederzeit abgeschoben werden könnten. 2016 hätten sie den Jemen wegen des Krieges verlassen. Zuerst habe die Al Qaida ihr Dorf eingenommen, worauf sie in die Hauptstadt des Gouvernements geflüchtet seien. Wer zurückgeblieben sei, sei zwangsrekrutiert worden. Die Al Qaida sei bis Aden vorgerückt und hätte versucht, Stadt für Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie hätten Leute in die Städte geschickt und dort viele Anschläge ausgeführt. Deshalb seien sie damals ausgereist. Im Jahr 2015 seien Mitglieder der Al Qaida auch einmal bei ihnen zu Hause gewesen und hätten die jungen Männer im Haus sprechen wollen und hätten versucht sie dazu zu überreden, sich ihnen anzuschließen. Daraufhin hätten sie ihre Ausreise geplant und seien 2016 nach Saudi-Arabien gereist. Befragt, ob er persönlich von der Al Qaida angesprochen worden sei, gab er an, dass sie mit ihnen allen gesprochen hätten, worauf sie Zeit erbeten hätten und dann ausgereist seien. 2015 seien sie zuletzt bei ihnen gewesen. Von 2015 bis 2016 habe er nichts gemacht und sei zu Hause geblieben. Danach habe er die die Mitglieder der Al Qaida nie wieder gesehen. Bis 2016 hätten sie auf ihre Visa gewartet. In dieser Zeit habe es keine Probleme gegeben, auch er persönlich hätte keine Probleme gehabt. Im Jemen herrsche Krieg; sie hätten ständig übersiedeln müssen. Er selbst habe nicht gekämpft und sei auch kein Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen. Im Fall der Rückkehr müsse man sich einer Gruppierung anschließen. Im Jemen seien nur die Milizen an der Macht. Nach Saudi-Arabien könne er leider nicht zurückkehren, weil Jemeniten dort kaum Aufenthaltsberechtigungen bekämen. Dort würde er keinerlei Probleme haben. Im Jemen gebe es keine Behörden. Zu den allgemeinen Länderberichten wolle er keine Stellungnahme abgeben. Den –gerichtlich beeideten- Dolmetscher habe er gut verstanden. Vorgelegt wurden eine Kopie eines Einreisevisums, die Kopie einer Information für saudi-arabische Visa, eine Kopie eines Empfehlungsschreibens.
3. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte diesem aber den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm für ein Jahr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. (Spruchpunkt III.). 3. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte diesem aber den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm für ein Jahr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, leg. cit. (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass die ursprünglich geltend gemachte Angst vor dem Militärdienst angesichts der Länderberichte, wonach die Wehrpflicht im Jahr 2001 im Jemen abgeschafft wurde, nicht glaubwürdig sei und auch die sodann beim BFA geltend gemachte Rekrutierung durch die Al Qaida im Jahr 2015 angesichts der Länderberichte, welchen derartige Aktivitäten nicht zu entnehmen seien, nicht festgestellt werden könne bzw. nicht asylrelevant sei und dem BF auch sonst keine asylrelevante Verfolgung bei einer Rückkehr in den Jemen drohe. Jedoch bestehe momentan die reale Gefahr, dass praktisch jeder bei einer Rückkehr in den Jemen einer ernsthaften individuellen Bedrohung infolge eines bewaffneten Konflikts ausgesetzt zu sein, sodass ihm subsidiärer Schutz zu erteilen gewesen sei.
4. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhob der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass sich der BF 2014/2015 geweigert habe, den Aufforderungen der Al Qaida in Al Mafhad, sich ihnen anzuschließen, und aus Furcht mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im März 2015 nach Aden geflohen sei. Der Vater lebe bereits seit 2007 und ein Bruder schon seit der Zeit vor diesen Vorfällen nicht mehr im Jemen. Die Al Qaida habe den BF in Aden aufgespürt und erneut aufgefordert, sich ihnen anzuschließen, worauf er einen Aufschub als ältester noch im Jemen lebender Sohn der Familie erhalten habe und 2016 mit seiner Familie nach Erhalt der Visa nach Saudi-Arabien habe flüchten können. Bis zur Ausreise habe sich der BF versteckt gehalten. Saudi- Arabien habe er wegen des Ablaufs seines Visums verlassen müssen und am 31.07.2021 in Österreich Asyl beantragt. Er befürchte bei einer Rückkehr in den Jemen eine Verfolgung bzw. Zwangsrekrutierung durch sämtliche Akteure des Bürgerkriegs sowie eine zwangsweise Teilnahme am Bürgerkrieg, wodurch der BF einer erheblichen Lebensgefahr ausgesetzt wäre und davon auszugehen sei, dass er zu schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, und Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder zu anderen der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufenden Handlungen gezwungen wäre. Die Behörde habe es unterlassen, den BF eingehend zu seinem Fluchtvorbringen zu befragen. Die Angaben des BF über die Zwangsrekrutierung durch die Al Qaida würden mit der damaligen politischen Lage und den Machtverhältnissen im Jemen übereinstimmen. Die Behörde habe es gänzlich verabsäumt, darauf einzugehen, dass der BF vorbrachte, sich im Fall einer Rückkehr einer am Krieg beteiligten Miliz anschließen zu müssen, weil der jemenitische Staat mangels Souveränität nicht in der Lage wäre, ihm hinreichenden Schutz zu gewähren. Für den BF sei nicht erkennbar gewesen, inwiefern er die Fluchtgründe darlegen und noch genauer auf seine Probleme in der Heimat hätte eingehen sollen. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er damals vor der Al Qaida geflohen sei, sich aber jetzt vor einer Verfolgung durch sämtliche Akteure des Bürgerkrieges und einer zwangsweisen Teilnahme am Krieg fürchte. Es stelle eine Verletzung des Parteiengehörs vor, dass die Behörde den Beschwerdeführer nicht mit den Widersprüchlichkeiten seines Vorbringens konfrontiert habe (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089). Außerdem hätte sich die Behörde durch Erhebungen vor Ort davon zu überzeugen gehabt, dass seine Angaben zur Situation im Jahr 2016 glaubwürdig seien. Daher stehe das Neuerungsverbot nach § 20 BFA-VG dem Vorbringen des BF in der Beschwerde nicht entgegen. Die herangezogenen Länderfeststellungen seien teilweise unvollständig und veraltet und würden sich nicht ausreichend mit dem konkreten Fluchtvorbringen befassen. Die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 04.10.2021 berichte davon, dass die Huthis in den von ihnen kontrollierten Gebieten regelmäßig Zwangsrekrutierungen durchführten und auch eine allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden sei, um neue Rekruten zu gewinnen. Auch im UNCHR- Positionspapier vom Oktober 2021 werde berichtet, dass Personen, jene welche die Huthi-Miliz ablehnen, mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müssten. Darüber hinaus komme es auch zu (Zwangs-)Rekrutierungen durch andere Akteure: Saudi-Arabien und die VAE würden auch eine Reihe von (para-)militärischen Einheiten unterstützen. Nach dem Abzug der Hauptstreitkräfte der Emirate 2019 sei eine kleine militärische Präsenz verblieben, welche mit den Aliierten, besonders STC zusammenarbeite. Mit Stand 2021 hätten die Emirate geschätzte 150-200.000 jemenitische Kämpfer rekrutiert und aus ihnen dutzende Milizen zusammengestellt. Zudem hätten nach der von UNHCR vertretenen Position vom Oktober 2021 jene Personen, welche einer Konfliktpartei ablehnend gegenüberstünden bzw. welchen dies unterstellt werde, ein besonderes Risikoprofil. Nach einem Bericht des BAMF vom Februar 2022 werde seitens der Huthis gegen abweichende politische Meinungen brutal vorgegangen, wobei die Wertung als „politischer Oppositioneller“ hiebei oft schon in der bloßen Nichtbefolgung von Anordnungen begründet sei. Anzumerken sei, dass die Zugehörigkeit zu den Sunniten dann zu einem verfolgungsrelevanten Merkmal für die Huthis (Schiiten) werde, wenn etwa noch eine (unterstellte) politische Gesinnung hinzukomme. Aus dem LIB gehe deutlich hervor, dass die Konfliktparteien ihre Gegner allein wegen ihrer religiösen Überzeugung inhaftieren und foltern würden. Der BF habe sich durch seine Reise nach Europa einer Zwangsrekrutierung entzogen und würde im Fall einer Rückkehr seitens der Huthis und anderen Bürgerkriegsakteure als politischer Gegner angesehen werden. Zudem sei er als arabischer Sunnit bei einer bereits bestehenden Verfolgungsgefahr möglicherweise verstärkt einer Verfolgung durch die Huthis ausgesetzt. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft, insbesondere entspreche es den Tatsachen, dass die Al Qaida damals eine starke Position im Süden des Landes gehabt habe und jedenfalls bis nach Aden vorgedrungen sei. Auch entspreche es den realen Gegebenheiten, dass der BF im Fall einer Rückkehr in den Jemen sich vor einer Verfolgung bzw. Zwangsrekrutierung sämtlicher Akteure fürchte und dies den realen Gegebenheiten entspreche, habe die Behörde gänzlich missachtet und sich auch nicht mit den einschlägigen Länderberichten auseinandergesetzt. Dass die verschiedenen Akteure des jemenitischen Bürgerkrieges junge Menschen (zwangs)rekrutieren, ergebe sich deutlich aus den Länderinformationen und ergänzenden Berichten. Darüber hinaus wäre er auf Grund seiner Ablehnung des Krieges und sämtlicher Konfliktparteien wegen seiner politischen Überzeugung- wobei dies weit auszulegen sei und jedes kritische Verhalten als oppositionell verstanden werden könne- der realen Gefahr einer Verfolgung ausgeliefert. Infolge seines Auslandsaufenthaltes könne davon ausgegangen werden, dass der BF im Fall einer Rückkehr zumindest wegen unterstellter oppositioneller politischer Gesinnung verfolgt werde. Für den BF als sunnitischen Moslem komme nach dem Bericht des BAMF vom 07.03.2022 über die Huthis eine zusätzliche Gefahr der Verfolgung hinzu. Zwar handle es sich gegenständlich nicht um eine staatliche Verfolgung, jedoch sei der Staat Jemen nicht in der Lage, den BF vor einer Verfolgung zu beschützen. Nach den Länderberichten könne die Sicherheit im Jemen nicht durch staatliche Behörden gewährleistet werden und seien die staatlichen Sicherheitsorgane nur bedingt funktionsfähig. Der EuGH habe in der RS C-238/19 ausgesprochen, dass im Fall einer drohenden (Militär)Rekrutierung eine starke Vermutung für eine Verknüpfung mit einem Konventionsgrund der GFK bestehe, insbesondere, wenn die Dienstverweigerung mit harten Strafen bewehrt sei und dies in der Situation eines allgemeinen Bürgerkriegs mit großer Wahrscheinlichkeit als Akt oppositioneller Gesinnung aufgefasst werde. Der BF erfülle eindeutig eines der von UNCHR identifizierten Risikoprofile, wobei auf die Indizwirkung der UNCHR-Positionen besonders hinzuweisen sei. Das Fluchtvorbringen des BF sei als glaubhaft zu bewerten, weil es sich mit den aktuellen, fallbezogenen Länderberichten decke. Durch eine Weigerung, sich dem Kampf anzuschließen, würde man ihn auf Grund der ihm unterstellten politischen Überzeugung verfolgen. Infolge seiner religiösen Orientierung wäre er einer weiteren Gefahr der Verfolgung ausgeliefert. Die Furcht des BF sei auf Grund der aktuellen Lage im Jemen objektiv nachvollziehbar und somit wohlbegründet. Ausschlussgründe lägen nicht vor. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative existiere nicht und könne angesichts des erteilten subsidiären Schutzes auch nicht angenommen werden. Beantragt werde eine mündliche Verhandlung.4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides erhob der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass sich der BF 2014/2015 geweigert habe, den Aufforderungen der Al Qaida in Al Mafhad, sich ihnen anzuschließen, und aus Furcht mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im März 2015 nach Aden geflohen sei. Der Vater lebe bereits seit 2007 und ein Bruder schon seit der Zeit vor diesen Vorfällen nicht mehr im Jemen. Die Al Qaida habe den BF in Aden aufgespürt und erneut aufgefordert, sich ihnen anzuschließen, worauf er einen Aufschub als ältester noch im Jemen lebender Sohn der Familie erhalten habe und 2016 mit seiner Familie nach Erhalt der Visa nach Saudi-Arabien habe flüchten können. Bis zur Ausreise habe sich der BF versteckt gehalten. Saudi- Arabien habe er wegen des Ablaufs seines Visums verlassen müssen und am 31.07.2021 in Österreich Asyl beantragt. Er befürchte bei einer Rückkehr in den Jemen eine Verfolgung bzw. Zwangsrekrutierung durch sämtliche Akteure des Bürgerkriegs sowie eine zwangsweise Teilnahme am Bürgerkrieg, wodurch der BF einer erheblichen Lebensgefahr ausgesetzt wäre und davon auszugehen sei, dass er zu schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, und Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder zu anderen der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufenden Handlungen gezwungen wäre. Die Behörde habe es unterlassen, den BF eingehend zu seinem Fluchtvorbringen zu befragen. Die Angaben des BF über die Zwangsrekrutierung durch die Al Qaida würden mit der damaligen politischen Lage und den Machtverhältnissen im Jemen übereinstimmen. Die Behörde habe es gänzlich verabsäumt, darauf einzugehen, dass der BF vorbrachte, sich im Fall einer Rückkehr einer am Krieg beteiligten Miliz anschließen zu müssen, weil der jemenitische Staat mangels Souveränität nicht in der Lage wäre, ihm hinreichenden Schutz zu gewähren. Für den BF sei nicht erkennbar gewesen, inwiefern er die Fluchtgründe darlegen und noch genauer auf seine Probleme in der Heimat hätte eingehen sollen. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er damals vor der Al Qaida geflohen sei, sich aber jetzt vor einer Verfolgung durch sämtliche Akteure des Bürgerkrieges und einer zwangsweisen Teilnahme am Krieg fürchte. Es stelle eine Verletzung des Parteiengehörs vor, dass die Behörde den Beschwerdeführer nicht mit den Widersprüchlichkeiten seines Vorbringens konfrontiert habe (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089). Außerdem hätte sich die Behörde durch Erhebungen vor Ort davon zu überzeugen gehabt, dass seine Angaben zur Situation im Jahr 2016 glaubwürdig seien. Daher stehe das Neuerungsverbot nach Paragraph 20, BFA-VG dem Vorbringen des BF in der Beschwerde nicht entgegen. Die herangezogenen Länderfeststellungen seien teilweise unvollständig und veraltet und würden sich nicht ausreichend mit dem konkreten Fluchtvorbringen befassen. Die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 04.10.2021 berichte davon, dass die Huthis in den von ihnen kontrollierten Gebieten regelmäßig Zwangsrekrutierungen durchführten und auch eine allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden sei, um neue Rekruten zu gewinnen. Auch im UNCHR- Positionspapier vom Oktober 2021 werde berichtet, dass Personen, jene welche die Huthi-Miliz ablehnen, mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müssten. Darüber hinaus komme es auch zu (Zwangs-)Rekrutierungen durch andere Akteure: Saudi-Arabien und die VAE würden auch eine Reihe von (para-)militärischen Einheiten unterstützen. Nach dem Abzug der Hauptstreitkräfte der Emirate 2019 sei eine kleine militärische Präsenz verblieben, welche mit den Aliierten, besonders STC zusammenarbeite. Mit Stand 2021 hätten die Emirate geschätzte 150-200.000 jemenitische Kämpfer rekrutiert und aus ihnen dutzende Milizen zusammengestellt. Zudem hätten nach der von UNHCR vertretenen Position vom Oktober 2021 jene Personen, welche einer Konfliktpartei ablehnend gegenüberstünden bzw. welchen dies unterstellt werde, ein besonderes Risikoprofil. Nach einem Bericht des BAMF vom Februar 2022 werde seitens der Huthis gegen abweichende politische Meinungen brutal vorgegangen, wobei die Wertung als „politischer Oppositioneller“ hiebei oft schon in der bloßen Nichtbefolgung von Anordnungen begründet sei. Anzumerken sei, dass die Zugehörigkeit zu den Sunniten dann zu einem verfolgungsrelevanten Merkmal für die Huthis (Schiiten) werde, wenn etwa noch eine (unterstellte) politische Gesinnung hinzukomme. Aus dem LIB gehe deutlich hervor, dass die Konfliktparteien ihre Gegner allein wegen ihrer religiösen Überzeugung inhaftieren und foltern würden. Der BF habe sich durch seine Reise nach Europa einer Zwangsrekrutierung entzogen und würde im Fall einer Rückkehr seitens der Huthis und anderen Bürgerkriegsakteure als politischer Gegner angesehen werden. Zudem sei er als arabischer Sunnit bei einer bereits bestehenden Verfolgungsgefahr möglicherweise verstärkt einer Verfolgung durch die Huthis ausgesetzt. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft, insbesondere entspreche es den Tatsachen, dass die Al Qaida damals eine starke Position im Süden des Landes gehabt habe und jedenfalls bis nach Aden vorgedrungen sei. Auch entspreche es den realen Gegebenheiten, dass der BF im Fall einer Rückkehr in den Jemen sich vor einer Verfolgung bzw. Zwangsrekrutierung sämtlicher Akteure fürchte und dies den realen Gegebenheiten entspreche, habe die Behörde gänzlich missachtet und sich auch nicht mit den einschlägigen Länderberichten auseinandergesetzt. Dass die verschiedenen Akteure des jemenitischen Bürgerkrieges junge Menschen (zwangs)rekrutieren, ergebe sich deutlich aus den Länderinformationen und ergänzenden Berichten. Darüber hinaus wäre er auf Grund seiner Ablehnung des Krieges und sämtlicher Konfliktparteien wegen seiner politischen Überzeugung- wobei dies weit auszulegen sei und jedes kritische Verhalten als oppositionell verstanden werden könne- der realen Gefahr einer Verfolgung ausgeliefert. Infolge seines Auslandsaufenthaltes könne davon ausgegangen werden, dass der BF im Fall einer Rückkehr zumindest wegen unterstellter oppositioneller politischer Gesinnung verfolgt werde. Für den BF als sunnitischen Moslem komme nach dem Bericht des BAMF vom 07.03.2022 über die Huthis eine zusätzliche Gefahr der Verfolgung hinzu. Zwar handle es sich gegenständlich nicht um eine staatliche Verfolgung, jedoch sei der Staat Jemen nicht in der Lage, den BF vor einer Verfolgung zu beschützen. Nach den Länderberichten könne die Sicherheit im Jemen nicht durch staatliche Behörden gewährleistet werden und seien die staatlichen Sicherheitsorgane nur bedingt funktionsfähig. Der EuGH habe in der RS C-238/19 ausgesprochen, dass im Fall einer drohenden (Militär)Rekrutierung eine starke Vermutung für eine Verknüpfung mit einem Konventionsgrund der GFK bestehe, insbesondere, wenn die Dienstverweigerung mit harten Strafen bewehrt sei und dies in der Situation eines allgemeinen Bürgerkriegs mit großer Wahrscheinlichkeit als Akt oppositioneller Gesinnung aufgefasst werde. Der BF erfülle eindeutig eines der von UNCHR identifizierten Risikoprofile, wobei auf die Indizwirkung der UNCHR-Positionen besonders hinzuweisen sei. Das Fluchtvorbringen des BF sei als glaubhaft zu bewerten, weil es sich mit den aktuellen, fallbezogenen Länderberichten decke. Durch eine Weigerung, sich dem Kampf anzuschließen, würde man ihn auf Grund der ihm unterstellten politischen Überzeugung verfolgen. Infolge seiner religiösen Orientierung wäre er einer weiteren Gefahr der Verfolgung ausgeliefert. Die Furcht des BF sei auf Grund der aktuellen Lage im Jemen objektiv nachvollziehbar und somit wohlbegründet. Ausschlussgründe lägen nicht vor. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative existiere nicht und könne angesichts des erteilten subsidiären Schutzes auch nicht angenommen werden. Beantragt werde eine mündliche Verhandlung.
