Entscheidungsdatum
17.07.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W182 2281374-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2023, Zl. 1325955604-222999192, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. I. Nr 33/2013 (VwGVG) idgF, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Jemen, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2023, Zl. 1325955604-222999192, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBI. römisch eins. Nr 33/2013 (VwGVG) idgF, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.A) Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG) idgF, nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG) idgF, nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: BF), ein jemenitischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an, ist Sunnit und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein, wo er am 24.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.09.2022 gab der BF im Beisein eines Dolmetschers der arabischen Sprache im Wesentlichen an, dass im Jemen Krieg herrsche, ihr Haus bombardiert und zerstört worden sei und er sein Studium fortsetzen wolle. Bei einer Rückkehr nach Jemen fürchte er sich vor der Houthi – Rebellenmiliz.
In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 04.10.2023 gab der BF im Beisein eines Dolmetschers der arabischen Sprache zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, 2011/2012 gegen die „voherige Regierung“ und 2015 gegen die Houthi demonstriert zu haben. Die Demonstrationsteilnahmen haben keine Konsequenzen für ihn gehabt, weil er im August 2016 ausgereist sei. Die Houthi-Milizen würden auch immer zwei bis drei Personen aus jeder Familie mitnehmen, die kämpfen müssten. Bis auf seine Schwestern habe seine Familie den Jemen verlassen. Der BF habe in Indien ein Studium abgeschlossen.
Der BF konnte keine Personaldokumente vorlegen.
2. Mit dem bekämpften Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), ebenso wie auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. (Spruchpunkt II.) und versagte die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 leg. cit. (Spruchpunkt III.). Unter einem wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm 9 BFA-Verfahrensgesetz erlassen (Spruchpunkt IV.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Jemen gemäß §§ 52 Abs. 9 iVm 46 FPG festgestellt (Spruchpunkt V.), sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist im Ausmaß von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).2. Mit dem bekämpften Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), ebenso wie auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit 2 Absatz eins, Ziffer 13, leg. cit. (Spruchpunkt römisch II.) und versagte die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. Paragraph 57, leg. cit. (Spruchpunkt römisch III.). Unter einem wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraphen 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 in Verbindung mit 9 BFA-Verfahrensgesetz erlassen (Spruchpunkt römisch IV.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Jemen gemäß Paragraphen 52, Absatz 9, in Verbindung mit 46 FPG festgestellt (Spruchpunkt römisch fünf.), sowie gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG eine Frist im Ausmaß von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).
Das Bundesamt ging davon aus, dass der BF keiner Verfolgung oder Bedrohung durch die Miliz „Al Houtheyen“ oder sonst einer persönlich gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung aus politischen Gründen ausgesetzt gewesen sei. Auch bei einer Rückkehr sei er im Herkunftsland keiner konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt. Die allgemeine Sicherheitslage im Herkunftsland sei keinesfalls so zu bewerten, als dass eine Rückkehr dorthin als generell unmöglich einzustufen wäre. Die Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs sei ebenfalls gegeben. Der BF verfüge noch über Angehörige in seinem Herkunftsland. Er könne nach seiner Rückkehr in seinem Herkunftsstaat eine Arbeit aufnehmen. Es würden keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, die darauf schließen lassen, dass er nach der Rückkehr in eine ausweglose Situation geraten würde. Die Feststellung, dass der BF keiner persönlich gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung aus politischen Gründen ausgesetzt gewesen sei, stütze sich auf die Tatsache, dass er in dieser Hinsicht nichts Konkretes vorgebracht und primär ohnehin angegeben habe, den Jemen aufgrund des Krieges und um sich im Ausland fortzubilden, verlassen zu haben. Er habe bis zur Ausreise ganz normal in seinem Herkunftsland leben können, ohne mit irgendwelchen Problemen aufgrund der angeblichen Demonstrationsteilnahmen konfrontiert gewesen zu sein. Es habe insgesamt aus den minimalistischen und detailarmen Angaben des BF keinerlei individuelle Verfolgungsgefahr erkannt werden können.
3. Gegen den Bescheid erhob der BF über seine Rechtsvertretung innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF aus der Stadt Taiz stammt, die teils in den Händen der Anhänger des ehemaligen Präsidenten teils unter der Macht der Houthi-Rebellen stehe. Die Sicherheitslage am Herkunftsort des BF sei nach wie vor sehr prekär. Die Stadt sei Schauplatz eines Bürgerkrieges, die Houthi-Rebellen würden die Stadt umzingeln und beschießen, wobei auch vereinzelt von Angriffen in der Stadt selbst die Rede sei. Die belangte Behörde habe den BF nur sehr oberflächlich zur relevanten wirtschaftlichen sowie sicherheitstechnischen Lage an seinem Herkunftsland sowie zur Gefahr der Zwangsrekrutierung durch die Houthi-Rebellen befragt. Detaillierte Nachfragen, insbesondere zur drohenden Rekrutierung durch die Houthi-Rebellen an seinem Herkunftsort beziehungsweise bei der Anreise an seinem Herkunftsort, zu legalen und zumutbaren Rückkehrmöglichkeiten an seinen Herkunftsort, zum Umstand, welche Strafen und Konsequenzen er durch eine Verweigerung der Kooperation mit den Houthi-Rebellen fürchte, zur Gefahr einer existenziellen Notlage