Entscheidungsdatum
22.07.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W195 2226794-1/58E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am XXXX und am XXXX zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Bangladesch, vertreten durch römisch 40 , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am römisch 40 und am römisch 40 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Es wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Es wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 01.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 01.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer am 01.10.2016 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF zu seinen Fluchtgründen an, er sei Parteimitglied und Organisationssekretär der Bangladesh Nationalist Buddhist Forum (BNBF), einer Untergliederung der Bangladesh Nationalist Party (BNP) gewesen. Er würde aus politischen und, weil er Buddhist sei, auch aus religiösen Gründen verfolgt werden.
Der BF sei am 10.11.2013 legal in Österreich mit einem Studentenvisum eingereist, welches bis 13.02.2017 gültig war. Zuletzt sei der BF am 09.08.2016 aus Österreich nach Bangladesch gereist, wo er bis 29.09.2016 aufhältig blieb. Danach sei er wieder legal in Österreich eingereist.
Zu seinen Fluchtgründen vom BFA in zwei Einvernahmen genauer befragt führte der BF – zusammengefasst – aus, dass er während seines Heimaturlaubes von einem Mitglied der AL angegriffen worden sei und in weiterer Folge eine Anzeige gegen ihn erhoben worden sei. Der BF sei seit 10.03.2012 Mitglied der BNBF, seit Juni 2013 Organisationssekretär. Am 10.11.2013 sei er dann nach Österreich gereist, um hier zu studieren.
Während seines Heimataufenthaltes in Bangladesch sei der BF am 10.08.2016 im Heimatdorf in einem Teegeschäft mit Parteifreunden der BNP gesessen und habe Tee getrunken. Angeblich sei sodann ein führendes Mitglied der örtlichen AL an ihn herangetreten, es sei zu einer Auseinandersetzung gekommen, welche zu Handgreiflichkeiten geführt habe. Er sei dann mit großen Schmerzen von dort weggegangen und wären ihm seine Parteifreunde gefolgt. Diese Auseinandersetzung sei der fluchtauslösende Grund gewesen. Er habe sich versteckt gehalten und habe danach von der Anzeige erfahren. Am 19.09.2016 sei er ausgereist und nach Österreich geflogen.
Hinsichtlich der persönlichen Situation stellte das BFA fest, dass der BF ledig, ohne Beziehung und ohne Kinder sei. Seine Verwandten, insbesondere die Eltern und der Bruder, leben in Bangladesch, ein Onkel väterlicherseits in Österreich. Der BF habe seine Ausbildung einschließlich Studium in Bangladesch absolviert und dort auch sein Leben verbracht. Der BF sei gesund und arbeitsfähig.
Mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).Mit Bescheid vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt römisch II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV). Darüber hinaus wurde gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.) und ausgesprochen, dass gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF eine Verfolgung in Bangladesch nicht habe glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
Mit Schriftsatz vom 12.12.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des – durch XXXX vertretenen – BF wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.Mit Schriftsatz vom 12.12.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des – durch römisch 40 vertretenen – BF wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.
Nach kurzer Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und einer Darstellung der behaupteten Fluchtgründe wurde zusammengefasst begründend ausgeführt, gegen den BF bestünde eine politisch motivierte Anzeige wegen versuchten Mordes und Verstoß gegen das Sprengmittelgesetz. Der BF habe kein Vertrauen in die bengalische Justiz und es würde ihn kein faires Urteil erwarten, sodass die Gefahr einer langen Untersuchungshaft bestünde.
Der BF habe Unterlagen vorgelegt, unter anderem auch das behauptete Original der Anzeige und habe der BF den Vorfall detailliert geschildert. Darüber hinaus habe der BF Fotos vorgelegt und vorgebracht, dass er aus religiösen Gründen belangt worden sei. Das BFA sei seiner amtswegigen Ermittlungspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen. Es habe keine Beweise erbracht, dass die vorgelegten Dokumente nicht echt wären, wie im Bescheid dargestellt. Es seien keine Vor-Ort-Recherchen vorgenommen worden. Das Vorbringen des BF sei glaubwürdig. Der Antrag sei deshalb zu Unrecht abgewiesen worden.
Der angefochtene Bescheid sei deshalb zu beheben, dem BF Asyl zu gewähren, in eventu das Verfahren zu ergänzen und an die I. Instanz zurückzuverweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.Der angefochtene Bescheid sei deshalb zu beheben, dem BF Asyl zu gewähren, in eventu das Verfahren zu ergänzen und an die römisch eins. Instanz zurückzuverweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Mit Schreiben vom 19.12.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.7. Mit Schreiben vom 27.04.2020 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt (April 2020) der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den XXXX angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt. römisch eins.7. Mit Schreiben vom 27.04.2020 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt (April 2020) der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den römisch 40 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.
I.9. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.römisch eins.9. Am römisch 40 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.
Zusammengefasst ergab sich in der Verhandlung:
Der BF ist gesund, habe jedoch manchmal Kreuzschmerzen, und arbeitsfähig.
