Entscheidungsdatum
23.04.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W168 2266836-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2022, Zl: 1293737301/220164582, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.02.2024, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2022, Zl: 1293737301/220164582, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.02.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. wird gemäß Paragraph 3, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der gegenwärtig 41-jährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Syriens, reiste schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 26.01.2022 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 27.01.2022 erfolgte die Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.
Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF an, dass in Syrien Krieg herrsche und er Angst um seine Kinder habe. Dies seien all seine Fluchtgründe. Im Fall der Rückkehr fürchte er den Krieg und dass er keine Zukunft haben werde.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, gab der BF auf Arabisch an, dass er in Qamishli geboren und dort wohnhaft gewesen sei. Er habe im Herkunftsstaat sechs Jahre die Grundschule besucht, gehöre der Religionsgemeinschaft des Islam und der Volksgruppe der Araber an. Vor seiner Ausreise sei er Chauffeur gewesen. Seine Eltern, sowie seine Ehefrau, seine vier Kinder und fünf Brüder sowie zwei Schwestern seien nach wie vor in Syrien aufhältig. Ein Bruder lebe seit 2013 in Deutschland. Der BF brachte seinen am 19.01.2021 im Damas-Center ausgestellten und bis 18.01.2027 gültigen syrischen Reisepass in Vorlage.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 28.06.2022 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) führte der BF auf Kurdisch aus, seine Muttersprache sei Kurdisch, bzw. korrigierte der BF seinen Namen, welcher bei der Erstbefragung falsch aufgeschrieben worden wäre. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. Zusätzlich zum bereits vorgelegten Reisepass lege er seinen Personalausweis im Original sowie verschiedene syrische Dokumente in Kopie vor. Er gab auf Befragen an, syrischer Staatsbürger und Kurde islamischen Glaubens zu sein. Er sei seit 2006 verheiratet und habe vier Kinder. Seine Frau und die Kinder seien weiterhin im Heimatort, welchen er am 22.12.2021 verlassen habe. Er sei illegal aus Syrien ausgereist und habe zu seinem Bruder in Deutschland gelangen wollen. Er habe in Syrien im Bereich des Baugewerbes gearbeitet. Seine Familie lebe noch in Syrien, ein Bruder sei im Irak, einer lebe in Deutschland. Er stehe mit seiner Familie in telefonischem Kontakt, seine Frau sei Friseurin, seine Brüder würden im Baubereich arbeiten. Auf Befragen brachte der BF vor, in der Heimat keine Probleme mit den Behörden gehabt zu haben, nicht wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden zu sein, auch nicht wegen seiner Nationalität, Volksgruppe oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Er habe Syrien auf Grund des Krieges verlassen und auch, weil er gegen das Regime demonstriert habe. Ein Onkel sei 2013 mitgenommen und 3 Monate später tot zurückgebracht worden. Es würde für ihn keine Zukunft mehr in Syrien geben. Konkret befürchte er bei einer Rückkehr auf Grund seiner Tätigkeiten bei den Demonstrationen verhaftet und umgebracht zu werden. Er persönlich habe über seinen Vater erfahren, dass er bedroht werde. Dieser sei angerufen worden und es sei ihm gesagt worden, der BF würde angeklagt und mitgenommen werden. Dies habe sich etwa 2016/2017 zugetragen. Danach sei er nicht mehr bedroht worden, weil es dort keine Regierung mehr gegeben habe. Geflüchtet sei er aktuell, weil Krieg herrsche. Es gebe noch Luftangriffe, er lebe an der Grenze zur Türkei. Auf Nachfrage gab er an, 2014/2015 