Entscheidungsdatum
04.07.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2281428-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Tanja FEICHTER über die Beschwerde von XXXX StA. SYRIEN, vertreten durch die BBU GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2023, Zl. 1366373607-231662936, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Tanja FEICHTER über die Beschwerde von römisch 40 StA. SYRIEN, vertreten durch die BBU GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2023, Zl. 1366373607-231662936, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 21 Abs 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.Gemäß Paragraph 21, Absatz 5, Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein Staatsangehöriger von Syrien, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 25.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die Eurodac-Abfrage ergab eine Treffermeldung der Kategorie 1 zu Bulgarien (Asylantragstellung am 16.08.2023).
Im Verlauf seiner Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.08.2023 gab der BF zu seinen Familienangehörigen befragt an, dass sein Vater verstorben sei. Seine Mutter, fünf seiner Brüder und drei seiner Schwestern würden in Syrien leben. Eine seiner Schwestern lebe in Saudi-Arabien. Einer seiner Brüder lebe seit drei Jahren in Österreich und sei hier asylberechtigt. Die Frage, ob der BF an Beschwerden oder Krankheiten leide, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren beeinträchtigen, verneinte er. Den Entschluss zur Ausreise aus Syrien habe er im Jahr 2015 gefasst. Sein Reiseziel sei Österreich gewesen, weil sein Bruder hier lebe. Der BF sei 2015 zu Fuß illegal in die Türkei eingereist, wo er acht Jahre lang gelebt habe. Anschließend sei er nach Bulgarien gereist, wo er sich ca. 23 Tage aufgehalten habe. Von dort sei er schlepperunterstützt über Serbien, wo er sich zwei Tage aufgehalten habe, und Ungarn bis nach Österreich gelangt. In Bulgarien sei er gezwungen worden Fingerabdrücke abzugeben und einen Asylantrag zu stellen. Er sei schlecht behandelt und geschlagen worden. Nach Bulgarien wolle der BF nicht zurück, er wolle in Österreich bleiben. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF an, dass in Syrien Krieg herrsche und es keine Sicherheit gäbe. Der IS habe viele Leute getötet. Die Türkei habe er aufgrund von Rassismus und aus Angst vor einer Abschiebung nach Syrien verlassen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat habe er Angst um sein Leben. Abschließend gab der BF an er sei Kurde, spreche jedoch kein Kurdisch.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) richtete am 05.09.2023 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge: Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien.Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) richtete am 05.09.2023 ein auf Artikel 18, Absatz eins, Litera b, der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge: Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien.
Bulgarien stimmte mit Schreiben vom 12.09.2023, übermittelt am 13.09.2023, der Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zu und führte an, dass der BF in Bulgarien einen anderen Namen angeführt hatte.Bulgarien stimmte mit Schreiben vom 12.09.2023, übermittelt am 13.09.2023, der Wiederaufnahme des BF gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO zu und führte an, dass der BF in Bulgarien einen anderen Namen angeführt hatte.
Am 31.10.2023 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch. Dabei gab er zu Beginn an, an keinen Krankheiten zu leiden und keine Medikamente einzunehmen. Der BF legte einen nicht übersetzten Auszug aus seinem Personenstandsregister in Kopie vor. Befragt, ob der BF in der Europäischen Union, Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz Verwandte habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe, führte der BF an, dass sein Bruder in Wien lebe. Der BF zeigte auf seinem Mobiltelefon die Asylkarte seines Bruders vor. Seine genaue Adresse kenne er nicht, er wisse nur, dass er im zehnten Bezirk lebe. Die beiden hätten Kontakt über WhatsApp, außerdem habe sein Bruder den BF einmal in der Unterkunft besucht und ihm Kleidung gebracht. Vor seiner Einreise in das Bundesgebiet hätten sie zuletzt vor fünf bis sechs Jahren in der Türkei persönlichen Kontakt gehabt. Es bestehe keine finanzielle Abhängigkeit zwischen dem BF und seinem Bruder, aber er erhalte Unterstützung von ihm bei Behördengängen und bei sprachlichen Schwierigkeiten. Ansonsten habe er noch eine Cousine und einen Cousin in Deutschland, mit denen er ca. einmal im Monat über WhatApp in Kontakt