Der BF hat eine Familie in Bangladesch, mit der er regelmäßig, täglichen Kontakt habe. Seine Familie bestehe aus seinen Eltern, einem Bruder sowie weitschichtigen Verwandten. Finanziell gehe es seiner Familie durchschnittlich, sein Vater betreibe eine kleine Apotheke.
Der BF habe in Österreich einen Onkel, der seit 1992 in Österreich lebt, mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und Taxi fährt.
Es war in der Verhandlung vor dem BVwG dem BF, welcher sich seit 2013 in Österreich aufhält, möglich, eine Konversation in deutscher Sprache zu führen. Der Sprachwortschatz ist ausreichend und die Antworten erfolgten nicht immer in vollen Sätzen. Der BF weißt geprüfte Deutschkenntnisse in B2 auf.
Der BF arbeitet selbständig im Kleintransportgewerbe, zumeist Essens- und Getränkeauslieferungen mit einem Moped, welches dem BF gehört. Der BF legte diesbezüglich auch einen Vertrag mit einem Unternehmen vor, der besagt, dass der BF monatlich fix 900 Euro erhalte und darüber hinaus pro Auftrag 4 €.
Darüber hinaus sei er Kommanditist in einem Geschäft namens Curry Indiana in Wien, 16. Er helfe bei der Buchhaltung, Arbeitszeitabrechnung und der Programmierung und wolle lernen wie Buchhaltung und Steuerberatung in Österreich funktioniere.
In seiner Freizeit bete und meditiere er, lese Bücher über Buddhismus und bei geeignetem Wetter ginge er Radfahren. Bei Regen würde er Filme mit Freunden auf Deutsch oder Hindi ansehen. Für Freunde koche er gerne und legte der BF zehn Referenzschreiben vor, mindestens die Hälfte davon entfallen auf mittlerweile österreichische Staatsbürger.
Am 10.11.2013 sei er das erste Mal nach Österreich gekommen, und zwar legal mit einem Studentenvisum. Er habe sich 2010 entschlossen, nachdem er sein Masterstudium in Bangladesch absolviert hatte, in Österreich weiter zu studieren, er habe jedoch noch nicht in Bangladesch mit dem Deutschlernen begonnen; bevor er nach Österreich kam, konnte er kein Wort Deutsch. Er wollte zuerst in Linz ein „Wirtschaftsfach“ studieren, sein Onkel, der Taxifahrer in Wien war, habe ihn dazu gebracht, in Wien „Geschichte“ und „Statistik“ zu studieren. Er sei bei zwei Prüfungen in Statistik angetreten und habe beide Prüfungen nicht geschafft. In Geschichte habe er keine Prüfung absolviert. Danach habe er auf „Englisch and american studies“ gewechselt, aber er habe auch hier noch keine Prüfungen geschrieben. Zusammengefasst wurde festgehalten, dass der BF zwar 2013 mit einem Studentenvisum nach Österreich kam, aber bis zum heutigen Tag keine einzige Prüfung auf einer österreichischen Universität positiv abgelegt hat.
Zum Fluchtgrund befragt führte der BF aus, dass er lediglich einen politischen Fluchtgrund habe. Er sei Anhänger einer Oppositionspartei nämlich eines buddhistischen Zweiges der BNP, der (abgekürzt) BNBF. Bei dieser Partei sei er seit 10.03.2012 Mitglied, seit Juni 2013 örtlicher Organisationssekretär. Am 10.11.2013 sei er nach Österreich geflogen.
Am 09.08.2016 sei er – „mit einem Notfallvisum“, weil er kein anderes mehr gehabt habe; sein Verfahren wegen eines weiteren Studentenaufenthaltes sei im Laufen gewesen, das Magistrat Wien habe aber nichts entschieden - nach Bangladesch geflogen, um seinen „kranken Vater“ und seine „Tante“ zu besuchen. Am 10.08.2016 landete er im Morgengrauen in Dhaka, fuhr in die Stadt seines Vaters, besuchte diesen und danach begab er sich in das Dorf seiner Tante. Zu diesem Zeitpunkt hätte es gegen den BF noch keine Anzeige gegeben.
In dem Dorf seiner Tante habe er abends vier Organisationsmitglieder der BNBF getroffen; sie hätten Tee und Kekse bestellt und besprachen Feierlichkeiten aus Anlass des sich nahenden Geburtstages ihrer Parteiführerin. Plötzlich sein ein Führer der gegnerischen Chattro League gekommen und hätte den BF aufgefordert, zu gehen. Dieser habe sich widersetzt, worauf ihn der CL-Führer zu Fall gebracht habe; weitere Personen der CL seien dazugekommen und der BF sei, nachdem einer der CL-Personen Anstalten machte, eine Waffe zu ziehe, geflüchtet.
Diesen Vorfall habe der BF nicht zur Anzeige gebracht, weil nach Ansicht des BF die Polizei nie eine Anzeige gegen einen CL-Führer aufgenommen hätte.