im Falle einer Rückkehr an seinem Herkunftsort sowie zu den mangelnden Unterstützungsmöglichkeiten vonseiten der Familie des BF sowie seines Stammes, habe die belangte Behörde allerdings unterlassen. Im Falle einer Rückkehr an seinen Herkunftsort würde der BF von den dort in der Herkunftsregion des BF zum Teil an der Macht stehenden Houthi-Milizen zwangsweise rekrutiert werden. Anhand der vorliegenden Informationen zur politischen Lage im Jemen werde davon ausgegangen, dass der Jemen ein so genannter „Failed State“ ist, da große Teile des Staatsgebiets von den Houthi-Milizen kontrolliert werden und die international anerkannte Regierung keine Kontrolle über weite Teile des Staatsgebiets habe. Nach aktuellem LIB würden nach wie vor Kampfhandlungen im Herkunftsort des BF stattfinden, wobei sich die Stadt Taiz in einer Konfliktzone befinde. Aus verschiedenen Berichten zur Lage im Jemen gehe deutlich hervor, dass Menschen, die sich gegen die Houthi-Miliz engagieren, besonders gefährdet seien, verfolgt zu werden und massive Menschenrechtsverletzungen zu erfahren. Zudem führe ein BAMF-Bericht aus, dass vor allem seitens der Huthi abweichende politische Überzeugungen nicht toleriert werden und gegen (vermeintliche) Oppositionelle brutal vorgegangen werde. Die Wertung als „politischer Oppositioneller“ beruhe hierbei oft schon in der bloßen Nicht-Befolgung von Anordnungen. Im Fall des BF sei jedoch erneut zu betonen, dass er im Jemen bereits bei Demonstrationen gegen die Houthi öffentlich mitgewirkt habe. Insoweit die belangte Behörde in der Beweiswürdigung den Vorwurf erhebe, wonach der BF lediglich minimalistische und detailarme Angaben gemacht habe, werde zum einen auf das mangelhafte Ermittlungsverfahren, insbesondere auf die mangelhafte Einvernahme des BF, verwiesen, zum anderen festgehalten, dass der BF sehr wohl konkrete Angaben zu seinen Befürchtungen bei der Rückkehr in sein Herkunftsland gemacht habe. Auch die Beweiswürdigung der Behörde im Zusammenhang mit der aktuellen Lage im Jemen sei grob mangelhaft. Aus den Länderinformationen gehe klar hervor, dass der Jemen sich seit 2014 in einem Bürgerkrieg befinde und es sich um eine der schwersten humanitären Krisen weltweit handle. Die Länderberichte stellen unter anderem fest, dass der Jemen laut Index der fragilen Staaten 2023 (der NGO Fund for Peace) auf dem zweiten Rang stehe, welches eine mehr als prekäre Situation aufzeige. Daher sei es nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelange, der BF könne ohne in eine ausweglose, humanitäre Notlage zu geraten, in sein Heimatland zurückkehren. Es wurde u.a. die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung beantragt.
4. Anlässlich der vom Bundesverwaltungsgericht anberaumten öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung am 07.06.2024 wurde Beweis erhoben durch die Einvernahme des BF im Beisein seiner Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch sowie Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts.
Vom BF wurden u.a. zwei von einer Staatsanwaltschaft in Taiz im Juli bzw. August 2023 ausgestellte Zwangsvorführungsbefehle wegen Nichtbefolgung militärischer Befehle zur Landesverteidigung in Kopie vorgelegt. Laut BF würden sich diese Dokumente gegen zwei seiner Brüder richten, die 2023 vor einer Rekrutierung aus dem Jemen geflüchtet seien.
Dem BF wurden in der Verhandlung Länderberichte zum Jemen dargetan. Dazu wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Zugang für eine schriftliche Stellungnahme eingeräumt.
5. In einer Stellungnahme vom 18.06.2024 wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass der BF in der mündlichen Verhandlung vorgebracht habe, an Demonstrationen gegen die Houthi teilgenommen zu haben, wobei den Länderberichten zufolge politische Gegner von den Houthi verfolgt, willkürlich getötet und gefoltert werden. Auch nach den gem. Art 8 Abs 2 der Status-Richtlinie (RL 2011/95/EU) heranzuziehenden Länderberichten von UNHCR seien etwa politische Aktivisten und Demonstranten sowie Personen, die der Zugehörigkeit zu einer anderen Konfliktpartei verdächtigt werden, im Jemen einem besonderen Risiko der politischen Verfolgung ausgesetzt, wie etwa willkürlich inhaftiert, entführt, gefoltert, ermordet oder hingerichtet zu werden. In der mündlichen Verhandlung habe der BF seine Ablehnung gegenüber den Houthi klar zum Ausdruck gebracht, weshalb er aus diesem Grund jegliche Unterstützung der Houthi ablehne und seitens der Houthi als politischer Opponent betrachtet werde. Aus diesem Grund drohe ihm asylrelevante Verfolgung.5. In einer Stellungnahme vom 18.06.2024 wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass der BF in der mündlichen Verhandlung vorgebracht habe, an Demonstrationen gegen die Houthi teilgenommen zu haben, wobei den Länderberichten zufolge politische Gegner von den Houthi verfolgt, willkürlich getötet und gefoltert werden. Auch nach den gem. Artikel 8, Absatz 2, der Status-Richtlinie (RL 2011/95/EU) heranzuziehenden Länderberichten von UNHCR seien etwa politische Aktivisten und Demonstranten sowie Personen, die der Zugehörigkeit zu einer anderen Konfliktpartei verdächtigt werden, im Jemen einem besonderen Risiko der politischen Verfolgung ausgesetzt, wie etwa willkürlich inhaftiert, entführt, gefoltert, ermordet oder hingerichtet zu werden. In der mündlichen Verhandlung habe der BF seine Ablehnung gegenüber den Houthi klar zum Ausdruck gebracht, weshalb er aus diesem Grund jegliche Unterstützung der Houthi ablehne und seitens der Houthi als politischer Opponent betrachtet werde. Aus diesem Grund drohe ihm asylrelevante Verfolgung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des BF
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Jemen, gehört der arabischen Volksgruppe an und ist Sunnit.
Der BF hat im Herkunftsstaat in der Stadt Taiz im gleichnamigen Gouvernement gelebt. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Im Gouvernement Taiz halten sich noch verheiratete Schwestern des BF auf. Die Eltern sowie Brüder des BF haben den Jemen verlassen.