stehe. Abhängigkeit bestehe keine. Seine Angaben in der Erstbefragung seien korrekt gewesen. Der BF gab an, dass er in Bulgarien 17 Tage in einer geschlossenen und vier Tage in einer offenen Unterkunft gewesen sei. Er sei währenddessen von seiner Familie in Syrien finanziell unterstützt worden. Das Essen in Bulgarien sei nicht essbar gewesen, weshalb er sich selbst welches habe kaufen müssen. Zu konkreten Vorfällen in Bulgarien befragt, brachte der BF vor, er sei dort schlecht behandelt worden. Das Wachpersonal in der Unterkunft habe ihn geschlagen und es habe Vorfälle gegeben mit den Polizisten. Ein anderer Polizist habe ihm den Mittelfinger gezeigt. Die Übergriffe habe er nicht bei der Polizei zur Anzeige gebracht, da Polizisten selbst die Täter gewesen seien. Er habe sich auch nicht an NGOs oder andere Organisationen gewendet, da er Angst gehabt habe, dies zu erzählen. Die Vorfälle hätten sich in der geschlossenen Unterkunft ereignet, in der offenen habe es keine Vorfälle gegeben. Diese hätten sie aber nur zwei Mal täglich verlassen dürfen. Zur beabsichtigten Vorgehensweise, seinen in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Bulgarien zu treffen, gab er an, das sei ausgeschlossen. Er wolle nicht, dass Bulgarien seinen Asylantrag bearbeitet. Sein Ziel sei von Anfang an Österreich gewesen und er sei in Bulgarien schlecht behandelt worden. Zu den ihm am 18.10.2023 ausgefolgten Länderfeststellungen wolle er keine Stellungnahme abgeben.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages gemäß
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt II.). 2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrages gemäß
Art. 18 Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG 2005 die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Bulgarien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Rechtlich begründend führte das BFA zusammengefasst aus, es ergebe sich aus dem Vorbringen des BF und dem amtswegigen Ermittlungsverfahren, dass Artikel
18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO formell erfüllt sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des
Art. 4 Grundrechtecharta bzw. von Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Die Anordnung der Außerlandesbringung führe auch nicht zu einer Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK.Rechtlich begründend führte das BFA zusammengefasst aus, es ergebe sich aus dem Vorbringen des BF und dem amtswegigen Ermittlungsverfahren, dass Artikel
18 Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO formell erfüllt sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des
Art. 4 Grundrechtecharta bzw. von Artikel 3, EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Artikel 17, Absatz eins, Dublin III-VO ergeben. Die Anordnung der Außerlandesbringung führe auch nicht zu einer Verletzung von Artikel 7, GRC bzw. Artikel 8, EMRK.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 15.11.2023 verbunden mit den Anträgen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der BF widerholte sein Vorbringen im Wesentlichen und ergänzte zusammengefasst, dass er in Bulgarien schlecht und unmenschlich behandelt worden sei. Die hygienischen Zustände seien schlecht gewesen, für 350 bis 400 Personen habe es nur zwei Toiletten gegeben. Man habe nicht mit ihm gesprochen und er sei mehrmals grundlos geschlagen worden. Der BF sei in Bulgarien erkrankt und hatte starke Gliederschmerzen, woraufhin er lediglich ein Schmerzmittel bekommen habe und ihm gesagt worden sei, dass er nicht krank sei. In der Unterkunft habe es Bettwanzen gegeben und er habe aufgrund des Juckreizes nicht schlafen können. Auch diesbezüglich sei er nicht medizinisch behandelt worden. Bei einer Abschiebung nach Bulgarien käme er in Haft. Die Haftbedingungen seien sehr schlecht. Er wolle jedenfalls bei seinem Bruder in Österreich bleiben. Die belangte Behörde habe den Anforderungen im Asylverfahren nicht genügt, da sie keine weiteren Ermittlungen zur konkreten Situation in Bulgarien getroffen habe und auf die geschilderte Situation nicht eingegangen sei. Des Weiteren habe das BFA sich nicht mit der persönlichen Situation des BF und der prekären Lage in Bulgarien auseinandergesetzt. Nach der Judikatur des VfGH sei im konkreten Fall eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage erforderlich gewesen, ob dem BF eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Die von der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Bulgarien seien überdies sehr allgemein gefasst und würden sich nicht näher mit der konkreten Situation des BF auseinandersetzen. Es gäbe ausreichend Hinweise darauf, dass Bulgarien die Grund- und Menschenrechte nicht einhalte und die Regelvermutung des