Am 11.08.2016 um 23.20 wurde eine Anzeige gegen den BF eingebracht in der 180 km weit entfernten Polizeistation Choddrogram. In dieser Polizeistation sei auch seinerzeit die Anzeige gegen seine Parteiführerin eingebracht worden. Die Anzeiger seien Polizisten, die Zeugen gekauft und ebenfalls Polizisten. Angezeigt sei er wegen mehrerer Verbrechen worden.
Gefragt, ob er sich gegen diese Anzeige gewehrt hätte, verneinte der BF dies. Mit dem Satz „Kein Richter auf der Welt fällt ein Urteil gegen einen Polizisten“ formulierte der BF seine Meinung zur Rechtstaatlichkeit. Er hätte gegen die Polizeiermittlung nicht vorgehen können; die Originalunterlagen habe der vom Staat beigegebene Verfahrenshilfeverteidiger, welche bei flüchtigen Tätern bestellt werde, dem Vater übermittelt und befänden sich diese bei ihm im Elternhaus in Bangladesch; es gäbe gegen ihn einen landesweiten Haftbefehl.
Am 29.06.2016 habe er Bangladesch mit dem Flugzeug verlassen, Probleme bei der Ausreise habe er keine gehabt.
Am 01.10.2016 stellte der BF den Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der BF legte dem BVwG auch zahlreiche Unterlagen unmittelbar vor und während der Beschwerdeverhandlung vor, die meisten jedoch handschriftlich in bengalischer Sprache. Eine Übersetzung sei dem BF aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht möglich gewesen.
1.10. Am 27.05.2020 erging sodann die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, mit welcher die Beschwerde abgewiesen wurde. Zusammengefasst wurde der bisherige Sachverhalt dargelegt und ausgeführt, dass der BF nicht im ausreichenden Maße dokumentierte, dass er tatsächlich in Bangladesch von staatlicher Seite politisch verfolgt werde.
1.11. Die Behandlung der gegen diese Entscheidung seitens des BF erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom XXXX , abgelehnt. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass durch diese Entscheidung des BVwG weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung noch grobe Verfahrensfehler unterlaufen seien.1.11. Die Behandlung der gegen diese Entscheidung seitens des BF erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom römisch 40 , abgelehnt. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass durch diese Entscheidung des BVwG weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung noch grobe Verfahrensfehler unterlaufen seien.
1.12. Mit Beschluss des VfGH vom 8.1.2021 wurde über nachträglichen Antrag des BF die Rechtssache an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Der VwGH hab mit Erkenntnis vom XXXX , das Erkenntnis des BVwG vom 27.5.2020 auf und begründete dies mit einer mangelhaften Beweiswürdigung. Das BVwG habe u.a. vorgelegte fremdsprachige Dokumente nicht übersetzen lassen und damit das Ermittlungsverfahren nicht ausreichend geführt.1.12. Mit Beschluss des VfGH vom 8.1.2021 wurde über nachträglichen Antrag des BF die Rechtssache an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Der VwGH hab mit Erkenntnis vom römisch 40 , das Erkenntnis des BVwG vom 27.5.2020 auf und begründete dies mit einer mangelhaften Beweiswürdigung. Das BVwG habe u.a. vorgelegte fremdsprachige Dokumente nicht übersetzen lassen und damit das Ermittlungsverfahren nicht ausreichend geführt.
1.13. Das Bundesverwaltungsgericht führte daraufhin am XXXX eine weitere mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde nochmals auf die Fluchtgeschichte und die Integrationsbemühungen des BF eingegangen.1.13. Das Bundesverwaltungsgericht führte daraufhin am römisch 40 eine weitere mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde nochmals auf die Fluchtgeschichte und die Integrationsbemühungen des BF eingegangen.
Der BF sei derzeit als Essenslieferant in Wien tätig. Er übe diesen Beruf als Selbständiger aus und würde ca. € 1.300 Brutto verdienen.
Er sei ledig und habe keine feste Beziehung, aber Kontakte nach Bangladesch. Er sei gesund und habe auch österreichische Freunde. Sein Onkel ms und dessen Familie sowie andere weitschichtige Verwandte leben in Österreich. Seine Deutschkenntnisse befänden sich auf dem Niveau B2.
Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab der BF an, dass er politisch verfolgt werde. Es seien Strafverfahren gegen ihn anhängig und würde man ihn zu Unrecht beschuldigen. Er sei Organisationssekretär bei der oppositionellen BNP-Partei gewesen. Im Übrigen wurde sodann auf das bisherige Vorbringen, insbesondere auch die fremdsprachigen Dokumente, verwiesen.
1.14 Das BVwG führte daraufhin die vorgelegten Dokumente einer Übersetzung zu. Aus diesen Dokumenten ergibt sich, dass der BF in strafrechtlichen Verfahren vor bengalischen Gerichten verfangen ist und man ihm politisch motivierte Attentate vorwirft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:römisch II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:römisch II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der Volksgruppe der Bengalen an und ist Buddhist. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der BF ist in Bangladesch geboren und verbrachte dort sein Leben. Er hat seine Schulbildung in Bangladesch mit einem abgeschlossenen Studium absolviert.
Er ist erstmalig legal 2013 nach Österreich gekommen, um zu studieren. Der BF hat dreimal die Studienfächer gewechselt; er hat keine einzige Prüfung auf einer österreichischen Universität bestanden.
