Entscheidungsdatum
26.06.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W204 2266001-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER über die Beschwerde des M XXXX A XXXX A XXXX , geb. XXXX 1996, StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.12.2022, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER über die Beschwerde des M römisch 40 A römisch 40 A römisch 40 , geb. römisch 40 1996, StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.12.2022, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein syrischer Staatsbürger, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 01.12.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein syrischer Staatsbürger, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 01.12.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. Anlässlich der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung (im Folgenden: EB) durch Organe der Fremdenpolizei Burgenlands gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, in Syrien herrsche Krieg. Es gebe keine Sicherheit und keine Zukunft. Er habe Angst, dass er in die Armee einberufen werde, weil er keine Waffen tragen und Menschen töten wolle. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Leben. Er habe keine weiteren Asylgründe.römisch eins.2. Anlässlich der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung (im Folgenden: EB) durch Organe der Fremdenpolizei Burgenlands gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, in Syrien herrsche Krieg. Es gebe keine Sicherheit und keine Zukunft. Er habe Angst, dass er in die Armee einberufen werde, weil er keine Waffen tragen und Menschen töten wolle. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Leben. Er habe keine weiteren Asylgründe.
I.3. Am 22.04.2022 wurde der BF vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch unter anderem zu seinem Gesundheitszustand, seiner Identität, seinen Lebensumständen in Syrien, seinen Familienangehörigen und seinem Leben in Österreich befragt. Der BF gab an, er wolle keine Waffen tragen und nicht kämpfen. Er wolle auch den Militärdienst nicht leisten. Seine Brüder müssten nicht kämpfen, weil diese an einem Ort wohnten, der nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung stehe. Auch der BF hätte keine Probleme und würde nicht von der Regierung mitgenommen werden, solange er dort lebe und keinen Behördenkontakt habe. Manchmal kämen sie aber in zivil und er befürchte, mitgenommen zu werden. Im Alter von 20 Jahren habe der BF Syrien erstmals verlassen. Der BF sei im Jahr 2015 einberufen worden und ein Jahr später aufgrund der schlechten finanziellen Lage aus Syrien ausgereist. Im Jahr 2019 sei der BF zurück nach Syrien zu seinen Eltern gereist und habe dort bis zu seiner endgültigen Ausreise im Jahr 2020 gelebt. Bei einer erneuten Rückkehr nach Syrien befürchte er, dass ihn die Regierung zum Militärdienst mitnehmen würde und er kämpfen müsste. Würde er bei seiner Familie leben, würde ihm jedoch nichts passieren. Auch die Kurden würden Männer jedoch zum Militärdienst einberufen.römisch eins.3. Am 22.04.2022 wurde der BF vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch unter anderem zu seinem Gesundheitszustand, seiner Identität, seinen Lebensumständen in Syrien, seinen Familienangehörigen und seinem Leben in Österreich befragt. Der BF gab an, er wolle keine Waffen tragen und nicht kämpfen. Er wolle auch den Militärdienst nicht leisten. Seine Brüder müssten nicht kämpfen, weil diese an einem Ort wohnten, der nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung stehe. Auch der BF hätte keine Probleme und würde nicht von der Regierung mitgenommen werden, solange er dort lebe und keinen Behördenkontakt habe. Manchmal kämen sie aber in zivil und er befürchte, mitgenommen zu werden. Im Alter von 20 Jahren habe der BF Syrien erstmals verlassen. Der BF sei im Jahr 2015 einberufen worden und ein Jahr später aufgrund der schlechten finanziellen Lage aus Syrien ausgereist. Im Jahr 2019 sei der BF zurück nach Syrien zu seinen Eltern gereist und habe dort bis zu seiner endgültigen Ausreise im Jahr 2020 gelebt. Bei einer erneuten Rückkehr nach Syrien befürchte er, dass ihn die Regierung zum Militärdienst mitnehmen würde und er kämpfen müsste. Würde er bei seiner Familie leben, würde ihm jedoch nichts passieren. Auch die Kurden würden Männer jedoch zum Militärdienst einberufen.
I.4. Mit Bescheid vom 22.12.2022 wurde der Antrag des BF in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkte II. und III.).römisch eins.4. Mit Bescheid vom 22.12.2022 wurde der Antrag des BF in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkte römisch II. und römisch III.).
