TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/30 95/05/0009

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Veröffentlicht am 30.05.1995
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Index

83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs3;
AWG 1990 §15 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch J, dieser vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 8. September 1994, Zl. 06 3526/161-V/6/94-Str, betreffend Erlaubnis nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem angefochtenen Umfang (Spruchpunkt III.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 7. Juni 1993 beantragte die

P Gesellschaft m.b.H. beim Landeshauptmann von Oberösterreich "gemäß Abfallwirtschaftsgesetz die Erteilung zur Erlaubnis zum Sammeln von gefährlichen Abfällen und Altöl". Dies wurde damit begründet, daß die genannte Gesellschaft gegründet worden sei. Mit Ergänzung vom 24. Juni 1993 wurden die Schlüsselnummern der zu sammelnden Abfälle bekanntgegeben und es wurde darauf hingewiesen, daß laut Handelsregisterauszug J zum Geschäftsführer bestellt worden sei.

Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht stellte die Beschwerdeführerin am 16. Juni 1994 an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung.

Diesem Antrag wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid insofern entsprochen, als unter Punkt I. der Übergang der Zuständigkeit bejaht, unter Punkt II. der Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zum Sammeln von gefährlichen Abfällen und Altölen bestimmter Schlüsselnummern mangels sachlicher Zuständigkeit zurückgewiesen, und unter Punkt III. der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Sammeln von gefährlichen Abfällen und Altölen anderer bestimmter Schlüsselnummern abgewiesen worden ist.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. November 1994, B 2239/94-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In dem über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerdevorbringen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird ausdrücklich festgestellt, daß sich die Beschwerde lediglich gegen Spruchpunkt III. richte.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Der Begründung ihres Bescheides zufolge ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, J, in den Jahren 1989, 1991 und 1992 rechtskräftig bestraft worden sei (Übertretung wegen § 22 Abs. 1 lit. a SAG 1983, § 42 Abs. 1 Z. 2 lit. b des Oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes, Übertretung des § 367 Z. 26 der Gewerbeordnung 1973).

Der juristischen Person sei bei einem handelsrechtlichen Geschäftsführer mit maßgeblichem Einfluß auf die Geschäftsführung in der Person des J die Erlaubnis zum Sammeln von gefährlichen Abfällen und Altölen nicht zu erteilen; die Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers erübrige sich daher.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, in der Fassung BGBl. Nr. 155/1994, haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 15. (1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt), bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.

...

(3) Verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Person, deren Qualifikation und bisherige Tätigkeit die Annahme rechtfertigen, daß sie die beantragte Tätigkeit sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird. Keinesfalls als verläßlich gilt eine Person, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, solange die Verurteilungen nicht getilgt sind, die mindestens dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der Gewerbeordnung 1973 oder des Wasserrechtsgesetzes 1959 oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften (§ 42 Abs. 1) bestraft worden ist oder die gemäß der Gewerbeordnung 1973 von der Ausübung der betreffenden Tätigkeit ausgeschlossen ist.

...

(5) Wenn die Tätigkeit nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, ist eine hauptberuflich tätige Person als Geschäftsführer zu bestellen. Zum Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer die Verläßlichkeit sowie die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die auszuübende Tätigkeit besitzt, seinen Wohnsitz im Inland hat und in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf einer Erlaubnis gemäß Abs. 1 und 4."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0065, ausgeführt hat, enthalten die oben wiedergegebenen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes keine Anhaltspunkte dafür, daß die Verläßlichkeit des HANDELSRECHTLICHEN Geschäftsführers zu prüfen sei. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken, weshalb die Auffassung der belangten Behörde, wonach sich die Bestellung eines abfallrechtlichen Geschäftsführers erübrige, rechtswidrig ist. Sollte die Beschwerdeführerin mit ihrer Bekanntgabe vom 24. Juni 1993 gemeint haben, daß damit J auch zum abfallrechtlichen Geschäftsführer gemäß § 15 Abs. 5 AWG bestellt werden soll, so hat die Behörde dessen Verläßlichkeit als abfallrechtlicher Geschäftsführer unabhängig von seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu prüfen.

Da die belangte Behörde sohin infolge einer unrichtigen Beurteilung der Rechtslage Rechte der Beschwerdeführerin verletzt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen eingehen zu müssen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, zumal im Hinblick auf die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht davon auszugehen ist, daß eine mündliche Erörterung der Rechtslage ein für die Beschwerdeführerin günstigeres Ergebnis erbracht hätte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050009.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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