TE Bvwg Erkenntnis 2024/2/1 W168 2255180-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2024
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Entscheidungsdatum

01.02.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W168 2255180-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2022, Zl. 1282629301/211144841, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.11.2023 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2022, Zl. 1282629301/211144841, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.11.2023 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs.1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz , AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG), nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.Verfahrensgang:römisch eins.Verfahrensgang:

1. Der 26-jährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Syriens arabischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitisch-moslemischen Glaubens, stammt XXXX einer Stadt im Gouvernement Deir ez Zor südlich von Deir ez Zor westlich des Euphrats im Gebiet des syrischen Regimes gelegen. 1. Der 26-jährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Syriens arabischer Volksgruppenzugehörigkeit und sunnitisch-moslemischen Glaubens, stammt römisch 40 einer Stadt im Gouvernement Deir ez Zor südlich von Deir ez Zor westlich des Euphrats im Gebiet des syrischen Regimes gelegen.

Von dort kommend reiste der BF im Jahr 2016 in die Türkei, wo er etwa 2 Jahre verbrachte. Anschließend reiste er nach Griechenland, wo er sich etwa einen Monat aufhielt, und weiter über Albanien und den Kosovo nach Serbien, wo er ca. 8 Monate aufhältig war, ehe er über Ungarn schlepperunterstützt für ca. 6.200.- € nach Österreich gelangte.

Der BF reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.08.2021 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF bei der Erstbefragung aus, dass er wegen des Krieges aus Syrien ausgereist sei. Er sei zum syrischen und kurdischen Militär einberufen worden. Sei rechtes Bein sei bei einer Bombenexplosion verletzt worden und er könne in Syrien nicht mehr leben. Andere Gründe habe er nicht. Im Fall der Rückkehr fürchte er den Tod, weil er ein Fahnenflüchtiger sei. Er hätte einen Einberufungsbefehl zu erwarten.

Der sichergestellte syrische Personalausweis erwies sich als Totalfälschung.

2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 28.09.2021 unter Beiziehung eines Dolmetschers, gegen den der BF auf Nachfrage keine Einwände vorbrachte, führte der BF aus, bei der Ersteinvernahme wegen der Schmerzen infolge seiner Unfallverletzung in Ungarn trotz Verlangen keine Schmerzmedikamente vom Behördenorgan bekommen zu haben und dass daher Abweichungen in seinen Angaben möglich seien. Er legte eine Überweisung vom 01.09.2021 in ein österreichisches Krankenhaus wegen „Z.n. nach Autounfall im Juni 2021 mit traumatischer Gesichtsverletzung mit Deformierung im OK, Sehstörung linkes Auge“ vor, dazu einen fragmentarischen Ambulanzbericht ohne genaue Diagnose sowie eine Kopie der ersten Seite eines syrischen Reisepasses. Er werde nach seinen Angaben mit Cephalobene 1000mg, Gentax Augentropfen, Pantaloc 20 mg, Teagelan 500 mg behandelt. Das Militärbuch, seine Heiratsurkunde und das Familienbuch sowie der Reisepass befänden sich in Syrien, wo er verfolgt werde. Seine Familienangehörigen würden bis auf einen Bruder, welcher in der Türkei aufhältig sei, im Heimatort leben. Auf dem Weg nach Österreich habe er am 01.02.2021 durch seine bevollmächtigten Eltern eine Ehe geschlossen, er sei damals schon in Serbien gewesen. Die Frau kenne er schon seit ca.5 Jahren, Kinder habe er nicht. Er habe nach zwölfjährigem Schulbesuch 2 Jahre an der technischen Universität in Deir ez Zor studiert und dies 2017 beendet. Er habe sich dann im wehrpflichtigen Alter befunden und sich im Kurdengebiet aufgehalten, damit er nicht zum syrischen Militär eingezogen würde. 