TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/3 W283 2265988-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2024
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W283 2265988-1/12E

Schriftliche Ausfertigung des am 14.03.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Stefanie KUSCHNIG als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX 1994, StA. SYRIEN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2022, Zl. 1293262100/ XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Stefanie KUSCHNIG als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 1994, StA. SYRIEN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2022, Zl. 1293262100/ römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei (bP), ein männlicher Staatsangehöriger von Syrien, stellte am 18.01.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass sie zum syrischen Militär einberufen worden sei.

Am 16.05.2022 erfolgte die Einvernahme der bP vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Befragt zu den Fluchtgründen gab die bP im Wesentlichen an, falls sie in Syrien geblieben wäre, hätte sie den Militärdienst leisten müssen. Die Brüder der bP müssten den Militärdienst nicht leisten, weil das Gebiet, in dem sie leben würden, unter Kontrolle der Kurden sei. Wenn sie bei den Checkpoints angehalten werden würden, würden sie mitgenommen werden.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wies das BFA den Antrag der bP auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkte II. und III.).Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid wies das BFA den Antrag der bP auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihr den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkte römisch II. und römisch III.).

Mit fristgerecht erhobener Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides wiederholte die bP im Wesentlichen das Fluchtvorbringen und führte aus, dass sie Syrien verlassen und sich dem Militärdienst entzogen habe. Der bP drohe wegen ihr (allenfalls unterstellter) politischer Gesinnung mit einer langjährigen Haftstrafe oder dem Tod bestraft zu werden. Die Gefahr trotz Zahlung eines Geldbetrages einberufen zu werden, bestehe weiterhin. Abgesehen von der Nicht-Leistbarkeit, würde die bP aufgrund ihrer politischen Einstellung auf keinen Fall mit einem Geldbetrag das syrische Regime unterstützen wollen. Der bP werde aufgrund ihrer Herkunftsregion, der Ausreise aus Syrien sowie der Lebensführung und Asylantragstellung in Österreich eine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Der bP drohe in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime und dessen Armee (sowie deren verbündeten Milizen) und der kurdischen Armee. Im Hinblick auf die Einreise nach Syrien bestehen administrative Hürden und komme es immer wieder zu Schließungen und die Sicherheitslage an der Grenze sei schlecht.Mit fristgerecht erhobener Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides wiederholte die bP im Wesentlichen das Fluchtvorbringen und führte aus, dass sie Syrien verlassen und sich dem Militärdienst entzogen habe. Der bP drohe wegen ihr (allenfalls unterstellter) politischer Gesinnung mit einer langjährigen Haftstrafe oder dem Tod bestraft zu werden. Die Gefahr trotz Zahlung eines Geldbetrages einberufen zu werden, bestehe weiterhin. Abgesehen von der Nicht-Leistbarkeit, würde die bP aufgrund ihrer politischen Einstellung auf keinen Fall mit einem Geldbetrag das syrische Regime unterstützen wollen. Der bP werde aufgrund ihrer Herkunftsregion, der Ausreise aus Syrien sowie der Lebensführung und Asylantragstellung in Österreich eine oppositionelle Gesinnung unterstellt. Der bP drohe in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime und dessen Armee (sowie deren verbündeten Milizen) und der kurdischen Armee. Im Hinblick auf die Einreise nach Syrien bestehen administrative Hürden und komme es immer wieder zu Schließungen und die Sicherheitslage an der Grenze sei schlecht.

Mit Schreiben vom 08.03.2024 langte eine ergänzende Stellungnahme der bP ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es für die bP keine sichere und legale Möglichkeit gebe, nach Syrien einzureisen, ohne dabei in Kontakt mit dem syrischen Regime zu kommen. Die bP sei aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage sich vom Militärdienst freizukaufen.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) führte am 14.03.2024 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch und im Beisein der Vertretung der bP eine öffentliche Verhandlung durch. Dabei wurde die bP zu ihren persönlichen Lebensumständen in Syrien, ihren Fluchtgründen und ihren Rückkehrbefürchtungen befragt. In dieser Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet und die Beschwerde abgewiesen.

Mit fristgerecht eingebrachten Schriftsatz beantragte die bP die schriftliche Ausfertigung des am 14.03.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der bP

Die bP führt den im Spruch angeführten Namen und das im Spruch angeführte Geburtsdatum. Die bP ist im Entscheidungszeitpunkt 29 Jahre alt. Die bP ist ein männlicher Staatsangehöriger von Syrien, gehört der Volksgruppe der Araber an, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und beherrscht ihre Muttersprache Arabisch in Wort und Schrift.