Der BF hat Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2, welches er vor dem BVwG bewies.
Der BF arbeitet als selbständiger Kleintransportunternehmer (Essens- und Getränkezustellung) und hat ein monatliches Netto-Einkommen von ca 1.300 Euro. Der BF ist gesund.
Der BF hat Unterstützungsschreiben vorgelegt und trifft sich zu verschiedensten Aktivitäten mit Freunden, liest aber auch gerne Bücher, betet und meditiert. In Österreich ist er Mitglied bei Vereinen mit bengalischer Orientierung. Sein Freundeskreis besteht überwiegend aus bengalischen Freunden, die mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft erworben haben.
Der BF ist ledig, lebt in keiner Beziehung und hat keine Kinder; er hält regelmäßig, fast täglichen Kontakt zu seiner Mutter und Verwandten in Bangladesch. In Österreich lebt ein Onkel des BF, mittlerweile Österreicher, zu dessen Familie der BF Kontakt hält.
Der BF ist zuletzt Ende September 2016 legal mittels Studentenvisum in das Bundesgebiet eingereist.
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:römisch eins.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Der BF hat im Zuge des Verfahrens vor dem BVwG bengalisch-sprachige Dokumente vorgelegt, welche vom BVwG einer Übersetzung zugeführt wurden. Aus diesen Dokumenten ergibt sich, dass der BF in strafgerichtliche Verfahren verfangen ist, wobei ihm politische Motive unterstellt werden.
Vor dem BVwG machte der BF politische und in der zweiten Verhandlung vor dem BVwG auch religiöse Gründe geltend.
Der BF behauptet seit 2012 Mitglied der BNBF sowie seit Juni 2013 Organisationssekretär gewesen zu sein. Bis August 2013 sei er für die Partei tätig gewesen. Der BF hat nicht dargelegt, dass er nach dieser Zeit maßgeblich politisch verfolgt wurde, sondern behauptete der BF, dass er danach nach Österreich gekommen sei, um hier zu studieren.
Während eines Heimataufenthaltes sei der BF am 10.08.2016 in einem Teegeschäft von einem Führer der Chattro Dal angegriffen worden, obwohl vier Parteifreunde dabei gewesen wären. Der BF erzählte, dass diese Auseinandersetzung wegen seiner behaupteten politischen Tätigkeit erfolgte, welche durch seinen Aufenthalt in Österreich seit August 2013 faktisch beendet war. Eine Anzeige wegen des behaupteten Angriffes gegen seine Person habe er nicht erstattet.
Der BF schilderte, dass gegen ihn im August 2016 eine Anzeige wegen Mordes und Verstoßes gegen das Sprengmittelgesetz in einer von seinem Heimatdorf 180 km weit entfernten Polizeistation erfolgt sei. Der BF versucht diese behauptete Anzeige mit seiner Parteiführerin in Verbindung zu setzen, weil von dieser Polizeistation seinerzeit auch die Anzeige gegen die Parteiführerin erfolgt sei. Der BF legte Dokumente aus einem Gerichtsverfahren vor, die dies belegen.
Der BF konnte im Jahr 2016 ungehindert nach Bangladesch zu einem Heimurlaub einreisen und von dort – trotz behaupteter Anzeige gegen ihn wegen Mordes und Verstoßes gegen das Sprengmittelgesetz - Ende September 2016 ausreisen.
Auf Grund der vorgelegten Dokumente, in denen der BF auch als Funktionär der oppositionellen BNP bezeichnet wird, war eine konkrete Verfolgung des BF in Bangladesch festzustellen.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:römisch II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
1. Politische Lage
Letzte Änderung 2023-06-14 16:54
Nach einem neunmonatigen Befreiungskrieg erklärte die Volksrepublik Bangladesch am
26.03.1971, unterstützt durch Indien, ihre Unabhängigkeit von Pakistan (ÖB New Delhi 11.
2022; vgl. BS 23.2.2022). Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und [bengalischen, Anm.] Nationalismus2022; vergleiche BS 23.2.2022). Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und [bengalischen, Anm.] Nationalismus
als Ziele fest (ÖB New Delhi 11.2022). Die turbulente Geschichte der letzten fünf Jahrzehnte
führte wegen Militärherrschaften und einer allmählichen Aushöhlung der Demokratie unter
zivilen Regierungen zum derzeitigen hybriden Regime (BS 23.2.2022; vgl. CEIP 6.9.2022).zivilen Regierungen zum derzeitigen hybriden Regime (BS 23.2.2022; vergleiche CEIP 6.9.2022).