2017 sei er bei einer Bombardierung in Deir ez Zor durch eine Rakete am Fuß verletzt worden. Syrien habe er am 29.04.2017 oder 2018 verlassen, seine diesbezüglichen Angaben bei der Erstbefragung seien total falsch, er habe sich infolge des erst kurz zurückliegenden Unfalls nicht erinnern können. Er sei illegal aus Syrien ausgereist und habe sich 2 Jahre in der Türkei aufgehalten. Er habe sich direkt nach der Beendigung seines Studiums entschlossen, Syrien zu verlassen. Auf die Frage, ob er in Syrien inhaftiert gewesen sei oder Probleme mit den Behörden gehabt habe, brachte er vor, nur wegen des Militärdienstes. Haftbefehle bzw. aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen gebe es nur wegen des Wehrdienstes vom Regime und den Kurden. Er sei nie politisch tätig gewesen und auch nicht Mitglied einer politischen Partei gewesen und habe auch keine Probleme wegen seiner Religion oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt und auch keine Probleme mit Privatpersonen. Als Fluchtgrund brachte er auf Befragen vor, dass er auf keinen Fall seinen Wehrdienst habe machen wollen, nachdem er im letzten Universitätsjahr alle Prüfungen negativ abgeschlossen habe, hätte es keine Möglichkeit mehr gegeben, seinen Militärdienst zu verschieben. Außerdem habe er seine Familie als Ältester finanziell unterstützen müssen. Er habe immer Gelegenheitsjobs neben dem Studium gehabt und das Geld weitergegeben. Auf Befragen bejahte er, gegenwärtig angesichts seines Gesundheitszustandes untauglich zu sein. Der Arzt habe ihm gesagt, dass er in Österreich nicht arbeitsfähig sei. Man würde ihn (in Syrien) nicht an die Front schicken, aber ihn inhaftieren, weil er geflüchtet sei. Zur Frage, wann und warum er im Gefängnis gewesen sei, brachte der BF vor, am 03.02.2012 für 2 Monate inhaftiert worden zu sein, weil er mit anderen Leuten auf einer Demonstration gewesen und von der Polizei festgenommen worden sei. Nach der telefonischen Mitteilung über das baldige Ergehen eines Einberufungsbefehls habe er das Land sofort verlassen. Mit Islamisten habe er keinen Kontakt gehabt. Im Fall der Rückkehr befürchte er seine sofortige Inhaftierung. Er sei bislang in Österreich nie verurteilt worden. Abschließend wies er darauf hin, bei der Erstbefragung gesundheitlich in einem schlechten Zustand gewesen zu sein, falls es Abweichungen bei einem Datum gebe. Den Dolmetscher habe er nun sehr gut versanden und sich auch konzentrieren können. Auf die Länderberichte in deutscher Sprache verzichtete er und bestätigte die Vollständigkeit und Richtigkeit der Niederschrift nach Rückübersetzung.

Am 21.10.2021 legte der BF das Familienregister, die Heiratsurkunde und das Familienbuch aus Syrien in Kopie vor, den Reisepass und das Militärbuch jedoch nicht.

Schließlich legte der BF nach seiner Zulassung zum Asylverfahren am 15.12.2021 auch die Originale der Familienurkunden, sein Militärbuch, seinen von 09.09.2018 bis 08.09.2020 gültig gewesenen syrischen Reisepass und den Personalausweis beim BFA vor. Der vorgelegten Übersetzung seines am 24.02.2015 ausgestellten Militärbuches ist ein Aufschub bis 15.03.2016 infolge des Besuchs der Mittelschule für den BF vermerkt, jedoch kein weiterer wegen eines Studiums.

Die Untersuchung des vorgelegten syrischen Reisepasses ergab zwar keine Hinweise auf Verfälschungen, allerdings fehlen darin einige Merkmale, welche üblicherweise darin enthalten sind.