Die bP ist in XXXX , das ist ein Dorf welches zu XXXX gehört, im Gouvernement al-Hasakah geboren und aufgewachsen. Dort besuchte sie 12 Jahre lang die Schule und studierte anschließend 1 Jahr lang an der Universität in der Stadt al-Hasakah arabische Literatur. Die bP ist in römisch 40 , das ist ein Dorf welches zu römisch 40 gehört, im Gouvernement al-Hasakah geboren und aufgewachsen. Dort besuchte sie 12 Jahre lang die Schule und studierte anschließend 1 Jahr lang an der Universität in der Stadt al-Hasakah arabische Literatur.

Die bP hat keine Kinder. Die bP ist verheiratet. Die Ehefrau heißt XXXX , geboren am XXXX 1997. Die bP hat am XXXX 2019 in XXXX geheiratet. Diese Ehe wurde im XXXX 2019 bei Gericht in der Stadt XXXX von der Ehefrau der bP registriert. Die Ehefrau der bP lebt aktuell in XXXX , im Gouvernement Deir ez Zor, bei ihren Eltern und arbeitet als Lehrerin. Die bP hat keine Kinder. Die bP ist verheiratet. Die Ehefrau heißt römisch 40 , geboren am römisch 40 1997. Die bP hat am römisch 40 2019 in römisch 40 geheiratet. Diese Ehe wurde im römisch 40 2019 bei Gericht in der Stadt römisch 40 von der Ehefrau der bP registriert. Die Ehefrau der bP lebt aktuell in römisch 40 , im Gouvernement Deir ez Zor, bei ihren Eltern und arbeitet als Lehrerin.

Die bP hat 6 Brüder und 1 Schwester. Die Brüder XXXX , geboren im Jahr 1990, XXXX , geboren im Jahr 1997, XXXX , geboren im Jahr 2000, XXXX , geboren im Jahr 2003, XXXX , geboren im Jahr 2010, sowie die Schwester XXXX , geboren im Jahr 1992, leben alle in XXXX , das zu XXXX gehört, auch die Eltern der bP leben dort. 1 Bruder der bP, dessen Verfahren in Österreich unter den Daten, XXXX , geboren am XXXX 2006, und der Zahl XXXX geführt wird, befindet sich seit einigen Monaten in Österreich und hat auch einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit ihrer Familie steht die bP in regelmäßigem Kontakt.Die bP hat 6 Brüder und 1 Schwester. Die Brüder römisch 40 , geboren im Jahr 1990, römisch 40 , geboren im Jahr 1997, römisch 40 , geboren im Jahr 2000, römisch 40 , geboren im Jahr 2003, römisch 40 , geboren im Jahr 2010, sowie die Schwester römisch 40 , geboren im Jahr 1992, leben alle in römisch 40 , das zu römisch 40 gehört, auch die Eltern der bP leben dort. 1 Bruder der bP, dessen Verfahren in Österreich unter den Daten, römisch 40 , geboren am römisch 40 2006, und der Zahl römisch 40 geführt wird, befindet sich seit einigen Monaten in Österreich und hat auch einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit ihrer Familie steht die bP in regelmäßigem Kontakt.

Die bP hat Syrien erstmals Ende 2015, im XXXX oder XXXX Monat verlassen und in weiterer Folge in der Türkei gelebt und gearbeitet. Zur Eheschließung im Jahr 2019 ist die bP über XXXX wieder nach Syrien eingereist, hat dort geheiratet und 4 Monate mit ihrer Ehefrau in einer Mietswohnung gelebt. Danach ist die bP Ende 2019 wieder aus Syrien in die Türkei ausgereist und nach 2jährigem Aufenthalt dort nach Österreich eingereist, wo sie am 18.01.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Die Kosten der Flucht beliefen sich auf 5.500 Euro.Die bP hat Syrien erstmals Ende 2015, im römisch 40 oder römisch 40 Monat verlassen und in weiterer Folge in der Türkei gelebt und gearbeitet. Zur Eheschließung im Jahr 2019 ist die bP über römisch 40 wieder nach Syrien eingereist, hat dort geheiratet und 4 Monate mit ihrer Ehefrau in einer Mietswohnung gelebt. Danach ist die bP Ende 2019 wieder aus Syrien in die Türkei ausgereist und nach 2jährigem Aufenthalt dort nach Österreich eingereist, wo sie am 18.01.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Die Kosten der Flucht beliefen sich auf 5.500 Euro.

