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21/01 Handelsrecht;Norm
BAO §186 Abs3;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/16/0270 E 31. Mai 1995Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Oktober 1993, Zl. GA 11-1049/93, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Notariatsakt vom 7. September 1988 trat der Kommanditist der im Abtretungsvertrag näher bezeichneten KG D mit Wirkung vom Beginn des 31. Oktober 1988 seinen Gesellschaftsanteil zuzüglich dazugehörigem Saldo auf dem Verrechnungskonto dem Beschwerdeführer, einem weiteren Kommanditisten dieser KG, um den Abtretungspreis von S 90.000,-- ab. Mit einem weiteren Notariatsakt vom 7. September 1988 wurde ein Treuhandvertrag errichtet, in dem die Vertragsparteien (abtretender Kommanditist als Treugeber und annehmender Kommanditist des Treuhänder) erklärten, daß der Beschwerdeführer den oben genannten Gesellschaftsanteil nicht auf eigene Rechnung, sondern als Treuhänder für den abtretenden Kommanditisten erworben habe.
Mit Bescheid (nach § 200 Abs. 2 BAO) vom 17. März 1993 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 50,974.920,-- (Wert des Gesellschaftsanteils nach dem Einheitswertbescheid zum 1. Jänner 1988) dem Beschwerdeführer die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG in der Höhe von
S 1,019.498,-- vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer zunächst vor, er sei nicht mehr Kommanditist der in Rede stehenden KG. Er habe die Treuhandschaft aufgekündigt, und es sei handelsrechtlich und firmenbuchmäßig die Rückabwicklung durchgeführt worden. Wirtschaftlicher Eigentümer des Kommanditanteils sei auch in der Zeit der Treuhandschaft ausschließlich der Treugeber gewesen. Gemäß der zwingenden gesetzlichen Bestimmung des § 24 Abs. 1 lit. b BAO seien Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden seien, dem Treugeber zuzurechnen. Dies entspreche auch im vorliegenden Treuhandverhältnis absolut der wirtschaftlichen Realität, da der Beschwerdeführer ausschließlich über Verlangen und Ersuchen des Treugebers aus geschäftspolitischen Gründen formell nach außen als Kommanditist aufgeschienen sei. Die Treuhandschaft sei ausschließlich auf Verlangen und im Interesse des Treugebers eingerichtet gewesen.
Mit der Eingabe vom 16. April 1993 trat der Treugeber als bescheidmäßig nicht herangezogener Gesamtschuldner der Berufung gemäß § 257 BAO bei und machte geltend, der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Abtretungsvertrag werde wohl als solcher bezeichnet, stelle aber nicht die Abtretung von Kommanditanteilen dar, sondern die Abschichtung des ausscheidenden Kommanditisten mit gleichzeitigem Zuwachsen der Anteile an den einzig verbleibenden Kommanditisten, den Beschwerdeführer. Durch das Ausscheiden eines Gesellschafters einer KG und das Zuwachsen der Kommanditanteile an alle übrigen Gesellschafter würde kein gebührenrechtlicher Tatbestand erfüllt. Sollte wider Erwarten von einer Abtretung der Kommanditanteile ausgegangen werden, sei zur Bemessung der Gebühr nicht der Einheitswertanteil zum 1. Jänner 1988, sondern der anteilige Einheitswert zum 1. Jänner 1989 heranzuziehen gewesen. Die KG habe ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr und bilanziere jeweils zum 31. März. Mit Bilanzstichtag vom 31. März 1988 habe das zum Abtretungszeitpunkt September 1988 maßgebliche Betriebsvermögen für den Einheitswert zum 1. Jänner 1989 bereits festgestanden. Der Einheitswert zum 1. Jänner 1989 habe S 22,085.000,-- betragen. Überdies enthalte der Einheitswert der KG zum 1. Jänner 1988 ein Grundstück mit dem Wert von S 414.000,--. Dieses Betriebsgrundstück, das nur dem Treugeber als Sonderbetriebsvermögen zuzurechnen und keinesfalls dem Beschwerdeführer übertragen worden sei, sei aus dem Einheitswertanteil auszuscheiden.