§ 5 Abs. 3 AsylG nicht angewendet werden könne. Die Länderberichte, insbesondere zu Dublin-Rückkehrern in Bulgarien seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der BF verweise insbesondere auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, aus dem zusammengefasst hervorgeht, dass nach Bulgarien überstellte Personen in eine Situation extremer materieller Not geraten würden. Es bestehe das Risiko einer Verletzung von
Art. 3 EMRK, weshalb die SFH Überstellungen nach Bulgarien als unzulässig einschätze. Es gäbe Mängel bei der Unterbringung, Essensversorgung und medizinischen Versorgung der Geflüchteten. Auch die Aufnahmebedingungen und das Asylverfahren seien mangelhaft. Weiters sei die Gewalt an der Grenze durch bulgarische Polizeibehörden und die Durchführung illegaler Pushbacks gut dokumentiert. Die Behörde habe entgegen der Judikatur des VfGH keine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob dem BF in Bulgarien eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe, durchgeführt. Angesichts der gravierenden systemischen Mängel im bulgarischen Asylsystem hinsichtlich der Behandlung von Asylwerbern, deren Unterbringung sowie der Versorgung von Dublin-Rückkehrern hätte Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO zwingend Gebrauch machen müssen.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 15.11.2023 verbunden mit den Anträgen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der BF widerholte sein Vorbringen im Wesentlichen und ergänzte zusammengefasst, dass er in Bulgarien schlecht und unmenschlich behandelt worden sei. Die hygienischen Zustände seien schlecht gewesen, für 350 bis 400 Personen habe es nur zwei Toiletten gegeben. Man habe nicht mit ihm gesprochen und er sei mehrmals grundlos geschlagen worden. Der BF sei in Bulgarien erkrankt und hatte starke Gliederschmerzen, woraufhin er lediglich ein Schmerzmittel bekommen habe und ihm gesagt worden sei, dass er nicht krank sei. In der Unterkunft habe es Bettwanzen gegeben und er habe aufgrund des Juckreizes nicht schlafen können. Auch diesbezüglich sei er nicht medizinisch behandelt worden. Bei einer Abschiebung nach Bulgarien käme er in Haft. Die Haftbedingungen seien sehr schlecht. Er wolle jedenfalls bei seinem Bruder in Österreich bleiben. Die belangte Behörde habe den Anforderungen im Asylverfahren nicht genügt, da sie keine weiteren Ermittlungen zur konkreten Situation in Bulgarien getroffen habe und auf die geschilderte Situation nicht eingegangen sei. Des Weiteren habe das BFA sich nicht mit der persönlichen Situation des BF und der prekären Lage in Bulgarien auseinandergesetzt. Nach der Judikatur des VfGH sei im konkreten Fall eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage erforderlich gewesen, ob dem BF eine Verletzung seiner durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Die von der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Bulgarien seien überdies sehr allgemein gefasst und würden sich nicht näher mit der konkreten Situation des BF auseinandersetzen. Es gäbe ausreichend Hinweise darauf, dass Bulgarien die Grund- und Menschenrechte nicht einhalte und die Regelvermutung des
§ 5 Absatz 3, AsylG nicht angewendet werden könne. Die Länderberichte, insbesondere zu Dublin-Rückkehrern in Bulgarien seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der BF verweise insbesondere auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, aus dem zusammengefasst hervorgeht, dass nach Bulgarien überstellte Personen in eine Situation extremer materieller Not geraten würden. Es bestehe das Risiko einer Verletzung von
Art. 3 EMRK, weshalb die SFH Überstellungen nach Bulgarien als unzulässig einschätze. Es gäbe Mängel bei der Unterbringung, Essensversorgung und medizinischen Versorgung der Geflüchteten. Auch die Aufnahmebedingungen und das Asylverfahren seien mangelhaft. Weiters sei die Gewalt an der Grenze durch bulgarische Polizeibehörden und die Durchführung illegaler Pushbacks gut dokumentiert. Die Behörde habe entgegen der Judikatur des VfGH keine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob dem BF in Bulgarien eine Verletzung seiner durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte drohe, durchgeführt. Angesichts der gravierenden systemischen Mängel im bulgarischen Asylsystem hinsichtlich der Behandlung von Asylwerbern, deren Unterbringung sowie der Versorgung von Dublin-Rückkehrern hätte Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht nach Artikel 17, Absatz eins, Dublin III-VO zwingend Gebrauch machen müssen.