Der BF hat in Jemen seine Schulbildung mit Matura und in Indien von 2017 bis Ende 2020 ein Bachelor-Studium in Betriebswirtschaft abgeschlossen.
Teile des Heimatgouvernements bzw. der Stadtteil von Taiz, in dem der BF gewohnt hat, wird von den Houthi kontrolliert. Die Stadt Taiz ist seit 2015 zwischen den Houthi und einer Allianz verschiedener Gruppen, die mit der international anerkannten Regierung (IRG) verbunden sind, jedoch zunehmend Spaltungstendenzen aufweisen, umkämpft. Die von der Koalition gehaltenen Teile der Stadt Taiz sind bis dato von Houthi-Milizen eingeschlossen, wobei es immer wieder zu Gefechten und Zusammenstößen, jedoch seit April 2022 zu keinen größeren Militäroffensiven mehr gekommen ist.
Der BF ist 2016 über Aden aus dem Jemen nach Dschibutti ausgereist, von dort nach Indien weitergereist, wo er sich bis 2021/2022 aufgehalten hat. Von Indien ist er nach Dschibutti, von dort legal in die Türkei und weiter illegal bis nach Österreich gereist.
Der BF konnte glaubhaft dartun, dass er die religiösen und politischen Ansichten der Houthi-Bewegung ablehnt und im Jahr 2011 an Demonstrationen gegen die Saleh-Regierung und 2014/2015 gegen die Houthi-Bewegung teilgenommen hat. Nach Verhaftungswellen, bei denen kontinuierlich Freunde des BF, die ebenso an den Demonstrationen teilgenommen haben, von den Houthi festgenommen wurden, hat der BF aus Furcht vor der Houthi-Bewegung den Jemen verlassen.
Auch der Vater und alle Brüder des BF haben sich durch Ausreise dem Zugriff der Houthi entzogen.
Im Fall der Rückkehr in die Republik Jemen besteht für den BF die reale Gefahr, von der Houthi-Bewegung wegen seiner oppositionellen Gesinnung in Zusammenhang mit den Demonstrationsteilnahmen inhaftiert und schwer misshandelt sowie gefoltert zu werden.
Für den BF besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Jemen.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zur entscheidungsrelevanten Situation in der Republik Jemen
Politische Lage
Die heutige Republik Jemen entstand im Mai 1990 durch den Zusammenschluss der Arabischen Republik Jemen (Nordjemen) mit der Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen) (EB 28.7.2023; vgl WHH 24.3.2023). Gemäß dem Einigungsvertrag fungiert Sana’a, die frühere Hauptstadt des Nordjemen als die politische Hauptstadt des Landes, während Aden, die frühere Hauptstadt des Südjemen, als wirtschaftliches Zentrum dient. Die beiden Teile des Jemen haben eine unterschiedliche Geschichte: Während der Nordjemen nie unter kolonialer Verwaltung durch eine europäische Macht stand, war der Südjemen von 1839 bis 1967 Teil des Britischen Weltreichs. Die heutigen Grenzen sind weitgehend das Ergebnis der außenpolitischen Ziele und Maßnahmen Großbritanniens, des Osmanischen Reichs und Saudi-Arabiens. Seit der Wiedervereinigung leidet der Jemen unter chronischer Korruption und wirtschaftlicher Not. Spaltungen aufgrund von Religion, Stammeszugehörigkeit und Geografie spielen in der jemenitischen Politik weiterhin eine wichtige Rolle und führen bisweilen zu Gewalt (EB 28.7.2023). Im Mai 1994 mündete der Versuch des Südens, die staatliche Unabhängigkeit wieder herzustellen, in einen kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg, der die Hegemonie des Nordens im vereinten Jemen bestätigte und zementierte (BPB 3.1.2020; vgl. WHH 24.3.2023). Im Jahr 2014 übernahmen die Huthi – Schiitischen, die sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die sunnitische Regierung erhoben hatten – die Kontrolle über Sana’a und forderten eine neue Regierung (CRF 31.7.2023; vgl. WHH 24.3.2023).Die heutige Republik Jemen entstand im Mai 1990 durch den Zusammenschluss der Arabischen Republik Jemen (Nordjemen) mit der Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen) (EB 28.7.2023; vergleiche WHH 24.3.2023). Gemäß dem Einigungsvertrag fungiert Sana’a, die frühere Hauptstadt des Nordjemen als die politische Hauptstadt des Landes, während Aden, die frühere Hauptstadt des Südjemen, als wirtschaftliches Zentrum dient. Die beiden Teile des Jemen haben eine unterschiedliche Geschichte: Während der Nordjemen nie unter kolonialer Verwaltung durch eine europäische Macht stand, war der Südjemen von 1839 bis 1967 Teil des Britischen Weltreichs. Die heutigen Grenzen sind weitgehend das Ergebnis der außenpolitischen Ziele und Maßnahmen Großbritanniens, des Osmanischen Reichs und Saudi-Arabiens. Seit der Wiedervereinigung leidet der Jemen unter chronischer Korruption und wirtschaftlicher Not. Spaltungen aufgrund von Religion, Stammeszugehörigkeit und Geografie spielen in der jemenitischen Politik weiterhin eine wichtige Rolle und führen bisweilen zu Gewalt (EB 28.7.2023). Im Mai 1994 mündete der Versuch des Südens, die staatliche Unabhängigkeit wieder herzustellen, in einen kurzen, aber heftigen Bürgerkrieg, der die Hegemonie des Nordens im vereinten Jemen bestätigte und zementierte (BPB 3.1.2020; vergleiche WHH 24.3.2023). Im Jahr 2014 übernahmen die Huthi – Schiitischen, die sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die sunnitische Regierung erhoben hatten – die Kontrolle über Sana’a und forderten eine neue Regierung (CRF 31.7.2023; vergleiche WHH 24.3.2023).
