TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/30 92/13/0017

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Veröffentlicht am 30.05.1995
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115;
BAO §119 Abs1;
BAO §167 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Z-GmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 29. November 1991, Zl 6/3-3279/91-04, betreffend Umsatzsteuer, Feststellung von Einkünften und Gewerbesteuer sowie Wiederaufnahme der Verfahren der Jahre 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer bei der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde nach Durchführung einer Vermögensdeckungsrechnung festgestellt, daß im Prüfungszeitraum fehlende Geldmittel der Gesellschafter in Höhe von S 2,550.000,-- unaufgeklärt geblieben seien. Der "Abgabepflichtige" habe dazu behauptet, die fehlenden Geldmittel aus dem Verkauf des Bildes "Die Sehendmachung des Heiligen Tobias" von Ludovico Cigoli erzielt zu haben. Hiefür habe er von der Käuferin am 4. Jänner 1985 eine Anzahlung in Höhe von S 1 Mio sowie am 24. November 1985 (gemeint wohl 1986) den Restkaufpreis von S 2,2 Mio jeweils in bar erhalten. Der Geldfluß sei nicht nachgewiesen worden. Nachforschungen des Prüfers beim Bundesdenkmalamt sowie in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums hätten die Existenz dieses Bildes nicht verifizieren können. Weiters habe der Abgabepflichtige behauptete Nachweise über die Echtheit und Existenz dieses Bildes (zB Expertise, literarische Behandlung des Werkes, zahlreicher Schriftverkehr über den angestrebten Verkauf, Versicherungspolizzen uäm) im Prüfungsverfahren nicht durch Unterlagen belegen können. Lediglich in einer für die Versicherung erstellten Hausratsschätzung aus dem Jahr 1980 sei auf ein vorhandenes Ölgemälde hingewiesen worden, das "laut Angabe des Versicherungsnehmers im Kunstkatalog Herder im Jahr 1952 mit 100.000,-- Dollar bewertet" worden sei. Trotzdem habe den Abgabepflichtigen weder dieses Bild, noch eine in seinem Besitz befindliche Holzfigur, mit welcher er ein zum Hausbau aufgenommenes Privatdarlehen in Höhe von S 1,5 Mio beglichen haben wolle, zur Abgabe von Vermögensteuererklärungen veranlaßt. Obwohl der Abgabepflichtige die im Jahr 1984 entnommenen S 642.000,-- ebenso wie die zum 4. Jänner 1985 erhaltene Anzahlung über S 1 Mio zur Deckung der im dreijährigen Prüfungszeitraum angefallenen Lebensführungskosten verwendet haben wolle, habe dies nicht durch Vorlage entsprechender Konten bzw Sparbücher dokumentiert werden können, weil er diese Geldbeträge angeblich zu Hause aufbewahrt habe.

Der Prüfer ging davon aus, daß die Angaben der Beschwerdeführerin das Bild betreffend nicht der Lebenserfahrung entsprächen, zumal sie im Prüfungsverfahren nicht durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden hätten können, und rechnete die festgestellten Fehlbeträge bei der Umsatzsteuer den Gesamtbeträgen der Entgelte und ertragsteuerlich den ausgewiesenen Betriebsergebnissen 1985 und 1986 mit je S 750.000,-- sowie 1987 mit S 625.000,-- hinzu.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ - teilweise nach Wiederaufnahme der Verfahren - entsprechende Sachbescheide.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen eingebrachte Berufung ab. Die belangte Behörde stellte ausdrücklich nicht in Abrede, daß mit Kaufvertrag vom 20. März 1961 ein Gemälde, darstellend "Die Sehendmachung des Tobias" (um den Kaufpreis von S 35.000,--), in den Besitz des Kommanditisten der Beschwerdeführerin EZ gelangte. Im dunkeln seien jedoch die behaupteten und widersprüchlich dargestellten Vorgänge im Zusammenhang mit der Zuordnung des Werkes zum Maler Ludovico Cigoli geblieben. Einerseits sei mit Eingabe vom 11. Oktober 1989 behauptet worden, EZ habe in jahrelanger, mühevoller Arbeit den Nachweis über die Echtheit des Bildes erbracht, da das Gemälde nicht signiert gewesen sei und auch beim Kauf keinerlei Papiere vorhanden gewesen seien. Andererseits sei in der mündlichen Verhandlung dazu widersprüchlich vorgebracht worden, daß der Verkäufer des Bildes eine Expertise vorgelegt habe. Das Vorbringen vom 11. Oktober 1989 sei nur "verstehbar", wenn man davon ausgehe, daß die Expertise Zweifel an der Echtheit des Bildes bzw der Zuordnung zum entsprechenden Maler offengelassen habe. Unter diesen Umständen sei es an EZ gelegen, die von ihm behaupteten Aktivitäten bzw deren Ergebnisse in irgendeiner Form nachzuweisen, zumal sich auch in der Kunstliteratur kein Hinweis darauf finde, daß Ludovico Cigoli ein Bild "Die Sehendmachung des Tobias" gemalt habe. Insgesamt ging die belangte Behörde nach Würdigung der einzelnen, von der Beschwerdeführerin im Verfahren angebotenen Beweismittel davon aus, daß "von ausreichenden Aufklärungen unter den erörterten Umständen" nicht gesprochen werden könne.