5. Am 21.11.2023 wurden die bulgarischen Behörden darüber informiert, dass die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert wird, weil der BF untergetaucht sei.5. Am 21.11.2023 wurden die bulgarischen Behörden darüber informiert, dass die Überstellungsfrist gemäß Artikel 29, Absatz 2, Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert wird, weil der BF untergetaucht sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des BFA, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der unter Pkt. I. dargelegte Verfahrensgang.Festgestellt wird zunächst der unter Pkt. römisch eins. dargelegte Verfahrensgang.
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der BF, ein syrischer Staatsangehöriger, beantragte am 16.08.2023 in Bulgarien Asyl und reiste sodann kurze Zeit später weiter und unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein, wo er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Nach einem Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien, stimmte Bulgarien mit Schreiben vom 12.09.2023, übermittelt am 13.09.2023, der Rückübernahme des BF gemäß
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zu.Nach einem Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien, stimmte Bulgarien mit Schreiben vom 12.09.2023, übermittelt am 13.09.2023, der Rückübernahme des BF gemäß
Art. 18 Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO zu.
Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei liegende Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedsstaat sprechen, liegen nicht vor.
Der BF leidet an keinen schwerwiegenden oder gar lebensbedrohenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Ein Bruder des BF lebt in Österreich, ansonsten bestehen keine familiären, privaten oder beruflichen Bindungen im österreichischen Bundesgebiet. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung stellt keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar. Der BF verfügt seit 14.11.2023 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich.
1.2. Zur Lage im Mitgliedstaat Bulgarien
Allgemeines zum Asylverfahren
Letzte Änderung 2023-09-29 20:41
Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren (Registrierung und Bearbeitung der Anträge, Unterbringung der Asylwerber, Dublin-Verfahren und COI) ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAREF) (SAREF 2023).
Für fremdenpolizeiliche Belange (u. a. legale Migration, permanente Aufenthaltsgenehmigung, Staatenlose, Staatsbürgerschaftsvergabe, Aufenthalt zur Arbeitsaufnahme, Bekämpfung der illegalen Migration, Kontrolle des legalen Aufenthalts im Inland, Identifizierung, Zwangsmaßnahmen, Rückkehrverfahren) ist die Direktion Migration (MD) des Innenministeriums zuständig. Auch Rückkehrentscheidungen werden nicht durch SAREF getroffen, sondern durch MD, Direktion der nationalen Polizei oder Direktion der Grenzpolizei (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2023).
AIDA 3.2023
Das reguläre Verfahren beginnt mit dem Asylantrag, entweder bei SAREF direkt (Registrierung des Antrags innerhalb von 3 Tagen) oder vor einer anderen Behörde (Registrierung des Antrags innerhalb von 6 Tagen). Nach der Registrierung wird der Antragsteller eine Befragung unterzogen. Die Entscheidung soll binnen 6 Monaten erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage und es gibt 2 Beschwerdeinstanzen. Im beschleunigten Verfahren werden offensichtlich unbegründete Asylanträge behandelt. Eine Entscheidung soll binnen 14 Tagen ab Registrierung erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 7 Tage. Ein Folgeantrag wird zuerst binnen 14 Tagen auf Zulässigkeit geprüft. Die Rechtsmittelfrist beträgt auch hier 7 Tage (SAREF 2023). Die instabile politische Lage und ein Wechsel an der Spitze von SAREF im Jahr 2022 haben bei vielen Verfahren zu monatelangen Verzögerungen geführt, von denen die meisten syrische Antragsteller betrafen (AIDA 3.2023).
Ablauf des regulären Verfahrens (Kurzdarstellung):
BMI 28.4.2023
Ablauf des beschleunigten Verfahrens (Kurzdarstellung):
BMI 28.4.2023
Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Art. 13, Abs. 1 Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Artikel 13,, Absatz eins, Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).
Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Art. 23 Abs. 2) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Art. 22 Abs. 2 vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Art. 29 Abs. 1 des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023). Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Artikel 23, Absatz 2,) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Artikel 22, Absatz 2, vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Artikel 29, Absatz eins, des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023).
Gemäß den Bestimmungen des Art. 67 Abs. 1, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Art. 2 werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Abs. 3 sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).Gemäß den Bestimmungen des Artikel 67, Absatz eins,, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Artikel 2, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Absatz eins, aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Absatz 3, sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).