an Demonstrationen teilgenommen zu haben, jedoch nicht festgenommen worden zu sein. Es seien Fotos gemacht und an die Regierung geschickt worden; unter den Demonstranten habe es Spitzel gegeben. Das sei lange her, aber er habe deshalb seine Region nicht verlassen können, die Regierung herrsche dort nicht. Er habe im Heimatort gearbeitet und sich nicht getraut, diesen zu verlassen. An Kampfhandlungen habe er nicht aktiv teilgenommen. Zur Frage, ob er den Militärdienst abgeleistet habe, führte der BF aus, bis 2012 staatenlos gewesen zu sein. Dann habe er Reisedokumente erhalten und sei sofort einberufen worden. Er sei dem nicht gefolgt. Die Regierung habe keine Macht mehr vor Ort gehabt. Einen Einberufungsbefehl habe er persönlich nicht erhalten. Bei der Abholung der Dokumente im Jahr 2012 sei seinem Vater gesagt worden, dass der BF einrücken müsse. An den Demonstrationen habe er nur teilgenommen, es hätten nur Kurden teilgenommen, er habe nichts Spezielles getan. Er wisse, dass dabei Fotos und Namen weitergegeben worden seien, weil mit seinem Vater telefonisch Kontakt aufgenommen worden sei. Zum Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung lediglich seine Angst vor dem Krieg und um seine Kinder angegeben habe, bestätigte er dies und gab an, dass er bezüglich Details auf die nächste Befragung verwiesen worden sei. Für die Kosten der Schleppung in Höhe von 9.000 Euro habe er ein Haus verkauft. Die Ausstellung seiner syrischen Reisedokumente habe sein Bruder über einen Rechtsanwalt bewerkstelligt. Abschließend bestätigte er die Richtigkeit der Niederschrift nach Rückübersetzung mit seiner Unterschrift.
Mit angefochtenem Bescheid des BFA vom 16.12.2022, wurde der Antrag des BF vom 26.01.2022 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde dem BF für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Mit angefochtenem Bescheid des BFA vom 16.12.2022, wurde der Antrag des BF vom 26.01.2022 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde dem BF für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend wurde ausgeführt, dass die Herkunftsregion des BF (Qamishli in der Provinz Al Hasaka) aktuell unter kurdischer Kontrolle stehe und für den BF keine maßgebliche Gefahr bestehe, dort durch die syrische Regierung „zwangsrekrutiert“ oder wegen unterstellter oppositioneller Gesinnung verfolgt zu werden. Seine Heimatregion sei zudem über einen der wenigen von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergänge über die Türkei oder den (kurdischen) Irak (Dreiländereck Türkei/Irak/Syrien) grundsätzlich erreichbar. Es bestehe auch keine maßgebliche Gefahr, in Syrien von den Kurden zum Militärdienst eingezogen zu werden. Es sei im Herkunftsstaat weder vorbestraft, noch inhaftiert gewesen, sei auch nicht politisch tätig und kein Mitglied einer politischen Partei gewesen und habe auch keine Probleme auf Grund seiner Religion oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt. Eine Verfolgung aus Gründen der GFK könne nicht festgestellt werden. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass nach den Länderberichten die syrische Armee auch teilweise in diesen Gebieten präsent sei, jedoch in den kurdisch kontrollierten Gebieten auf Grund fehlender administrativer Strukturen des syrischen Regimes kein verpflichtender Wehrdienst herrsche und auch keine Wehrpflicht-Kampagnen durchgeführt würden. Da der Wehrdienst daher nur auf freiwilliger Basis stattfinde, sei festzustellen gewesen, dass dem BF in seiner Heimatregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr der Einberufung durch „das syrische Regime“ drohe. Da der BF nach seiner Teilnahme an Demonstrationen noch weitere 7 Jahre unbehelligt geblieben sei, bestünden keine gewichtigen, substantiellen Anhaltspunkte für eine Verfolgung seitens der syrischen Regierung. Angesichts