In der Verfassung wurden die Rechte und Institutionen festgeschrieben, die im Regelfall mit jenen einer liberalen parlamentarischen Demokratie verbunden sind (EB 28.7.2023). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der den Vizepräsidenten und den Premierminister ernennt (Art. 106). Der in direkter Volkswahl gewählte Präsident (Art. 108) wird für höchstens zwei Amtszeiten von je sieben Jahren gewählt (Art. 112) und von einem Kabinett unterstützt (Art. 119). Die Legislative besteht aus zwei Kammern (EB 28.7.2023): dem Repräsentantenhaus, dessen Mitglieder alle sechs Jahre in allgemeinen Wahlen gewählt werden (Art. 65), und dem al-Sh?r?-Rat (Beirat), dessen Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden (Art. 126). Das Repräsentantenhaus ist die gesetzgebende Behörde des Staates. Er erlässt Gesetze, billigt die allgemeine Staatspolitik, genehmigt den Staatshaushalt und die Wirtschaftspläne und kontrolliert die Exekutive gemäß der Verfassung (Art. 62). Die Verfassung (ausgenommen Kapitel 1 und 2) kann mit einer Dreiviertelmehrheit des Repräsentantenhauses geändert werden (Art. 158) (JEME 1991).In der Verfassung wurden die Rechte und Institutionen festgeschrieben, die im Regelfall mit jenen einer liberalen parlamentarischen Demokratie verbunden sind (EB 28.7.2023). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der den Vizepräsidenten und den Premierminister ernennt (Artikel 106,). Der in direkter Volkswahl gewählte Präsident (Artikel 108,) wird für höchstens zwei Amtszeiten von je sieben Jahren gewählt (Artikel 112,) und von einem Kabinett unterstützt (Artikel 119,). Die Legislative besteht aus zwei Kammern (EB 28.7.2023): dem Repräsentantenhaus, dessen Mitglieder alle sechs Jahre in allgemeinen Wahlen gewählt werden (Artikel 65,), und dem al-Sh?r?-Rat (Beirat), dessen Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden (Artikel 126,). Das Repräsentantenhaus ist die gesetzgebende Behörde des Staates. Er erlässt Gesetze, billigt die allgemeine Staatspolitik, genehmigt den Staatshaushalt und die Wirtschaftspläne und kontrolliert die Exekutive gemäß der Verfassung (Artikel 62,). Die Verfassung (ausgenommen Kapitel 1 und 2) kann mit einer Dreiviertelmehrheit des Repräsentantenhauses geändert werden (Artikel 158,) (JEME 1991).
Das Land ist in Gouvernements (mu??fa??t) gegliedert (LGY 7.8.2023; vgl. CP 25.9.2022), deren Gouverneure vom Präsidialrat (Presidential Leadership Council, PLC) ernannt werden (HRITC 7.4.2022; vgl CEIP 9.6.2022). Die Gouvernements haben ihren eigenen Rat (ISPI 13.7.2022; vgl. EB 28.7.2023). Sowohl im Norden als auch im Süden ging der Trend dahin, den Gouvernements ein hohes Maß an Autonomie einzuräumen. Allerdings fehlen im Jemen die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Durchführung effizienter Kommunalwahlen (EB 28.7.2023).Das Land ist in Gouvernements (mu??fa??t) gegliedert (LGY 7.8.2023; vergleiche CP 25.9.2022), deren Gouverneure vom Präsidialrat (Presidential Leadership Council, PLC) ernannt werden (HRITC 7.4.2022; vergleiche CEIP 9.6.2022). Die Gouvernements haben ihren eigenen Rat (ISPI 13.7.2022; vergleiche EB 28.7.2023). Sowohl im Norden als auch im Süden ging der Trend dahin, den Gouvernements ein hohes Maß an Autonomie einzuräumen. Allerdings fehlen im Jemen die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Durchführung effizienter Kommunalwahlen (EB 28.7.2023).
Auf nationaler Ebene gibt es eine Reihe aktiver politischer Parteien, deren Zusammensetzung und Mitgliedschaft jedoch gesetzlich geregelt ist. Parteien, die sich auf Faktoren wie regionale, stammesbezogene, konfessionelle oder ethnische Zugehörigkeit stützen, sind ausdrücklich verboten. Jede Partei muss eine Lizenz von einem staatlichen Ausschuss beantragen, um legal zu existieren (EB 28.7.2023). Nach 1990 wurden 22 Parteien zugelassen. Darunter zählen der Allgemeine Volkskongress (AVK), die Jemenitische Sozialistische Partei (JSP), die al-Islah (?die Jemenitische Versammlung für Reformen’, eine sunnitisch-islamistische Partei, lokaler Ableger der Muslimbruderschaft mit salafistischen Einflüssen), die Nasseritische Unionistische Partei (NUP) und weitere sozialistische Organisationen (SCSS 7.2.2022; vgl. EB 28.7.2023; BAMF 7.3.2023). Die in den 1990er Jahren aktive Al-?aqq-Partei (?Die wahre Partei’) vertrat die Interessen einer in den 1980er Jahren entstandenen Wiederbelebungsbewegung der Zaiditen (schiitischer Zweig des Islam); sie führte zum Aufstieg der Huthi-Bewegung, deren Rebellion in den 2010er Jahren zu einem Bürgerkrieg eskalierte (EB 28.7.2023; vgl. BAMF 7.3.2022).Auf nationaler Ebene gibt es eine Reihe aktiver politischer Parteien, deren Zusammensetzung und Mitgliedschaft jedoch gesetzlich geregelt ist. Parteien, die sich auf Faktoren wie regionale, stammesbezogene, konfessionelle oder ethnische Zugehörigkeit stützen, sind ausdrücklich verboten. Jede Partei muss eine Lizenz von einem staatlichen Ausschuss beantragen, um legal zu existieren (EB 28.7.2023). Nach 1990 wurden 22 Parteien zugelassen. Darunter zählen der Allgemeine Volkskongress (AVK), die Jemenitische Sozialistische Partei (JSP), die al-Islah (?die Jemenitische Versammlung für Reformen’, eine sunnitisch-islamistische Partei, lokaler Ableger der Muslimbruderschaft mit salafistischen Einflüssen), die Nasseritische Unionistische Partei (NUP) und weitere sozialistische Organisationen (SCSS 7.2.2022; vergleiche EB 28.7.2023; BAMF 7.3.2023). Die in den 1990er Jahren aktive Al-?aqq-Partei (?Die wahre Partei’) vertrat die Interessen einer in den 1980er Jahren entstandenen Wiederbelebungsbewegung der Zaiditen (schiitischer Zweig des Islam); sie führte zum Aufstieg der Huthi-Bewegung, deren Rebellion in den 2010er Jahren zu einem Bürgerkrieg eskalierte (EB 28.7.2023; vergleiche BAMF 7.3.2022).