Soweit verfahrenswesentlich führte das BFA aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass dem BF eine asylrelevante, individuelle, ihn persönlich betreffende Verfolgung drohe. Er sei weder vorbestraft noch würden aktuell Fahndungsmaßnahmen gegen ihn bestehen. Er sei weder inhaftiert, politisch tätig noch Mitglied einer politischen Partei gewesen. Auch aus sonstigen Umständen könne eine Bedrohung oder Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Volksgruppenzugehörigkeit, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden. Der BF könne nicht begründen, warum gerade ihm eine Rekrutierung drohe, aber nicht seinem 30-jährigen Bruder. Auch sei der BF nach seiner Ausreise im Dezember 2019 nach Syrien zurückgekehrt und habe dort bis zum April 2020 ohne Probleme mit seiner Familie zusammenwohnen können, ohne dass er eine Rekrutierung zu befürchten gehabt habe. Zudem habe der BF Kontrollen der Kurden und der FSA passieren können, ohne dabei rekrutiert worden zu sein.
I.5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde vom 19.01.2023, in der beantragt wurde, Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids zu beheben und dem BF Asyl gemäß § 3 AsylG zu gewähren; in eventu zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der BF bei einer Rückkehr nach Syrien mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, zum syrischen Militärdienst eingezogen zu werden. Als Wehrdienstverweigerer sei er Ziel der Anti-Terror-Gesetzgebung des syrischen Regimes, ein Wehrersatzdienst sei nicht möglich. Auch könne der BF nur über Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes seien, sicher und legal nach Syrien zurückkehren. Bei einer Rückkehr bestehe für den BF die Gefahr, von einem Grenzkontrollposten verhaftet und zum Militärdienst eingezogen zu werden. Auch unterstelle das syrischen Regime dem BF eine oppositionelle Gesinnung, weil er illegal ausgereist sei, einen Asylantrag im Ausland gestellt habe und aus der Region Deir ez-Zor stamme, die oppositionell beherrscht sei.römisch eins.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde vom 19.01.2023, in der beantragt wurde, Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheids zu beheben und dem BF Asyl gemäß Paragraph 3, AsylG zu gewähren; in eventu zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der BF bei einer Rückkehr nach Syrien mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, zum syrischen Militärdienst eingezogen zu werden. Als Wehrdienstverweigerer sei er Ziel der Anti-Terror-Gesetzgebung des syrischen Regimes, ein Wehrersatzdienst sei nicht möglich. Auch könne der BF nur über Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes seien, sicher und legal nach Syrien zurückkehren. Bei einer Rückkehr bestehe für den BF die Gefahr, von einem Grenzkontrollposten verhaftet und zum Militärdienst eingezogen zu werden. Auch unterstelle das syrischen Regime dem BF eine oppositionelle Gesinnung, weil er illegal ausgereist sei, einen Asylantrag im Ausland gestellt habe und aus der Region Deir ez-Zor stamme, die oppositionell beherrscht sei.
I.6. Am 02.05.2023 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, der das BFA fernblieb. Im Rahmen dieser wurde der BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch unter anderem zu seiner Identität und Herkunft, seinen Familienangehörigen sowie zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen ausführlich befragt. Im Rahmen dieser Verhandlung legte der BF dem Gericht ein Konvolut an Unterlagen in PDF-Form (insbes. Heiratsurkunde, Auszüge aus dem Familien- und Personenstandsregister, Geburtsurkunden) vor.römisch eins.6. Am 02.05.2023 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, der das BFA fernblieb. Im Rahmen dieser wurde der BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch unter anderem zu seiner Identität und Herkunft, seinen Familienangehörigen sowie zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen ausführlich befragt. Im Rahmen dieser Verhandlung legte der BF dem Gericht ein Konvolut an Unterlagen in PDF-Form (insbes. Heiratsurkunde, Auszüge aus dem Familien- und Personenstandsregister, Geburtsurkunden) vor.
I.7. Am 27.07.2023 gab das Bundesverwaltungsgericht bekannt, neue Länderinformationsberichte in das Verfahren einzuführen und gewährte dem BF im Zuge dessen Parteiengehör, wobei der BF die Frist verstreichen ließ und keine Stellungnahme erstattete. römisch eins.7. Am 27.07.2023 gab das Bundesverwaltungsgericht bekannt, neue Länderinformationsberichte in das Verfahren einzuführen und gewährte dem BF im Zuge dessen Parteiengehör, wobei der BF die Frist verstreichen ließ und keine Stellungnahme erstattete.