5. Die Beschwerde langte am 11.11.2022 samt Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein.
6. Mit Schriftsatz vom 06.11.2023 wurde auf Wunsch des BF die Vollmacht niedergelegt.
7. Anlässlich der beim Bundesverwaltungsgericht anberaumten öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung am 16.11.2023 wurde Beweis erhoben durch die Einvernahme des BF unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts. Dem BF wurde hierbei umfassend die Möglichkeit eingeräumt umfassend sämtliche Gründe für die Antragstellung in Österreich, als auch die Erhebung der Beschwerde darzulegen und diese Gründe glaubhaft zu machen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der gegenwärtig 28-jährige BF ist Staatsangehöriger der Republik Jemen, gehört der arabischen Volksgruppe an und ist sunnitisch-moslemischen Glaubens. Seine Identität steht fest.
Der BF hat vor seiner Ausreise aus dem Jemen von 2015 bis 2016 in Aden gelebt, davor lebte die Familie in einem Dorf im Distrikt Al Mahfat im Gouvernement Abyan. Der Heimatdistrikt des BF steht aktuell zum (überwiegenden) Teil unter der Kontrolle der STC bzw. zu einem kleineren Teil unter der Kontrolle der Regierung. Aden sowie das gesamte Gouvernement Aden wird aktuell von der STC kontrolliert (Stand Juni 2023). Eine maßgebliche Präsenz der Al-Quaida ist in den genannten Regionen aktuell nicht ersichtlich.
Im März 2016 ist der BF gemeinsam mit seiner Familie als Angehöriger zu seinem dort bereits seit 2007 zwecks Erwerbstätigkeit aufhältigen Vater nach Saudi-Arabien gereist und ist seit 2016 nicht mehr in den Jemen zurückgekehrt. Der BF hat Saudi-Arabien mit einem bosnischen, für die Zeit vom 15.07.2021 bis 15.10.2021 gültigen Visum C verlassen, da sein Visum in Saudi-Arabien nicht verlängert wurde.
Im Jemen hat der BF noch Verwandte in Aden bzw. hält sich sein älterer Bruder wieder dort auf.
Der BF hat glaubhaft nicht darlegen können, bzw. ausgeführt, dass dieser vor seiner Ausreise aus dem Jemen einer ihn persönlich unmittelbar konkreten asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt war.
Der BF hat aufgrund der Ausreise aus dem Jemen im Jahr 2016 kein unmittelbar konkretes Wissen betreffend einer ihn unmittelbar konkret betreffenden aktuellen oder zukünftigen asylrelevanten Bedrohung im Herkunftsstaat.
Dass dem BF im Jemen eine ihn unmittelbar konkrete Einberufung zum Militär, eine Zwangsrekrutierung, bzw. Verfolgung wegen Wehrdienstentziehung drohe, ist mit verfahrensrelevanter Wahrscheinlichkeit nicht anzunehmen, bzw. nicht glaubwürdig.
Insbesondere das Vorbringen des BF, im Herkunftsstaat nach wie vor von einer Zwangsrekrutierung durch die Al-Quaida bedroht zu sein, hat sich als nicht glaubwürdig erwiesen, bzw. kann auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall einer Rückkehr aktuell Gefahr liefe, von anderen Bürgerkriegsparteien zwangsrekrutiert zu werden.
Es wird zudem festgestellt, dass dem BF mit verfahrensrelevanter Wahrscheinlichkeit, abseits der durch den Bürgerkrieg für Jedermann im Jemen allgemeinen gegebenen Gefahren, auch sonst keine ihn unmittelbar konkret persönlich betreffende asylrelevante Verfolgung oder Gefährdung aus anderen Gründen oder wegen seiner Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund seiner politischen Gesinnung droht, bzw. dieser das Vorliegen einer solchen nicht glaubhaft machen konnte.