Das Gesetz gibt den Bürgern die Möglichkeit, ihre Regierung friedlich durch freie und faire regelmäßige Wahlen auf der Grundlage des allgemeinen und gleichen Wahlrechts zu wählen (USDOS 20.3.2023). Die letzten Parlamentswahlen fanden im Jahr 2003 statt (WC 6.1.2022; IPS 16.3.2023). Mehr als zwanzig Parteien nahmen daran teil. Die AVK gewann die überwältigende Mehrheit der Sitze (WC 6.1.2022). Aktuell leben dutzende Vertreter politischer Parteien im Exil in Ägypten, Saudi-Arabien, der Türkei, Jordanien und Malaysia (IPS 16.3.2023).
Es gibt keine Gesetze, die die Beteiligung von Frauen oder Angehörigen von Minderheitengruppen am politischen Prozess einschränken, und sie haben an vergangenen Wahlen teilgenommen. Personen der LGBTQI+-Gemeinschaft haben nicht offen am politischen Prozess teilgenommen. Im Laufe des Jahres 2022 bekleidete keine Frau einen Ministerposten in der Regierung. Sie sind weiterhin in der Zivilgesellschaft aktiv (USDOS 20.3.2023).
Im Jahr 2015 setzten die Huthi die Verfassung außer Kraft, lösten das Parlament auf und kündigten die Bildung eines ernannten obersten Revolutionskomitees als höchstes Regierungsorgan an. Mit den Huthi verbündete Mitglieder des Allgemeinen Volkskongresses kündigten die Bildung eines obersten politischen Rates und die Wiedereinberufung des Parlaments in Sana’a an, gefolgt von der Ankündigung einer „Regierung der nationalen Rettung“. Die Huthi-Regierung und ihre Institutionen werden international nicht anerkannt – Parlamentswahlen haben nicht stattgefunden. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Jahr 2003 statt (USDOS 20.3.2023).
Die international anerkannte Regierung Jemens hat das Parlament 2019 in Sayoun zum ersten Mal seit 2015 wieder einberufen, aber seitdem ist das Parlament nicht wieder zusammengetreten (USDOS 20.3.2023).
Am 7.4.2022 übergab Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi die Macht an einen neuen achtköpfigen Präsidialrat (PLC) unter der Leitung des ehemaligen Innenministers Rashad Muhammad al-Alimi (USDOS 20.3.2023; vgl. BMZ 28.3.2023a). Der PLC ist die derzeitige international anerkannte Regierung des Jemen (PGN 11.3.2023), fungiert als Exekutivorgan (USDOS 20.3.2023) und stellt sich gegen die De-facto-Behörden der Huthi (AI 27.3.2023). Dem Präsidialrat gehören Vertreter einer Reihe wichtiger militärischer und politischer Persönlichkeiten an (AI 27.3.2023) – eine Kombination von Vertretern international anerkannter Institutionen und Anführern bewaffneter Gruppen mit territorialer Kontrolle (CEIP 9.6.2022). Das sind der Gouverneur von Mar’ib, der Präsident des Südlichen Übergangsrats (Southern Transitional Council, STC), der Anführer der National Resistance Forces (NRF), der Stabschef des Präsidialamts, der Gouverneur von Hadramaut, der Kommandeur der Giantes Brigades (GB) und der Parlamentsabgeordnete Othman al-Mujali (SCSS 3.5.2022).Am 7.4.2022 übergab Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi die Macht an einen neuen achtköpfigen Präsidialrat (PLC) unter der Leitung des ehemaligen Innenministers Rashad Muhammad al-Alimi (USDOS 20.3.2023; vergleiche BMZ 28.3.2023a). Der PLC ist die derzeitige international anerkannte Regierung des Jemen (PGN 11.3.2023), fungiert als Exekutivorgan (USDOS 20.3.2023) und stellt sich gegen die De-facto-Behörden der Huthi (AI 27.3.2023). Dem Präsidialrat gehören Vertreter einer Reihe wichtiger militärischer und politischer Persönlichkeiten an (AI 27.3.2023) – eine Kombination von Vertretern international anerkannter Institutionen und Anführern bewaffneter Gruppen mit territorialer Kontrolle (CEIP 9.6.2022). Das sind der Gouverneur von Mar’ib, der Präsident des Südlichen Übergangsrats (Southern Transitional Council, STC), der Anführer der National Resistance Forces (NRF), der Stabschef des Präsidialamts, der Gouverneur von Hadramaut, der Kommandeur der Giantes Brigades (GB) und der Parlamentsabgeordnete Othman al-Mujali (SCSS 3.5.2022).
