TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/31 W263 2281265-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.2024
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Entscheidungsdatum

31.05.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W263 2281265-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.9.2023, Zl. 1314225310/222102885, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 (alias römisch 40 ), römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.9.2023, Zl. 1314225310/222102885, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: „BF“), ein syrischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 5.7.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2. Bei seiner Erstbefragung am 6.7.2022 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zusammengefasst an, dass er am XXXX in Syrien geboren und XXXX Jahre alt sei. Er sei in al-Hasaka (verschiedene Schreibweisen möglich) wohnhaft gewesen. Seine Muttersprache sei Arabisch, er gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei islamischen Glaubens. Zudem gab er an, in Syrien die Grundschule und eine Universität besucht sowie als Kraftfahrer gearbeitet zu haben. Er beherrsche Arabisch in Wort und Schrift.2. Bei seiner Erstbefragung am 6.7.2022 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zusammengefasst an, dass er am römisch 40 in Syrien geboren und römisch 40 Jahre alt sei. Er sei in al-Hasaka (verschiedene Schreibweisen möglich) wohnhaft gewesen. Seine Muttersprache sei Arabisch, er gehöre der Volksgruppe der Araber an und sei islamischen Glaubens. Zudem gab er an, in Syrien die Grundschule und eine Universität besucht sowie als Kraftfahrer gearbeitet zu haben. Er beherrsche Arabisch in Wort und Schrift.

Befragt nach Angehörigen im Herkunftsstaat oder einem anderen Drittstaat, gab der BF seine Eltern, zwei Brüder und sechs Schwestern sowie seine Ehefrau und seinen Sohn an. Einer seiner Brüder würde in Deutschland leben und eine Schwester sei wie ein weiterer Bruder in Jordanien aufhältig. Die anderen Angehörigen seien in Syrien aufhältig.

Er habe den Entschluss zur Ausreise im Jahr 2019 gefasst und Syrien im Mai 2022 vom Wohnort aus zu Fuß in die Türkei verlassen. Er habe einen abgelaufenen syrischen Reisepass, welcher sich jedoch in Syrien befände. Er würde versuchen, diesen zu beschaffen.

Befragt zu seinen Fluchtgründen, gab der BF an, dass er an einem Ort lebe, an dem die Kurden die Kontrolle hätten und Rekrutierungen durchführen würden. Auch würde er für den Militärdienst der syrischen Regierung keine Aufschübe mehr bekommen. Er habe Angst, am Krieg teilnehmen zu müssen. Befragt nach seinen Rückkehrbefürchtungen, gab der BF an, er fürchte um sein Leben und die Teilnahme am Krieg; weiters fürchte er, wegen des Militärs inhaftiert zu werden.

3. Am 29.3.2023 fand eine schriftliche Einvernahme unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: „BFA“) statt, bei welcher der BF zusammengefasst angab, im Wesentlichen gesund zu sein. Nachdem der BF gefragt wurde, ob die im Verfahren bisher von ihm getätigten Angaben rückübersetzt und korrekt protokolliert worden seien, gab der BF an, dass jeweils das Geburtsdatum seiner Mutter und das seines Sohnes Fehler beinhalte. Er brachte einen Reisepass und ein Militärbuch, welche jeweils im Original zum Akt genommen wurden sowie einen Studentenausweis, einen Wohnheimausweis, einen Familienregisterauszug, eine Heiratsurkunde, eine Bestätigung „Teilnahme Treffpunkt Deutsch-Lerngruppe“, eine Bestätigung eines Beschäftigungsprogramms und ein Teilnahmezertifikat des Workshops „HeartBeat-Beziehung-Liebe-Gewalt“, welche jeweils in Kopie zum Akt genommen wurden, in Vorlage. Die vorgelegten syrischen Dokumente wurden im Auftrag des BFA übersetzt.