1.2. Zur entscheidungsrelevanten Situation in der Republik Jemen
1. Politische Lage
Die heutige Republik Jemen entstand im Mai 1990 durch den Zusammenschluss der Arabischen Republik Jemen (Nordjemen) mit der Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen) (EB 28.7.2023; vgl WHH 24.3.2023). Gemäß dem Einigungsvertrag fungiert Sana’a, die frühere Hauptstadt des Nordjemen als die politische Hauptstadt des Landes, während Aden, die frühere Hauptstadt des Südjemen, als wirtschaftliches Zentrum dient. Die beiden Teile des Jemen haben eine unterschiedliche Geschichte: Während der Nordjemen nie unter kolonialer Verwaltung durch eine europäische Macht stand, war der Südjemen von 1839 bis 1967 Teil des Britischen Weltreichs. Die heutigen Grenzen sind weitgehend das Ergebnis der außenpolitischen Ziele und Maßnahmen Großbritanniens, des Osmanischen Reichs und Saudi-Arabiens. Seit der Wiedervereinigung leidet der Jemen unter chronischer Korruption und wirtschaftlicher Not. Spaltungen aufgrund von Religion, Stammeszugehörigkeit und Geografie spielen in der jemenitischen Politik weiterhin eine wichtige Rolle und führen bisweilen zu Gewalt (EB 28.7.2023). Im Mai 1994 mündete der Versuch des Südens, die staatliche Unabhängigkeit wieder herzustellen, in einen kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg, der die Hegemonie des Nordens im vereinten Jemen bestätigte und zementierte (BPB 3.1.2020; vgl. WHH 24.3.2023). Im Jahr 2014 übernahmen die Huthi – Schiitischen, die sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die sunnitische Regierung erhoben hatten – die Kontrolle über Sana’a und forderten eine neue Regierung (CRF 31.7.2023; vgl. WHH 24.3.2023).Die heutige Republik Jemen entstand im Mai 1990 durch den Zusammenschluss der Arabischen Republik Jemen (Nordjemen) mit der Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen) (EB 28.7.2023; vergleiche WHH 24.3.2023). Gemäß dem Einigungsvertrag fungiert Sana’a, die frühere Hauptstadt des Nordjemen als die politische Hauptstadt des Landes, während Aden, die frühere Hauptstadt des Südjemen, als wirtschaftliches Zentrum dient. Die beiden Teile des Jemen haben eine unterschiedliche Geschichte: Während der Nordjemen nie unter kolonialer Verwaltung durch eine europäische Macht stand, war der Südjemen von 1839 bis 1967 Teil des Britischen Weltreichs. Die heutigen Grenzen sind weitgehend das Ergebnis der außenpolitischen Ziele und Maßnahmen Großbritanniens, des Osmanischen Reichs und Saudi-Arabiens. Seit der Wiedervereinigung leidet der Jemen unter chronischer Korruption und wirtschaftlicher Not. Spaltungen aufgrund von Religion, Stammeszugehörigkeit und Geografie spielen in der jemenitischen Politik weiterhin eine wichtige Rolle und führen bisweilen zu Gewalt (EB 28.7.2023). Im Mai 1994 mündete der Versuch des Südens, die staatliche Unabhängigkeit wieder herzustellen, in einen kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg, der die Hegemonie des Nordens im vereinten Jemen bestätigte und zementierte (BPB 3.1.2020; vergleiche WHH 24.3.2023). Im Jahr 2014 übernahmen die Huthi – Schiitischen, die sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die sunnitische Regierung erhoben hatten – die Kontrolle über Sana’a und forderten eine neue Regierung (CRF 31.7.2023; vergleiche WHH 24.3.2023).
In der Verfassung wurden die Rechte und Institutionen festgeschrieben, die im Regelfall mit jenen einer liberalen parlamentarischen Demokratie verbunden sind (EB 28.7.2023). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der den Vizepräsidenten und den Premierminister ernennt (Art. 106). Der in direkter Volkswahl gewählte Präsident (Art. 108) wird für höchstens zwei Amtszeiten von je sieben Jahren gewählt (Art. 112) und von einem Kabinett unterstützt (Art. 119). Die Legislative besteht aus zwei Kammern (EB 28.7.2023): dem Repräsentantenhaus, dessen Mitglieder alle sechs Jahre in allgemeinen Wahlen gewählt werden (Art. 65), und dem al-Sh?r?-Rat (Beirat), dessen Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden (Art. 126). Das Repräsentantenhaus ist die gesetzgebende Behörde des Staates. Er erlässt Gesetze, billigt die allgemeine Staatspolitik, genehmigt den Staatshaushalt und die Wirtschaftspläne und kontrolliert die Exekutive gemäß der Verfassung (Art. 62). Die Verfassung (ausgenommen Kapitel 1 und 2) kann mit einer Dreiviertelmehrheit des Repräsentantenhauses geändert werden (Art. 158) (JEME 1991).In der Verfassung wurden die Rechte und Institutionen festgeschrieben, die im Regelfall mit jenen einer liberalen parlamentarischen Demokratie verbunden sind (EB 28.7.2023). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der den Vizepräsidenten und den Premierminister ernennt (Artikel 106,). Der in direkter Volkswahl gewählte Präsident (Artikel 108,) wird für höchstens zwei Amtszeiten von je sieben Jahren gewählt (Artikel 112,) und von einem Kabinett unterstützt (Artikel 119,). Die Legislative besteht aus zwei Kammern (EB 28.7.2023): dem Repräsentantenhaus, dessen Mitglieder alle sechs Jahre in allgemeinen Wahlen gewählt werden (Artikel 65,), und dem al-Sh?r?-Rat (Beirat), dessen Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden (Artikel 126,). Das Repräsentantenhaus ist die gesetzgebende Behörde des Staates. Er erlässt Gesetze, billigt die allgemeine Staatspolitik, genehmigt den Staatshaushalt und die Wirtschaftspläne und kontrolliert die Exekutive gemäß der Verfassung (Artikel 62,). Die Verfassung (ausgenommen Kapitel 1 und 2) kann mit einer Dreiviertelmehrheit des Repräsentantenhauses geändert werden (Artikel 158,) (JEME 1991).
Das Land ist in Gouvernements (mu??fa??t) gegliedert (LGY 7.8.2023; vgl. CP 25.9.2022), deren Gouverneure vom Präsidialrat (Presidential Leadership Council, PLC) ernannt werden (HRITC 7.4.2022; vgl CEIP 9.6.2022). Die Gouvernements haben ihren eigenen Rat (ISPI 13.7.2022; vgl. EB 28.7.2023). Sowohl im Norden als auch im Süden ging der Trend dahin, den Gouvernements ein hohes Maß an Autonomie einzuräumen. Allerdings fehlen im Jemen die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Durchführung effizienter Kommunalwahlen (EB 28.7.2023).Das Land ist in Gouvernements (mu??fa??t) gegliedert (LGY 7.8.2023; vergleiche CP 25.9.2022), deren Gouverneure vom Präsidialrat (Presidential Leadership Council, PLC) ernannt werden (HRITC 7.4.2022; vergleiche CEIP 9.6.2022). Die Gouvernements haben ihren eigenen Rat (ISPI 13.7.2022; vergleiche EB 28.7.2023). Sowohl im Norden als auch im Süden ging der Trend dahin, den Gouvernements ein hohes Maß an Autonomie einzuräumen. Allerdings fehlen im Jemen die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Durchführung effizienter Kommunalwahlen (EB 28.7.2023).