I.8. Am 23.04.2024 gab das Bundesverwaltungsgericht bekannt, neue Länderinformationsberichte in das Verfahren einzuführen und gewährte dem BF im Zuge dessen Parteiengehör. Der BF ließ die gewährte Frist erneut verstreichen und erstattete bis zum Entscheidungsdatum keine Stellungnahme.römisch eins.8. Am 23.04.2024 gab das Bundesverwaltungsgericht bekannt, neue Länderinformationsberichte in das Verfahren einzuführen und gewährte dem BF im Zuge dessen Parteiengehör. Der BF ließ die gewährte Frist erneut verstreichen und erstattete bis zum Entscheidungsdatum keine Stellungnahme.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
- Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF;
- Einsicht in die in das Verfahren eingeführten Länderinformationen;
- Befragung des BF im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 02.05.2023;
- Einsicht in die in der Verhandlung vorgelegten Unterlagen;
- Einsicht in das Strafregister, in das Grundversorgungssystem und in das Zentrale Melderegister.
II. Feststellungen:römisch II. Feststellungen:
II.1. Zum BF:römisch II.1. Zum BF:
Der BF führt die Verfahrensidentität M XXXX A XXXX A XXXX , geboren am XXXX 1996 in Syrien im Dorf H XXXX S XXXX , Gouvernement Deir ez-Zor. Seine Identität steht nicht fest. Der BF führt die Verfahrensidentität M römisch 40 A römisch 40 A römisch 40 , geboren am römisch 40 1996 in Syrien im Dorf H römisch 40 S römisch 40 , Gouvernement Deir ez-Zor. Seine Identität steht nicht fest.
Der BF ist syrischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Araber und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der BF ist nicht verheiratet und hat keine Kinder.
Der BF ist in seinem Heimatdorf H XXXX S XXXX aufgewachsen und besuchte dort 9 Jahre die Grundschule. Beruflich war der BF als Zimmermann im Baubereich tätig. Der BF ist in seinem Heimatdorf H römisch 40 S römisch 40 aufgewachsen und besuchte dort 9 Jahre die Grundschule. Beruflich war der BF als Zimmermann im Baubereich tätig.
Der BF lebte bis zum Jahr 2014 in seinem Heimatdorf H XXXX S XXXX und zog anschließend aufgrund der (drohenden) Präsenz des IS im Heimatdorf mit seinen Eltern und Geschwistern wie auch zahlreichen Verwandten so wie auch viele andere Dorfbewohner ins Dorf S XXXX , wo er bis November 2016 mit seinen Eltern in einem Haus lebte. In weiterer Folge reiste der BF in die Türkei, wo er bis Dezember 2019 mit Aufenthaltsberechtigung aufhältig war. Anschließend ging er zurück nach Syrien und lebte dort bis April 2020 erneut bei seiner Familie in S XXXX . Der BF kehrte im April 2020 mit seinem Personalausweis wieder in die Türkei zurück, lebte dort bis September 2021 und verließ danach die Türkei in Richtung Europa.Der BF lebte bis zum Jahr 2014 in seinem Heimatdorf H römisch 40 S römisch 40 und zog anschließend aufgrund der (drohenden) Präsenz des IS im Heimatdorf mit seinen Eltern und Geschwistern wie auch zahlreichen Verwandten so wie auch viele andere Dorfbewohner ins Dorf S römisch 40 , wo er bis November 2016 mit seinen Eltern in einem Haus lebte. In weiterer Folge reiste der BF in die Türkei, wo er bis Dezember 2019 mit Aufenthaltsberechtigung aufhältig war. Anschließend ging er zurück nach Syrien und lebte dort bis April 2020 erneut bei seiner Familie in S römisch 40 . Der BF kehrte im April 2020 mit seinem Personalausweis wieder in die Türkei zurück, lebte dort bis September 2021 und verließ danach die Türkei in Richtung Europa.
Die Eltern des BF sowie seine jüngeren Schwestern wohnen mittlerweile wieder im Heimatdorf H XXXX S XXXX . Ein Bruder und zumindest ein Onkel des BF wie auch weitere Familien- und Stammesangehörige leben weiterhin im Dorf S XXXX , dem dadurch zweiten Heimatort der Familie. Die restlichen vier Brüder des BF leben in der Türkei.Die Eltern des BF sowie seine jüngeren Schwestern wohnen mittlerweile wieder im Heimatdorf H römisch 40 S römisch 40 . Ein Bruder und zumindest ein Onkel des BF wie auch weitere Familien- und Stammesangehörige leben weiterhin im Dorf S römisch 40 , dem dadurch zweiten Heimatort der Familie. Die restlichen vier Brüder des BF leben in der Türkei.