1991 kehrte das Land offiziell zu einem parlamentarischen System zurück, aber persönliches
Charisma und verfassungsrechtliche Bestimmungen führten zur Konzentration der Macht in
den Händen der jeweiligen Premierministerin, Khaleda Zia (1991-1996, 2001) und Sheikh
Hasina (1996-2001, 2008 bis heute) (BS 23.2.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). PersönlicheHasina (1996-2001, 2008 bis heute) (BS 23.2.2022; vergleiche ÖB New Delhi 11.2022). Persönliche
Animosität zwischen diesen beiden Machthaberinnen und ein Vertrauensdefizit zwischen den
zwei Parteien führte zu einer schädlichen politischen Kultur (BS 23.2.2022; vgl. DFAT 30.11.20zwei Parteien führte zu einer schädlichen politischen Kultur (BS 23.2.2022; vergleiche DFAT 30.11.20
22; FH 10.3.2023), während die demokratischen Institutionen entweder nicht vorhanden oder
stark geschwächt blieben (BS 23.2.2022).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich organisiert (ÖB New Delhi 11.2022).
Das Land ist in acht Regierungsbezirke (Divisions), 64 Landkreise (Districts), 492 Polizeibezirke
(Thana/Upazila), über 4.500 Gemeindeverbände (Unions) und ca. 87.000 Dorfgemeinden gegliedert
(ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (CHT) gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung(ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche DFAT 30.11.2022). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (CHT) gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung
verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB New Delhi 11.2022).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird; eine
einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt großteils zeremonielle Funktionen aus (ÖB New Delh
i 11.2022; vgl. FH 10.3.2023). Präsident Abdul Hamid wurde 2018 ohne Gegenkandidaten füri 11.2022; vergleiche FH 10.3.2023). Präsident Abdul Hamid wurde 2018 ohne Gegenkandidaten für
eine zweite Amtszeit gewählt (FH 10.3.2023). Die Macht liegt in den Händen des Regierungschefs,
welcher von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten
formell ernannt wird. Dieser Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, welche vom Präsidenten bestätigt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 23.8.2022; BS 23.2.2022). Zudemformell ernannt wird. Dieser Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, welche vom Präsidenten bestätigt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche AA 23.8.2022; BS 23.2.2022). Zudem
untersteht das Militär, welches zwar für die äußere Sicherheit zuständig ist, aber auch für interne
Sicherheitsanforderungen eingesetzt werden kann, dem Premierminister, der gleichzeitig
Verteidigungsminister ist (AA 23.8.2022).
Das nationale Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer,
die sich aus 350 Mitgliedern zusammensetzt, von denen 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf
Jahre direkt gewählt werden. Die verbleibenden 50 Sitze sind für Frauen reserviert, die von
den vorgenannten Abgeordneten gewählt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.20den vorgenannten Abgeordneten gewählt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche DFAT 30.11.20
22). Direkte Wahlen zum Einkammerparlament, an denen alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr
teilnehmen können, finden in der Regel alle fünf Jahre statt (AA 23.8.2022).
Bangladesch hat ein Mehrparteiensystem (FH 10.3.2023). Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hatte in der Vergangenheit die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, der „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) und der „Awami League“ (AL),
begünstigt (AA 23.8.2022; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Traditionell wurde die Macht abwechselndbegünstigt (AA 23.8.2022; vergleiche ÖB New Delhi 11.2022). Traditionell wurde die Macht abwechselnd
von AL- und BNP-geführten Koalition ausgeübt. Andere Parteien haben es schwer, sich
durchzusetzen (FH 10.3.2023). Aus der Auseinandersetzung mit der BNP ist die AL jüngst als
klarer Sieger hervorgegangen. Sie führt seit 2009 (Wiederwahl 2014 und 2018) die im Übrigen
aus sehr kleinen Parteien bestehende Regierungskoalition an (AA 23.8.2022; vgl. ÖB New Daus sehr kleinen Parteien bestehende Regierungskoalition an (AA 23.8.2022; vergleiche ÖB New D
elhi 11.2022). Während die BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der „Bangladesh
Jamaat-e-Islami“ hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen
Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei (LDP), der national-sozialen
Partei „Jatiyo Samajtantrik Dal“ (JSD) sowie von der Jatiya Partei, die vom mittlerweile verstorbenen
ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad gegründet wurde (ÖB New Del
hi 11.2022). Innerparteiliche Demokratie besteht in beiden Parteien nicht. Stark hierarchische
Führungsstrukturen, in denen familiäre Bindungen, persönliche Loyalitäten und geschäftliche
Verbindungen von großer Bedeutung sind, prägen alle Parteien. Das Führungspersonal von AL
und BNP ist zudem deutlich überaltert (AA 23.8.2022; vgl. FH 10.3.2023). Des Weiteren schränkenund BNP ist zudem deutlich überaltert (AA 23.8.2022; vergleiche FH 10.3.2023). Des Weiteren schränken
beide Parteien die politischen Möglichkeiten derjenigen ein, welche die jeweiligen internen
Parteistrukturen in Frage stellen oder alternative Parteien gründen wollen (FH 10.3.2023). Wie
in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne
Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren,
indem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden. Generell kann trotzdem gesagt werden,
dass die BNP eher der konservativ-religiösen Seite zuneigt, wohingegen die AL eher links und
laizistisch orientiert ist (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).laizistisch orientiert ist (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche DFAT 30.11.2022).