Nach Abweisung der Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 27. Mai 1993 stellten der Beschwerdeführer und der beigetretene Gesamtschuldner mit getrennten Schriftsätzen den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es im wesentlichen, im Beschwerdefall sei der Geschäftsanteil der KG rechtsgeschäftlich übertragen worden. Dem Einwand des Beschwerdeführers, bei dem ausgeschiedenen Kommanditisten hätte eine Abschichtung vorgelegen, könne nicht gefolgt werden, da es sich auf Grund des Urkundeninhaltes eindeutig um eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Geschäftsanteiles gehandelt habe. Durch den Abtretungsvertrag vom 7. September 1988 sei der Beschwerdeführer Eigentümer des Geschäftsanteiles geworden und habe dadurch die Stellung eines Vollberechtigten erworben. Als Wert eines Gesellschaftsanteiles sei der im Verfahren über die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der Gesellschaft bestimmte anteilige Wert anzusetzen. Auf Änderungen im Betriebsvermögen der Gesellschaft, die zwischen dem Zeitpunkt der Einheitswertfeststellung und dem Zeitpunkt der Anteilsübertragung eingetreten seien, könne dabei nicht Rücksicht genommen werden. Desgleichen sei es unbeachtlich, ob ein abweichendes Wirtschaftsjahr bestehe. Wirtschaftsgüter, die nicht im Eigentum der Gesellschaft, sondern einzelner Gesellschafter stünden, würden dabei ausschließlich diesen Gesellschaftern zugerechnet werden und erhöhten deren Einheitswertanteil.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 27. September 1994, B 2109/93-10, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtfestsetzung einer Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG i.d.F. vor der Novelle BGBl. Nr. 629/1994 unterliegen Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, bei Überlassung eines Geschäftsanteils von einem Gesellschafter an einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 v.H. vom Entgelte, mindestens aber vom Werte des Gesellschaftsanteiles.
Mit den beiden Notariatsakten vom 7. September 1988 erfolgte die treuhändige Überlassung der Kommanditanteile des Treugebers an den Beschwerdeführer. Bei einer - wie im Beschwerdefall vorliegenden - sogenannten fiduziarischen Treuhand ist der Treuhänder nach außen hin unbeschränkter Eigentümer (Vollberechtigter), im Innenverhältnis hingegen dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, sein Eigentumsrecht (Vollrecht) im Interesse des Treugebers (oder eines anderen Begünstigten) auszuüben. Zwischen dem Dritten, demgegenüber der Treuhänder im eigenen Namen auftritt und dem Treugeber bestehen keine Rechtsbeziehungen. Obligatorische oder dingliche Rechte aus einem Rechtsgeschäft zwischen dem Treuhänder und dem Dritten treten zunächst nur in der Person des Treuhänders ein, der dann wiederum nach dem Innenverhältnis zum Treugeber verpflichtet sein mag, ihm die zunächst selbst im eigenen Namen erworbenen Rechte zu übertragen. Der Treuhänder übt eigene Rechte aus, er handelt im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, § 33 TP 16, 65 W/66 W).
Im Hinblick auf die dem Treuhänder mit der treuhändigen Übertragung eingeräumte rechtliche Gestaltungsmöglichkeit (Verfügungsmöglichkeit) hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch treuhändige Übertragungen von Geschäftsanteilen dem § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG zugeordnet (Erkenntnis vom 18. März 1982, Zl. 81/15/0071, samt weiterer Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer sieht darin einen Widerspruch zu § 24 Abs. 1 lit. b und c BAO, der wie folgt lautet:
"§ 24
(1) Für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter gelten bei der Erhebung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften:
...
b)
Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet.
c)
Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber erworben worden sind, werden dem Treugeber zugerechnet. ..."
Auf Grund dieser Zurechnungsregel sind im allgemeinen die treuhändig übertragenen oder treuhändig erworbenen Vermögenswerte nicht dem Treuhänder, sondern dem Treugeber zuzurechnen. Eine Voraussetzung dafür, daß die Zurechnungsregeln des § 24 Abs. 1 lit. b und c BAO nicht wirksam zu werden vermögen, kann in der Art der anzuwendenden Steuertatbestände liegen. Knüpfen die Tatbestände der Einzelsteuervorschriften nicht wirtschaftlich an, sondern werden Rechtsfolgen mit Erwerbsvorgängen, Rechtsverkehrsakten und Rechtsstellungen verbunden, die erkennbar bloß formal-rechtlich erfüllt sein müssen, um den entsprechenden Steuertatbeständen zu entsprechen, dann genügt die Treuhandstellung, der Treuhanderwerb und der vom Treuhänder bewirkte Verkehrsvorgang, um in der Sphäre des Treuhänders die entsprechenden Rechtswirkungen auszulösen und ihm die entsprechende Tatbestandsverwirklichung zuzurechnen (Stoll, BAO-Kommentar, § 24, 304). Dies trifft im Beschwerdefall hinsichtlich der (treuhändigen) Abtretung des Gesellschaftsanteiles zu, sodaß der behauptete Widerspruch zu § 24 BAO nicht vorliegt, weil der formal-rechtliche Tatbestand des § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG der Zurechnungsregel des § 24 BAO keinen Anwendungsraum läßt.
Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz fallen, sind gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen. Erkennbarer Sinn dieser Regelung ist in bezug auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Belastung desselben Rechtsvorganges mit dieser Steuer und der Rechtsgebühr zu vermeiden; diese Gesetzesstelle soll also eine Doppelbesteuerung identer Rechtsvorgänge vermeiden. Für die Anwendung der Abgrenzungsvorschrift des § 15 Abs. 3 GebG genügt es, daß das Rechtsgeschäft dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz unterliegt; es ist also nicht erforderlich, daß die Erbschafts- und Schenkungssteuer tatsächlich auch vorgeschrieben wurde. Die Frage, ob ein Rechtsgeschäft unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz fällt oder nicht, ist nach dessen Vorschriften und nicht nach dem GebG zu lösen (vgl. Erkenntnis vom 27. September 1990, Zlen. 89/16/0214, 0215).
Wenn nun der Beschwerdeführer behauptet, bei der im Beschwerdefall vorliegenden Treuhandverpflichtung habe es sich um ein "entgeltfremdes" Rechtsgeschäft gehandelt, vermag er damit selbst im Falle des Zutreffens dieser Behauptung aus der Bestimmung des § 15 Abs. 3 GebG nichts zu gewinnen, weil die Schenkung und freigebige Zuwendung jedenfalls die Bereicherungsabsicht zur Voraussetzung haben (vgl. z.B. Erkenntnis vom 24. Mai 1991, Zl. 89/16/0068). Daß dieser Umstand gegeben ist, wurde weder in der Beschwerde behauptet noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, sodaß das Rechtsgeschäft im Beschwerdefall schon deshalb keinesfalls dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz unterliegt.
Als Bemessungsgrundlage ist im Beschwerdefall unbestritten der anteilige Einheitswert heranzuziehen. Strittig dabei ist nur, daß nach Ansicht des Beschwerdeführers die Vermögenslage maßgebend sei, die dem Tag der Abtretung (7. September 1988) zeitlich am nächsten komme und entspreche. Dies wäre nicht der 1. Jänner 1988, sondern der 1. Jänner 1989 gewesen.
Als Wert des Gesellschaftsanteiles ist gemäß § 26 GebG i. V.m. § 1 Abs. 2 BewG der anteilige, zum vorhergehenden 1. Jänner festgestellte bzw. fortgeschriebene Einheitswert des Betriebsvermögens ohne Berücksichtigung des Umstandes anzusetzen, daß darin auch Anteile des Einheitswertes für Betriebsgrundstücke enthalten sind, weil im Falle der Überlassung eines Gesellschaftsanteiles nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG ein solcher Anteil als unteilbares Ganzes, also als "komplexes Recht" übertragen wird. Da als Wert eines Gesellschaftsanteiles im Sinne des § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG gemäß § 26 GebG i.V.m. § 1 Abs. 2 BewG der im Verfahren über die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der Gesellschaft gemäß § 186 Abs. 3 BAO bestimmte anteilige Wert anzusetzen ist, kann auf Änderungen im Betriebsvermögen der Gesellschaft, die zwischen dem Zeitpunkt, auf den der Einheitswert festgestellt wurde, und dem Zeitpunkt der Anteilsübertragung eingetreten sind, nicht Rücksicht genommen werden (vgl. Erkenntnis vom 29. Jänner 1990, Zl. 87/15/0137).
Dem Beschwerdevorbringen steht demnach die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wobei die Beschwerdeausführungen keinen Anlaß bieten, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den anteiligen Einheitswert zum 1. Jänner 1988 als Bemessungsgrundlage herangezogen.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ist mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos geworden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994160238.X00Im RIS seit
14.01.2002