Im Zuge der ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme am 21.03.2022 beim BFA gab er auf Befragen zusammengefasst an, dass seine Frau bei seiner Familie in Damaskus lebe. Auf Befragen brachte er vor, dass alle seine Dokumente von seinem Vater in Syrien besorgt worden seien, auch sein Reisepass. Befragt, warum er sich nach zweijährigem Aufenthalt in der Türkei nicht vom Wehrdienst freigekauft habe, brachte der BF vor, kein Geld an die Regierung zahlen zu wollen. Er wolle auf keinen Fall zum Militär, er wolle niemanden töten und habe Angst, getötet zu werden. Zum Vorhalt, dass er nach eigenen Aussagen im gegenwärtigen (Gesundheits)Zustand nicht militärtauglich sei, bestritt er, dies gesagt zu haben. Seine Hände würden nicht funktionieren. Zum vorgelegten Personalausweis gab er auf Vorhalt an, dass es sich dabei um keine Fälschung, sondern um eine Kopie handle, was er damals auch gesagt habe. Dem vorgelegten Befund eines österreichischen Krankenhauses vom 02.02.2022 ist als Diagnose „Posttraumatische Gesichtsasymmetrie links, V.a. Kiefergelenkankylose bds., Hebungseinschränkung li, ger. Abduktionseinschr.“ sowie eine medikamentöse Behandlung nach Operation (am 25.01.2022: Narbenlösung enoral, Metallentfernung Mittelgesicht und Reposition Fragment Jochbein) nach Gesichtsverletzung im September 2021 zu entnehmen. Auf Nachfrage zum Ausreisedatum aus Syrien, legte sich der BF auf das Jahr 2017 fest. Sein Heimatort werde von der Regierung kontrolliert, seine Eltern würden dort leben. Abschließend brachte er vor, in Österreich arbeiten zu wollen, weil der die Medikamente selbst zahlen müsse und auch nicht alles essen könne.Im Zuge der ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme am 21.03.2022 beim BFA gab er auf Befragen zusammengefasst an, dass seine Frau bei seiner Familie in Damaskus lebe. Auf Befragen brachte er vor, dass alle seine Dokumente von seinem Vater in Syrien besorgt worden seien, auch sein Reisepass. Befragt, warum er sich nach zweijährigem Aufenthalt in der Türkei nicht vom Wehrdienst freigekauft habe, brachte der BF vor, kein Geld an die Regierung zahlen zu wollen. Er wolle auf keinen Fall zum Militär, er wolle niemanden töten und habe Angst, getötet zu werden. Zum Vorhalt, dass er nach eigenen Aussagen im gegenwärtigen (Gesundheits)Zustand nicht militärtauglich sei, bestritt er, dies gesagt zu haben. Seine Hände würden nicht funktionieren. Zum vorgelegten Personalausweis gab er auf Vorhalt an, dass es sich dabei um keine Fälschung, sondern um eine Kopie handle, was er damals auch gesagt habe. Dem vorgelegten Befund eines österreichischen Krankenhauses vom 02.02.2022 ist als Diagnose „Posttraumatische Gesichtsasymmetrie links, römisch fünf.a. Kiefergelenkankylose bds., Hebungseinschränkung li, ger. Abduktionseinschr.“ sowie eine medikamentöse Behandlung nach Operation (am 25.01.2022: Narbenlösung enoral, Metallentfernung Mittelgesicht und Reposition Fragment Jochbein) nach Gesichtsverletzung im September 2021 zu entnehmen. Auf Nachfrage zum Ausreisedatum aus Syrien, legte sich der BF auf das Jahr 2017 fest. Sein Heimatort werde von der Regierung kontrolliert, seine Eltern würden dort leben. Abschließend brachte er vor, in Österreich arbeiten zu wollen, weil der die Medikamente selbst zahlen müsse und auch nicht alles essen könne.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde dem BF für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 3. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde dem BF für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF in Syrien nach 12-jährigem Schulbesuch bis 2017 für 2 Jahre die technische Universität in Deir ez Zor besucht habe und sich nach seiner Ausreise mehr als 3 Jahre in der Türkei und weitere acht Monate in Serbien aufgehalten habe. Nach einem Unfall in Ungarn habe er traumatische Gesichtsverletzungen inklusive einer Sehstörung am linken Auge davongetragen, welche mehrere operative Eingriffe erfordern würden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF Syrien nach einem Einberufungsbefehl verlassen habe. Der BF sei ab 03.02.2012 für zwei Monate wegen der Teilnahme an einer Demonstration in Haft gewesen. Aktuell bestünden keinen Fahndungsmaßnahmen und der BF habe keine Probleme mit den Behörden. Er sei in Syrien weder vorbestraft, noch politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen, habe weder auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, Religion oder mit Privatpersonen Probleme gehabt und auch nicht an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen. Beweiswürdigend ging die Behörde zusammengefasst davon aus, dass nicht nach dem BF gefahndet werde und er auch keine Probleme mit den Behörden habe, zumal Wehrdienstverweigerung nach den aktuellen Länderberichten nicht unbedingt als oppositionsnahe gesehen werde und er sonst die vorgelegten Dokumente nicht erhalten hätte. Seine Wehrtauglichkeit sei angesichts seines gegenwärtigen Zustandes unwahrscheinlich, sodass vor dem Hintergrund der Länderberichte entweder eine Befreiung vom Militärdienst oder Tätigkeiten ohne Kampfausbildung zu erwarten wären. Der BF selbst habe sich am 28.09.2021 als untauglich eingeschätzt bzw. dass er nach der Einschätzung eines österreichischen Arztes arbeitsunfähig sei. Der BF erwarte danach zwar nicht an die Front geschickt, jedoch infolge seiner Flucht inhaftiert zu werden. Am 21.03.2022 habe der BF bestritten, dies gesagt zu haben. Überdies stehe ihm als seit mehr als zwei Jahren in der Türkei aufhältigen Syrer die Möglichkeit offen, sich vom Wehrdienst freizukaufen, was der BF jedoch ablehne, weil er dem Regime kein Geld zahlen wolle. Im Fall des BF wäre Wehrdienstverweigerung also nicht das einzig mögliche Mittel gewesen, um dem verpflichtenden Militärdienst in Syrien zu begegnen. Eine Rekrutierung durch kurdische Einheiten sei nach Einsichtnahme in die elektronische Syrienkarte (syria.liveuamap.com/de) nicht ersichtlich, zumal sein Heimatort aktuell unter der Kontrolle der Regierung stehe. Zu seiner zweimonatigen Inhaftierung im Jahr 2012 wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen sei darauf zu verweisen, dass er noch weitere 5 Jahre bis zur Ausreise in Syrien problemlos verbracht habe. Andere asylrelevante Umstände habe der BF auf Befragen ausdrücklich verneint. Zum Gebiet von Deir ez Zor wurde ausgeführt, dass es als Kerngebiet der IS-Aktivität in Syrien gelte, vor allem die Gebiete im Süden von Bosaira in Richtung Diban (BBC 27.10.2019). Das Tal des Mittleren Euphrat und die Wüstengebiete im Gouvernement Deir ez Zor würden als IS-Unterstützungsgebiet beschrieben, das seine Mitglieder nutzen könnten, um Sicherheitsoperationen zu umgehen und Waffen, Ausrüstung und Personl über die syrisch-irakische Grenze zu bringen (USDOS 03.11.2020). Der sogenannte IS nutze die Gebiete in der syrischen Wüste im Gouvernement Deir ez Zor als sicheren Zufluchtsort und als Basis für Angriffe auf die Streitkräfte der Regierung und die Syrien Democratic Forces (SDF) (UNSC 03.02.2021; vgl. AM 29.12.2021) sowie auf iranische Milizen