Allerdings herrscht im Präsidialrat (PLC) Uneinigkeit (ICG 4.5.2023; vgl. SCSS 9.2022). Da die hier vertretenen Kräfte alle ihre eigene Agenda haben und zum Teil miteinander verfeindetet sind, gestaltet sich ihre Zusammenarbeit als schwierig (WHH 24.3.2023). Der STC, der einige südliche Landesteile – vor allem rund um die Hafenstadt Aden – kontrolliert, setzt sich für eine Unabhängigkeit des Südens ein (BMZ 28.3.2023a). Einige weitere im Präsidialrat vertretene Fraktionen fordern wirtschaftliche Autonomie, welche der STC ablehnt. Nicht zuletzt konkurrieren selbst Mitglieder des Präsidialrates wegen politischer und wirtschaftlicher Interessen um Ministerposten. Schließlich sind alle Fraktionen des PLC von der wichtigsten diplomatischen Initiative, von den vom Oman vermittelten Gesprächen zwischen den Huthi und Riad, ausgeschlossen (ICG 4.5.2023) [s. Kapitel 4.3.].Allerdings herrscht im Präsidialrat (PLC) Uneinigkeit (ICG 4.5.2023; vergleiche SCSS 9.2022). Da die hier vertretenen Kräfte alle ihre eigene Agenda haben und zum Teil miteinander verfeindetet sind, gestaltet sich ihre Zusammenarbeit als schwierig (WHH 24.3.2023). Der STC, der einige südliche Landesteile – vor allem rund um die Hafenstadt Aden – kontrolliert, setzt sich für eine Unabhängigkeit des Südens ein (BMZ 28.3.2023a). Einige weitere im Präsidialrat vertretene Fraktionen fordern wirtschaftliche Autonomie, welche der STC ablehnt. Nicht zuletzt konkurrieren selbst Mitglieder des Präsidialrates wegen politischer und wirtschaftlicher Interessen um Ministerposten. Schließlich sind alle Fraktionen des PLC von der wichtigsten diplomatischen Initiative, von den vom Oman vermittelten Gesprächen zwischen den Huthi und Riad, ausgeschlossen (ICG 4.5.2023) [s. Kapitel 4.3.].
Auch das Huthi-Lager ist fraktioniert. Die Huthi üben Macht durch Subgruppen aus, die alle auch wirtschaftliche Interessen haben (DS 11.4.2023).
Das Königreich Saudi-Arabien an der Spitze einer Koalition aus sunnitisch regierten arabischen Staaten griff im März 2015 in den Konflikt ein. Wichtigster Partner in dieser Allianz sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), welche andererseits auch den Südlichen Übergangsrat (STC) unterstützen und mittelfristig die Unabhängigkeit des Südjemens vom Nordjemen anstreben. Die saudisch-geführte Koalition wird auf internationaler Ebene insbesondere von den USA und auch Großbritannien militärisch unterstützt. Andererseits werden die Huthi schon seit vielen Jahren vom Iran unterstützt, u.a. finanziell, logistisch und auch in zunehmendem Maße durch die Lieferung von Waffen (WHH 24.3.2023).
Auf dem Index der fragilen Staaten 2023 (der NGO Fund for Peace) steht der Jemen auf dem zweiten Rang (FSI 2023). Seit der Einnahme der Hauptstadt Sana’a durch die Huthi im September 2014, in manchen Regionen jedoch schon seit 2011 und davor, tobt im?Jemen?ein gewaltsamer Konflikt um die politische Macht und den Zugang zu Ressourcen (WHH 24.3.2023). Die Hauptkriegsparteien, die Huthi und die international anerkannte Regierung, an deren Seite Saudi-Arabien steht, setzen Gespräche im Rahmen eines informellen Waffenstillstands fort (ICG 4.5.2023). Eine der dringlichsten Herausforderungen im Jemen ist die Notwendigkeit einer stabilen und effektiven staatlichen Struktur (CIPE 11.2.2023). Ein einheitlicher Nationalstaat existiert im Jemen nicht mehr – die Regierung hat die Kontrolle über weite Teile des Landes verloren. Reformen, insbesondere in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und politische Teilhabe, sind erforderlich (BMZ 28.3.2023b). Der Konflikt im Land hat dazu geführt, dass es in vielen Gebieten keine funktionierenden Regierungsinstitutionen gibt, was zu einem Machtvakuum und einer Verbreitung bewaffneter Gruppen geführt hat (CIPE 11.2.2023).
Anfang April 2022 wurde im Jemen ein von der UNO ausgehandelter Waffenstillstand zwischen der bewaffneten Huthi-Gruppe und der von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführten Koalition vereinbart, der ursprünglich auf zwei Monate begrenzt, jedoch verlängert wurde. Im Oktober 2022 konnten sich die Konfliktparteien auf keine weitere Verlängerung einigen (Wiener Zeitung, 28.04.2022, HRW 2023), doch blieb die Lage seither relativ ruhig. Infolge der Wiederaufnahme der ausgesetzten diplomatischen Beziehungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien auf Initiative Chinas im März 2023 kam es im April zu einem Gefangenenaustausch zwischen den Konfliktparteien sowie den offiziellen Besuch einer saudischen Delegation in Sanaa zu Gesprächen, die mit einem „vorläufigen Abkommen“ über einen Waffenstillstand endeten (ORF April 2023).