Er gab zusammengefasst an, am XXXX in XXXX geboren worden zu sein. In seiner Studienzeit bis zu seinem letzten Studienjahr 2021 habe der BF „zwischen“ XXXX und XXXX gelebt, wo er insgesamt vier Jahre lang studiert habe. Er gab an, nicht durchgehend studiert, sondern nebenbei auch gearbeitet zu haben. Das letzte Studienjahr habe er nicht abgeschlossen. Danach sei der BF in das kurdisch kontrollierte Gebiet zurückgekehrt und habe dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien gelebt. Er gab zusammengefasst an, am römisch 40 in römisch 40 geboren worden zu sein. In seiner Studienzeit bis zu seinem letzten Studienjahr 2021 habe der BF „zwischen“ römisch 40 und römisch 40 gelebt, wo er insgesamt vier Jahre lang studiert habe. Er gab an, nicht durchgehend studiert, sondern nebenbei auch gearbeitet zu haben. Das letzte Studienjahr habe er nicht abgeschlossen. Danach sei der BF in das kurdisch kontrollierte Gebiet zurückgekehrt und habe dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien gelebt.

Er verfüge über keine Berufsausbildung, habe aus seinem Auto Haushaltswaren verkauft und sich dabei im Umkreis der Ortschaften XXXX und XXXX bewegt.Er verfüge über keine Berufsausbildung, habe aus seinem Auto Haushaltswaren verkauft und sich dabei im Umkreis der Ortschaften römisch 40 und römisch 40 bewegt.

Zum Zeitpunkt seiner Ausreise sei (gemeint wohl:) XXXX unter Kontrolle der Kurden und auch des syrischen Regimes gestanden.Zum Zeitpunkt seiner Ausreise sei (gemeint wohl:) römisch 40 unter Kontrolle der Kurden und auch des syrischen Regimes gestanden.

Im Jahr XXXX habe der BF seine Ehefrau XXXX in XXXX geheiratet. Diese lebe, ungefähr seit der BF das Land verlassen habe, gemeinsam mit seinem Sohn bei ihrer Familie in XXXX und werde finanziell vom Vater und dem Bruder des BF unterstützt.Im Jahr römisch 40 habe der BF seine Ehefrau römisch 40 in römisch 40 geheiratet. Diese lebe, ungefähr seit der BF das Land verlassen habe, gemeinsam mit seinem Sohn bei ihrer Familie in römisch 40 und werde finanziell vom Vater und dem Bruder des BF unterstützt.

Befragt nach weiteren Familienangehörigen, gab der BF seine Eltern, seine zwei Brüder und drei Schwestern an. Einer seiner Brüder (geb. XXXX ) sei in Deutschland und einer (geb. XXXX ) in Jordanien aufhältig. Seine Eltern und seine Schwestern würden in Syrien leben. Sein Vater betreibe eine Landwirtschaft und sorge für seine Familie. Es würde ihnen gut gehen. Sie hätten keine Probleme.Befragt nach weiteren Familienangehörigen, gab der BF seine Eltern, seine zwei Brüder und drei Schwestern an. Einer seiner Brüder (geb. römisch 40 ) sei in Deutschland und einer (geb. römisch 40 ) in Jordanien aufhältig. Seine Eltern und seine Schwestern würden in Syrien leben. Sein Vater betreibe eine Landwirtschaft und sorge für seine Familie. Es würde ihnen gut gehen. Sie hätten keine Probleme.

Der BF habe sich im Winter 2019 dazu entschlossen, das Land zu verlassen.

Der BF sei am 9.5.2022 illegal in die Türkei ausgereist und schlepperunterstützt nach Österreich gelangt. Die Kosten für die Reise von 6.000,- Euro brachte er durch die finanzielle Unterstützung seiner Angehörigen und Freunden auf.

Österreich sei sein Zielland gewesen, weil sein Bruder ihm Österreich empfohlen habe und er hier Freunde habe.

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass er Student gewesen sei und in der Zwischenzeit immer wieder gearbeitet habe. Er habe Haushaltsartikel verkauft. Bis 2019; dann sei seine Mutter an Krebs erkrankt. Die ganze Familie sei dadurch psychisch belastet worden. Er sei in dieser Zeit bei seiner Mutter geblieben und habe keine Aufschübe mehr erhalten. Er habe dann mit der Universität aufgehört. Er sei zu den Kurden gegangen und habe weiter gearbeitet. Sie seien dann gekommen und hätten sie rekrutieren wollen. Sie hätten seinen Personalausweis genommen und ihn verhaftet. Er sei dann wieder freigelassen worden. Dann sei er zurück in das Heimatdorf gegangen, bis er seine Sachen vorbereitet habe und dann sei er ausgereist.