Bulgarien kennt folgende Schutzformen: Asyl (ist ein politisch durch den Präsidenten vergebener Schutztitel), internationaler Schutz (1. Flüchtlingsstatus und 2. subsidiärer Schutz) und temporärer Schutz (wird durch den Ministerrat bei außergewöhnlichen Ereignissen vergeben). 2022 gab es in Bulgarien 20.407 Asylanträge (16 % unbegleitete Minderjährige; Syrien: 8.598, Afghanistan: 7.164, Marokko: 1.721, Ukraine: 1.313, Irak: 656) und 4.373 positive Entscheidungen, 444 negative Entscheidungen, 14.474 beendete Verfahren (terminated) (SAREF 2023).
Der Trend, sich dem Verfahren zu entziehen, ist immer noch feststellbar. In diesem Fall ergeht eine Entscheidung in Abwesenheit. Alle anderen erhalten die Entscheidung persönlich. Viele legen ein Rechtsmittel ein. Im letzteren Fall bleiben sie im Zentrum. Erst wenn eine abschließende Entscheidung vorliegt, werden sie der Direktion Migration zur Schubhaft übergeben (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023). 2022 haben sich 46 % der Antragsteller (14.474 von 31.592) dem Verfahren entzogen. Dies war ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 26 % im Jahr 2021 und 39 % im Jahr 2020, aber immer noch niedriger als 83 % im Jahr 2019 (AIDA 3.2023).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): : Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023
? BFA/Staatendokumentation [Österreich] (18.4.2023): Protokoll Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023
? BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich] (28.4.2023): Bericht zum Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023, per E-Mail
? SAREF - State Agency for Refugees [Bulgarien] (2023): Präsentation: General Overview of the Bulgarian Asylum System (präsentiert im Zuge des Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023 von BMI und BFA), per E-Mail
? VB - Verbindungsbeamter des BMI für Bulgarien [Österreich] (7.8.2023): Auskunft Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (SAREF) [Asylbehörde, Bulgarien]; Arbeitsübersetzung des VB-Büros, sowie vom BFA beauftragte Übersetzung des Gerichtsdolmetschers, per E-Mail
? VB - Verbindungsbeamter des BMI für Bulgarien [Österreich] (16.9.2023): Auskunft Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (SAREF) [Asylbehörde, Bulgarien]; vom BFA beauftragte Übersetzung des Gerichtsdolmetschers, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung 2023-08-21 15:46
Wenn bei einem Dublin-Rückkehrer der Antrag beendet (terminated) oder inhaltlich abgelehnt (rejected) und in Abwesenheit zugestellt wurde, wird er bei Rückkehr nach Bulgarien als irregulärer Migrant betrachtet. Im Falle einer Beendigung kann er eine Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Wenn der Antrag des Rückkehrers inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird der Dublin-Rückkehrer jedenfalls festgenommen. Er kann dann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt und dessen Zulässigkeit SAREF entscheiden muss (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Das Asyl- und Flüchtlingsgesetz (Law on Asylum and Refugees; LAR) legt keine Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Staates fest, sondern verweist lediglich auf die Kriterien, die in der Dublin-Verordnung aufgeführt sind (AIDA 2.2022).
Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vgl. BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). (Siehe dazu auch das Kap. Versorgung/Dublin-Rückkehrer, Anm.)Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vergleiche BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). (Siehe dazu auch das Kap. Versorgung/Dublin-Rückkehrer, Anm.)
Die Zahl der Dublin-Anfragen an Bulgarien hat sich 2022 erhöht, der Prozentsatz der tatsächlich durchgeführten Überstellungen ist aber gering:
AIDA 3.2023
Die Staaten vertraten 2021 unterschiedliche Standpunkte zu Überstellungen nach Bulgarien. In einigen Staaten, wie Rumänien und den Niederlanden, sind sowohl die Behörden als auch die Richter, die über Rechtsmittel entscheiden, der Meinung, dass Überstellungen stattfinden können. Im Gegensatz dazu treffen die belgischen Behörden keine Überstellungsentscheidungen nach Bulgarien und führen sie auch nicht aus. Die französischen Behörden haben die Zahl der Überstellungsanträge nach Bulgarien stark erhöht und sogar eine Überstellung von vier afghanischen Staatsangehörigen inmitten eines Berufungsverfahrens vollzogen. Obwohl einige Verwaltungsgerichte argumentieren, dass es in Bulgarien systembedingte Mängel gibt, insbesondere für Afghanen angesichts der sehr niedrigen Asylanerkennungsquote, werden solche Entscheidungen häufig von den Verwaltungsberufungsgerichten gekippt. In Italien haben Richter sowohl in Turin als auch in Rom entschieden, dass in Bulgarien ein reales Risiko unmenschlicher und erniedrigender Behandlung besteht, und zwar aufgrund von Mängeln im nationalen Asylsystem, wie z. B. die zwangsweise Einreiseverweigerung, niedrige Asylanerkennungsquoten und gravierende Mängel bei den Aufnahme- und Unterstützungsdiensten. Die österreichische Rechtsprechung ist uneinheitlicher: Obwohl eine Überstellung für besonders schutzbedürftige Antragsteller insbesondere wegen der Lebensbedingungen in Bulgarien und der realen Gefahr extremer materieller Härten gerichtlich abgelehnt wurde, bestätigte dasselbe Gericht weniger als zwei Monate später die Überstellung eines alleinstehenden erwachsenen Mannes und vertrat die Auffassung, dass das bulgarische Asylsystem zwar verbesserungswürdig sei, aber dem EU-Recht entspreche (ECRE 9.2022).