Quellen:
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- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (7.3.2022): Länderreport 49; Jemen: Die Houthis, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069073/Deutschland._Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Jemen_-_Die_Houthis%2C_01.02.2022._%28L%C3%A4nderreport___49%29.pdf, Zugriff 9.8.2023
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (28.3.2023a): Politische Situation, In konkurrierende Machtlager zerfallen, https://www.bmz.de/de/laender/jemen/politische-situation-86892, Zugriff 9.8.2023
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (28.3.2023b): Land in humanitärer Krise, https://www.bmz.de/de/laender/jemen, Zugriff 9.8.2023
- BPB – Bundeszentrale für politische Bidlung [Deutschland]: Kleine Geschichte des Jemen, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/302920/kleine-geschichte-des-jemen/, Zugriff 9.8.2023
- CEIP – Carnegie Endowment for International Peace (9.6.2022): Yemen’s Post-Hybrid Balance: The New Presidential Council, https://carnegieendowment.org/sada/87301, Zugriff 9.8.2023
- CFR – Council on Foreign Relations (31.7.2023): War in Yemen, https://www.cfr.org/global-conflict-tracker/conflict/war-yemen, Zugriff 9.8.2023
- CIPE – The Center for International Private Enterprise (11.2.2023): Why the Private Sector’s Role in the Reconstruction of Yemen Is Crucial, https://www.cipe.org/blog/2023/02/11/why-the-private-sectors-role-in-the-reconstruction-of-yemen-is-crucial/, Zugriff 9.8.2023- CIPE – The Center for International Private Enterprise (11.2.2023): Why the Private Sector’s Role in the Reconstruction of Yemen römisch eins s Crucial, https://www.cipe.org/blog/2023/02/11/why-the-private-sectors-role-in-the-reconstruction-of-yemen-is-crucial/, Zugriff 9.8.2023
- CP – Citypopulation (25.9.2022): Yemen, https://www.citypopulation.de/en/yemen/, Zugriff 9.8.2023
- DS – Der Standard (11.4.2023): Saudischer Besuch im Jemen bedeutet Anerkennung für Huthi-Rebellen, https://www.derstandard.at/story/2000145365733/saudischer-besuch-im-jemen-bedeutet-anerkennung-fuer-huthi-rebellen, Zugriff 9.8.2023
- EB – Encyclopædia Britannica (28.7.2023): Yemen, https://www.britannica.com/place/Yemen, Zugriff 9.8.2023
- FSI – Fragile States Index (2023): Country Dashboard, Yemen, https://fragilestatesindex.org/country-data/, Zugriff 9.8.2023
- HRITC – Human Rigths Informaation & Training Center (7.4.2022): The Yemeni president announces the transfer of his full powers to a new presidential council, https://hritc.co/23299?lang=en, Zugriff 9.8.2023
- HRW – Human Rights Watch: World Report 2023 - Yemen, 12. Jänner 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2085517.html
- ICG – International Crisis Group (4.5.2023): Yemen’s Troubled Presidential Leadership Council, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/yemen/yemens-troubled-presidential-leadership-council, Zugriff 9.8.2023
- IPS – International Politics and Society (16.3.2023): A break in the clouds over Yemen, https://www.ips-journal.eu/topics/democracy-and-society/a-break-in-the-clouds-over-yemen-6581/, Zugriff 9.8.2023
- ISPI – Italian Institute for International Political Studies (13.7.2022): Integrating Yemen’s Armed Groups: Pathways of Decentralisation, https://www.ispionline.it/en/publication/integrating-yemens-armed-groups-pathways-decentralisation-35732, Zugriff 9.8.2023
- JEME – Die jemenitische Verfassung [Jemen] (1991): Yemen's Constitution of 1991 with Amendments through 2015, zitiert in: Comparative Constitutions Project am 28.11.2022, https://www.constituteproject.org/constitution/Yemen_2015.pdf?lang=en, Zugriff 9.8.2023
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- ORF – Gefangenenaustausch birgt Hoffnung, 14.04.2023, https://orf.at/stories/3312590/
- PGN – Political Geography Now (11.3.2023): Yemen Control Map & Report – March 2023 (Subscription), file:///tmp/pid-9239/Yemen%20Control%20Map%20&%20Report%20-%20March%202023%20(Subscription)%20-%20PolGeoNow%20Control%20Maps%20(13.3.2023%2013_40_04).html, kostenplichtiger Newsletter, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf
- SCSS – The Sana’a Center for Strategic Studies (9.2022): Truce Expires as Internal Divisions Deepen, https://sanaacenter.org/files/TYR_September_2022_en.pdf, Zugriff 9.8.2023
- SCSS – The Sana’a Center for Strategic Studies (3.5.2022): Presidential Council Replaces Hadi, https://sanaacenter.org/the-yemen-review/april-2022/17707, Zugriff 9.8.2023
- SCSS – The Sana’a Center for Strategic Studies (7.2.2022): A History of Yemeni Political Parties: From Armed Struggle to Armed Repression, https://sanaacenter.org/publications/analysis/16421, Zugriff 9.8.2023
- UN - United Nations (15.4.2024): Red Sea Crisis, Gaza Conflict Pose Threat to Progress, Stability in Yemen, Speakers Tell Security Council, https://press.un.org/en/2024/sc15661.doc.htm
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- WC – Wilson Center (6.1.2022): War and Politics in Libya, Yemen, and Syria, https://www.wilsoncenter.org/article/war-and-politics-libya-yemen-and-syria, Zugriff 9.8.2023
- Wiener Zeitung: Jemen steuert auf eine Zweiteilung zu, 28.04.2022, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2145473-Der-Jemen-steuert-auf-eine-Zweiteilung-zu.html
- WHH – Welt Hunger Hilfe (24.3.2023): Bürgerkrieg im Jemen: Hintergründe des Konflikts, https://www.welthungerhilfe.de/aktuelles/gastbeitrag/2019/hintergrundanalyse-jemen-konflikt, Zugriff 9.8.2023
Sicherheitslage
Nicht-staatliche Akteure wie die Huthi, Stammesmilizen und terroristische Gruppen (darunter al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel und ein lokaler Ableger vom Islamischen Staat (IS)), begehen ungestraft Übergriffe. Vor dem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand setzte Saudi-Arabien seine Militäroperationen zur Unterstützung der international anerkannten Regierung des Jemen gegen die Huthi fort (USDOS 20.3.2023). Der sechsmonatige vereinbarte Waffenstillstand lief zwar offiziell im Oktober 2022 aus, wurde aber für den Rest des Jahres inoffiziell fortgesetzt; auch schränkte er die Aktivitäten an der Front ein und führte zu einer vollständigen Einstellung der Luftangriffe (CIMP 3.2023; vgl. USDOS 20.3.2023).Nicht-staatliche Akteure wie die Huthi, Stammesmilizen und terroristische Gruppen (darunter al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel und ein lokaler Ableger vom Islamischen Staat (IS)), begehen ungestraft Übergriffe. Vor dem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand setzte Saudi-Arabien seine Militäroperationen zur Unterstützung der international anerkannten Regierung des Jemen gegen die Huthi fort (USDOS 20.3.2023). Der sechsmonatige vereinbarte Waffenstillstand lief zwar offiziell im Oktober 2022 aus, wurde aber für den Rest des Jahres inoffiziell fortgesetzt; auch schränkte er die Aktivitäten an der Front ein und führte zu einer vollständigen Einstellung der Luftangriffe (CIMP 3.2023; vergleiche USDOS 20.3.2023).
