TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/30 95/11/0031

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Veröffentlicht am 30.05.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §64 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Dezember 1994, Zl. VerkR-391.638/1-1994-Si, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens und Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Linz erteilte dem Beschwerdeführer aufgrund des vorgelegten jugoslawischen Führerscheins für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C und E eine Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G, indem sie ihm am 27. Juli 1993 einen österreichischen Führerschein mit diesem Umfang ausfolgte. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 AVG das am 27. Juli 1993 abgeschlossene Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers vom 5. Juli 1993 wieder aufgenommen und der Antrag gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 mangels Nachweises des Besitzes einer ausländischen Lenkerberechtigung abgewiesen.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.

Nach § 69 Abs. 3 AVG kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden.

Gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag unter den in dieser Gesetzesstelle näher angeführten Voraussetzungen eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen.

Zur Wiederaufnahme des Verfahrens:

Die belangte Behörde ging bei dieser Entscheidung davon aus, daß der Beschwerdeführer die Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung durch Ausstellung eines Führerscheins für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G durch die Bundespolizeidirektion Linz am 27. Juli 1993 erschlichen habe. Er habe der Behörde einen gefälschten jugoslawischen Führerschein vorgelegt. Diese Annahme stützte sie auf eine bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 2. November 1994 aufgenommene Niederschrift über eine Vernehmung des Beschwerdeführers, aufgrund der am 3. November 1994 gegen ihn eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen "Fälschung einer besonders geschützten Urkunde und mittelbarer unrichtiger Beurkundung oder Beglaubigung" erstattet worden war. Laut dieser Niederschrift hat der Beschwerdeführer von seinem in V (Bosnien) für Kraftfahrzeuge der Gruppen B und C ausgestellten Originalführerschein eine Kopie angefertigt, den Originalführerschein anläßlich eines Besuches bei seiner Frau in Bosnien dort vergessen und in der Folge die Führerscheinkopie verwendet. Der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Steyr, als Grundlage für die vom Beschwerdeführer bei dieser Behörde (am 19. Februar 1992) beantragte Ausstellung eines österreichischen Führerscheins den Originalführerschein aus Bosnien beizuschaffen, habe er nicht nachkommen können, da wegen der Kriegswirren eine Fahrt nach Bosnien nicht mehr möglich gewesen sei. Er sei daher im Jahre 1992 nach Kroatien gefahren. Dort sei ihm am Bahnhof Zagreb von einem ihm unbekannten Mann ein Originalführerschein zum Kauf angeboten worden. Dieser Mann habe (aufgrund der aus der Führerscheinkopie ersichtlichen Daten) gegen einen Betrag von S 10.000,-- einen Originalführerschein besorgt, und zwar über Wunsch des Beschwerdeführers nunmehr erweitert auf Kraftfahrzeuge der Gruppe E. Im Juli 1993 habe er aufgrund dieses gekauften Führerscheins bei der Bundespolizeidirektion Linz die "Umschreibung" auf einen österreichischen Führerschein beantragt. Bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr habe er darum nicht mehr ersuchen können, da dort seine "anderen FS-Daten" aufgelegen seien. Zu diesem Zweck habe er sich bei seinem in Linz wohnhaften Bruder polizeilich gemeldet; gewohnt habe er jedoch weiterhin in H.

Der Beschwerdeführer bringt vor, wie der Kriminaltechnische Dienst der Erstbehörde seinerzeit festgestellt habe, handle es sich bei dem dieser Behörde vorgelegten Führerschein um ein Originaldokument, welches keine Anzeichen einer Verfälschung aufweise. Der Beschwerdeführer habe nach dem Besuch der Fahrschule in V im Jahre 1991 die Prüfung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B und C abgelegt und einen Führerschein für diese Gruppen ausgestellt erhalten. Im Anschluß daran habe er auch die Prüfung für Kraftfahrzeuge der Gruppe E abgelegt, doch habe er aufgrund er Kriegswirren diesen Führerschein bei der zuständigen Behörde in V nicht mehr abholen können. Dort lägen alle Unterlagen auf, sie könnten aber derzeit nicht beigeschafft werden. Er habe sich im Jahre 1992 nach Zagreb begeben und bei der zuständigen Polizeidienststelle die Ausstellung eines neuen Führerscheins beantragt. Eine Woche später habe er den neuen Führerschein abgeholt. Dieser sei über Weisung der Polizeidienststelle in Zagreb von der Polizeidienststelle Bosanski Brod ausgestellt worden und habe nunmehr auch die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe E ausgewiesen. Der Beschwerdeführer meint, es sei aufgrund seiner mangelhaften Deutschkenntnisse und seines schweren Stottersyndroms "absolut denkunmöglich", daß er die im Protokoll vom 2. November 1994 enthaltenen Angaben in dieser Form getätigt bzw. bei dessen Unterzeichnung den Sinn der darin enthaltenen Angaben verstanden habe. Seine Vernehmung ohne Beiziehung eines Dolmetsch verstoße gegen § 39a AVG. Als weiteren Verfahrensmangel rügt er das Fehlen von Erhebungen hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit des vorgelegten Führerscheins und einer Auseinandersetzung mit seinem diesbezüglichen Berufungsvorbringen.