Auf lokaler Ebene üben die gewählten Volksvertreter die Regierungsgewalt sowohl durch die
Verwaltung als auch durch nepotistische Netzwerke, welche eine Herausbildung starker Männer
begünstigt, aus (BS 23.2.2022). Lokale Regierungen können ob ihrer Kompetenzen in kommunaler
Entwicklung, Sozialfürsorge sowie Recht und Ordnung das tägliche Leben der Bürger
erheblich beeinflussen. Da die bangladeschische Politik in hohem Maße auf Klientelismus beruht,
ist Loyalität, vor allem gegenüber der Regierung, sehr wichtig. Gemäß lokalen Quellen sind
persönliche Ergebenheiten zu lokalen Politikern oder anderen einflussreichen Personen entscheidend, um Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen (z.B. in Bezug auf Grund
und Boden, Sozialhilfe, Arbeitsplätze) zu erhalten. Die Wahlen für die fünfjährigen Amtszeiten
der lokalen Regierungen werden in Phasen durchgeführt (DFAT 30.11.2022).
Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen
(AA 23.8.2022; vgl. FH 10.3.2023). Das Militär, welches Beteiligungen an verschiedenen(AA 23.8.2022; vergleiche FH 10.3.2023). Das Militär, welches Beteiligungen an verschiedenen
Infrastrukturentwicklungsprojekten und Wirtschaftsunternehmen besitzt, und Großunternehmen
nutzen ihren erheblichen politischen Einfluss, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen.
Derzeit sind 61 Prozent der Parlamentsabgeordneten Geschäftsleute, welches deren Einfluss
auf die Politik und Gesetzgebung widerspiegelt (BS 23.2.2022).
Die Parlamentswahlen vom 30.12.2018 brachten einen überwältigenden Sieg für die von der
AL geführte Regierungskoalition (ÖB New Delhi 11.2022), die sogenannte „Große Allianz“. Bei
einer Wahlbeteiligung von fast 80 Prozent (Dhaka Tribune 31.12.2018) erhielt sie 96 Prozent der
Stimmen und gewann 288 der 298 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (GD 31.12.2018; vgl. BSStimmen und gewann 288 der 298 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (GD 31.12.2018; vergleiche BS
23.2.2022; Dhaka Tribune 31.12.2018; ÖB New Delhi 11.2022). Die stark geschwächte, jedoch
noch immer wichtigste Oppositionsparte BNP nahm an den Wahlen als Teil des Parteibündnisses
„Jatiya Oikya Front“ teil (AA 23.8.2022). Diese vereinte Opposition errang lediglich acht Mandate,
während die restlichen vier Mandate von unabhängigen Kandidaten errungen wurden bzw. aus
anderen Gründen (Todesfall, etc.) vakant blieben (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. Dhaka Tribuanderen Gründen (Todesfall, etc.) vakant blieben (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche Dhaka Tribu
ne 31.12.2018). Nach der Wahl kam es zu zahlreichen Unruhen und Gewaltausbrüchen mit
mindestens 18 Todesopfern und über tausend Verletzten (ÖB New Delhi 11.2022).
Lokale wie internationale Medien berichteten über massive Wahlmanipulationen durch AL-Kader.
So wurde z.B. von Fällen berichtet, in denen die Kandidaten der Regierungspartei 100 Prozent
der Stimmen erhielten (BS 23.2.2022). Während des Wahlkampfes gab es viele glaubwürdige
Berichte über Schikanen, Einschüchterungen, willkürliche Verhaftungen und Gewalt, die es
vielen Oppositionskandidaten und ihren Anhängern erschwerten, sich zu treffen, Kundgebungen
abzuhalten oder ungehindert Wahlkampf zu betreiben (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 10.3.2023).abzuhalten oder ungehindert Wahlkampf zu betreiben (USDOS 20.3.2023; vergleiche FH 10.3.2023).
Vertreter der Opposition bestritten einhellig die Legitimität des Wahlergebnisses und sprachen
von Berichten aus fast allen Wahlkreisen über Wahlbetrug und Unregelmäßigkeiten (ÖB New D
elhi 11.2022). Die BNP behauptete auch, dass die Strafverfolgungsbehörden und die Armee in
den Wahlbetrug verwickelt waren (FH 10.3.2023). Laut einer Einschätzung der EU-Delegation in Dhaka bzw. von westlichen Diplomaten kam es tatsächlich zu massiven Manipulationen in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß (ÖB New Delhi 11.2022). Die Bertelsmann-Stiftung spricht von der am stärksten manipulierten Wahl der Landesgeschichte, weil die Wahlkommission, die Regierungspartei, die Verwaltung und die Strafverfolgungsbehörden inkl. des Militärs zusammenarbeiteten, um den Sieg der AL sicherzustellen.