Rund 15 Tage vor seiner Ausreise sei der BF von den Kurden inhaftiert worden, um ihn zu rekrutieren. Er habe von den Kurden immer Aufschübe erhalten, weil er auch vom Regime Aufschübe erhalten habe. Er habe sich, um zu arbeiten, am Markt aufgehalten und sei in diesem Zuge von den Kurden festgenommen worden, welche auch seinen Personalausweis einbehielten.

Auf Vorhalt, dass bei den Kurden eine Selbstverteidigungspflicht bis zum 24. Lebensjahr herrscht, gab der BF an, dass die Kurden Angriffe der Türken fürchten und daher rekrutieren würden. Jeder müsse im Kriegsfall kämpfen.

Auf Vorhalt, dass das Regime keinen Zugriff auf die Heimatregion des BF haben, gab der BF an, dass diese jederzeit einmarschieren könnten und er einen Regimewechsel befürchte.

Zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt, gab der BF an, er fürchte, bestraft zu werden, weil er Syrien illegal verlassen habe. Weiters fürchte er eine Zwangsrekrutierung sowie inhaftiert zu werden.

4. Mit Bescheid vom 15.9.2023 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm aber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).4. Mit Bescheid vom 15.9.2023 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm aber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

5. Der BF erhob im Wege seiner Rechtsvertretung, der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), mit Schreiben vom 10.7.2023 gegen den Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides fristgerecht Beschwerde, in welcher er zusammengefasst vorbrachte, ihm werde eine oppositionelle Gesinnung unterstellt, weil er illegal ausgereist sei, einen Asylantrag im Ausland gestellt und den Militärdienst verweigert habe. Er sei im wehrpflichtigen Alter und habe seinen regulären Wehrdienst noch nicht abgeleistet. Im Falle einer Einziehung zum Militär müsse er sich an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder an anderen Handlungen, welche der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, beteiligen. Im Falle der Verweigerung des Militärdienstes würden dem BF unverhältnismäßig hohe Strafen seitens der syrischen Regierung drohen. Zudem drohe dem BF die Zwangsrekrutierung seitens der Kurden. Der BF wolle aus Gewissensgründen an keinen Kampfhandlungen teilnehmen. Aufgrund seiner Asylantragstellung im Ausland und seiner illegalen Ausreise würde ihm seitens der syrischen Regierung eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden. Eine sichere und legale Einreise sei nur über die Grenzübergänge in Hand des Regimes bzw. den Flughafen Damaskus denkbar. Überdies verfüge der BF nicht über die notwendigen Dokumente, um sicher und legal in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.5. Der BF erhob im Wege seiner Rechtsvertretung, der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), mit Schreiben vom 10.7.2023 gegen den Spruchpunkt römisch eins. des oben genannten Bescheides fristgerecht Beschwerde, in welcher er zusammengefasst vorbrachte, ihm werde eine oppositionelle Gesinnung unterstellt, weil er illegal ausgereist sei, einen Asylantrag im Ausland gestellt und den Militärdienst verweigert habe. Er sei im wehrpflichtigen Alter und habe seinen regulären Wehrdienst noch nicht abgeleistet. Im Falle einer Einziehung zum Militär müsse er sich an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder an anderen Handlungen, welche der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, beteiligen. Im Falle der Verweigerung des Militärdienstes würden dem BF unverhältnismäßig hohe Strafen seitens der syrischen Regierung drohen. Zudem drohe dem BF die Zwangsrekrutierung seitens der Kurden. Der BF wolle aus Gewissensgründen an keinen Kampfhandlungen teilnehmen. Aufgrund seiner Asylantragstellung im Ausland und seiner illegalen Ausreise würde ihm seitens der syrischen Regierung eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden. Eine sichere und legale Einreise sei nur über die Grenzübergänge in Hand des Regimes bzw. den Flughafen Damaskus denkbar. Überdies verfüge der BF nicht über die notwendigen Dokumente, um sicher und legal in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

Bei einer Rückkehr sei davon auszugehen, dass der BF sofort gefasst und bestraft und/oder rekrutiert werden würde.