Die bP ist gesund. Die bP hat in Österreich den Status einer subsidiär Schutzberechtigten.

1.2. Zu den Fluchtgründen der bP

1.2.1. Die Herkunftsregion der bP ist XXXX , das ist ein Dorf welches zu XXXX gehört, im Gouvernement al-Hasakah. Die Herkunftsregion befindet sich außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes, konkret liegt sie im Einfluss- und Kontrollbereich der AANES bzw. der kurdischen Kräfte.1.2.1. Die Herkunftsregion der bP ist römisch 40 , das ist ein Dorf welches zu römisch 40 gehört, im Gouvernement al-Hasakah. Die Herkunftsregion befindet sich außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes, konkret liegt sie im Einfluss- und Kontrollbereich der AANES bzw. der kurdischen Kräfte.

1.2.2. In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst bei der syrischen Armee für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 bis 42 Jahren.

Die bP ist 29 Jahre alt und hat den Wehrdienst für das syrische Regime noch nicht abgeleistet, da ihr bis 2014 Aufschübe zu Bildungszwecken gewährt wurden. Bis zur Ausreise im Jahr 2015 war die bP keiner individuellen Bedrohung oder Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt und es droht ihr eine solche weder aktuell noch zukünftig.

Die 3 Brüder der bP, XXXX , geboren im Jahr 1997, XXXX , geboren im Jahr 2000 und XXXX , geboren im Jahr 2003, die ebenfalls im wehrdienstfähigen Alter sind und ihren Militärdienst noch nicht abgeleistet haben, leben nach wie vor im Herkunftsort. Diese möchten den Militärdienst nicht ableisten, weil sie nicht sterben möchten und niemanden töten möchten. Die 3 Brüder der bP, römisch 40 , geboren im Jahr 1997, römisch 40 , geboren im Jahr 2000 und römisch 40 , geboren im Jahr 2003, die ebenfalls im wehrdienstfähigen Alter sind und ihren Militärdienst noch nicht abgeleistet haben, leben nach wie vor im Herkunftsort. Diese möchten den Militärdienst nicht ableisten, weil sie nicht sterben möchten und niemanden töten möchten.

Das syrische Regime hat keinerlei Einfluss- und Zugriffsmöglichkeiten auf die Herkunftsregion der bP. Bei einer Rückkehr in ihre Herkunftsregion besteht für die bP daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die reale Gefahr, zum Wehrdienst der syrischen Armee eingezogen zu werden oder durch das syrische Regime einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Zudem ist die Herkunftsregion der bP für diese sicher erreichbar, ohne Gebiete des syrischen Regimes zu durchqueren sowie ohne mit dem syrischen Regime in Berührung zu kommen.

1.2.3. Die bP war in Syrien in der Vergangenheit keiner individuellen Bedrohung oder Verfolgung durch die Kurden oder kurdische Kräfte ausgesetzt und es droht ihr eine solche auch nicht aktuell oder zukünftig.

Im Juni 2019 verabschiedete die Autonomous Administration of North and East Syria (AANES), die „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“, ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst, den Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen regelt. Am 04.09.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Wehrpflicht auf Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (geboren 1998 oder später) beschränkt.

Im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien in ihre Herkunftsregion, ist die bP, die ohnedies das Alter der Selbstverteidigungspflicht weit überschritten hat, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr der Verfolgung durch die Kurden oder kurdische Kräfte ausgesetzt.

Artikel 2 des Gesetzes über die „Selbstverteidigungspflicht“ vom Juni 2019 sieht eine Dauer von zwölf Monaten vor. Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen. In Situationen höherer Gewalt kann die Dauer des Wehrdiensts verlängert werden. Wehrdienstverweigerer können zudem mit der Ableistung eines zusätzlichen Wehrdienstmonats bestraft werden. Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der „Selbstverteidigungspflicht“ erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz. Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt. Eine Verweigerung wird nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen.

1.2.4. Die bP ist aufgrund der Ausreise aus Syrien und Asylantragsstellung in Österreich keiner Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt. Nicht allen Rückkehrenden, die unrechtmäßig ausgereist sind und die im Ausland einen Asylantrag gestellt haben, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.