Aufgrund dieser gravierenden Defizite könne die Regierung laut der Bertelsmann-Stiftung auch
nicht als demokratisch gewählt bezeichnet werden. Es mangelt sowohl an Transparenz als auch
an Rechenschaftspflicht (BS 23.2.2022). Mehrere in- wie ausländische Wahlbeobachtungsmissionen
konnten die Wahlen nicht beobachten, weil die Akkreditierung verzögert oder verweigert
wurde (FH 10.3.2023; vgl. USDOS 20.3.2023). Durch diesen überragenden Sieg der AL, istwurde (FH 10.3.2023; vergleiche USDOS 20.3.2023). Durch diesen überragenden Sieg der AL, ist
die BNP mittlerweile auf der politischen Bühne defacto inexistent (ÖB New Delhi 11.2022). Die
nächste Wahl findet voraussichtlich im Januar 2024 statt (DFAT 30.11.2022).
Regierung, Parlament, Verwaltung und weitere Institutionen sind fest in der Hand der AL, die mit
einer verfassungsändernden Dreiviertelmehrheit regiert. Zudem werden Zivilgesellschaft, die
Judikative und Medien immer weiter gleichgeschaltet (AA 23.8.2022). Die gesamte politische
Linie wird ebenfalls von der AL vorgegeben, während die Schwächen der Landesinstitutionen
eine Kontrolle ihrer Entscheidungen eingeschränkt haben. Der geringe Anteil an Oppositionellen
im Parlament reduziert auch die Kontrollmöglichkeiten der Opposition in Hinblick auf Regierungspolitik, den Haushalt und die Gesetzesinitiativen signifikant (FH 10.3.2023).
Die zweite Amtszeit von Premierministerin Sheikh Hasina (2014-2018) war von islamistischen
Terroranschlägen (Höhepunkt 2016) und einem extrem angespannten politischen Klima geprägt.
Sie regierte ohne effektive Opposition und zeigte zunehmend autokratische Züge (u.a. verschärftes
Vorgehen gegen Oppositionelle, regierungskritische Journalisten und NGOs) (ÖB New Delhi
11.2022). Durch Gewährung von weitreichenden wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten und
Beförderungen hat Sheikh Hasina das Militär für sich gewonnen (AA 23.8.2022). Anfang 2019
begann ihre dritte Amtszeit als Premierministerin (FH 10.3.2023). Sheikh Hasina ist unangefochtene
Führungsfigur, sie hat sich durch ein Geflecht von Begünstigungen und Abhängigkeiten
fest verankert. Zunehmend macht die Regierung erhebliche Zugeständnisse an den weiter erstarkenden konservativen Islam, auch, weil sich das entstandene Vakuum auf Oppositionsseite
als Nährboden für islamistischen Terrorismus erweist (AA 23.8.2022).
Bei den Bürgermeisterwahlen von Dhaka am 1. Februar 2020 (Dhaka-Nord und Dhaka-Süd)
konnten die beiden AL-Kandidaten einen haushohen Sieg einfahren, wodurch die absolute Vormachtstellung der AL in Bangladesch weiter bestätigt wurde. Die Wahlbeteiligung lag allerdings
bei nicht einmal 30 Prozent (ÖB New Delhi 11.2022).
Trotz der anhaltenden Versuche der AL, den Spielraum der Opposition durch Schikanen der
Sicherheitsbehörden, Gerichtsverfahren, Verhaftung kritischer Stimmen, etc. weiter einzuengen,
fuhren die Oppositionskandidaten bzw. abtrünnige AL-Anhänger bei den jüngsten Lokalwahlen
(ausgetragen in mehreren Phasen zwischen Juni und Dezember 2021) unerwartete Erfolge ein,
indem sie zumeist als Unabhängige antraten. Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den
Unterstützern einzelner Kandidaten kam es zu zahlreichen Toten und Verletzten (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 10.3.2023). 2022 waren mehrere Kommunalwahlen durch eine geringe Wahlbeteiligung, Einschüchterungen, Unregelmäßigkeiten und Gewalt während des WahlkampfsUnterstützern einzelner Kandidaten kam es zu zahlreichen Toten und Verletzten (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche FH 10.3.2023). 2022 waren mehrere Kommunalwahlen durch eine geringe Wahlbeteiligung, Einschüchterungen, Unregelmäßigkeiten und Gewalt während des Wahlkampfs
wie der Abstimmung gekennzeichnet. Es wurden 479 Fälle politischer Gewalt, bei denen 70
Menschen starben und 6.914 verletzt wurden, festgestellt (USDOS 20.3.2023).
Die BNP konnte 2022 große Proteste abhalten (FH 10.3.2023). Seit einer offiziellen Ankündigung
der BNP-Führung am 8.10.2022, hielt die Partei öffentliche Kundgebungen ab, die,
trotz Behinderungsversuchen seitens der Regierung wie der Stilllegung der öffentlichen Verkehrsmittel an Protesttagen, von zahlreichen Bangladeschern besucht wurden (DIP 1.11.202
2). Diese Demonstrationen kulminierten am 10.12.2022 in einer Großkundgebung, an welcher
mehrere Zehntausend teilnahmen und den Rücktritt der Regierung sowie Neuwahlen forderten.
Ausgelöst wurden die Proteste vornehmlich durch die schwere wirtschaftliche Lage inkl. Stromabschaltungen und Erhöhungen des Spritpreises (AJ 10.12.2022; vgl. FP 14.12.2022). Bei denAusgelöst wurden die Proteste vornehmlich durch die schwere wirtschaftliche Lage inkl. Stromabschaltungen und Erhöhungen des Spritpreises (AJ 10.12.2022; vergleiche FP 14.12.2022). Bei den
Protesten sollen fünf Menschen getötet und mehr als 2.000 Personen verletzt worden sein. Am
12.12.2022 schossen Sicherheitskräfte in Dhaka auf BNP-Unterstützende bei einer Demonstration,
die anlässlich der im nächsten Jahr stattfindenden Wahlen abgehalten worden ist. Eine
Person wurde getötet und mehr als 60 Menschen verletzt. Im Zuge der Proteste kam es immer
wieder zu strafrechtliche Verfolgungen von BNP-Mitgliedern [siehe auch Versammlungs- und
Vereinigungsfreiheit, Opposition] ( BAMF 23.1.2023 ).
Die amtierende Regierung versucht, ihren autoritären Kurs durch das Wirtschaftswachstum der
letzten Jahre zu rechtfertigen (BS 23.2.2022). Das Land hat in den letzten Jahren bemerkenswerte
Erfolge in Wirtschaft sowie Entwicklung erreicht und wird 2026 offiziell den Status eines
Landes mit mittlerem Einkommmen (middle income country) erhalten. Zuletzt ist, auch bedingt
durch die COVID-19-Pandemie, die Armut jedoch wieder angestiegen (AA 23.8.2022). Laut der
österreichischen Botschaft in New Delhi werden die anstehenden Parlamentswahlen, die vor
dem Hintergrund einer schwieriger werdenden Wirtschaftslage bereits ihre Schatten vorauswerfen,
ein wichtiger Gradmesser für das politische System des Landes sein (ÖB New Delhi 11.20
22). Sie sind für Jänner 2024 angekündigt (VOA 9.12.2022).
2. Sicherheitslage
Letzte Änderung 2023-06-14 16:54
Sicherheitsbedrohungen umfassen politisch motivierte Gewalt, unter anderem zwischen rivalisierenden politischen Gruppen, besonders vor Wahlen, Terroranschläge islamistischer Extremistengruppen, kriminelle Gewalt und vereinzelte Konflikte über Landbesitz in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern (DFAT 30.11.2022). In verschiedenen Landesteilen Bangladeschs operieren Guerilla - sowie weitere, einheimische militante Gruppen(Crisis 24 15.4.2022). Eine erhöhte Terrorgefahr besteht zudem aufgrund des wachsenden islamistischen Radikalismus und der Präsenz trans-nationaler militanter Terrorgruppen (Crisis 24 15.4.2022; vgl. AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Es gab sporadische Anschläge gegen Sicherheitskräfte und religiöse Minderheiten. So verzeichnetenDhaka, Khulna, Chittagong und Sylhet einige gegen Sicherheitskräfte gerichtete Bombenanschläge. Der Islamischen Staat (IS) bzw. Daesh hat seit 2015 einige terroristische Akte im Land für sich reklamiert. Neben dem IS agieren auch Gruppen, welche der „Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent“ (AQIS) nahestehen und ebenfalls verschiedene Angriffe für sich beanspruchen (FCDO 16.5 .2023) wie z.B. der bengalische Zweig der Gruppe Harkat-ul-Jihad al-Islami (CIA 14.4.2023 ). Letztere ging wie weitere militante islamistische Gruppen 2019 in der Organisation Jamaat Ul-Ansar-Fil-Hind-Al-Sharqiya (JAFAR) auf (DIP 12.10.2022). Den Höhepunkt d es Terrors stellte im Juli 2016 ein Angriff auf eine Bäckerei in Dhaka dar, bei welchem 20 Geiseln und zwei Polizisten getötet wurden (DFAT 30.11.2022; vgl. AIIA 6.3.202 3, FCDO 16.5.2023). 2017 kam es auch zu mehreren Selbstmordattentaten (BMEIA 9.3.2023; vgl. AA 2.3.2023). Die Behörden haben auf solche Angriffe stets mit harter Hand reagiert, u.a. durch Verbote militanter Gruppen oder Verhaftungen von Hunderten Kämpfern (DFAT 30.11.2022). Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe (AA 23.8.2022). Sicherheitsbedrohungen umfassen politisch motivierte Gewalt, unter anderem zwischen rivalisierenden politischen Gruppen, besonders vor Wahlen, Terroranschläge islamistischer Extremistengruppen, kriminelle Gewalt und vereinzelte Konflikte über Landbesitz in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern (DFAT 30.11.2022). In verschiedenen Landesteilen Bangladeschs operieren Guerilla - sowie weitere, einheimische militante Gruppen(Crisis 24 15.4.2022). Eine erhöhte Terrorgefahr besteht zudem aufgrund des wachsenden islamistischen Radikalismus und der Präsenz trans-nationaler militanter Terrorgruppen (Crisis 24 15.4.2022; vergleiche AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Es gab sporadische Anschläge gegen Sicherheitskräfte und religiöse Minderheiten. So verzeichnetenDhaka, Khulna, Chittagong und Sylhet einige gegen Sicherh