Dieses Vorbringen läßt keine Rechtswidrigkeit des auf den Erschleichungstatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG gestützten Ausspruchs betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen erkennen:

Das Vorbringen, der Vernehmung des Beschwerdeführers am 2. November 1994 hätte ein Dolmetsch beigezogen werden müssen, betrifft ein dem Verfahren der Kraftfahrbehörden, das zu dem vorliegend angefochtenen Bescheid geführt hat, vorgelagertes Geschehen; es zeigt daher keinen in diesem Verfahren unterlaufenen Verstoß gegen § 39a AVG auf und läßt auch sonst - wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt - keinen relevanten Verfahrensmangel erkennen.

Soweit die Beschwerde - erstmals - die Entstehungsgeschichte des der Erstbehörde vorgelegten jugoslawischen Führerscheins anders als aus der Niederschrift vom 2. November 1994 ersichtlich schildert, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung. Der Beschwerdeführer hat es im Verwaltungsverfahren unterlassen, seine in dieser Niederschrift wiedergegebenen Angaben konkret zu bestreiten. Er brachte in seiner Berufung lediglich vor, der vorgelegte Führerschein sei keine Fälschung, sondern ein Original, und er glaube, daß er sich bei seinem Gespräch mit der Polizei "falsch oder schlecht ausgedrückt" habe. Mangels eines substantiierten Vorbringens des Beschwerdeführers hatte die belangte Behörde keine Veranlassung, an der Richtigkeit seiner Angaben laut Niederschrift vom 2. November 1994 zu zweifeln und weitere Ermittlungen durchzuführen.

Für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Belang ist das gerügte Fehlen einer Auseinandersetzung mit der seinerzeitigen Feststellung des Krimalpolizeilichen Dienstes der Erstbehörde, es handle sich bei dem dieser Behörde vorgelegten Führerschein um ein Originaldokument ohne Anzeichen einer Verfälschung. Damit war offenkundig nur gemeint, daß ein im früheren Jugoslawien übliches Führerscheinformular verwendet worden ist und daß die - von wem immer ausgestellte - Urkunde keine nachträglichen Veränderungen bzw. Manipulationen erfahren hat. Beide Umstände sind aber angesichts der - im Verwaltungsverfahren unbestritten gebliebenen - Entstehungsgeschichte dieses gekauften Führerscheins laut Niederschrift vom 2. November 1994 bedeutungslos.

Zur Abweisung des Antrages auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung:

Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde damit, daß der Beschwerdeführer den Besitz der von ihm behaupteten ausländischen Lenkerberechtigung nicht habe nachweisen können.

Dagegen bestehen auf dem Boden der (wie vorhin dargetan, unbedenklichen) Annahme der Vorlage eines gefälschten (gekauften) Führerscheins keine Bedenken. Bemerkt sei, daß der Beschwerdeführer nach der Aktenlage zuvor bereits bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr vergeblich versucht hatte, den Besitz der behaupteten jugoslawischen Lenkerberechtigung (damals nur für die Gruppen B und C) nachzuweisen. Mangels Nachweises des Besitzes einer ausländischen Lenkerberechtigung fehlt es an der primären Voraussetzung für die Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung nach § 64 Abs. 6 KFG 1967. Der Antrag wurde schon aus diesem Grund zu Recht abgewiesen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den (zu hg. Zl. AW 95/11/0013 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995110031.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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