der ihm 2020/2021 ausgestellten syrischen Dokumente in Damaskus, welches sich unter der Kontrolle der syrischen Regierung befinde, sei eine aktuelle Verfolgungsgefahr seitens der syrischen Regierung ebenfalls zu verneinen. Er könne von der Türkei aus über den Grenzübergang Bab al-Hawa, welcher von den syrischen Rebellen jedoch nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werde, nach Syrien einreisen und seine Herkunftsregion über nicht von der Regierung kontrollierte Gebiete erreichen. Nach eigenen Angaben sei er von den Kurden nie persönlich rekrutiert worden und habe er nach den Länderfeststellungen das dafür maßgebliche Höchstalter bereits überschritten. Auch sonst sei eine Verfolgung des BF aus Gründen der GFK nicht feststellbar. Jedoch ergebe sich aus den Länderfeststellungen eine aktuell prekäre Sicherheitslage in Syrien, sodass die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz gegeben seien.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF fristgerecht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens Beschwerde und führte aus, dass sein Onkel erst im Jahr 2014 – nach Teilnahme an den Demonstrationen gegen die syrische Regierung - festgenommen worden sei und nicht bereits im Jahr 2013. Die Behörde habe sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt. Zusätzlich zu den Länderinformationen der Staatendokumentation hätte die Behörde Berichte von internationalen Organisationen heranziehen müssen. Zur Wehrdienstverweigerung wurde vorgebracht, dass sich der BF im wehrpflichtigen Alter befinde und bei einer Rückkehr nach Syrien wegen der Verweigerung des Militärdienstes verfolgt werden würde, welchen er noch nicht abgeleistet habe. Dadurch wäre er einer Gefahr für sein Leben ausgesetzt und sei davon auszugehen, dass er sich an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder anderen Handlungen, welche der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, gegen seinen Willen beteiligen müsste und bekannt sei, dass alle Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg derartige Handlungen bereits begangen hätten. Nach den UNHCR-Erwägungen vom März 2021 zu Syrien erfülle der BF klar das Risikoprofil der „Wehrdienstentzieher und Deserteure der Streitkräfte“. Aus einem Bericht der SFH (aus 2017) gehe ua. hervor, dass Wehrdienstentzieher in Syrien mit Haft, Verschwinden-Lassen bis hin zur Todesstrafe bestraft würden. Aus einer „aktuellen“ Anfragebeantwortung (vom November 2011) gehe hervor, dass auf Grund des Personalmangels der syrischen Armee weiterhin laufend rekrutiert werde und ein hoher Personalbedarf bestehe und die Wahrscheinlichkeit bestehe, an menschen-, straf- und völkerrechtswidrigen Handlungen teilnehmen zu müssen. Die Verweigerung des Militärdienstes werde von den syrischen Behörden als Ausdruck von politischem Dissens betrachtet. Dass es auch in Hasaka bzw. zur Durchsetzung der Wehrpflicht komme, gehe aus einem „aktuellen“ Bericht des DIS vom Juni 2022 hervor, wonach die Regierung kleine Gebiete in den Städten Qamishli und Hasakah kontrolliere, Qamishli die Rekrutierung dort (jedoch) von jener in den übrigen Gebieten unter syrischer Kontrolle abweiche. In Qamishli sowie in der Provinz Hasaka, welche sich großteils unter kurdischer Kontrolle befinde, habe der BF auch von kurdischer Seite „Zwangsrekrutierung“ zu befürchten. Nach den UNHCR-Erwägungen vom März 2021 werde berichtet, dass Personen, welche sich widersetzt hätten, misshandelt und auch getötet worden seien und bestehe die Möglichkeit, diesfalls als Gegner oder Unterstützer von SNA oder ISIS angesehen zu werden. Wie der BF bereits beim BFA vorgebracht habe, spiele das Alter bei der Rekrutierung keine große Rolle, wenn es zu Gefechten komme. Der BF sei noch im wehrpflichtigen Alter und hätte bei entsprechender Befragung auch vorbringen können, dass