Im Jahr 2022 haben die Gerichte in Dublin-Staaten sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weiterhin die Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien in Bezug auf bestimmte Kategorien von Asylwerbern, aufgrund schlechter materieller Bedingungen und des Mangels an angemessenen Garantien für die Rechte der betroffenen Personen, angeordnet. In Deutschland vertrat das Verwaltungsgericht Ansbach die Auffassung, dass die Bedingungen, die Dublin-Überstellte in Bulgarien erwarten, keine systembedingten Schwächen aufweisen. Das Gericht setzte jedoch die Überstellung aus. Das Verwaltungsgericht Köln stellte fest, dass die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung sowohl für Asylwerber als auch für Schutzberechtigte bestehe. In Bezug auf Asylwerber wies das Gericht auf systemische Mängel im gesamten Asylsystem hin, die ein reales Risiko für alle Personen darstellen, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu sein. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Überstellung afghanischer Staatsangehöriger nach Bulgarien aufgrund grundlegender Mängel des Asylverfahrens speziell für afghanische Staatsangehörige (extrem niedrige Anerkennungsquoten, Diskriminierung und Nutzung der Türkei als sicheres Drittland) sowie aufgrund allgemeiner systemischer Mängel aufgehoben. In zwei Fällen aus dem Jahr 2022 stellte das slowenische Verwaltungsgericht fest, dass die Antragsteller angesichts der Aufnahme- und Haftbedingungen im Land, der niedrigen Schutzquoten für Afghanen und Iraker, usw. eine begründete Vermutung für Systemmängel vorgebracht hatten. In der Schweiz wies das Bundesverwaltungsgericht die Fälle von zwei afghanischen Staatsangehörigen, die eine Rückführung von Bulgarien nach Afghanistan befürchteten, an das Staatssekretariat für Migration (SEM) zurück. Obwohl es die Mängel im bulgarischen Asylsystem nicht als systemische Mängel ansah, stellte es fest, dass im Fall der afghanischen Staatsangehörigen nicht absehbar sei, ob die Prüfung des Asylantrags mit ausreichenden Garantien gegen Refoulement geprüft werde. Ähnliches gilt im Fall eines Asylwerbers mit PTSD. Gerichte in allen europäischen Ländern haben jedoch auch 2022 häufig Dublin-Überstellungen nach Bulgarien bestätigt (AIDA 3.2023).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): : Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023
? BFA/Staatendokumentation [Österreich] (18.4.2023): Protokoll Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023
? ECRE – European Council on Refugees and Exiles (9.2022): The implementation of the Dublin III Regulation in 2021, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/09/AIDA_Dublin-Update-2021.pdf, Zugriff 2.5.2023? ECRE – European Council on Refugees and Exiles (9.2022): The implementation of the Dublin römisch III Regulation in 2021, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/09/AIDA_Dublin-Update-2021.pdf, Zugriff 2.5.2023
Non-Refoulement
Letzte Änderung 2023-08-22 08:19
Die bulgarischen Gesetze definieren ein sicheres Herkunftsland als einen Staat, in dem die etablierte Rechtsstaatlichkeit und deren Einhaltung im Rahmen eines demokratischen Systems der öffentlichen Ordnung keine Verfolgung oder Verfolgungshandlungen zulassen und in dem keine Gefahr von Gewalt in einer Situation eines innerstaatlichen oder internationalen bewaffneten Konflikts besteht. Dieses Konzept ist ein Grund für die Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet im beschleunigten Verfahren. Ein sicherer Drittstaat wird gemäß bulgarischem Gesetz definiert als ein Land, das nicht das Herkunftsland ist, in dem sich der um internationalen Schutz ersuchende Ausländer aufgehalten hat und in dem er keinen Grund hat, aus den Konventionsgründen Verfolgung zu befürchten; wo er gegen die Zurückweisung in das Hoheitsgebiet eines Landes geschützt ist, in dem die Voraussetzungen für Verfolgung und Gefährdung seiner Rechte bestehen (Refoulementschutz); wo ihm keine Verfolgung oder ernsthafter Schaden, wie Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen; wo er die Möglichkeit hat, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu beantragen und in Anspruch zu nehmen; und wo hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass dem Ausländer der Zugang zum Hoheitsgebiet des betreffenden Staates gestattet wird. Die nationale Gesetzgebung erlaubt die Verwendung des Konzepts des sicheren Herkunftslandes und des sicheren Drittlandes im Asylverfahren. Bislang wurden jedoch keine nationalen Listen sicherer Herkunfts- bzw. Drittstaaten angenommen und angewendet (AIDA 3.2023).