und russische Streitkräfte, auch wurde von Angriffen auf Arbeiter der Ölfelder in Deir ez Zor berichtet (AM 29.12.2021). Eine Verfolgungsgefährdung des BF sei nicht glaubwürdig, da sich schon die sonst geltend gemachten Umstände massiv unschlüssig darstellen würden und sein Vorbringen auch vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht überzeugend gewesen sei, zumal er die Möglichkeit habe, sich vom Militärdienst freizukaufen. Auf Grund der allgemeinen schlechten Sicherheitslage in Syrien sei dem BF eine Rückkehr in den Herkunftsstaat derzeit jedoch nicht zumutbar, weshalb ihm subsidiärer Schutz zu erteilen gewesen sei.Begründend wurde ausgeführt, dass der BF in Syrien nach 12-jährigem Schulbesuch bis 2017 für 2 Jahre die technische Universität in Deir ez Zor besucht habe und sich nach seiner Ausreise mehr als 3 Jahre in der Türkei und weitere acht Monate in Serbien aufgehalten habe. Nach einem Unfall in Ungarn habe er traumatische Gesichtsverletzungen inklusive einer Sehstörung am linken Auge davongetragen, welche mehrere operative Eingriffe erfordern würden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF Syrien nach einem Einberufungsbefehl verlassen habe. Der BF sei ab 03.02.2012 für zwei Monate wegen der Teilnahme an einer Demonstration in Haft gewesen. Aktuell bestünden keinen Fahndungsmaßnahmen und der BF habe keine Probleme mit den Behörden. Er sei in Syrien weder vorbestraft, noch politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen, habe weder auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, Religion oder mit Privatpersonen Probleme gehabt und auch nicht an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen. Beweiswürdigend ging die Behörde zusammengefasst davon aus, dass nicht nach dem BF gefahndet werde und er auch keine Probleme mit den Behörden habe, zumal Wehrdienstverweigerung nach den aktuellen Länderberichten nicht unbedingt als oppositionsnahe gesehen werde und er sonst die vorgelegten Dokumente nicht erhalten hätte. Seine Wehrtauglichkeit sei angesichts seines gegenwärtigen Zustandes unwahrscheinlich, sodass vor dem Hintergrund der Länderberichte entweder eine Befreiung vom Militärdienst oder Tätigkeiten ohne Kampfausbildung zu erwarten wären. Der BF selbst habe sich am 28.09.2021 als untauglich eingeschätzt bzw. dass er nach der Einschätzung eines österreichischen Arztes arbeitsunfähig sei. Der BF erwarte danach zwar nicht an die Front geschickt, jedoch infolge seiner Flucht inhaftiert zu werden. Am 21.03.2022 habe der BF bestritten, dies gesagt zu haben. Überdies stehe ihm als seit mehr als zwei Jahren in der Türkei aufhältigen Syrer die Möglichkeit offen, sich vom Wehrdienst freizukaufen, was der BF jedoch ablehne, weil er dem Regime kein Geld zahlen wolle. Im Fall des BF wäre Wehrdienstverweigerung also nicht das einzig mögliche Mittel gewesen, um dem verpflichtenden Militärdienst in Syrien zu begegnen. Eine Rekrutierung durch kurdische Einheiten sei nach Einsichtnahme in die elektronische Syrienkarte (syria.liveuamap.com/de) nicht ersichtlich, zumal sein Heimatort aktuell unter der Kontrolle der Regierung stehe. Zu seiner zweimonatigen Inhaftierung im Jahr 2012 wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen sei darauf zu verweisen, dass er noch weitere 5 Jahre bis zur Ausreise in Syrien problemlos verbracht habe. Andere asylrelevante Umstände habe der BF auf Befragen ausdrücklich verneint. Zum Gebiet von Deir ez Zor wurde ausgeführt, dass es als Kerngebiet der IS-Aktivität in Syrien gelte, vor allem