er kurz vor seiner Ausreise von kurdischen Kräften rekrutiert worden wäre. Er habe sich jedoch eine Frist erbeten und sei umgehend ausgereist. Außerdem befürchte der BF die Rekrutierung seines ältesten Sohnes. Auch habe der BF 2014/2015 an Demonstrationen gegen das „syrische Regime“ teilgenommen und sei deswegen auch bereits vor seiner Ausreise bedroht worden. Aus den UNHCR-Erwägungen vom März 2021 ergebe sich, dass die syrische Regierung jeden echten oder angenommenen Dissens in Gebieten unter seiner Kontrolle unterdrücke, wobei jedwede Kritik regelmäßig zu ernsthaften Konsequenzen führe. Davon seien ua. Demonstranten betroffen. Es seien Festnahmen und strafrechtliche Verfolgung von Demonstranten festgestellt worden bzw. seien frühere Demonstranten dem Risiko willkürlicher Festnahmen ausgesetzt. Daher drohe dem BF auf Grund der Teilnahme an Demonstrationen Verfolgung durch das syrische Regime auf Grund einer ihm zumindest unterstellten politischen Gesinnung. Zudem stamme der BF aus der Provinz Hasaka, welche sich teilweise wieder unter Regierungskontrolle befinde. UNHCR hege (in seinen Erwägungen vom März 2021) in Bezug auf Personen in zurückeroberten Gebieten, welche tatsächliche oder vermeintliche Gegner der Regierung seien, besondere Bedenken: dort seien die früheren Praktiken der Menschenrechtsverletzungen wieder aufgetaucht, um zu bestrafen und Gehorsam zu erzwingen. Echte oder vermeintliche Gegner würden danach verhaftet, zwangsrekrutiert und in sonstiger Weise misshandelt. UNHCR sei der Auffassung, dass Menschen aus ehemals oppositionell besetzten Gebieten der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien, da ihnen eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde. Aus einem UNCHR-Bericht (vom Februar 2017) gehe zudem hervor, dass ua. auch Asylanträge im Ausland als oppositionelle Aktivitäten betrachtet würden. Zusammengefasst sei das Vorbringen des BF im Hinblick auf die Länderberichte glaubwürdig und hätte die Behörde dem BF daher Asyl zuerkennen müssen. Mangels Abgleich mit den Länderfeststellungen hätte die Behörde auch keine Aussagen zur Plausibilität des Vorbringens treffen können, weshalb die Beweiswürdigung mangelhaft sei. Der BF habe nachvollziehbar vorgebracht, dass er der Einberufung zum Wehrdienst nicht Folge leisten möchte. Zwar bestehe für syrische Staatsangehörige aus Gebieten unter kurdischer Kontrolle nach einer ACCORD-Anfragebeantwortung vom 06.05.2022 die Möglichkeit der Einreise über den Grenzübergang Semalka, dies setze allerdings eine EXPAT-Karte voraus, welche in den kurdisch verwalteten Gebieten vor Ort persönlich beantragt werden müsse. Daher sei es unmöglich, mit syrischen Reisedokumenten aus Europa in die SDF-Gebiete einzureisen. Dem BF sei eine Einreise über Semalka daher nicht möglich. Da auch der Grenzübergang Bab al-Hawa zur Einreise aus der Türkei ausscheide, komme eine Rückkehr des BF nur über den Flughafen Damaskus in Betracht. Der Behörde müsse bekannt sein, dass Wehrdienstverweigerung in Kriegszeiten je nach den Umständen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werde. Darüber hinaus betrachte die Regierung dies auch als Ausdruck von politischem Dissens und sei eine Rekrutierung auch mit der hohen Wahrscheinlichkeit verbunden, sich an Aktivitäten beteiligen zu müssen, welche humanitäres Völkerrecht, Strafrecht und/oder Menschenrechte darstellen. Das Vorbringen des BF decke sich mit den Länderberichten und es spiele dabei keine Rolle, ob er bereits einen (schriftlichen) Einberufungsbefehl erhalten habe. Bei einer Rückkehr würde der BF jedenfalls in den Einflussbereich des „syrischen Regimes“ geraten. Außerdem hätte der BF auch eine Rekrutierung durch kurdische Kräfte zu befürchten, zumal das Alter bei Gefechten bzw. im Kriegszustand keine Berücksichtigung finde und bestehe auf Grund des aktuellen Konflikts mit der Türkei offenbar ein hoher Bedarf an Kämpfern. Auch die Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen, die Herkunft aus der Provinz Hasaka, die illegale Ausreise und der Asylantrag könnten als Grund angesehen werden, dass das syrische Regime dem BF eine feindliche politische Gesinnung unterstelle.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der BF fristgerecht wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens Beschwerde und führte aus, dass sein Onkel erst im Jahr 2014 – nach Teilnahme an den Demonstrationen gegen die syrische Regierung - festgenommen worden sei und nicht bereits im Jahr 2013. Die Behörde habe sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt. Zusätzlich zu den Länderinformationen der Staatendokumentation hätte die Behörde Berichte von internationalen Organisationen heranziehen müssen. Zur Wehrdienstverweigerung wurde vorgebracht, dass sich der BF im wehrpflichtigen Alter befinde und bei einer Rückkehr nach Syrien wegen der Verweigerung des Militärdienstes verfolgt werden würde, welchen er noch nicht abgeleistet habe. Dadurch wäre er einer Gefahr für sein Leben ausgesetzt und sei davon auszugehen, dass er sich an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder anderen Handlungen, welche der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, gegen seinen Willen beteiligen müsste und bekannt sei, dass alle Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg derartige Handlungen bereits begangen hätten. Nach den UNHCR-Erwägungen vom März 2021 zu Syrien erfülle der BF klar das Risikoprofil der „Wehrdienstentzieher und Deserteure der Streitkräfte“. Aus einem Bericht der SFH (aus 2017) gehe ua. hervor, dass Wehrdienstentzieher in Syrien mit Haft, Verschwinden-Lassen bis hin zur Todesstrafe bestraft würden. Aus einer „aktuellen“ Anfragebeantwortung (vom November 2011) gehe hervor, dass auf Grund des Personalmangels der syrischen Armee weiterhin laufend rekrutiert werde und ein hoher Personalbedarf bestehe und die Wahrscheinlichkeit bestehe, an menschen-, straf- und völkerrechtswidrigen Handlungen teilnehmen zu müssen. Die Verweigerung des Militärdienstes werde von den syrischen Behörden als Ausdruck von politischem Dissens betrachtet. Dass es auch in Hasaka bzw. zur Durchsetzung der Wehrpflicht komme, gehe aus einem „aktuellen“ Bericht des DIS vom Juni 2022 hervor, wonach die Regierung kleine Gebiete in den Städten Qamishli und Hasakah kontrolliere, Qamishli die Rekrutierung dort (jedoch) von jener in den übrigen Gebieten unter syrischer Kontrolle abweiche. In Qamishli sowie in der Provinz Hasaka, welche sich großteils unter kurdischer Kontrolle befinde, habe der BF auch von kurdischer Seite „Zwangsrekrutierung“ zu befürchten. Nach den UNHCR-Erwägungen vom März 2021 werde berichtet, dass Personen, welche sich widersetzt hätten, misshandelt und auch getötet worden seien und bestehe die Möglichkeit, diesfalls als Gegner oder Unterstützer von SNA oder ISIS angesehen zu werden. Wie der BF bereits beim BFA vorgebracht habe, spiele das Alter bei der Rekrutierung keine große Rolle, wenn es zu Gefechten komme. Der BF sei noch im wehrpflichtigen Alter und hätte bei entsprechender Befragung auch vorbringen können, dass er kurz vor seiner Ausreise von kurdischen Kräften rekrutiert worden wäre. Er habe sich jedoch eine Frist erbeten und sei umgehend ausgereist. Außerdem befürchte der BF die Rekrutierung seines ältesten Sohnes. Auch habe der BF 2014/2015 an Demonstrationen gegen das „syrische Regime“ teilgenommen und sei deswegen auch bereits vor seiner Ausreise bedroht worden. Aus den UNHCR-Erwägungen vom März 2021 ergebe sich, dass die syrische Regierung jeden echten oder angenommenen Dissens in Gebieten unter seiner Kontrolle unterdrücke, wobei jedwede Kritik regelmäßig zu ernsthaften