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde an der Existenz des betreffenden Bildes und daran, daß dieses im Besitz des Kommanditisten der Beschwerdeführerin war, keine Zweifel mehr hatte. Dies geht aus den Ausführungen auf Seite 5, letzter Absatz, des angefochtenen Bescheides klar hervor. Die belangte Behörde ging vielmehr davon aus, daß es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, die vom Prüfer im Rahmen der durchgeführten Vermögensdeckungsrechnung fehlenden Geldmittel der Gesellschafter der Beschwerdeführerin durch den Verkauf des betreffenden Bildes aufzuklären. Hinreichend deutlich hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang insbesondere den WERT dieses Bildes und davon abgeleitet den Verkaufspreis in Höhe von S 3,2 Mio angezweifelt.

Die Beschwerdeführerin behauptet nun in der Beschwerde nicht, daß sie im Verwaltungsverfahren die geäußerten Bedenken der Behörde, daß das Bild dem genannten Künstler zugeordnet werden kann - woraus allenfalls ein entsprechender Wert abgeleitet werden könnte -, zerstreut zu haben oder diesbezüglich entsprechende Beweismittel angeboten zu haben. Ganz im Gegenteil, die Beschwerde läßt die ausdrücklichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Behauptung im Verwaltungsverfahren, es sei in jahrelanger und mühevoller Arbeit der Nachweis über die Echtheit des Bildes erbracht worden, in keiner Form nachgewiesen worden sei, völlig auf sich beruhen. Die Beschwerdeführerin versucht auch keine Aufklärung des Umstandes, warum das entsprechende Werk, wenn es ein Hauptwerk des Künstlers war, nach den Ermittlungen der Behörde - anders als der Künstler selbst - in keinem einschlägigen Katalog auch nur erwähnt wird.

Im Zusammenhang mit der Frage der Zuordnung des Werkes zum Künstler verweist die Beschwerdeführerin lediglich auf den "klaren Beweisantrag" in der Berufungsergänzung vom 2. April 1991, worin HJ, der Verkäufer des Bildes, als Zeuge zu diesem Thema namhaft gemacht worden sei, und wonach die Durchführung dieses Zeugenbeweises die näheren Umstände der Zuordnung des Bildes zum Maler geklärt und bestehende Zweifel der belangten Behörde beseitigt hätte.

Nun stellte die Beschwerdeführerin zwar in der Eingabe vom 2. April 1991 tatsächlich den Antrag, HJ persönlich zu befragen. Dieser Beweisantrag wurde aber nur "damit untermauert, daß bezüglich der Existenz des verkauften Bildes seitens der Betriebsprüfung nach wie vor Zweifel bestehen". Ein Beweisthema im oben angeführten Sinn ist diesem Beweisantrag aber nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde durfte daher, ohne Verfahrensvorschriften zu verletzen, von der Einvernahme des HJ "Abstand nehmen", weil sie - wie oben ausgeführt - an der Existenz des Bildes keine Zweifel mehr hatte.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann der belangten Behörde aber nicht vorgeworfen werden, daß sie dadurch, daß sie allein der schriftlichen Bestätigung der Käuferin des Bildes, sie hätte S 3,2 Mio für das Gemälde bezahlt, keinen Glauben geschenkt hat, zu einem den Denkgesetzen widersprechenden Ergebnis gekommen ist, zumal es tatsächlich nicht der Lebenserfahrung entspricht, daß der Käufer eines entsprechend wertvollen Bildes das Jahr seiner Entstehung mit einem Zeitpunkt annimmt, zu dem der Maler seit rund 100 Jahren tot ist, ein Betrag von S 1 Mio über Jahre hinweg zu Hause aufbewahrt wird und deswegen keinerlei Niederschlag auf irgendwelchen Bankkonten oder Sparbüchern findet, und weder der mit dem Verkauf eines derartigen Bildes ins Ausland zusammenhängende Geldfluß noch die Beförderung eines 210 x 180 cm großen Bildes ins Ausland - wie die belangte Behörde meinte - irgendwelche Spuren hinterläßt. Der Umstand, daß die Unterschrift der Käuferin in der vorgelegten Bestätigung notariell beglaubigt war, erhöht nicht die Glaubwürdigkeit des Inhaltes der Bestätigung, sondern bestätigt nur, daß die Unterschrift von der entsprechenden Person stammt.