Die Eltern des BF betrieben stets –auch in S XXXX – und betreiben nach wie vor Viehzucht und verfügen über eigene landwirtschaftliche Grundstücke in ihrem Heimatdorf H XXXX S XXXX , die sie bestellen. Die Eltern des BF betrieben stets –auch in S römisch 40 – und betreiben nach wie vor Viehzucht und verfügen über eigene landwirtschaftliche Grundstücke in ihrem Heimatdorf H römisch 40 S römisch 40 , die sie bestellen.
Das Heimatdorf des BF, H XXXX S XXXX , befindet sich unter Kontrolle der syrischen Regierung. Das Heimatdorf des BF, S XXXX , steht unter Kontrolle der Kurden.Das Heimatdorf des BF, H römisch 40 S römisch 40 , befindet sich unter Kontrolle der syrischen Regierung. Das Heimatdorf des BF, S römisch 40 , steht unter Kontrolle der Kurden.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
II.2. Zu den Fluchtgründen des BF:römisch II.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren zum Wehrdienst eingezogen werden.
Der BF hat kein Wehrdienstbuch und auch keinen Einberufungsbefehl erhalten. Der BF gilt nicht als Wehrdienstverweigerer. Er kann sich vom Militärdienst freikaufen. Sein Bruder D XXXX hat den Grundwehrdienst bereits abgeleistet. Der BF hat kein Wehrdienstbuch und auch keinen Einberufungsbefehl erhalten. Der BF gilt nicht als Wehrdienstverweigerer. Er kann sich vom Militärdienst freikaufen. Sein Bruder D römisch 40 hat den Grundwehrdienst bereits abgeleistet.
Der BF hat Syrien aus wirtschaftlichen Gründen, der volatilen Sicherheitslage und aus Furcht, in den syrischen Militärdienst eingezogen zu werden, verlassen.
Der BF weist weder eine oppositionelle Gesinnung gegenüber der syrischen Regierung auf noch wird ihm oder seiner Familie eine solche unterstellt. Der BF nahm an keinen Demonstrationen gegen die syrische Regierung teil.
Dem BF drohte und droht auch gegenwärtig keine Rekrutierung durch kurdische Milizen.
Auch sonst droht dem BF aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch den syrischen Staat oder durch Mitglieder regierungsfeindlicher oder –freundlicher (bewaffneter) Gruppierungen.
II.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:römisch II.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren im Wesentlichen auf nachstehenden Quellen:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Syrien, Version 11, Stand: 27.03.2024
EUAA: Country Guidance Syria, April 2024;
EUAA: Syria: Targeting of Individuals, September 2022;
EUAA: Syria: Security Situation, September 2022;
EUAA: Syria Country Focus, Oktober 2023;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Fragen des BVwG zur Rückkehrern nach Syrien, Oktober 2022;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzten, September 2022;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Fragen des BVwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertation, Oktober 2022;
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Fragen des BVwG zur Bestrafung Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (ergänzende AFB=, Oktober 2022;
ACCORD Anfrage vom 02.06.2023: Reservisten – Vorgehen syr. Grenzbehörden;
ACCORD: Reisepässe der syrischen Regierung für Männer im wehrdienstfähigen Alter; mögliches Sicherheitsrisiko für diese Personengruppe, im Ausland (insbesondere in der Türkei) einen Reisepass zu beantragen [a-12067-1]“, Jänner 2023.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Letzte Änderung 2023-07-14 13:52
Anmerkungen: Der Begriff „Militärdienst“ wird als Überbegriff für Wehr- und Reservedienst verwendet. Wo es die Quellen zulassen, wird versucht, klar zwischen Wehr- und Reservedienst bzw. zwischen Desertion und Wehrdienstverweigerung zu unterscheiden.
Siehe auch Kapitel "Länderspezifische Anmerkungen".