Konsequenzen führe. Davon seien ua. Demonstranten betroffen. Es seien Festnahmen und strafrechtliche Verfolgung von Demonstranten festgestellt worden bzw. seien frühere Demonstranten dem Risiko willkürlicher Festnahmen ausgesetzt. Daher drohe dem BF auf Grund der Teilnahme an Demonstrationen Verfolgung durch das syrische Regime auf Grund einer ihm zumindest unterstellten politischen Gesinnung. Zudem stamme der BF aus der Provinz Hasaka, welche sich teilweise wieder unter Regierungskontrolle befinde. UNHCR hege (in seinen Erwägungen vom März 2021) in Bezug auf Personen in zurückeroberten Gebieten, welche tatsächliche oder vermeintliche Gegner der Regierung seien, besondere Bedenken: dort seien die früheren Praktiken der Menschenrechtsverletzungen wieder aufgetaucht, um zu bestrafen und Gehorsam zu erzwingen. Echte oder vermeintliche Gegner würden danach verhaftet, zwangsrekrutiert und in sonstiger Weise misshandelt. UNHCR sei der Auffassung, dass Menschen aus ehemals oppositionell besetzten Gebieten der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien, da ihnen eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde. Aus einem UNCHR-Bericht (vom Februar 2017) gehe zudem hervor, dass ua. auch Asylanträge im Ausland als oppositionelle Aktivitäten betrachtet würden. Zusammengefasst sei das Vorbringen des BF im Hinblick auf die Länderberichte glaubwürdig und hätte die Behörde dem BF daher Asyl zuerkennen müssen. Mangels Abgleich mit den Länderfeststellungen hätte die Behörde auch keine Aussagen zur Plausibilität des Vorbringens treffen können, weshalb die Beweiswürdigung mangelhaft sei. Der BF habe nachvollziehbar vorgebracht, dass er der Einberufung zum Wehrdienst nicht Folge leisten möchte. Zwar bestehe für syrische Staatsangehörige aus Gebieten unter kurdischer Kontrolle nach einer ACCORD-Anfragebeantwortung vom 06.05.2022 die Möglichkeit der Einreise über den Grenzübergang Semalka, dies setze allerdings eine EXPAT-Karte voraus, welche in den kurdisch verwalteten Gebieten vor Ort persönlich beantragt werden müsse. Daher sei es unmöglich, mit syrischen Reisedokumenten aus Europa in die SDF-Gebiete einzureisen. Dem BF sei eine Einreise über Semalka daher nicht möglich. Da auch der Grenzübergang Bab al-Hawa zur Einreise aus der Türkei ausscheide, komme eine Rückkehr des BF nur über den Flughafen Damaskus in Betracht. Der Behörde müsse bekannt sein, dass Wehrdienstverweigerung in Kriegszeiten je nach den Umständen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werde. Darüber hinaus betrachte die Regierung dies auch als Ausdruck von politischem Dissens und sei eine Rekrutierung auch mit der hohen Wahrscheinlichkeit verbunden, sich an Aktivitäten beteiligen zu müssen, welche humanitäres Völkerrecht, Strafrecht und/oder Menschenrechte darstellen. Das Vorbringen des BF decke sich mit den Länderberichten und es spiele dabei keine Rolle, ob er bereits einen (schriftlichen) Einberufungsbefehl erhalten habe. Bei einer Rückkehr würde der BF jedenfalls in den Einflussbereich des „syrischen Regimes“ geraten. Außerdem hätte der BF auch eine Rekrutierung durch kurdische Kräfte zu befürchten, zumal das Alter bei Gefechten bzw. im Kriegszustand keine Berücksichtigung finde und bestehe auf Grund des aktuellen Konflikts mit der Türkei offenbar ein hoher Bedarf an Kämpfern. Auch die Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen, die Herkunft aus der Provinz Hasaka, die illegale Ausreise und der Asylantrag könnten als Grund angesehen werden, dass das syrische Regime dem BF eine feindliche politische Gesinnung unterstelle.
Am 14.02.2023 teilte der BF mit, dass er am 04.02.2023 in Wien an Demonstrationen gegen das „syrische Regime“ teilgenommen habe und als Beweis Fotos übermittle. Auf den beiliegenden schwarz-weiß-Bildern sind Demonstranten ua. mit FSA-Flaggen zu sehen.
