Entscheidungsdatum
11.07.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W146 2277570-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt l. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2023, 1335785306-223799230, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 geb. römisch 40 , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt l. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2023, 1335785306-223799230, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 30.11.2022 den dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
Anlässlich der Erstbefragung des Beschwerdeführers am 01.12.2022 gab er an, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Anfang 2011 sei er Rekrut beim syrischen Militär gewesen und wegen des Krieges sei er desertiert. Ca. 2013 oder 2014 sei er für 6 Monate in Syrien gewesen. In dieser Zeit habe er geheiratet. Danach sei er mit seiner Ehefrau in die Türkei geflohen. Es gebe keine weiteren Fluchtgründe. Bei einer Rückkehr befürchte er von den syrischen Streitkräften festgenommen sowie gefoltert zu werden und es könne sein, dass er getötet werde.
Am 04.07.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab er an, dass das Original seines Reisepasses in der Türkei und die restlichen Originale bei seinem Anwalt in Syrien seien. Er habe ein aufrechtes Kimlik für die Türkei. Er sei syrischer Staatangehöriger, Kurde, in Aleppo geboren, spreche Arabisch, Kurdisch und Türkisch. Die Eltern, die zwei Brüder und die zwei Schwestern würden in Syrien leben. Die Familie besitze ein eigenes Haus und eine Landwirtschaft. Der Vater des Beschwerdeführers arbeite im Irak und schicke das Geld zu seiner Familie. Der Beschwerdeführer habe in Syrien und auch in der Türkei als Tischler gearbeitet. In der Türkei hätten sie in einem Mietshaus gelebt. Bis zu seiner Ausreise 2014 habe er bei seiner Familie im Familienhaus in XXXX gelebt. Die Türkei habe er verlassen da die Kurden dort diskriminiert würden. Er habe aber keinen Abschiebebescheid erhalten. Für die Reise nach Österreich habe er 6000 Euro bezahlt. Zu den Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er von 2011 bis 2012 für ein Jahr und viereinhalb Monate beim Militärdienst gewesen sei. Er habe aber seinen Dienst nicht weiter leisten wollen und sei zu seiner Familie nach XXXX zurückgegangen und in die Türkei ausgereist. Der Beschwerdeführer habe Angst nach Syrien zurückzukehren. Er würde sicher eingesperrt werden, weil er den Dienst nicht fertig abgeleistet habe. Sonst habe er keine weiteren Fluchtgründe. Der Beschwerdeführer habe 6 Monate Militärausbildung gehabt und dabei gelernt wie man mit Militärautos fährt und wie die Waffen funktionieren würden. Auf Vorhalt, bei der Erstbefragung habe er angegeben, dass er für 6 Monate nach Syrien zurückgegangen sei und dort geheiratet habe, gab er an, er habe am 21.02.2014 geheiratet und sei dann in die Türkei ausgereist. Er habe trotz seiner Desertion 2 Jahre unbehelligt in Syrien leben können, da das syrische Militär dort nicht gewesen sei, wo sie gewohnt hätten. Auf die Frage, warum er dann geflüchtet sei, gab der Beschwerdeführer an, wegen dem Krieg und weil der IS zu ihnen gekommen sei. Auf die Frage, wie der ebenfalls desertierte Bruder unbehelligt in XXXX leben könne, gab der Beschwerdeführer an, in ihrem Dorf kontrolliere das syrische Militär nicht mehr und deswegen könne dieser dort ohne Probleme leben. Von Seiten des syrischen Militärs sei niemand an den Beschwerdeführer herangetreten, weil sein Gebiet die Kurden kontrollieren würden. Auf die Frage nach seiner Rückkehrbefürchtung gab der Beschwerdeführer an, er habe Angst vor dem syrischen Militär und auch vor den Kurden. Auf Vorhalt, dass er erst zum Schluss der Niederschrift die Angst vor den Kurden erwähne, gab er an, er habe auch Angst, dass er mit den Kurden mitkämpfen müsse. Auf Vorhalt, wie dann sein Bruder im Kurdengebiet leben könne, ohne Angst mit denen mitkämpfen zu müssen, gab der Beschwerdeführer an, dieser bleibe dort, aber der Beschwerdeführer wegen seiner Kinder nicht, da es dort keine Schulen gebe.Am 04.07.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab er an, dass das Original seines Reisepasses in der Türkei und die restlichen Originale bei seinem Anwalt in Syrien seien. Er habe ein aufrechtes Kimlik für die Türkei. Er sei syrischer Staatangehöriger, Kurde, in Aleppo geboren, spreche Arabisch, Kurdisch und Türkisch. Die Eltern, die zwei Brüder und die zwei Schwestern würden in Syrien leben. Die Familie besitze ein eigenes Haus und eine Landwirtschaft. Der Vater des Beschwerdeführers arbeite im Irak und schicke das Geld zu seiner Familie. Der Beschwerdeführer habe in Syrien und auch in der Türkei als Tischler gearbeitet. In der Türkei hätten sie in einem Mietshaus gelebt. Bis zu seiner Ausreise 2014 habe er bei seiner Familie im Familienhaus in römisch 40 gelebt. Die Türkei habe er verlassen da die Kurden dort diskriminiert würden. Er habe aber keinen Abschiebebescheid erhalten. Für die Reise nach Österreich habe er 6000 Euro bezahlt. Zu den Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er von 2011 bis 2012 für ein Jahr und viereinhalb Monate beim Militärdienst gewesen sei. Er habe aber seinen Dienst nicht weiter leisten wollen und sei zu seiner Familie nach römisch 40 zurückgegangen und in die Türkei ausgereist. Der Beschwerdeführer habe Angst nach Syrien zurückzukehren. Er würde sicher eingesperrt werden, weil er den Dienst nicht fertig abgeleistet habe. Sonst habe er keine weiteren Fluchtgründe. Der Beschwerdeführer habe 6 Monate Militärausbildung gehabt und dabei gelernt wie man mit Militärautos fährt und wie die Waffen funktionieren würden. Auf Vorhalt, bei der Erstbefragung habe er angegeben, dass er für 6 Monate nach Syrien zurückgegangen sei und dort geheiratet habe, gab er an, er habe am 21.02.2014 geheiratet und sei dann in die Türkei ausgereist. Er habe trotz seiner Desertion 2 Jahre unbehelligt in Syrien leben können, da das syrische Militär dort nicht gewesen sei, wo sie gewohnt hätten. Auf die Frage, warum er dann geflüchtet sei, gab der Beschwerdeführer an, wegen dem Krieg und weil der IS zu ihnen gekommen sei. Auf die Frage, wie der ebenfalls desertierte Bruder unbehelligt in römisch 40 leben könne, gab der Beschwerdeführer an, in ihrem Dorf kontrolliere das syrische Militär nicht mehr und deswegen könne dieser dort ohne Probleme leben. Von Seiten des syrischen Militärs sei niemand an den Beschwerdeführer herangetreten, weil sein Gebiet die Kurden kontrollieren würden. Auf die Frage nach seiner Rückkehrbefürchtung gab der Beschwerdeführer an, er habe Angst vor dem syrischen Militär und auch vor den Kurden. Auf Vorhalt, dass er erst zum Schluss der Niederschrift die Angst vor den Kurden erwähne, gab er an, er habe auch Angst, dass er mit den Kurden mitkämpfen müsse. Auf Vorhalt, wie dann sein Bruder im Kurdengebiet leben könne, ohne Angst mit denen mitkämpfen zu müssen, gab der Beschwerdeführer an, dieser bleibe dort, aber der Beschwerdeführer wegen seiner Kinder nicht, da es dort keine Schulen gebe.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.08.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (III.).Mit Bescheid des Bundesamtes vom 08.08.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (römisch III.).
Begründend wurde ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Es habe auch nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer verheiratet sei und zwei Kinder habe. Er sei syrischer Staatsbürger, sunnitischer Muslim und gehöre der Volksgruppe der Kurden an. Der Beschwerdeführer habe seinen Militärdienst nicht abgeleistet. Sein Vater lebe im Irak, seine Mutter, seine zwei Brüder und zwei Schwestern würden in XXXX leben. Der Beschwerdeführer habe Syrien glaubhaft wegen den allgemeinen Folgen des Bürgerkriegs verlassen und wolle in Ruhe und Sicherheit in Österreich leben. Eine konkrete, persönliche, asylrelevante Bedrohung maßgeblicher Intensität durch den syrischen Staat habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können bzw. habe er auch nicht angegeben. Dies stütze sich im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer angegeben habe in einem Gebiet zu leben, welches von den kurdischen Milizen kontrolliert werde und er somit keine Probleme, hinsichtlich seines Abbruches des Militärdienstes, mit der syrischen Armee gehabt habe. Weiters bestehe auch keine Gefahr für den Beschwerdeführer von den Kurden rekrutiert zu werden bzw. werde eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer politischen Gesinnung angesehen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Es habe auch nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer verheiratet sei und zwei Kinder habe. Er sei syrischer Staatsbürger, sunnitischer Muslim und gehöre der Volksgruppe der Kurden an. Der Beschwerdeführer habe seinen Militärdienst nicht abgeleistet. Sein Vater lebe im Irak, seine Mutter, seine zwei Brüder und zwei Schwestern würden in römisch 40 leben. Der Beschwerdeführer habe Syrien glaubhaft wegen den allgemeinen Folgen des Bürgerkriegs verlassen und wolle in Ruhe und Sicherheit in Österreich leben. Eine konkrete, persönliche, asylrelevante Bedrohung maßgeblicher Intensität durch den syrischen Staat habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können bzw. habe er auch nicht angegeben. Dies stütze sich im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer angegeben habe in einem Gebiet zu leben, welches von den kurdischen Milizen kontrolliert werde und er somit keine Probleme, hinsichtlich seines Abbruches des Militärdienstes, mit der syrischen Armee gehabt habe. Weiters bestehe auch keine Gefahr für den Beschwerdeführer von den Kurden rekrutiert zu werden bzw. werde eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer politischen Gesinnung angesehen.
Gegen Spruchpunkt I. dieses am 11.08.2023 rechtswirksam zugestellten Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche am 30.08.2023 beim Bundesamt einlangte. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus den Angaben in der Erstbefragung sowie in der Einvernahme vor dem Bundesamt ergebe, dass der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst nicht ordentlich abgeleistet habe. Aus den Länderfeststellungen zu den Voraussetzungen/Kriterien einer Wehrdiensteinberufung in Syrien und dem persönlichen Profil des Beschwerdeführers ergebe sich, dass eine Person mit diesen formellen Voraussetzungen in Syrien angesichts des dortigen innerstaatlichen Konflikts und des Mangels an Soldaten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Der Vorhalt der Behörde, wonach es dem Beschwerdeführer etwa 2 Jahre möglich gewesen sei, seiner Festnahme durch die syrischen Behörden zu entgehen und entsprechend keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein, gehe ins Leere, sofern man die genauen Umstände des Aufenthaltes des Beschwerdeführers berücksichtige. Er habe in seiner Einvernahme dargelegt, dass nicht ganz Syrien in den Händen der Regierung sei und er sich immer in jenem Teil aufgehalten habe, der nicht vom Regime kontrolliert würde. Da XXXX nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung gewesen sei, habe er die 2 Jahre dort leben können. Die Problematik der rigorosen Verfolgung von Deserteuren in Syrien sei hinlänglich bekannt. Die sich durch die Desertion ergebende, dem Beschwerdeführer betreffende Gefahrenlage, sei detailliert in der Einvernahme geschildert worden. Die Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers würden sich vor diesem Hintergrund als plausibel erweisen. Ferner sei glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer weder den Militärdienst für die syrische Regierung noch für die kurdischen Einheiten leisten wolle und habe das Bundesamt diesen Umstand auch nicht angezweifelt. Hätte das Bundesamt demnach ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur des VwGH sowie der aktuellen Judikatur des BVwG durchgeführt, wäre es zu dem Schluss gekommen, dass dem Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung drohe.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses am 11.08.2023 rechtswirksam zugestellten Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche am 30.08.2023 beim Bundesamt einlangte. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus den Angaben in der Erstbefragung sowie in der Einvernahme vor dem Bundesamt ergebe, dass der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst nicht ordentlich abgeleistet habe. Aus den Länderfeststellungen zu den Voraussetzungen/Kriterien einer Wehrdiensteinberufung in Syrien und dem persönlichen Profil des Beschwerdeführers ergebe sich, dass eine Person mit diesen formellen Voraussetzungen in Syrien angesichts des dortigen innerstaatlichen Konflikts und des Mangels an Soldaten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Der Vorhalt der Behörde, wonach es dem Beschwerdeführer etwa 2 Jahre möglich gewesen sei, seiner Festnahme durch die syrischen Behörden zu entgehen und entsprechend keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein, gehe ins Leere, sofern man die genauen Umstände des Aufenthaltes des Beschwerdeführers berücksichtige. Er habe in seiner Einvernahme dargelegt, dass nicht ganz Syrien in den Händen der Regierung sei und er sich immer in jenem Teil aufgehalten habe, der nicht vom Regime kontrolliert würde. Da römisch 40 nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung gewesen sei, habe er die 2 Jahre dort leben können. Die Problematik der rigorosen Verfolgung von Deserteuren in Syrien sei hinlänglich bekannt. Die sich durch die Desertion ergebende, dem Beschwerdeführer betreffende Gefahrenlage, sei detailliert in der Einvernahme geschildert worden. Die Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers würden sich vor diesem Hintergrund als plausibel erweisen. Ferner sei glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer weder den Militärdienst für die syrische Regierung noch für die kurdischen Einheiten leisten wolle und habe das Bundesamt diesen Umstand auch nicht angezweifelt. Hätte das Bundesamt demnach ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur des VwGH sowie der aktuellen Judikatur des BVwG durchgeführt, wäre es zu dem Schluss gekommen, dass dem Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung drohe.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 16.05.2024 in der gegenständlichen Rechtssache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer im Beisein seiner rechtlichen Vertretung teilnahm. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.
Dabei legte der Beschwerdeführer die Kopie einer Seite seines Militärausweises, die Kopie seines Militärführerscheines sowie ein Foto, welches den Beschwerdeführer beim Militärdienst zeigen soll, vor. Die Originale davon habe er in Syrien verloren. Das Original seines Reisepasses befinde sich in der Türkei.
Der Beschwerdeführer sei vom syrischen Militär desertiert, deswegen würde er gesucht werden. Dann sei der IS und die FSA zu Ihnen gekommen und er habe das Land aufgrund des Krieges verlassen. Er habe von 2012 bis 2014 unbehelligt in XXXX leben können, da der IS und die FSA erst im Jahr 2014 gekommen seien. Auf die Frage, warum er nunmehr in XXXX nicht mehr leben könne, da beide Organisationen dort nicht mehr aufhältig seien, gab er an, er könne dort nicht leben, er habe niemanden mehr dort. Seine Familie sei im September 2023 in die kurdische Region in den Irak gegangen. Der Vater des Beschwerdeführers sei vor 2 1/2 Jahren das letzte Mal in Syrien gewesen und habe dafür den Grenzübergang Semalka benutzt. Um wie viel Geld das Haus und die Landwirtschaft in XXXX verkauft worden sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer seinen Militärdienst nicht mehr ableisten habe wollen, gab er an, er sei nicht bereit andere Menschen umzubringen und beim Militärdienst hätten sie so etwas machen müssen. Er sei in Latakia eingeteilt gewesen. Auf Vorhalt, dort seien nie Kämpfe gewesen, gab der Beschwerdeführer an, aber sie hätten sie auch in andere Orte gebracht. Auf die Frage, ob er jemals gekämpft habe, gab der Beschwerdeführer an, nein, er habe nicht gekämpft. Er habe mit einem großen PKW Essen für Soldaten in der Umgebung von Latakia und Tartus sowie in den Bergen transportiert. Vom Militärdienst könne er sich nicht freikaufen, weil er desertiert sei. Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer aus der Türkei ausgereist sei, gab er an, er sei Kurde und sie hätten ihm einen vorübergehenden Ausweis gegeben. Er habe sein Kimlik jährlich verlängert. Auf Vorhalt, dann habe es keine Probleme in der Türkei gegeben, gab der Beschwerdeführer an, das sei wie ein vorübergehender Titel, man könne jederzeit abgeschoben werden. Sein Kimlik sei nur für die Ortschaft Sanliurfa gültig und es sei nicht erlaubt gewesen, woanders hinzuziehen. Diese Ortschaft liege an der Grenze zu Syrien. Die Bestätigung der Ehe durch ein Schariagericht habe ihm sein Anwalt aus Syrien geschickt. Auf Vorhalt, das syrische Regime habe keinen Zugriff auf seine Person im Kurdengebiet, gab der Beschwerdeführer an, es sei aber 35 km davon entfernt. Wenn der Beschwerdeführer zu den Kurden gehe, dann müsste er auch Waffen in die Hand nehmen, das wolle er nicht. Die Türkei greife sie täglich an, es bleibe einem nichts Anderes über.Der Beschwerdeführer sei vom syrischen Militär desertiert, deswegen würde er gesucht werden. Dann sei der IS und die FSA zu Ihnen gekommen und er habe das Land aufgrund des Krieges verlassen. Er habe von 2012 bis 2014 unbehelligt in römisch 40 leben können, da der IS und die FSA erst im Jahr 2014 gekommen seien. Auf die Frage, warum er nunmehr in römisch 40 nicht mehr leben könne, da beide Organisationen dort nicht mehr aufhältig seien, gab er an, er könne dort nicht leben, er habe niemanden mehr dort. Seine Familie sei im September 2023 in die kurdische Region in den Irak gegangen. Der Vater des Beschwerdeführers sei vor 2 1/2 Jahren das letzte Mal in Syrien gewesen und habe dafür den Grenzübergang Semalka benutzt. Um wie viel Geld das Haus und die Landwirtschaft in römisch 40 verkauft worden sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer seinen Militärdienst nicht mehr ableisten habe wollen, gab er an, er sei nicht bereit andere Menschen umzubringen und beim Militärdienst hätten sie so etwas machen müssen. Er sei in Latakia eingeteilt gewesen. Auf Vorhalt, dort seien nie Kämpfe gewesen, gab der Beschwerdeführer an, aber sie hätten sie auch in andere Orte gebracht. Auf die Frage, ob er jemals gekämpft habe, gab der Beschwerdeführer an, nein, er habe nicht gekämpft. Er habe mit einem großen PKW Essen für Soldaten in der Umgebung von Latakia und Tartus sowie in den Bergen transportiert. Vom Militärdienst könne er sich nicht freikaufen, weil er desertiert sei. Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer aus der Türkei ausgereist sei, gab er an, er sei Kurde und sie hätten ihm einen vorübergehenden Ausweis gegeben. Er habe sein Kimlik jährlich verlängert. Auf Vorhalt, dann habe es keine Probleme in der Türkei gegeben, gab der Beschwerdeführer an, das sei wie ein vorübergehender Titel, man könne jederzeit abgeschoben werden. Sein Kimlik sei nur für die Ortschaft Sanliurfa gültig und es sei nicht erlaubt gewesen, woanders hinzuziehen. Diese Ortschaft liege an der Grenze zu Syrien. Die Bestätigung der Ehe durch ein Schariagericht habe ihm sein Anwalt aus Syrien geschickt. Auf Vorhalt, das syrische Regime habe keinen Zugriff auf seine Person im Kurdengebiet, gab der Beschwerdeführer an, es sei aber 35 km davon entfernt. Wenn der Beschwerdeführer zu den Kurden gehe, dann müsste er auch Waffen in die Hand nehmen, das wolle er nicht. Die Türkei greife sie täglich an, es bleibe einem nichts Anderes über.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien sowie Angehöriger der kurdischen Volksgruppe mit moslemischem Religionsbekenntnis (Sunnit) und führt den im Spruch genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Söhne. Die Ehefrau und die Kinder leben in Sanliurfa (Urfa) in der Türkei. Der aktuelle Aufenthaltsort der Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden. Zumindest bis September 2023 lebten diese im Herkunftsort des Beschwerdeführers, XXXX , unbehelligt. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien sowie Angehöriger der kurdischen Volksgruppe mit moslemischem Religionsbekenntnis (Sunnit) und führt den im Spruch genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Söhne. Die Ehefrau und die Kinder leben in Sanliurfa (Urfa) in der Türkei. Der aktuelle Aufenthaltsort der Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers konnte nicht festgestellt werden. Zumindest bis September 2023 lebten diese im Herkunftsort des Beschwerdeführers, römisch 40 , unbehelligt.
Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX , im Distrikt XXXX , im Gouvernement XXXX . Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter Kontrolle kurdischer Milizen. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.Der Beschwerdeführer stammt aus römisch 40 , im Distrikt römisch 40 , im Gouvernement römisch 40 . Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter Kontrolle kurdischer Milizen. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers ist ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.
Sanliurfa (Urfa) in der Türkei liegt nur wenige Kilometer von XXXX entfernt, in der Nähe des Grenzübergangs Dscharabulus.Sanliurfa (Urfa) in der Türkei liegt nur wenige Kilometer von römisch 40 entfernt, in der Nähe des Grenzübergangs Dscharabulus.
Der Beschwerdeführer verfügte über türkische Kimlik.
Der Beschwerdeführer legte vor dem BFA Kopien folgender Dokumente vor:
Syrischer Reisepass; Nummer: XXXX ; NatNr.: XXXX Syrischer Reisepass; Nummer: römisch 40 ; NatNr.: römisch 40
Heiratsurkunde
Geburtsurkunde des Beschwerdeführers
Geburtsurkunde Ehegattin
Auszug aus dem Melderegister seiner Familie
Auszug aus dem Melderegister Ehegattin
Auszug aus dem Melderegister der Söhne
Geburtsurkunden der Söhne
Gerichtliche Entscheidung über die Eheschließung am 21.02.2014
Militärausweis - Führerschein – ausgestellt am 15.10.2011 gültig bis: 15.10.2019
Militärausweis gültig bis 31.12.2011
Der Beschwerdeführer lebte von seiner Geburt bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2014 unbehelligt in XXXX . Der Beschwerdeführer hatte im Vorfeld seiner Ausreise aus Syrien keine Kontakte zum syrischen Regime. Er floh im Jahr 2014 gemäß seinen Angaben vor dem IS.Der Beschwerdeführer lebte von seiner Geburt bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2014 unbehelligt in römisch 40 . Der Beschwerdeführer hatte im Vorfeld seiner Ausreise aus Syrien keine Kontakte zum syrischen Regime. Er floh im Jahr 2014 gemäß seinen Angaben vor dem IS.
Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat sechs Jahre die Schule besucht und in Syrien und in der Türkei als Tischler gearbeitet. Der Beschwerdeführer verließ die Türkei im Herbst 2022 und bezahlte für seine Reise nach Österreich Schlepperkosten in der Höhe von 6000 Euro. Die Entscheidung zur Reise nach Österreich erfolgte nicht aus asylrelevanten Gründen, nicht aufgrund einer ihn unmittelbar persönlich konkreten betreffenden verfahrensrelevanten Bedrohung maßgeblicher Intensität.
Dem Beschwerdeführer war es möglich eine Ehebestätigung vom Scharia-Gericht in XXXX zu bekommen. Weiters war es ihm möglich, Melderegisterauszüge seiner Person, seiner Ehegattin und seiner Kinder, ebenso Geburtsurkunden derselben und eine Heiratsurkunde am 11.04.2023 vom Innenministerium, Melde- und Standesamtswesen, in XXXX , zu bekommen.Dem Beschwerdeführer war es möglich eine Ehebestätigung vom Scharia-Gericht in römisch 40 zu bekommen. Weiters war es ihm möglich, Melderegisterauszüge seiner Person, seiner Ehegattin und seiner Kinder, ebenso Geburtsurkunden derselben und eine Heiratsurkunde am 11.04.2023 vom Innenministerium, Melde- und Standesamtswesen, in römisch 40 , zu bekommen.
Ob der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst für das syrische Militär für 1 Jahr und viereinhalb Monate abgeleistet und diesen vorzeitig abgebrochen hat, kann nicht festgestellt werden. Laut den Angaben des Beschwerdeführers war er 2011 bis 2012 in Latakia stationiert und in keinerlei Kampfhandlungen involviert.
Es liegt keine aktuelle Einberufung des Beschwerdeführers zu den syrischen Streitkräften vor.
Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, dass er den weiteren syrischen Militärdienst oder den Wehrdienst für die Kurden im AANES-Gebiet verweigern würde.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr insbesondere keine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund einer Desertation bzw. Wehrdienstverweigerung oder einer (ihm seitens des syrischen Regimes unterstellten) oppositionellen Gesinnung. Das syrische Regime hat in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers keinen Zugriff auf seine Person. Im Fall seiner Rückkehr nach Syrien ist der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt, aus den genannten Gründen von der syrischen Regierung mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
In der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“, in der sich der Herkunftsort des Beschwerdeführers befindet, sind Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (geboren 1998 oder später) zum „Wehrdienst“ verpflichtet. Der 32-jährige Beschwerdeführer hat das diesbezügliche Wehrdienstalter bereits überschritten. Darüber hinaus würden ihm im Falle einer Einziehung zum „Wehrdienst“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ bei einer Weigerung, der „Wehrpflicht“ nachzukommen, keine unverhältnismäßigen Sanktionen drohen und wäre der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur Beteiligung an Kampfhandlungen verpflichtet. Er wäre nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verlegung an die Front ausgesetzt und müsste sich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an der Begehung von Menschenrechtsverletzungen beteiligen. Die kurdischen Autonomiebehörden würden dem Beschwerdeführer im Falle einer Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungseinheiten keine oppositionelle oder politische Gesinnung unterstellen. Darüber hinaus wäre eine Weigerung des Beschwerdeführers, den „Wehrdienst“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ abzuleisten, auch nicht Ausdruck einer politischen oder oppositionellen Gesinnung.
Der Beschwerdeführer war in Syrien nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung geraten. Er hat in Syrien keine Straftaten begangen und wurde nie verhaftet.
Ebenso droht dem Beschwerdeführer auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner Ausreise bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Nicht jedem Rückkehrer, der (unrechtmäßig) ausgereist ist und der im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Auch sonst ist der Beschwerdeführer nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien aus dem COI-CMS, Version 11, 27.03.2024:
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung 2024-03-08
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).