Wirksame Mechanismen zur Untersuchung und Verfolgung von Übergriffen seitens der Sicherheitskräfte fehlen (USDOS 20.3.2023).
Die militärischen Entwicklungen während des Jahres 2022 lassen sich im Großen und Ganzen in drei Phasen unterteilen: Im ersten Quartal kam es zu verstärkten grenzüberschreitenden Angriffen der Huthi-Truppen, die von der Koalition zur Wiederherstellung der Legitimität im Jemen militärisch beantwortet wurden. Die zweite Phase war eine fragile sechsmonatige Waffenruhe, die am 2.10.2022 endete. In der dritten Phase nach dem Waffenstillstand wurde der Frieden erneut gestört, und die Verhandlungen zur Verlängerung des Waffenstillstands gestalteten sich schwierig (UNSC 21.2.2023).
Am 2. April 2022 stimmten die Konfliktparteien einem UN-Vorschlag für einen zweimonatigen landesweiten Waffenstillstand zu, der anschließend alle zwei Monate bis zum 2.10.2022 verlängert wurde (AI 27.3.2023). Während des Waffenstillstands und nach dessen Ende verübten die Konfliktparteien jedoch sporadisch Angriffe auf zivile Gebiete und Frontlinien in den Gouvernements Ma?rib, al-Hudaida, Ta’izz und Ad-D?li? (AI 27.3.2023; vgl. UNSC 21.2.2023). Zu den positiven Ergebnissen des Waffenstillstands gehörten die Wiederaufnahme der Einfuhr von Öl und Ölderivaten über den Hafen von al-Hudaida, wodurch der Bedarf der Menschen, in den von den Huthi kontrollierten Gebieten gedeckt werden konnte, sowie die Wiederaufnahme einer begrenzten Anzahl kommerzieller Flüge von Sanaa aus. Die Regierung erlaubte die internationale Reise von Personen mit von den Huthi ausgestellten Reisepässen, wodurch Personen aus humanitären Gründen ins Ausland reisen konnten (UNSC 21.2.2023).Am 2. April 2022 stimmten die Konfliktparteien einem UN-Vorschlag für einen zweimonatigen landesweiten Waffenstillstand zu, der anschließend alle zwei Monate bis zum 2.10.2022 verlängert wurde (AI 27.3.2023). Während des Waffenstillstands und nach dessen Ende verübten die Konfliktparteien jedoch sporadisch Angriffe auf zivile Gebiete und Frontlinien in den Gouvernements Ma?rib, al-Hudaida, Ta’izz und Ad-D?li? (AI 27.3.2023; vergleiche UNSC 21.2.2023). Zu den positiven Ergebnissen des Waffenstillstands gehörten die Wiederaufnahme der Einfuhr von Öl und Ölderivaten über den Hafen von al-Hudaida, wodurch der Bedarf der Menschen, in den von den Huthi kontrollierten Gebieten gedeckt werden konnte, sowie die Wiederaufnahme einer begrenzten Anzahl kommerzieller Flüge von Sanaa aus. Die Regierung erlaubte die internationale Reise von Personen mit von den Huthi ausgestellten Reisepässen, wodurch Personen aus humanitären Gründen ins Ausland reisen konnten (UNSC 21.2.2023).
Die Konfliktparteien hatten die Waffenruhe auch als strategische Pause genutzt, um ihre Streitkräfte neu zu formieren und mit Nachschub zu versorgen, bevor es zu neuen Kampfhandlungen kam. Die Huthi führten militärischen Operationen an verschiedenen Fronten durch, auf die die Regierungstruppen reagierten. Diese kosteten Zivilisten das Leben und beschädigten die zivile Infrastruktur (UNSC 21.2.2023).
Landminen und explosive Kriegsmunitionsrückstände sind seit dem Rückgang der Kämpfe im Anschluss an das im April 2022 ausgelaufene Waffenstillstandsabkommen vom letzten Jahr zu einem immer wichtigeren Thema geworden (UNSC 31.7.2023). Durch den Rückgang der Kampfhandlungen kehren immer mehr Personen in die ehemaligen Kampfgebiete zurück, die zum Teil stark vermint sind (BAMF 10.7.2023).
Der Nationale Verteidigungsrat der jemenitischen Regierung verabschiedete am 22. Oktober die Resolution Nr. 1 von 2022, in der die Huthi als terroristische Organisation bezeichnet werden (UNSC 21.2.2023).
Im ersten Quartal 2024 wurden in Abyan 38 Vorfälle mit 39 Toten, in Al Bayda’ 71 Vorfälle mit 68 Toten, in Al Dali’ 83 Vorfälle mit 76 Toten, in Al Mahrah 5 Vorfälle mit 1 Toten, in Al Mahwit 85 Vorfälle mit keinem