TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/30 95/05/0113

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Veröffentlicht am 30.05.1995
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Februar 1995, Zl. MD-VfR-B-IX-20/94, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: M-GmbH in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der vorgelegten Berufung und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Mitbeteiligte beantragte am 14. April 1992 die Bewilligung für den Ausbau des Dachgeschosses für Wohnzwecke im Haus Wien, R-Gasse 2. Der Beschwerdeführer ist als (Mit-)Eigentümer des Objektes Wien, S-Gasse 21, Anrainer. Bei der Bauverhandlung vom 17. März 1994 rügte der Beschwerdeführer, daß er mangels Vorliegens von Bauplänen keine Stellungnahme abgeben könne. Zur Bauverhandlung vom 9. Juni 1994 wurde der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen; er erhob mit Schreiben vom 7. Juni 1994 einen Einwand gegen das Bauvorhaben, welchen er unter anderem damit begründete, daß er aufgrund der nicht erfolgten Ladung des Miteigentümers seiner Liegenschaft, des Herrn H.L., bei der für den 9. Juni 1994 anberaumten Bauverhandlung konkrete Einwendungen deshalb nicht erheben könne, weil mit diesem Miteigentümer keine sachbezogene Rücksprache bzw. entsprechende Koordination möglich gewesen sei. Das Unterbleiben der Ladung des Miteigentümers beeinträchtige die Interessen des Beschwerdeführers und die des Miteigentümers. Die für den 9. Juni 1994 anberaumte Verhandlung ließ der Beschwerdeführer unbesucht.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1994 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die beantragte Baubewilligung. Die Einwendung des Beschwerdeführers wurde als unzulässig zurückgewiesen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei davon ausgegangen, daß am 9. Juni 1994 eine neue Bauverhandlung stattfinde, und habe unter Hinweis auf die unterbliebene Ladung seines Miteigentümers nicht daran teilgenommen. Da H.L. nicht geladen worden sei, hätte der Beschwerdeführer keine Rücksprache bzw. Koordination hinsichtlich der Teilnahme durchführen können.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Der Nachbar sei zur Wahrung fremder Rechte nicht legitimiert; es liege keine Verletzung seiner Rechte vor, wenn ein anderer Nachbar oder Miteigentümer nicht geladen werde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. IV der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 34/1992, ist für das vorliegende, vor dem 1. Oktober 1992 eingeleitete Bauverfahren die Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987 (im folgenden: BO) anzuwenden. Gemäß § 134 Abs. 3 dritter Satz BO sind die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen; hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat der Nachbar zwar kein Recht, daß die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden; haben aber die von einem Bauwerber vorgelegten Planunterlegen ausgereicht, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren braucht, dann steht ihm kein subjektiv-öffentliches Recht darauf zu, daß die Unterlagen objektiv in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen genügen; nur wenn das Projekt überhaupt unzureichend dargestellt ist, werden Nachbarrechte verletzt (siehe die Nachweise bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht4, 288).

Der Beschwerdeführer hat zwar anläßlich einer früheren Bauverhandlung gerügt, daß die für die Beurteilung relevanten Baupläne nicht vorgelegt worden seien; er behauptet aber nicht, daß es diese Pläne auch bei bzw. unmittelbar vor der Verhandlung vom 9. Juni 1994 nicht gegeben hätte. Insbesondere machte er auch in der Berufung eine Verletzung dieses Nachbarrechtes nicht mehr geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof geht seit dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung, wie sie für Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach der Rechtslage in Österreich typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem dieser Partei ein Mitspracherecht zusteht. In der Berufung machte der Beschwerdeführer allein ein Recht darauf geltend, daß ein (im Verhältnis zum Bauwerber) anderer Nachbar nicht beigezogen worden wäre. Ein derartiges Nachbarrecht sieht das Materiengesetz aber nicht vor; § 134 Abs. 3 dritter Satz BO verweist ausdrücklich auf die in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte. Dem Beschwerdeführer wäre es unbenommen geblieben, bei der Verhandlung zu erscheinen und selbständig Einwendungen zu erheben. Jedenfalls ist nicht erkennbar, inwieweit das Unterbleiben der Ladung des Miteigentümers der benachbarten Liegenschaft den Beschwerdeführer an einer Rücksprache mit dem Miteigentümer und anschließender Erhebung von Einwendungen gehindert hat. Vielmehr hat die belangte Behörde völlig zu Recht darauf hingewiesen, daß der auftretende Nachbar - zumal sich der Beschwerdeführer auf keine Bevollmächtigung beruft - nur seine EIGENEN Rechte geltend machen kann (siehe die Nachweise bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 539). Auch Verfahrensmängel können nur dann zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn führen, wenn bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften der Nachbar in einem Recht verletzt sein könnte (Hauer, Nachbar im Baurecht4, 96).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde durch einen gem. § 12 Abs. 1 Zi. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtBaurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050113.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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