Die Beschwerde langte am 10.10.2023 (rechtzeitig) beim BFA ein und wurde in der Folge an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet, wo sie am 15.11.2023 eintraf.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 24.4.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF und seine Rechtsvertretung teilnahmen und der eine Dolmetscherin für die Sprache Arabisch beigezogen wurde. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil; die Verhandlungsschrift wurde dem BFA übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den Namen XXXX (alias XXXX ) und das Geburtsdatum XXXX , ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist mindestens XXXX Jahre alt. Seine Muttersprache ist Arabisch, die er in Wort und Schrift beherrscht. Der BF führt den Namen römisch 40 (alias römisch 40 ) und das Geburtsdatum römisch 40 , ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist mindestens römisch 40 Jahre alt. Seine Muttersprache ist Arabisch, die er in Wort und Schrift beherrscht.

Der BF stammt konkret aus der Ortschaft XXXX , Gouvernement al-Hasaka, Syrien, wo er geboren wurde, im Jahr XXXX geheiratet hat und sein Sohn im Jahr XXXX geboren wurde. Der BF lebte dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien in die Türkei im Mai 2022. Dies allerdings mit Unterbrechungen im Zeitraum von ungefähr 2014 bis ungefähr Ende 2020, wo er sich zum Besuch der Universität auch in XXXX aufgehalten hat. Der BF stammt konkret aus der Ortschaft römisch 40 , Gouvernement al-Hasaka, Syrien, wo er geboren wurde, im Jahr römisch 40 geheiratet hat und sein Sohn im Jahr römisch 40 geboren wurde. Der BF lebte dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien in die Türkei im Mai 2022. Dies allerdings mit Unterbrechungen im Zeitraum von ungefähr 2014 bis ungefähr Ende 2020, wo er sich zum Besuch der Universität auch in römisch 40 aufgehalten hat.

XXXX liegt (etwa XXXX Straßenkilometer) östlich der Stadt Qamischli. Wie der Großteil des Gouvernements, steht XXXX und dessen weitere Umgebung unter Kontrolle der kurdischen Kräfte. Die syrische Regierung verfügt jedoch über mehrere kleine Gebiete im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet, welche in Qamischli und al-Hasaka (Stadt) als „Sicherheitsquadrate“ bezeichnet werden. In unmittelbarer Umgebung von XXXX gibt es allerdings kein ausschließlich von der Regierung kontrolliertes Gebiet, in welchem diese in der Lage wäre, Rekrutierungen mit Zwang durchzusetzen und liegt XXXX und dessen Umgebung im seitens der kurdischen Kräfte kontrollierten Gebiet. römisch 40 liegt (etwa römisch 40 Straßenkilometer) östlich der Stadt Qamischli. Wie der Großteil des Gouvernements, steht römisch 40 und dessen weitere Umgebung unter Kontrolle der kurdischen Kräfte. Die syrische Regierung verfügt jedoch über mehrere kleine Gebiete im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet, welche in Qamischli und al-Hasaka (Stadt) als „Sicherheitsquadrate“ bezeichnet werden. In unmittelbarer Umgebung von römisch 40 gibt es allerdings kein ausschließlich von der Regierung kontrolliertes Gebiet, in welchem diese in der Lage wäre, Rekrutierungen mit Zwang durchzusetzen und liegt römisch 40 und dessen Umgebung im seitens der kurdischen Kräfte kontrollierten Gebiet.