Das Konzept des sicheren Drittstaates wurde erstmals im Jahr 2020 als Unzulässigkeitsgrund eingeführt und wird im beschleunigten Verfahren als Grund für die Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet betrachtet. Das Gesetz verlangt derzeit eine detailliertere Untersuchung, damit ein Land im Einzelfall als sicherer Drittstaat eingestuft werden kann, einschließlich der Feststellung, dass es den Antragsteller aufnimmt. Auch kann das Konzept des sicheren Drittstaates nicht als alleiniger Grund dafür herangezogen werden, den Antrag als offensichtlich unbegründet zu betrachten, es sei denn, es besteht eine Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden Drittstaat, aufgrund derer es für diese Person zumutbar wäre, in diesen Staat zu reisen. Da das Konzept in früheren Jahren in der Praxis kaum angewandt wurde, sind nur begrenzt Erfahrungen vorhanden. Grundsätzlich beziehen sich Ablehnungen auf der Grundlage des Konzeptes des sicheren Drittstaates auf Länder, in denen der Antragsteller vor seiner Ausreise längere Zeit gelebt oder gewohnt hat. Transit oder kurze Aufenthalte in Ländern werden nicht als ausreichend für die Annahme der Drittstaatssicherheit betrachtet (AIDA 3.2023).
Es gibt Berichte, dass Anträge von Staatsangehörigen bestimmter Länder, darunter Afghanistan, Algerien, Bangladesch, Marokko und Tunesien, automatisch abgelehnt werden (AI 27.3.2023).
Betreffend die Frage, ob Asylanträge von Afghanen unter Hinweis auf eine Drittstaatssicherheit der Türkei im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt werden, beauskunftet die bulgarische Asylbehörde SAREF, dass Bulgarien derzeit keine nationale Liste mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten besitzt. Jeder Antrag für internationalen Schutz wird als individueller Einzelfall im Rahmen eines eingeleiteten Verwaltungsverfahrens behandelt und bei der Entscheidung über einen Asylantrag wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Drittstaatssicherheit vorliegen. Auch für Dublin-Rückkehrer besteht kein Risiko der Ausweisung und/oder Überstellung in ein Land, in dem die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK besteht (SAREF 26.4.2023). Dies wurde von SAREF gegenüber dem BMI-Verbindungsbeamten erneut bestätigt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Republik Bulgarien über keine nationale Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemäß den Bestimmungen einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft, wobei zunächst die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geprüft wird. Falls kein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, wird die Notwendigkeit der Zuerkennung des humanitären Statuts behandelt. Ein Ausländer, der in die Republik Bulgarien eingereist ist, um Schutz zu beantragen, oder welcher bereits Schutz erhalten hat, darf nicht in das Hoheitsgebiet eines Landes zurückgeschickt werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist oder der Gefahr von Folter oder anderen Formen der Grausamkeit, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist (VB 7.8.2023).Betreffend die Frage, ob Asylanträge von Afghanen unter Hinweis auf eine Drittstaatssicherheit der Türkei im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt werden, beauskunftet die bulgarische Asylbehörde SAREF, dass Bulgarien derzeit keine nationale Liste mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten besitzt. Jeder Antrag für internationalen Schutz wird als individueller Einzelfall im Rahmen eines eingeleiteten Verwaltungsverfahrens behandelt und bei der Entscheidung über einen Asylantrag wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Drittstaatssicherheit vorliegen. Auch für Dublin-Rückkehrer besteht kein Risiko der Ausweisung und/oder Überstellung in ein Land, in dem die Gefahr eines Verstoßes gegen Artikel 3, EMRK besteht (SAREF 26.4.2023). Dies wurde von SAREF gegenüber dem BMI-Verbindungsbeamten erneut bestätigt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Republik Bulgarien über keine nationale Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemäß den Bestimmungen einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft, wobei zunächst die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geprüft wird. Falls kein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, wird die Notwendigkeit der Zuerkennung des humanitären Statuts behandelt. Ein Ausländer, der in die Republik Bulgarien eingereist ist, um Schutz zu beantragen, oder welcher bereits Schutz erhalten hat, darf nicht in das Hoheitsgebiet eines Landes zurückgeschickt werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist oder der Gefahr von Folter oder anderen Formen der Grausamkeit, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist (VB 7.8.2023).