Auf nationaler Ebene gibt es eine Reihe aktiver politischer Parteien, deren Zusammensetzung und Mitgliedschaft jedoch gesetzlich geregelt ist. Parteien, die sich auf Faktoren wie regionale, stammesbezogene, konfessionelle oder ethnische Zugehörigkeit stützen, sind ausdrücklich verboten. Jede Partei muss eine Lizenz von einem staatlichen Ausschuss beantragen, um legal zu existieren (EB 28.7.2023). Nach 1990 wurden 22 Parteien zugelassen. Darunter zählen der Allgemeine Volkskongress (AVK), die Jemenitische Sozialistische Partei (JSP), die al-Islah (?die Jemenitische Versammlung für Reformen’, eine sunnitisch-islamistische Partei, lokaler Ableger der Muslimbruderschaft mit salafistischen Einflüssen), die Nasseritische Unionistische Partei (NUP) und weitere sozialistische Organisationen (SCSS 7.2.2022; vgl. EB 28.7.2023; BAMF 7.3.2023). Die in den 1990er Jahren aktive Al-?aqq-Partei (?Die wahre Partei’) vertrat die Interessen einer in den 1980er Jahren entstandenen Wiederbelebungsbewegung der Zaiditen (schiitischer Zweig des Islam); sie führte zum Aufstieg der Huthi-Bewegung, deren Rebellion in den 2010er Jahren zu einem Bürgerkrieg eskalierte (EB 28.7.2023; vgl. BAMF 7.3.2022).Auf nationaler Ebene gibt es eine Reihe aktiver politischer Parteien, deren Zusammensetzung und Mitgliedschaft jedoch gesetzlich geregelt ist. Parteien, die sich auf Faktoren wie regionale, stammesbezogene, konfessionelle oder ethnische Zugehörigkeit stützen, sind ausdrücklich verboten. Jede Partei muss eine Lizenz von einem staatlichen Ausschuss beantragen, um legal zu existieren (EB 28.7.2023). Nach 1990 wurden 22 Parteien zugelassen. Darunter zählen der Allgemeine Volkskongress (AVK), die Jemenitische Sozialistische Partei (JSP), die al-Islah (?die Jemenitische Versammlung für Reformen’, eine sunnitisch-islamistische Partei, lokaler Ableger der Muslimbruderschaft mit salafistischen Einflüssen), die Nasseritische Unionistische Partei (NUP) und weitere sozialistische Organisationen (SCSS 7.2.2022; vergleiche EB 28.7.2023; BAMF 7.3.2023). Die in den 1990er Jahren aktive Al-?aqq-Partei (?Die wahre Partei’) vertrat die Interessen einer in den 1980er Jahren entstandenen Wiederbelebungsbewegung der Zaiditen (schiitischer Zweig des Islam); sie führte zum Aufstieg der Huthi-Bewegung, deren Rebellion in den 2010er Jahren zu einem Bürgerkrieg eskalierte (EB 28.7.2023; vergleiche BAMF 7.3.2022).
Das Gesetz gibt den Bürgern die Möglichkeit, ihre Regierung friedlich durch freie und faire regelmäßige Wahlen auf der Grundlage des allgemeinen und gleichen Wahlrechts zu wählen (USDOS 20.3.2023). Die letzten Parlamentswahlen fanden im Jahr 2003 statt (WC 6.1.2022; IPS 16.3.2023). Mehr als zwanzig Parteien nahmen daran teil. Die AVK gewann die überwältigende Mehrheit der Sitze (WC 6.1.2022). Aktuell leben dutzende Vertreter politischer Parteien im Exil in Ägypten, Saudi-Arabien, der Türkei, Jordanien und Malaysia (IPS 16.3.2023).
Es gibt keine Gesetze, die die Beteiligung von Frauen oder Angehörigen von Minderheitengruppen am politischen Prozess einschränken, und sie haben an vergangenen Wahlen teilgenommen. Personen der LGBTQI+-Gemeinschaft haben nicht offen am politischen Prozess teilgenommen. Im Laufe des Jahres 2022 bekleidete keine Frau einen Ministerposten in der Regierung. Sie sind weiterhin in der Zivilgesellschaft aktiv (USDOS 20.3.2023).
Im Jahr 2015 setzten die Huthi die Verfassung außer Kraft, lösten das Parlament auf und kündigten die Bildung eines ernannten obersten Revolutionskomitees als höchstes Regierungsorgan an. Mit den Huthi verbündete Mitglieder des Allgemeinen Volkskongresses kündigten die Bildung eines obersten politischen Rates und die Wiedereinberufung des Parlaments in Sana’a an, gefolgt von der Ankündigung einer „Regierung der nationalen Rettung“. Die Huthi-Regierung und ihre Institutionen werden international nicht anerkannt – Parlamentswahlen haben nicht stattgefunden. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Jahr 2003 statt (USDOS 20.3.2023).
Die international anerkannte Regierung Jemens hat das Parlament 2019 in Sayoun zum ersten Mal seit 2015 wieder einberufen, aber seitdem ist das Parlament nicht wieder zusammengetreten (USDOS 20.3.2023).