Auch Beweise dafür, daß das Bild tatsächlich verkauft wurde (wie etwa eine entsprechende Bestätigung eines Vermittlers), mußte die belangte Behörde nicht dahingehend würdigen, daß es zu dem behaupteten Verkaufspreis verkauft wurde.

Zur Rüge der Beschwerdeführerin, bei Zweifeln an der Richtigkeit der Kaufpreisbestätigung hätte die belangte Behörde bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens die Käuferin einvernehmen müssen, ist folgendes zu sagen: Im angefochtenen Bescheid wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren mitgeteilt worden, daß eine Vernehmung der im Ausland wohnhaften Käuferin nicht erreicht werden habe können, worauf die Beschwerdeführerin aber nicht reagiert habe. Dies wird von der Beschwerdeführerin weder in Abrede gestellt, noch behauptet sie, daß sie im Verwaltungsverfahren angeboten hätte, die Zeugin stellig zu machen. Damit ist aber die Rüge, die belangte Behörde habe die gebotenen Ermittlungen nicht durchgeführt, verfehlt, weil dann, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzel im Ausland haben, die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher wird, als die behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten geringer sind (vgl Ritz, BAO, Kommentar, 227).

Insgesamt kann der Gerichtshof daher im Rahmen der Kontrolle der behördlichen Beweiswürdigung nicht finden, daß die belangte Behörde bei Würdigung der Beweise, ob es der Beschwerdeführerin gelungen ist, die im Rahmen der Vermögensdeckungsrechnung festgestellten, fehlenden Geldmittel in Höhe von S 2,550.000,-- durch den Verkauf des bezughabenden Bildes ausreichend aufzuklären, zu einem den Denkgesetzen widersprechenden Ergebnis gelangt ist.

Aber auch die von der Beschwerdeführerin behauptete "Überdehnung der Beweislastregeln" in bezug auf § 184 Abs 2 BAO liegt nicht vor. Die Beschwerdeführerin meint in diesem Zusammenhang, es könnten ihr nicht "weitere Beweise" über die Existenz des Bildes, über dessen Verkauf und den damit zusammenhängenden Geldfluß zugemutet werden. Wie die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren mit der Behauptung, ihr Gesellschafter habe in jahrelanger und mühevoller Arbeit den Nachweis über die Echtheit des Bildes erbracht, offenbar selbst erkannt hat, ist im Beschwerdefall insbesondere der mit der Echtheit zusammenhängende, von der Behörde ausreichend klar in Zweifel gezogene Wert des Bildes von entscheidender Bedeutung. Diesbezüglich lag es aber an der Beschwerdeführerin, zumindest darzulegen, worin die "in jahrelanger und mühevoller Arbeit" erbrachten Nachweise über die Echtheit des Bildes zu sehen sind. Der Nachweis allein, daß ein im Jahr 1961 um S 35.000,-- erworbenes Bild existierte und im Jahr 1985 verkauft wurde, beweist noch nicht dessen behaupteten und tatsächlich erzielten Wert von S 3,2 Mio.

Da die belangte Behörde somit unbedenklich davon ausgehen durfte, daß die vom Prüfer festgestellten fehlenden Geldmittel nicht aufgeklärt wurden, durfte sie die im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgten Zuschätzungen bestätigen, ohne den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit zu belasten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992130017.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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