Mit Schreiben vom 22.02.2024 wurde die Bevollmächtigung des RA Dr. G. Klammer mitgeteilt und die bisherige Vollmacht mit der BBU ausdrücklich aufgelöst.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27.02.2024 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der BF wurde im Beisein eines Vertreters der BBU ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt und ihm umfassend Gelegenheit eingeräumt, sämtliche Gründe für die Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz bzw. die Erhebung der gegenständlichen Beschwerde darzulegen und diese glaubhaft zu machen. Auch wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt konkret darzulegen, aus welchen Gründen dieser eine ihn persönlich unmittelbar konkrete asylrelevante Bedrohung bei einer hypothetischen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat annehme.
Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung legte der BF außerdem die Kopie eines Schriftstückes in arabischer Sprache, sowie Fotos von einer Operation samt Übersetzung vom 13.02.2024 vor, wonach der Frau des BF am 01.11.2023 nach einer Schussverletzung im Becken der Uterus habe entfernt werden müssen, um ihr Leben zu retten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des BF und zu dessen Fluchtvorbringen:
Der BF ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft. Die Identität des BF steht fest.
Der BF stammt aus Qamishli ( XXXX ), im Gouvernement Al Hasaka. Sein Herkunftsort befindet sich in der Nähe der türkischen Grenze auf syrischen Staatsgebiet und befindet sich unter durchgehender kurdischer Kontrolle. Er hielt sich vor seiner Ausreise aus Syrien bereits mehrmals außerhalb des Herkunftsstaates auf. 2017 war er bereits in der Türkei, von 2019 bis 2021 hielt er sich nach einem türkischen Angriff in Erbil im Irak auf. Der BF besuchte vor seiner Ausreise sechs Jahre die Grundschule und war im Baugewerbe bzw. zuletzt als Chauffeur tätig. Der BF stammt aus Qamishli ( römisch 40 ), im Gouvernement Al Hasaka. Sein Herkunftsort befindet sich in der Nähe der türkischen Grenze auf syrischen Staatsgebiet und befindet sich unter durchgehender kurdischer Kontrolle. Er hielt sich vor seiner Ausreise aus Syrien bereits mehrmals außerhalb des Herkunftsstaates auf. 2017 war er bereits in der Türkei, von 2019 bis 2021 hielt er sich nach einem türkischen Angriff in Erbil im Irak auf. Der BF besuchte vor seiner Ausreise sechs Jahre die Grundschule und war im Baugewerbe bzw. zuletzt als Chauffeur tätig.
Ende 2021 hat der BF seinen Wohnort erneut über die Türkei illegal verlassen, um seinen eigenen Angaben zufolge zu seinem Bruder nach Deutschland zu gelangen. Um die Kosten der Schleppung in das von ihn selbst beliebig bestimmte Zielland finanzieren zu können, hat der BF seinen eigenen Angaben zufolge ein Haus verkauft.
Seine Ehefrau und vier Kinder, seine Eltern und mehrere Geschwister (ältester herzkranker Bruder, zwei Schwestern) leben noch in Syrien. Ein Bruder ist deutscher Staatsbürger, ein weiterer Bruder lebt ebenfalls dort, zwei Brüder sind inzwischen in Erbil (Iran) aufhältig.
Der BF stellte am 26.01.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Die Herkunftsprovinz und der Herkunftsort des BF in Al-Hasaka, befindet sich durchgehend unter kurdischer Kontrolle der AANES. Es gibt in der Provinz einzelne Kontrollposten der syrischen Regierung, in denen die syrischen Behörden nur eine beschränkte Macht haben.
Der BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass dieser aufgrund einer ihn unmittelbar persönlich betreffenden unmittelbar konkreten asylrelevanten Bedrohung gezwungen war, seinen Herkunftsort zu verlassen.
Der BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass dieser die Ableistung eines Militärdienstes tatsächlich verweigern würde, bzw. die Ableistung eines Militärdienstes aus ausreichend begründeten verfahrensrelevant glaubhaften politischen oder religiösen Gründen ablehnt.
Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass dem gesunden 41-jährigen BF bei einer Rückkehr an seinen Herkunftsort, der sich durchgehend unter Kontrolle der kurdisch dominierten AANES und nicht in einem Sicherheitsquadrat des syrischen Regimes befindet, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbar konkrete zwangsweise Einziehung zum Wehrdienst beim syrischen Regimemilitär droht. Zudem hat der BF als im Ausland aufhältiger Syrer außerdem jedenfalls die Möglichkeit, sich gegen eine Befreiungsgebühr - ohne Angabe von Gründen und für immer - vom Wehrdienst freizukaufen.
