TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/30 95/05/0124

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Veröffentlicht am 30.05.1995
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §56;
BauO NÖ 1976 §112;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der O in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. März 1995, Zlen. R/1-B-9418/00, R/1-B-9418/01, betreffend einen Auftrag zur Vorauszahlung der Vollstreckungskosten in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde im Zusammenhalt mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde G vom 21. Juli 1992 wurde der Beschwerdeführerin als Miteigentümerin des "Herrenhauses" in G, Grundstück Nr. 21/6, KG A, gemäß § 112 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 der baupolizeiliche Auftrag erteilt, bis 31. Dezember 1992 das zerstörte Dach des genannten Objektes laut vorhandenen Planunterlagen wiederherzustellen, wind- und regendicht einzudecken (Schalung mit Pappe) sowie der Baubehörde ein Projekt für die Nutzung des genannten Objektes vorzulegen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde G vom 28. September 1992 wurde die Verpflichtung, das zerstörte Dach des Objektes bis 31. Dezember 1992 laut vorhandenen Planunterlagen herzustellen und wind- und regendicht einzudecken (Schalung mit Pappe), bestätigt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Da die Beschwerdeführerin dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde G bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen den Antrag auf Durchsetzung des baupolizeilichen Auftrages im Wege der Ersatzvornahme gestellt. Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 3. Mai 1993 die Durchführung der Ersatzvornahme unter Setzung einer Nachfrist angedroht, widrigenfalls die mangelnde Leistung auf Gefahr und Kosten der Verpflichteten von jemand anderem bewerkstelligt werden müßte. Die Beschwerdeführerin hat dieser Androhung der Ersatzvornahme keine Folge geleistet und den gesetzten Termin verstreichen lassen. Mit Bescheiden vom 21. September 1994 hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen die Ersatzvornahme angeordnet und die Entrichtung eines Kostenvorschusses in der Höhe von S 649.320,-- gegen nachträgliche Verrechnung aufgetragen.

In den gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen ausgeführt, daß sie derzeit finanziell nicht in der Lage sei, den baupolizeilichen Auftrag zu erfüllen. Sie wolle ihn ohnedies erfüllen, da sie das Gebäude renovieren wolle, wenn sich für sie eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung anbiete. Überdies hat sie ausgeführt, daß die Erstbehörde ihrer Verpflichtung zur Erhebung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme nicht entsprechend nachgekommen sei. Der Behörde sei ein zwei Jahre alter Kostenvoranschlag vorgelegen. Aufgrund des Berufungsantrages der Beschwerdeführerin wurde ein neuer Kostenvoranschlag vom 19. Mai 1994 eingeholt, der nach dem Beschwerdevorbringen den seinerzeitigen Kostenvoranschlag in wesentlichen Punkten geändert bzw. sich dieser verbilligt habe.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 2. März 1995 hat die belangte Behörde nach Verfahrensergänzungen die Berufungen der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist.

Gemäß § 4 Abs. 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, sie habe bereits in ihrer Berufung gegen den Erstbescheid ausgeführt, daß die angedrohte Ersatzvornahme rechtswidrig sei, da der Auftrag, das zerstörte Dach eines beinahe ebenso zerstörten Hauses wind- und regendicht einzudecken, unwirtschaftliche Lasten auferlege. Mit diesem Beschwerdevorbringen vermag die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, da die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Instandsetzung oder der Eintritt der wirtschaftlichen Abbruchreife nicht die Vollstreckung im Wege der Ersatzvornahme und die Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages hindert (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, zu § 4 VVG unter Nr. 18a und b zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Im Erkenntnis vom 30. Juni 1983, Zl. 83/06/0070, BauSlg. Nr. 83, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 2. Mai 1981, Zlen. 81/05/0034 und 0035, dargelegt, daß auch eine beabsichtigte Generalsanierung des Hauses der Anordnung der Ersatzvornahme und dem Auftrag zur Vorauszahlung von Kosten nicht entgegensteht. An dieser Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof seither festgehalten und sieht auch keine Veranlassung, im Beschwerdefall davon abzugehen. Es steht daher weder die von der Beschwerdeführerin nach dem Inhalt ihres Vorbringens beabsichtigte Generalsanierung, noch die behauptete Unwirtschaftlichkeit der Dacheindeckung der Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens im Wege.

Eine allenfalls nachträglich eingetretene Verschlechterung des Bauzustandes würde der Vollstreckung eines Instandsetzungsauftrages nur dann entgegenstehen, wenn die Instandsetzung technisch unmöglich wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. August 1993, Zl. 93/06/0145), eine derartige technische Unmöglichkeit hat aber die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet.

Nach dem Beschwerdevorbringen verletze die Einholung eines einzigen Kostenvoranschlages die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Kostenermittlung. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht, weil Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhaltes bei einem Kostenvorauszahlungsauftrag gemäß § 4 Abs. 2 VVG nur insoweit erforderlich sind, als die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Wege der Schätzung festgestellt werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1990, Zl. 90/06/0032). Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Behörde hätte einen weiteren Kostenvoranschlag einholen müssen, findet im Gesetz keine Deckung. Weder aus § 4 Abs. 2 VVG noch aus einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes kann abgeleitet werden, daß, wie die Beschwerdeführerin vermeint, nur dann ein Kostenvorauszahlungsbescheid erlassen werden dürfe, wenn dies "wirtschaftlich vernünftig" sei.

Mit dem Hinweis, die Behörde hätte einen Auftrag gemäß § 113 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung erlassen müssen, verkennt die Beschwerdeführerin, daß der auf § 112 der Niederösterreichischen Bauordnung gestützte baupolizeiliche Auftrag bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Die allfällige nachträgliche Verschlechterung des Bauzustandes hindert, wie bereits oben ausgeführt, die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen nicht, es stand der Beschwerdeführerin frei, für das ihrer Ansicht nach unwirtschaftliche Objekt eine Abbruchbewilligung zu erwirken und das Objekt abzutragen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der durch den angefochtenen Bescheid bestätigte Spruch, wonach Kosten in der Höhe von S 649.320,-- für die Ersatzvornahme vorauszuzahlen sind, eindeutig bestimmt. Sollte das Beschwerdevorbringen so zu verstehen sein, daß der Titelbescheid nicht konkret genug sei, genügt der Hinweis, daß sich der baupolizeiliche Auftrag des Bürgermeisters der Stadtgemeinde G vom 21. Juli 1992 und der Bescheid des Gemeinderates auf vorhandene Planunterlagen bezogen hat, sodaß die Art der Wiederherstellung des zerstörten Daches jedenfalls für einen Fachmann ausreichend spezifiziert ist, was nach der hg. Rechtsprechung ausreicht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 94/06/0240).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, sodaß auch eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich war.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Sachverhaltsermittlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050124.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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