Am 7.4.2022 übergab Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi die Macht an einen neuen achtköpfigen Präsidialrat (PLC) unter der Leitung des ehemaligen Innenministers Rashad Muhammad al-Alimi (USDOS 20.3.2023; vgl. BMZ 28.3.2023a). Der PLC ist die derzeitige international anerkannte Regierung des Jemen (PGN 11.3.2023), fungiert als Exekutivorgan (USDOS 20.3.2023) und stellt sich gegen die De-facto-Behörden der Huthi (AI 27.3.2023). Dem Präsidialrat gehören Vertreter einer Reihe wichtiger militärischer und politischer Persönlichkeiten an (AI 27.3.2023) – eine Kombination von Vertretern international anerkannter Institutionen und Anführern bewaffneter Gruppen mit territorialer Kontrolle (CEIP 9.6.2022). Das sind der Gouverneur von Mar’ib, der Präsident des Südlichen Übergangsrats (Southern Transitional Council, STC), der Anführer der National Resistance Forces (NRF), der Stabschef des Präsidialamts, der Gouverneur von Hadramaut, der Kommandeur der Giantes Brigades (GB) und der Parlamentsabgeordnete Othman al-Mujali (SCSS 3.5.2022).Am 7.4.2022 übergab Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi die Macht an einen neuen achtköpfigen Präsidialrat (PLC) unter der Leitung des ehemaligen Innenministers Rashad Muhammad al-Alimi (USDOS 20.3.2023; vergleiche BMZ 28.3.2023a). Der PLC ist die derzeitige international anerkannte Regierung des Jemen (PGN 11.3.2023), fungiert als Exekutivorgan (USDOS 20.3.2023) und stellt sich gegen die De-facto-Behörden der Huthi (AI 27.3.2023). Dem Präsidialrat gehören Vertreter einer Reihe wichtiger militärischer und politischer Persönlichkeiten an (AI 27.3.2023) – eine Kombination von Vertretern international anerkannter Institutionen und Anführern bewaffneter Gruppen mit territorialer Kontrolle (CEIP 9.6.2022). Das sind der Gouverneur von Mar’ib, der Präsident des Südlichen Übergangsrats (Southern Transitional Council, STC), der Anführer der National Resistance Forces (NRF), der Stabschef des Präsidialamts, der Gouverneur von Hadramaut, der Kommandeur der Giantes Brigades (GB) und der Parlamentsabgeordnete Othman al-Mujali (SCSS 3.5.2022).
Allerdings herrscht im Präsidialrat (PLC) Uneinigkeit (ICG 4.5.2023; vgl. SCSS 9.2022). Da die hier vertretenen Kräfte alle ihre eigene Agenda haben und zum Teil miteinander verfeindetet sind, gestaltet sich ihre Zusammenarbeit als schwierig (WHH 24.3.2023). Der STC, der einige südliche Landesteile – vor allem rund um die Hafenstadt Aden – kontrolliert, setzt sich für eine Unabhängigkeit des Südens ein (BMZ 28.3.2023a). Einige weitere im Präsidialrat vertretene Fraktionen fordern wirtschaftliche Autonomie, welche der STC ablehnt. Nicht zuletzt konkurrieren selbst Mitglieder des Präsidialrates wegen politischer und wirtschaftlicher Interessen um Ministerposten. Schließlich sind alle Fraktionen des PLC von der wichtigsten diplomatischen Initiative, von den vom Oman vermittelten Gesprächen zwischen den Huthi und Riad, ausgeschlossen (ICG 4.5.2023) [s. Kapitel 4.3.].Allerdings herrscht im Präsidialrat (PLC) Uneinigkeit (ICG 4.5.2023; vergleiche SCSS 9.2022). Da die hier vertretenen Kräfte alle ihre eigene Agenda haben und zum Teil miteinander verfeindetet sind, gestaltet sich ihre Zusammenarbeit als schwierig (WHH 24.3.2023). Der STC, der einige südliche Landesteile – vor allem rund um die Hafenstadt Aden – kontrolliert, setzt sich für eine Unabhängigkeit des Südens ein (BMZ 28.3.2023a). Einige weitere im Präsidialrat vertretene Fraktionen fordern wirtschaftliche Autonomie, welche der STC ablehnt. Nicht zuletzt konkurrieren selbst Mitglieder des Präsidialrates wegen politischer und wirtschaftlicher Interessen um Ministerposten. Schließlich sind alle Fraktionen des PLC von der wichtigsten diplomatischen Initiative, von den vom Oman vermittelten Gesprächen zwischen den Huthi und Riad, ausgeschlossen (ICG 4.5.2023) [s. Kapitel 4.3.].
Auch das Huthi-Lager ist fraktioniert. Die Huthi üben Macht durch Subgruppen aus, die alle auch wirtschaftliche Interessen haben (DS 11.4.2023).
Das Königreich Saudi-Arabien an der Spitze einer Koalition aus sunnitisch regierten arabischen Staaten griff im März 2015 in den Konflikt ein. Wichtigster Partner in dieser Allianz sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), welche andererseits auch den Südlichen Übergangsrat (STC) unterstützen und mittelfristig die Unabhängigkeit des Südjemens vom Nordjemen anstreben. Die saudisch-geführte Koalition wird auf internationaler Ebene insbesondere von den USA und auch Großbritannien militärisch unterstützt. Andererseits werden die Huthi schon seit vielen Jahren vom Iran unterstützt, u.a. finanziell, logistisch und auch in zunehmendem Maße durch die Lieferung von Waffen (WHH 24.3.2023).
Auf dem Index der fragilen Staaten 2023 (der NGO Fund for Peace) steht der Jemen auf dem zweiten Rang (FSI 2023). Seit der Einnahme der Hauptstadt Sana’a durch die Huthi im September 2014, in manchen Regionen jedoch schon seit 2011 und davor, tobt im?Jemen?ein gewaltsamer Konflikt um die politische Macht und den Zugang zu Ressourcen (WHH 24.3.2023). Die Hauptkriegsparteien, die Huthi und die international anerkannte Regierung, an deren Seite Saudi-Arabien steht, setzen Gespräche im Rahmen eines informellen Waffenstillstands fort (ICG 4.5.2023). Eine der dringlichsten Herausforderungen im Jemen ist die Notwendigkeit einer stabilen und effektiven staatlichen Struktur (CIPE 11.2.2023). Ein einheitlicher Nationalstaat existiert im Jemen nicht mehr – die Regierung hat die Kontrolle über weite Teile des Landes verloren. Reformen, insbesondere in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und politische Teilhabe, sind erforderlich (BMZ 28.3.2023b). Der Konflikt im Land hat dazu geführt, dass es in vielen Gebieten keine funktionierenden Regierungsinstitutionen gibt, was zu einem Machtvakuum und einer Verbreitung bewaffneter Gruppen geführt hat (CIPE 11.2.2023).
Quellen:
- AI – Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Yemen 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089670.html, Zugriff 9.8.2023
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (7.3.2022): Länderreport 49; Jemen: Die Houthis, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069073/Deutschland._Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Jemen_-_Die_Houthis%2C_01.02.2022._%28L%C3%A4nderreport___49%29.pdf, Zugriff 9.8.2023
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (28.3.2023a): Politische Situation, In konkurrierende Machtlager zerfallen, https://www.bmz.de/de/laender/jemen/politische-situation-86892, Zugriff 9.8.2023, ua.
2. Sicherheitslage
Nicht-staatliche Akteure wie die Huthi, Stammesmilizen und terroristische Gruppen (darunter al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel und ein lokaler Ableger vom Islamischen Staat (IS)), begehen ungestraft Übergriffe. Vor dem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand setzte Saudi-Arabien seine Militäroperationen zur Unterstützung der international anerkannten Regierung des Jemen gegen die Huthi fort (USDOS 20.3.2023). Der sechsmonatige vereinbarte Waffenstillstand lief zwar offiziell im Oktober 2022 aus, wurde aber für den Rest des Jahres inoffiziell fortgesetzt; auch schränkte er die Aktivitäten an der Front ein und führte zu einer vollständigen Einstellung der Luftangriffe (CIMP 3.2023; vgl. USDOS 20.3.2023).Nicht-staatliche Akteure wie die Huthi, Stammesmilizen und terroristische Gruppen (darunter al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel und ein lokaler Ableger vom Islamischen Staat (IS)), begehen ungestraft Übergriffe. Vor dem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand setzte Saudi-Arabien seine Militäroperationen zur Unterstützung der international anerkannten Regierung des Jemen gegen die Huthi fort (USDOS 20.3.2023). Der sechsmonatige vereinbarte Waffenstillstand lief zwar offiziell im Oktober 2022 aus, wurde aber für den Rest des Jahres inoffiziell fortgesetzt; auch schränkte er die Aktivitäten an der Front ein und führte zu einer vollständigen Einstellung der Luftangriffe (CIMP 3.2023; vergleiche USDOS 20.3.2023).
Wirksame Mechanismen zur Untersuchung und Verfolgung von Übergriffen seitens der Sicherheitskräfte fehlen (USDOS 20.3.2023).
Die militärischen Entwicklungen während des Jahres 2022 lassen sich im Großen und Ganzen in drei Phasen unterteilen: Im ersten Quartal kam es zu verstärkten grenzüberschreitenden Angriffen der Huthi-Truppen, die von der Koalition zur Wiederherstellung der Legitimität im Jemen militärisch beantwortet wurden. Die zweite Phase war eine fragile sechsmonatige Waffenruhe, die am 2.10.2022 endete. In der dritten Phase nach dem Waffenstillstand wurde der Frieden erneut gestört, und die Verhandlungen zur Verlängerung des Waffenstillstands gestalteten sich schwierig (UNSC 21.2.2023).
Am 2. April 2022 stimmten die Konfliktparteien einem UN-Vorschlag für einen zweimonatigen landesweiten Waffenstillstand zu, der anschließend alle zwei Monate bis zum 2.10.2022 verlängert wurde (AI 27.3.2023). Während des Waffenstillstands und nach dessen Ende verübten die Konfliktparteien jedoch sporadisch Angriffe auf zivile Gebiete und Frontlinien in den Gouvernements Ma?rib, al-Hudaida, Ta’izz und Ad-D?li? (AI 27.3.2023; vgl. UNSC 21.2.2023). Zu den positiven Ergebnissen des Waffenstillstands gehörten die Wiederaufnahme der Einfuhr von Öl und Ölderivaten über den Hafen von al-Hudaida, wodurch der Bedarf der Menschen, in den von den Huthi kontrollierten Gebieten gedeckt werden konnte, sowie die Wiederaufnahme einer begrenzten Anzahl kommerzieller Flüge von Sanaa aus. Die Regierung erlaubte die internationale Reise von Personen mit von den Huthi ausgestellten Reisepässen, wodurch Personen aus humanitären Gründen ins Ausland reisen konnten (UNSC 21.2.2023).Am 2. April 2022 stimmten die Konfliktparteien einem UN-Vorschlag für einen zweimonatigen landesweiten Waffenstillstand zu, der anschließend alle zwei Monate bis zum 2.10.2022 verlängert wurde (AI 27.3.2023). Während des Waffenstillstands und nach dessen Ende verübten die Konfliktparteien jedoch sporadisch Angriffe auf zivile Gebiete und Frontlinien in den Gouvernements Ma?rib, al-Hudaida, Ta’izz und Ad-D?li? (AI 27.3.2023; vergleiche UNSC 21.2.2023). Zu den positiven Ergebnissen des Waffenstillstands gehörten die Wiederaufnahme der Einfuhr von Öl und Ölderivaten über den Hafen von al-Hudaida, wodurch der Bedarf der Menschen, in den von den Huthi kontrollierten Gebieten gedeckt werden konnte, sowie die Wiederaufnahme einer begrenzten Anzahl kommerzieller Flüge von Sanaa aus. Die Regierung erlaubte die internationale Reise von Personen mit von den Huthi ausgestellten Reisepässen, wodurch Personen aus humanitären Gründen ins Ausland reisen konnten (UNSC 21.2.2023).
Die Konfliktparteien hatten die Waffenruhe auch als strategische Pause genutzt, um ihre Streitkräfte neu zu formieren und mit Nachschub zu versorgen, bevor es zu neuen Kampfhandlungen kam. Die Huthi führten militärischen Operationen an verschiedenen Fronten durch, auf die die Regierungstruppen reagierten. Diese kosteten Zivilisten das Leben und beschädigten die zivile Infrastruktur (UNSC 21.2.2023).
Landminen und explosive Kriegsmunitionsrückstände sind seit dem Rückgang der Kämpfe im Anschluss an das im April 2022 ausgelaufene Waffenstillstandsabkommen vom letzten Jahr zu einem immer wichtigeren Thema geworden (UNSC 31.7.2023). Durch den Rückgang der Kampfhandlungen kehren immer mehr Personen in die ehemaligen Kampfgebiete zurück, die zum Teil stark vermint sind (BAMF 10.7.2023).
Der Nationale Verteidigungsrat der jemenitischen Regierung verabschiedete am 22. Oktober die Resolution Nr. 1 von 2022, in der die Huthi als terroristische Organisation bezeichnet werden (UNSC 21.2.2023).
Quellen:
- AI - Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Yemen 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089670.html, Zugriff 9.8.2023
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (10.7.2023): Briefing Notes (KW28/2023), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2023/briefingnotes-kw28-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 9.8.2023
- CIMP – Civilian Impact Monioring Project (3.2023): Civilian Impact Monitoring Project 2022 Annual Report, https://civilianimpactmonitoring.org/onewebmedia/CIMP%20Annual%20Report%202022.pdf, Zugriff 9.8.2023