Der BF studierte von ungefähr 2014 bis ungefähr Ende 2020 an der Universität XXXX XXXX . XXXX im gleichnamigen Gouvernement, wo der BF studierte, befindet sich unter Kontrolle der syrischen Zentralregierung. Zum Besuch der Universität hielt sich der BF während dieser Zeit in XXXX auf, fuhr aber auch zurück nach XXXX , wo er eben etwa im Jahr XXXX heiratete und sein Sohn im XXXX auf die Welt kam. Seine Ehefrau, sein Sohn und seine Eltern lebten zu der Zeit in XXXX . Das Studium hat der BF nicht abgeschlossen. Er kehrte ungefähr Ende 2020 wieder dauerhaft nach XXXX zurück, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Mai 2022 verblieb. Der BF studierte von ungefähr 2014 bis ungefähr Ende 2020 an der Universität römisch 40 römisch 40 . römisch 40 im gleichnamigen Gouvernement, wo der BF studierte, befindet sich unter Kontrolle der syrischen Zentralregierung. Zum Besuch der Universität hielt sich der BF während dieser Zeit in römisch 40 auf, fuhr aber auch zurück nach römisch 40 , wo er eben etwa im Jahr römisch 40 heiratete und sein Sohn im römisch 40 auf die Welt kam. Seine Ehefrau, sein Sohn und seine Eltern lebten zu der Zeit in römisch 40 . Das Studium hat der BF nicht abgeschlossen. Er kehrte ungefähr Ende 2020 wieder dauerhaft nach römisch 40 zurück, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Mai 2022 verblieb.

Der BF arbeitete neben seinem Studium als Verkäufer und Maler. Nach seiner Rückkehr nach XXXX arbeitet er dort ebenfalls wieder. Der BF arbeitete neben seinem Studium als Verkäufer und Maler. Nach seiner Rückkehr nach römisch 40 arbeitet er dort ebenfalls wieder.

Der BF ist aktuell seit ungefähr sieben Monaten geschieden. Die geschiedene Ehefrau und der Sohn des BF sind nach seiner Ausreise nach XXXX gezogen, wo sie bei Angehörigen der geschiedenen Frau leben. XXXX steht unter Kontrolle der syrischen Zentralregierung. Der Sohn des BF und dessen Mutter (die geschiedene Frau des BF) werden vom Vater des BF finanziell unterstützt. Der BF ist aktuell seit ungefähr sieben Monaten geschieden. Die geschiedene Ehefrau und der Sohn des BF sind nach seiner Ausreise nach römisch 40 gezogen, wo sie bei Angehörigen der geschiedenen Frau leben. römisch 40 steht unter Kontrolle der syrischen Zentralregierung. Der Sohn des BF und dessen Mutter (die geschiedene Frau des BF) werden vom Vater des BF finanziell unterstützt.

Die Eltern des BF und zwei Schwestern leben unverändert in XXXX unter wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen und sind keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt. Der Vater des BF bewirtschaftet dort seine landwirtschaftlichen Grundstücke und besitzt Ersparnisse aus der Zeit, als er in Jordanien arbeitete. Eine Schwester des BF lebt XXXX (insb. auch hier: verschiedene Schreibweisen möglich) und eine – wie ein Onkel des BF – in XXXX . Eine weitere Schwester des BF lebt im Iran und eine in Jordanien. Der BF hat zwei Brüder, welche aktuell beide in Deutschland aufhältig sind. Die Eltern des BF und zwei Schwestern leben unverändert in römisch 40 unter wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen und sind keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt. Der Vater des BF bewirtschaftet dort seine landwirtschaftlichen Grundstücke und besitzt Ersparnisse aus der Zeit, als er in Jordanien arbeitete. Eine Schwester des BF lebt römisch 40 (insb. auch hier: verschiedene Schreibweisen möglich) und eine – wie ein Onkel des BF – in römisch 40 . Eine weitere Schwester des BF lebt im Iran und eine in Jordanien. Der BF hat zwei Brüder, welche aktuell beide in Deutschland aufhältig sind.

Der BF stellte am 5.7.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er leidet an keinen ernsthaften Erkrankungen, ist arbeitsfähig und in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Der BF arbeitet nicht in Österreich.

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF und seiner (hypothetischen) Rückkehrsituation:

In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit. b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren. Der BF unterliegt entsprechend der gesetzlichen Regelung daher auch mit seinen aktuell (zumindest) XXXX Jahren grundsätzlich dem verpflichtenden Militärdienst. In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren. Der BF unterliegt entsprechend der gesetzlichen Regelung daher auch mit seinen aktuell (zumindest) römisch 40 Jahren grundsätzlich dem verpflichtenden Militärdienst.

Der BF hat diesen jedoch nie angetreten und ist von diesem aktuell auch nicht (mehr) befreit. Der BF erhielt insgesamt fünf Aufschübe seitens der syrischen Regierung aufgrund von Einschreibungen für sein Studium an der Universität XXXX und war somit von der Ableistung des Militärdienstes im Zeitrahmen von ungefähr 2013/2014 bis Dezember 2021 befreit.Der BF hat diesen jedoch nie angetreten und ist von diesem aktuell auch nicht (mehr) befreit. Der BF erhielt insgesamt fünf Aufschübe seitens der syrischen Regierung aufgrund von Einschreibungen für sein Studium an der Universität römisch 40 und war somit von der Ableistung des Militärdienstes im Zeitrahmen von ungefähr 2013/2014 bis Dezember 2021 befreit.

Das syrische Regime ist zu keinem Zeitpunkt an den BF konkret herangetreten, um ihn zur Ableistung aufzufordern. Er hat auch keinen (schriftlichen) Einberufungsbefehl erhalten.

Der BF war insbesondere in Syrien nicht politisch tätig, hat sich nie gegen das syrische Regime engagiert und rückte bislang auch sonst nicht in den Fokus des Regimes. Weder der BF noch seine näheren Angehörigen wurden in Syrien vom syrischen Regime bedroht oder verfolgt. Dem BF wird vom syrischen Regime keine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Der BF hat auch keine verinnerlichte politische oder religiöse Überzeugung gegen das Regime oder den Dienst an der Waffe an sich.

Darüber hinaus liegt das Gebiet, aus dem der BF stammt, nicht im Einfluss- und Kontrollgebiet der syrischen Regierung (des syrischen Regimes), sondern in der kurdischen Selbstverwaltungszone im Nordosten Syriens (Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien – AANES). Die syrischen Militärbehörden können dort im Allgemeinen keine Rekrutierungen durchführen. Lediglich in den Sicherheitsquadraten und Enklaven des syrischen Regimes besteht eine Zugriffsmöglichkeit. Solche befinden sich vor allem in den größeren Städten Qamischli und al-Hasaka, jedoch nicht in XXXX und dessen näheren Umgebung. In den Teilen des Gouvernements, welche sich wie das Herkunftsgebiet des BF unter der Kontrolle der kurdischen SDF befinden, kann die syrische Regierung auch bei etwaigen Checkpoints im Allgemeinen keine Personen zum Militärdienst einberufen bzw. auf diese zugreifen. Darüber hinaus liegt das Gebiet, aus dem der BF stammt, nicht im Einfluss- und Kontrollgebiet der syrischen Regierung (des syrischen Regimes), sondern in der kurdischen Selbstverwaltungszone im Nordosten Syriens (Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien – AANES). Die syrischen Militärbehörden können dort im Allgemeinen keine Rekrutierungen durchführen. Lediglich in den Sicherheitsquadraten und Enklaven des syrischen Regimes besteht eine Zugriffsmöglichkeit. Solche befinden sich vor allem in den größeren Städten Qamischli und al-Hasaka, jedoch nicht in römisch 40 und dessen näheren Umgebung. In den Teilen des Gouvernements, welche sich wie das Herkunftsgebiet des BF unter der Kontrolle der kurdischen SDF befinden, kann die syrische Regierung auch bei etwaigen Checkpoints im Allgemeinen keine Personen zum Militärdienst einberufen bzw. auf diese zugreifen.

Schließlich besteht für den BF auch die Möglichkeit, sich von der Wehrpflicht des syrischen Regimes durch Zahlung einer Befreiungsgebühr freizukaufen. Die syrischen Behörden unterstellen Personen, die sich vom Wehrdienst freigekauft haben, weder (mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit) eine oppositionelle Gesinnung, noch ziehen sie diese trotz der entrichteten Wehrersatzgebühr systematisch (bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit) dennoch zum Wehrdienst ein.

Für den (zumindest) XXXX -jährigen BF besteht im Falle der Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, nicht die Gefahr, vom syrischen Regime verfolgt zu werden. Der BF läuft bei einer Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, auch nicht Gefahr, aufgrund einer Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee relevanten Repressalien ausgesetzt zu sein. Für den (zumindest) römisch 40 -jährigen BF besteht im Falle der Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, nicht die Gefahr, vom syrischen Regime verfolgt zu werden. Der BF läuft bei einer Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, auch nicht Gefahr, aufgrund einer Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee relevanten Repressalien ausgesetzt zu sein.

Der BF könnte die Region, aus der er stammt, und konkret das Dorf XXXX etwa über den Landweg von der Türkei oder dem Irak aus erreichen, ohne dass Kräfte des syrischen Regimes ihn unter Zwang rekrutieren würden. Dem BF ist es etwa möglich, sein Heimatdorf ohne Kontakt zum syrischen Regime, über den nicht von diesem gehaltenen, offenen irakisch-syrischen Grenzübergang Faysh Khabur/Semalka zu erreichen und sich dabei nur innerhalb des AANES-Gebietes zu bewegen. Der BF könnte die Region, aus der er stammt, und konkret das Dorf römisch 40 etwa über den Landweg von der Türkei oder dem Irak aus erreichen, ohne dass Kräfte des syrischen Regimes ihn unter Zwang rekrutieren würden. Dem BF ist es etwa möglich, sein Heimatdorf ohne Kontakt zum syrischen Regime, über den nicht von diesem gehaltenen, offenen irakisch-syrischen Grenzübergang Faysh Khabur/Semalka zu erreichen und sich dabei nur innerhalb des AANES-Gebietes zu bewegen.

In Syrien besteht in Gebieten in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ („AANES“) ein verpflichtender „Wehrdienst“ („Selbstverteidigungspflicht“). Am 4.9.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Der Altersrahmen für den Einzug zum Wehrdienst ist nun in allen betreffenden Gebieten derselbe. Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren sind jedenfalls zum „Wehrdienst“ („Selbstverteidigungspflicht“) in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ („AANES“) verpflichtet. Das Dekret, welches die Selbstverteidigungspflicht für die Jahrgänge 1998 und später Geborene anordnet, war mit Stand September 2023 noch in Kraft.

Der BF ist mit (zumindest) XXXX Jahren grundsätzlich nicht mehr im wehrpflichtigen Alter der kurdischen Streitkräfte, unterliegt demnach nicht mehr der Selbstverteidigungspflicht und droht ihm bei Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, nicht die Gefahr zur Ableistung der „Selbstverteidigungspflicht“ einberufen zu werden. Der BF ist mit (zumindest) römisch 40 Jahren grundsätzlich nicht mehr im wehrpflichtigen Alter der kurdischen Streitkräfte, unterliegt demnach nicht mehr der Selbstverteidigungspflicht und droht ihm bei Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, nicht die Gefahr zur Ableistung der „Selbstverteidigungspflicht“ einberufen zu werden.