1.2.5. Auch hatte und hat die bP keine Probleme wegen ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit in Syrien. Auch sonst ist die bP nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

1.2.6. Die bP ist im Falle der Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch nicht aufgrund ihrer Herkunft aus der Provinz al-Hasaka, bzw. der Herkunft aus einem oppositionell besetzten Gebiet der Gefahr ausgesetzt, von der syrischen Regierung mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

1.2.7. Die bP ist in Syrien nie Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen oder hat sich an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv beteiligt und hat keine Strafrechtsdelikte begangen. Die bP genießt nicht den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen. Die bP hat kein Verbrechen gegen den Frieden, kein Kriegsverbrechen und kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Die bP hat kein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb von Österreich begangen und sich keine Handlungen zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen. Die bP ist in Österreich unbescholten und wurde weder von einem inländischen noch einem ausländischen Gericht verurteilt.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien

Grundlage sind die genannten Berichte über die Lage im Herkunftsstaat samt den darin genannten Quellen, sowie die aktuellen UNHCR Richtlinien sowie die aktuellen EUAA Country Guidance und EUAA Reports, sowie:

Beilage ./II

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Syrien, Version 9, samt den darin genannten Quellen, vom 17.07.2023, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2095119.html bzw. abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/laender/arabische-republik-syrien/coi-cms

Beilage ./III

Aktuelle Karte betreffend die Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, abrufbar unter: https://syria.liveuamap.com/, Screenshots von Google-Maps zur Orientierung sowie die aktuelle Karte betreffend die historische Kontrolle von Akteuren in Syrien, abrufbar unter: https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html

Beilage ./IV

Danish Immigration Service, Syria, treatment upon return, Mai 2022, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2072754.html

Beilage ./V

OCHA zum Status der Grenzübergänge Türkei Syrien: Türkiye/Syria: Border Crossing Status vom 18.04.2023, abrufbar unter: https://reliefweb.int/report/syrian-arab-republic/turkiye-syria-border-crossings-status-18-april-2023-enartr

Beilage ./VI

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, vom 05.04.2023, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2092031.html

Beilage ./VII

ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Voraussetzungen für Einreise syrischer Staatsangehöriger in Gebiete unter Kontrolle der in Nordostsyrien; Legale Einreise aus dem Irak bzw. der Türkei; Informationen zum Grenzübergang Semalka - Faysh Khabur; Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Nordostsyrien und der Türkei/dem Irak, vom 06.05.2022, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2073007.html

Beilage ./VIII

ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Sicherheitslage in Nordostsyrien, insbesondere in der Grenzregion um Semalka; Bewegungsfreiheit in den Gebieten unter kurdischer Selbstverwaltung, vom 23.05.2022, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2073438.html

Beilage ./IX

ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit, zwischen den kurdischen Gebieten im Nordosten Syriens und dem Irak hin- und herzureisen, offener Grenzübergang, vom 02.09.2021, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2059922.html

Beilage ./X

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Einreise in das Kurdengebiet, speziell Provinz al-Hassakah, vom 23.06.2021, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2055560.html

Beilage ./XI

Themenbericht zu Syrien: Grenzlage zwischen Syrien und der Türkei bzw. dem Irak, vom 25.10.2023, abrufbar unter:

https://www.ecoi.net/en/file/local/2100231/2023-10-25_COI_CMS_Themenberichte_Syrien_-_Grenz%C3%BCberg%C3%A4nge%2C_Version_1-00c9.pdf

Beilage ./XII

ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbidsch, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, türkische Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von RegierungskritikerInnen ermöglichen, vom 24.08.2023, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2096377.html

Beilage ./XIII

ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierung Wehrpflichtiger durch die syrische Regierung in Manbidsch, Provinz Aleppo, vom 07.09.2023, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2097226.html

Beilage ./XIV

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (ergänzende AFB), vom 14.10.2022, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/de/dokument/2081906.html

Auszug aus den Länderinformationen vom 17.07.2023, Version 9 (Beilage ./II):

Politische Lage

Letzte Änderung: 10.07.2023

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023).

Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort (BS 23.2.2022). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte (FH 9.3.2023). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg, der nun in sein zwölftes Jahr geht, hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).

Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023).Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023).

Quellen: […]

Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung: 10.07.2023

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019).Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba’ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba’ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v.a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren ’zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel’. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 29.3.2023).

Institutionen und Wahlen

Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).

Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 % und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 % und 3,3 % der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 % und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 % und 3,3 % der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).

Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 % (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).

Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba'ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).

Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).

Quellen: […]

[…]

Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung: 11.07.2023

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine ’zweite Front’ in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba’ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, ’Ain al-’Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für „Westen“ (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündet

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten