TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/31 94/01/0463

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Veröffentlicht am 31.05.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §14 Abs1 Z1;
AsylG 1991 §19 Abs1 Z3;
AsylG 1991 §3;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
VwGG §26 Abs1 Z1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §61 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in M, geboren am 2. August 1950, alias M, geboren am 25. Juli 1950, alias A, geboren am 2. August 1950, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Jänner 1994, Zl. 4.334.512/11-III/13/93, betreffend Wiederaufnahme eines Asylverfahrens und Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Jänner 1994 wurde das mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. September 1993 abgeschlossene Verfahren betreffend Asylgewährung gemäß § 69 Abs. 3 AVG von Amts wegen wiederaufgenommen, die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. Februar 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der früheren SFRJ", der am 28. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 29. Jänner 1992 unter dem Namen M, geboren am 25. Juli 1950, den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewährt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Mit Bescheid vom 27. Februar 1992 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich aufgrund des Asylgesetzes (1968) festgestellt, daß der (damals unter dem Namen M, geboren am 25. Juli 1950, aufgetretene) Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention i.d.F. des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht erfüllt. Die dagegen gleichfalls unter dem Namen M erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Juli 1992 für den als M bezeichneten Berufungswerber abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hob aufgrund einer, gleichfalls unter dem Namen M gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 21. April 1993, Zl. 92/01/0983, diesen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Mit Bescheid vom 14. September 1993 hat der Bundesminister für Inneres schließlich der Berufung der als M bezeichneten Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und ausgesprochen, daß Österreich dieser gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 Asyl gewähre.

Am 15. November 1993 langte beim Bundesminister für Inneres ein Bericht der Bundespolizeidirektion Wien (datiert mit 10. November 1993) ein, worin mitgeteilt wurde, daß identische Fingerabdrücke hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers einliegen würden, die unter dem Nationale I, geboren am 2. August 1950 in K, am 22. Februar 1973 wegen Raubes aufgenommen worden seien. Weiters wurde in diesem Bericht mitgeteilt, daß laut einem Erlaß vom 3. Juli 1973 die Person des Beschwerdeführers unter dem Nationale A, geboren am 2. August 1950 in K, Eltern: R und C, feststehe.

Die belangte Behörde erließ daraufhin den angefochtenen Bescheid vom 11. Jänner 1994 an "Herrn A, 2.8.1950 geb., alias M, 25.7.1950 geb., alias I, 2.8.1950 geb.".

Der Beschwerdeführer führt zunächst aus, es sei richtig, daß er im Verfahren betreffend seinen Asylantrag unter falschem Namen, nämlich dem des Mannes seiner Schwester "M", aufgetreten sei. Er habe sich diesbezüglich in einer "Notstandssituation" befunden, weil er über keine Personalpapiere verfügt habe und vom "Flüchtlingsreferat" dahingehend belehrt worden sei, daß er mit seiner sofortigen Abschiebung zu rechnen hätte. Die Papiere des Schwagers seien dem Beschwerdeführer von seiner Schwester zugänglich gemacht worden.

Im Zuge ergänzender Ermittlungen des Verwaltungsgerichtshofes ist außerdem hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer bereits unter dem Namen "M" einen Verfahrenshilfeantrag für ein Beschwerdeverfahren gegen den angefochtenen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof gestellt hat, welchem stattgegeben worden ist.

Aufgrund der Beschwerdeausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof trotz des vorgenommenen Namenswechsels zwischen dem Antrag auf Verfahrenshilfe und der Beschwerdeführung von der Identität jener Person, die den Verfahrenshilfeantrag stellte und jener, für die die Beschwerde eingebracht wurde, aus, sodaß die vom Verfahrenshelfer für I eingebrachte Beschwerde nicht verspätet ist.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen unter der Voraussetzung des Abs. 1 verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.

In der Begründung geht die belangte Behörde u.a. davon aus, daß sich der Beschwerdeführer den Bescheid vom 14. September 1993 durch objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung für die Behörde mit Irreführungsabsicht erschlichen habe und diese unrichtigen Angaben dann dem Bescheid vom 14. September 1993 zugrunde gelegt worden seien. Es sei erwiesen, daß der Beschwerdeführer seinen Asylantrag unter Angabe falscher persönlicher Daten gestellt habe. Dies sei ohne Zweifel zu dem Zweck erfolgt, die Behörde dadurch in die Irre zu führen und so zu einem positiven Ergebnis im Asylverfahren zu gelangen. Die Verschleierung der wahren Identität des Beschwerdeführers lasse außerdem erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens im Asylverfahren aufkommen. Die belangte Behörde verwies auf die im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme am 4. Februar 1992 aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers, wonach dieser nie zuvor im Ausland gewesen sei, anderseits jedoch auf die vom Beschwerdeführer abgenommenen Fingerabdrücke durch die Bundespolizeidirektion Wien am 2. März 1973. Es sei daher davon auszugehen, daß das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers auf die Gewährung von Asyl abgezielt habe, jedoch in keiner Weise mit dem in seiner Heimat Erlebten übereinstimme.

Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, er habe die "unrichtigen Personalien" nicht wegen der erlittenen Vorstrafe verwendet. Er besitze keine Unterlagen mehr über die zu 15 Monaten Freiheitsstrafe erfolgte Verurteilung durch das Landesgericht Wien und habe diese Strafe, die im übrigen schon getilgt sei, verbüßt. Diese Strafe dürfe ihm daher nicht zum Nachteil gereichen.

Mit diesem Vorbringen bestätigt der Beschwerdeführer die bewußte Verwendung eines falschen Namens, übersieht jedoch, daß dieses Vorbringen nicht geeignet ist, den Vorwurf der belangten Behörde, daß er sich durch falsche Angaben zur Person, aber auch damit zusammenhängend durch falsche Angaben betreffend seinen Lebenslauf bewußt einen Vorteil, nämlich die Gewährung von Asyl, verschaffen wollte, zu entkräften, wobei durch die belangte Behörde gar nicht auf die erfolgte strafrechtliche Verurteilung durch das Landesgericht Wien abgestellt wurde. Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, den zur Rechtfertigung einer von Amts wegen erfolgten Wiederaufnahme herangezogenen Annahmen der belangten Behörde mit Erfolg entgegenzutreten.

Der Beschwerdeführer rügt offenbar zur erfolgten Abweisung der Berufung die Aktenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde ihm, wenngleich unter einem falschen Namen, die Flüchtlingseigenschaft bereits mit Bescheid vom 14. September 1993 zuerkannt habe.

Der Beschwerdeführer übersieht jedoch in diesem Zusammenhang, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits im Zeitpunkt der Erlassung (Zustellung) der Bewilligung (Verfügung) der Wiederaufnahme der vorangegangene, das Verwaltungsverfahren abschließende Bescheid außer Kraft tritt (vgl. u.a. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 616 unter E. 1 zu § 70 AVG wiedergegebene Judikatur). Durch die Verfügung der Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Z. 1 AVG ist daher der die Gewährung von Asyl verfügende Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 1993 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Die belangte Behörde hatte daher neuerlich über den Berufungsantrag des Beschwerdeführers zu entscheiden, wobei der Beschwerdeführer den Annahmen der belangten Behörde, sein gesamtes Vorbringen im Verwaltungsverfahren sei infolge der hervorgekommenen neuen Tatsachen unglaubwürdig, nicht entgegengetreten ist.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994010463.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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