Der BF wurde in XXXX geboren und wuchs dort bei seiner Familie auf, bis er die Universität in XXXX besuchte. Während er studierte (ungefähr 2014 bis Ende 2020) fuhr der BF immer wieder zurück nach XXXX und damit in das von den Kurden kontrollierte Gebiet. In dieser Zeit war der BF im wehrpflichtigen Alter. Nach seiner Rückkehr nach XXXX ungefähr Ende 2020 war er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Mai 2022 dort aufhältig. Der BF hat seinen verpflichtenden „Wehrdienst“ entweder bereits abgeleistet oder war ein näheres Interesse der kurdischen Streitkräfte am BF nicht vorhanden bzw. war eine Einziehung nicht beabsichtigt. Seit Erlass des Dekret Nr. 3 mit September 2021 ist der BF jedenfalls von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Die kurdischen Streitkräfte versuchten auch nicht, den BF knapp vor seiner Ausreise unter Zwang zu rekrutieren. Der BF und seine näheren Angehörigen hatten in Syrien auch keine ernsthaften Probleme aufgrund einer Zugehörigkeit zu den „Magmur“. Der BF wurde in römisch 40 geboren und wuchs dort bei seiner Familie auf, bis er die Universität in römisch 40 besuchte. Während er studierte (ungefähr 2014 bis Ende 2020) fuhr der BF immer wieder zurück nach römisch 40 und damit in das von den Kurden kontrollierte Gebiet. In dieser Zeit war der BF im wehrpflichtigen Alter. Nach seiner Rückkehr nach römisch 40 ungefähr Ende 2020 war er bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Mai 2022 dort aufhältig. Der BF hat seinen verpflichtenden „Wehrdienst“ entweder bereits abgeleistet oder war ein näheres Interesse der kurdischen Streitkräfte am BF nicht vorhanden bzw. war eine Einziehung nicht beabsichtigt. Seit Erlass des Dekret Nr. 3 mit September 2021 ist der BF jedenfalls von der Selbstverteidigungspflicht befreit. Die kurdischen Streitkräfte versuchten auch nicht, den BF knapp vor seiner Ausreise unter Zwang zu rekrutieren. Der BF und seine näheren Angehörigen hatten in Syrien auch keine ernsthaften Probleme aufgrund einer Zugehörigkeit zu den „Magmur“.

Bei den kurdischen Einheiten dienen Wehrpflichtige in der HXP, den Selbstverteidigungseinheiten, die von der YPG bzw. YPJ zu unterscheiden sind. Die HXP sind eine Hilfsgruppe für die YPG und werden in der Regel nicht an der Front eingesetzt. Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz. Aktuell beträgt die Dauer des Wehrdienstes bei den SDF zwölf Monate.

Der Versuch, der Selbstverteidigungspflicht zu entgehen, wird mit einer Verlängerung der Selbstverteidigungspflicht um einen Monat sanktioniert, dies kann auch in Verbindung mit einer Haftstrafe für einen kürzeren Zeitraum von ein bis zwei Wochen erfolgen.

Seitens der kurdischen Behörden wird die Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht nicht als Ausdruck einer oppositionellen politischen Gesinnung betrachtet. Der BF war in Syrien und Österreich nicht politisch tätig. Der BF hat keine gegen die kurdische Autonomie(behörden)/SDF/YPG oder das Führen von Waffen gerichtete eigene politische oder religiöse Überzeugungen. Auch aus anderen Gründen wird der BF von den kurdischen Kräften nicht verfolgt.

Ebenso wenig droht dem BF auf Grund seiner (illegalen) Ausreise aus Syrien oder seiner Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich in Syrien und konkret in dem Gebiet, aus dem er stammt, die Gefahr der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen durch das syrische Regime oder andere. Auch wegen seiner Brüder, welche sich in Deutschland aufhalten, hat der BF solche nicht zu erwarten.

Insgesamt wäre der BF im Falle einer Rückkehr nach Syrien und konkret in die Region, aus der er stammt, nicht aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

Feststellungen werden nach der nachfolgenden Länderberichtslage getroffen:

?        Auszüge aus den Länderinformationen der Staatendokumentation, Version 11, vom 27.3.2023

?        EUAA (vormals EASO), Country Guidance: Syria, April 2024

?        UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung, März 2021

?        Auszüge aus ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker*innen ermöglichen, vom 24.8.2023

?        Auszüge aus ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188-v2], vom 6.9.2023

?        Auszüge aus dem Themenbericht der Staatendokumentation, „Syrien – Grenzübergänge“, vom 25.10.2023

1.3.1. Auszüge aus den Länderinformationen der Staatendokumentation, Version 11, vom 27.3.2024:

[…]

Politische Lage

[…]

Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung 2024-03-08 11:12

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für „Westen“ (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des „Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien“ (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die „autonome Verwaltung“ basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die „autonome Verwaltung“ basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

[…]

Sicherheitslage

[…]

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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