Der BMI-Verbindungbeamte (VB) berichtet, dass von der Türkei keine Drittstaatsangehörigen von Bulgarien übernommen werden. Wie das bulgarische Innenministerium zur Frage, ob afghanische Staatsangehörige in die Türkei rückgeführt werden, beauskunftet, wendet die Türkei die Bestimmungen der Artikel 4 und 6 des Rückübernahmeabkommens EU-Türkei über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen nicht an. Diese Bestimmungen hätten am 1. Oktober 2017 in Kraft treten müssen oder es hätte eine bilaterale Vereinbarung über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen, die direkt aus der Türkei eingereist sind, getroffen werden müssen. Dafür setzt die türkische Seite mehr Anstrengungen und Ressourcen für die Bekämpfung der illegalen Migration und die Sicherung der gemeinsamen Grenze ein. Was die Rückübernahme illegal aufhältiger türkischer Staatsangehöriger betrifft, so erhält das bulgarische Innenministerium die volle Unterstützung der türkischen Botschaft bei der Identifizierung und Ausstellung von befristeten Reisedokumenten (VB 12.7.2023).
Abgesehen von Syrern lagen die Anerkennungsquoten aller anderen Nationalitäten in Bulgarien in früheren Jahren im Durchschnitt unter 8 %, wobei Anträge von Staatsangehörigen aus bestimmten Herkunftsländern wie aus Afghanistan und der Türkei als offensichtlich unbegründet behandelt wurden und extrem niedrige Anerkennungsquoten hatten. Dies änderte sich jedoch mit der Zeit; so lag die Anerkennungsquote für Afghanen 2016 bei 1,5 % und 2022 bei 49 % (davon 14 % Flüchtlingsstatus, 35 % subsidiärer Schutz; 51 % Ablehnungen). Im Jahr 2022 waren 35 % aller Antragsteller Afghanen und die Gesamtanerkennungsquote stieg auf 91 % aller inhaltlichen Entscheidungen, davon lauteten 89 % auf subsidiären (humanitären) Schutz und 2 % auf Flüchtlingsstatus, 9 % aller inhaltlichen Entscheidungen waren Ablehnungen. Somit wurden im Jahr 2022 von 69 afghanischen Fällen, 20 % im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt (2021 waren das noch 86 % gewesen, 2020: 95 %). Von den zum Verfahren zugelassenen Afghanen entzogen sich dennoch 95 % durch Untertauchen dem Verfahren, bevor sie eine erstinstanzliche Entscheidung erhielten, sodass nur für 0,7 % der Afghanen inhaltliche Entscheidungen ergingen (AIDA 3.2023).
SAREF beauskunftet betreffend die Frage nach unterschiedlicher Behandlung afghanischer Antragsteller, dass Bulgarien Vertragspartei aller völkerrechtlichen Instrumente ist, die das internationale Flüchtlingsrecht bilden. Alle in Frage kommenden Dokumente sind in die nationale Gesetzgebung implementiert, und die erstinstanzliche Asylbehörde SAREF handelt gemäß dem geltenden Asyl- und Flüchtlingsgesetz. Die Schutzsuchenden werden weder nach Staatsangehörigkeit noch nach anderen Grundsätzen eingeteilt, sondern es wird stets die gleiche Vorgehensweise angewendet und Antragstellern