Zu den Themen Wehrdienst und Desertion darf auch auf die folgenden Anfragebeantwortungen verwiesen werden (abrufbar auf ecoi.net sowie dem Koordinationsboard (KoBo) der Staatendokumentation:
In Gebieten unter Kontrolle der syrischen Regierung:
? SYRI_SM_Wehrdienst_2022_01_27_KE
? SYRI_SM_MIL_Fragen+BVwG+Wehrdienstgesetze_2022_09_16_KE
? SYRI_SM_MIL_Fragen+BVwG+Bestrafung+Wehrdienstverweigerung,+Desertion_2022_09_16_KE
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Wehrdienstverweigerung und Desertion [a-11951] (ACCORD)
? SYRI_SM_MIL_Einberufung_über_syrische_Botschaft_2023_03_21_K
? SYRI_RF_MLD_Kommunalbediensteten Ausreisemöglichkeiten, Kontrolle und dienstrechtliche Folgen einer unerlaubten Auslandsreise_2023_03_29_K
? SYRI_RF_MLD_Zivile Angestellte des öffentlichen Diensts Ausreisemöglichkeiten, Kontrolle und dienstrechtliche Folgen einer unerlaubten Auslandsreise_2023_03_28_K
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Genehmigung der Ausreise eines Staatsangestellten durch den Vorgesetzten; Kontrolle bei Ausreise; Folgen illegaler Ausreise und zuständige Behörde; Folgen bei unerlaubtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz; Ausreisegenehmigung für männliche Staatsangestellte im wehrdienstpflichtigen Alter [a-12103-1] (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Reisepässe der syrischen Regierung für Männer im wehrdienstfähigen Alter; mögliches Sicherheitsrisiko für diese Personengruppe, im Ausland (insbesondere in der Türkei) einen Reisepass zu beantragen [a-12067-1] (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Unterliegen Palästinenser, die den Wehrdienst absolviert haben, auch einer Pflicht zum Reservedienst? (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Tauglichkeitskriterien der syrischen Armee; Einsatz von Wehrpflichtigen mit starker Sehschwäche [a-11869] (ACCORD)
? SYRI_RF_MLD_Staatenlosigkeit_2022_12_15_KE
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Restriktionen bei der Beschaffung von Dokumenten für Syrer im Ausland im Wehrpflichtsalter, die der Wehrpflicht nicht nachgekommen sind und keine Ersatzzahlungen geleistet haben [a-11903] (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit eines Familienbesuchs ohne Sanktionen trotz nicht abgeleisteten Militärdienst [a-11857-1] (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Abgabe des Wehrdienstbuches und des Personalausweises zu Beginn des Wehrdienstes und Einbehaltung der Dokumente bis zur Ausmusterung von der Militärbehörde [a-11840] (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Zöllner als Teil des Sicherheitsapparats, Desertion, militärische und polizeiliche Aufgaben von Zöllnern im Krieg [a-11786] (ACCORD)
In Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung:
? SYRI_SM_MIL_ergänzende+AFB+zu+Wehrdienstpflicht+in+Gebieten+außerhalb+Regierungskontrolle+2022_10_14_KE
? SYRI_SM_MIL_Zwangsrekrutierung,+Kontrolle+Idlib_2022_03_17_KE
? SYRI_MIL_Zwangsrekrutierung+von+Frauen+für+YBJ+bzw.+SDF_2022_09_22_KE
? SYRI_SM_Rekrutierungspraxis YPG_2023_03_02_KE
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Höchstalter für die „Wehrpflicht“ im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet; unterlagen Altersvorgaben für „Wehrpflicht“ seit ihrer Einführung Schwankungen/Änderungen? [a-11932] (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Stadt Ar-Raqqa: Bedrohung von Kommunalbediensteten bzw. insbesondere von Fahrern für die staatliche/städtische Müllentsorgung oder Angestellten in der Wasserversorgung durch die kurdische Selbstverwaltung (Autonomous Administration of North and East Syria - AANES) [a-12103-2] (ACCORD)
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Zwangsrekrutierung von Erwachsenen durch die Syrische Nationale Armee (SNA) oder andere oppositionelle militärische Gruppierungen in Dscharabulus; Personengruppen mit höherer Wahrscheinlichkeit von derartigen Rekrutierungen; Sanktionen gegen Personen, die eine Rekrutierung verweigern; Unterstellung oppositioneller Gesinnung im Falle einer Verweigerung; Zugriffsmöglichkeiten der syrischen Armee auf wehrdienstpflichtige Personen in Dscharabulus [a-12101] (ACCORD)
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Letzte Änderung 2024-03-11 06:50
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).
Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 8.2023).
Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022).
Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vgl. ICWA 24.5.2022).Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vergleiche ICWA 24.5.2022).
Die Umsetzung
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrdienstbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vgl. DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrdienstbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vergleiche DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).
Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vgl. AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer "Verkürzung" des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Pe