Eine asylrelevante unmittelbar konkrete persönliche Bedrohung bzw. verfahrensrelevante Bedrohung oder Verfolgung aus Gründen der GFK kann im Zusammenhang mit einem Militärdienst bei den kurdischen Milizen, bzw. in Erfüllung der Selbstverteidigungspflicht kann verfahrensgegenständlich nicht festgestellt werden.
Der BF hat bislang keinen Einberufungsbefehl seitens der syrischen Regierung oder der kurdischen Milizen erhalten und bisher keinen Wehrdienst geleistet. Der BF hat nicht glaubhaft machen können, dass dieser tatsächlich eine ihn unmittelbar konkret betreffende Einberufung zur Ableistung eines Wehr- oder Militärdienstes verweigert hat, bzw. dass dieser tatsächlich glaubhaft ein Wehrdienstverweigerer wäre.
Es kann auch nicht festgestellt werden bzw. hat der BF es nicht glaubhaft gemacht, dass diesen im Fall der Rückkehr nach Syrien wegen einer Teilnahme an Demonstrationen in den Jahren 2014/2015 gegen das syrische Regime in seinem Herkunftsort aktuell eine unmittelbar konkrete persönliche Verfolgung durch dieses droht.
Der BF war in Syrien nie einer individuell konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt. Konkrete Rekrutierungsversuche in Bezug auf die Person des BF oder sonstige Vorfälle hat der BF nicht ausreichend glaubwürdig angegeben.
Dem BF droht bei einer Rückkehr nach Syrien und insbesondere in seine Herkunftsregion im Gebiet der kurdisch dominierten AANES auch nicht konkret und individuell die Gefahr physischer und/oder psychischer Gewalt aufgrund seiner Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich.
Ebenso konnte der BF auch aufgrund sämtlicher weiterer Ausführungen, etwa angegebener Bedrohungen im Jahr 2016 bzw. 2017, das Vorliegen einer verfahrensrelevanten, ihn unmittelbar konkret persönlich betreffenden asylrelevanten Bedrohung ausreichend konkret nicht darlegen, bzw. glaubhaft machen.
Auch unter Berücksichtigung sämtlicher Ausführungen in der Beschwerdeschrift hat der BF das Vorliegen einer ihn gegenwärtig oder auch zukünftig, konkret und unmittelbar persönlich betreffenden asylrelevanten Gefährdung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit insgesamt nicht ausreichend konkret dargelegt bzw. hat das Vorliegen einer solchen insgesamt nicht glaubhaft machen können.
Der BF kann seine Herkunftsregion im Gebiet der kurdischen AANES in Syrien etwa über den Grenzübergang Semalka sicher - ohne in Kontakt mit den syrischen Regimebehörden zu treten- erreichen. Den herangezogenen Länderberichten ist zu entnehmen, dass es Personen, die – wie der BF – aus Gebieten unter Kontrolle der SDF/YPG stammen, gestattet ist, von außerhalb in die Region Nordostsyrien über den durch die SDF kontrollierten Grenzübergang einzureisen, sodass diese keine sogenannte „Expat-Karte“ benötigen.
Der BF hat insbesondere weder durch das Vorbringen der Illegalität der Ausreise aus Syrien oder der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in Österreich noch durch die allgemeine Anführung einer ihm allenfalls unterstellten oppositionellen Gesinnung hinreichend glaubhaft darlegen können, dass er bei einer hypothetischen Rückkehr nach Syrien zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer ihn unmittelbar, konkreten asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.
Der BF ist im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht aus Gründen der Rasse, Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat (gekürzt durch das BVwG)
Politische Lage Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/document/2089904.html, Zugriff 23.6.2023, ua.
SELBSTVERWALTUNGSGEBIET NORD- UND OSTSYRIEN Letzte Änderung 2024-03-08 11:12
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Reb