die Gebiete im Süden von Bosaira in Richtung Diban (BBC 27.10.2019). Das Tal des Mittleren Euphrat und die Wüstengebiete im Gouvernement Deir ez Zor würden als IS-Unterstützungsgebiet beschrieben, das seine Mitglieder nutzen könnten, um Sicherheitsoperationen zu umgehen und Waffen, Ausrüstung und Personl über die syrisch-irakische Grenze zu bringen (USDOS 03.11.2020). Der sogenannte IS nutze die Gebiete in der syrischen Wüste im Gouvernement Deir ez Zor als sicheren Zufluchtsort und als Basis für Angriffe auf die Streitkräfte der Regierung und die Syrien Democratic Forces (SDF) (UNSC 03.02.2021; vergleiche AM 29.12.2021) sowie auf iranische Milizen und russische Streitkräfte, auch wurde von Angriffen auf Arbeiter der Ölfelder in Deir ez Zor berichtet (AM 29.12.2021). Eine Verfolgungsgefährdung des BF sei nicht glaubwürdig, da sich schon die sonst geltend gemachten Umstände massiv unschlüssig darstellen würden und sein Vorbringen auch vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht überzeugend gewesen sei, zumal er die Möglichkeit habe, sich vom Militärdienst freizukaufen. Auf Grund der allgemeinen schlechten Sicherheitslage in Syrien sei dem BF eine Rückkehr in den Herkunftsstaat derzeit jedoch nicht zumutbar, weshalb ihm subsidiärer Schutz zu erteilen gewesen sei.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF durch seinen Vertreter fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass der BF am 03.12.2012 für zwei Monate auf Grund der Teilnahme an Demonstrationen inhaftiert worden sei. Den Militärdienst habe er nicht abgeleistet. Er sei in den kurdischen Bereich gegangen, weil er durch eine Rakete am Fuß verletzt worden sei. Im Jahr 2017 sei er illegal in die Türkei geflüchtet. Er könne nicht zurückkehren, weil er zum Militärdienst durch die syrische Regierung einberufen bzw. von den Kurden rekrutiert werden würde. Der BF wolle keine Waffen tragen und nicht an Kampfhandlungen teilnehmen. Er wolle niemanden töten und auch selbst nicht getötet werden. Im Fall der Rückkehr würde er verhaftet werden, das Regime würde ihn als Verräter betrachten. Als Deserteur drohe im jedenfalls eine Verfolgung durch den syrischen Staat. Auch wegen seines Asylantrags in Österreich habe er damit zu rechnen, wegen unterstellter regimekritischer Haltung ins Visier der syrischen Behörden zu geraten. Das BFA habe weder die dem BF drohende Zwangsrekrutierung noch seine Verfolgung wegen Desertion, Flucht und Asylantragstellung entsprechend berücksichtigt. Beantragt werde ua. eine mündliche Verhandlung. Angeschlossen waren Kopien syrischer Dokumente, ua. das Militärbuch des BF.4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der BF durch seinen Vertreter fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass der BF am 03.12.2012 für zwei Monate auf Grund der Teilnahme an Demonstrationen inhaftiert worden sei. Den Militärdienst habe er nicht abgeleistet. Er sei in den kurdischen Bereich gegangen, weil er durch eine Rakete am Fuß verletzt worden sei. Im Jahr 2017 sei er illegal in die Türkei geflüchtet. Er könne nicht zurückkehren, weil er zum Militärdienst durch die syrische Regierung einberufen bzw. von den Kurden rekrutiert werden würde. Der BF wolle keine Waffen tragen und nicht an Kampfhandlungen teilnehmen. Er wolle niemanden töten und auch selbst nicht getötet werden. Im Fall der Rückkehr würde er verhaftet werden, das Regime würde ihn als Verräter betrachten. Als Deserteur drohe im jedenfalls eine Verfolgung durch den syrischen Staat. Auch wegen seines Asylantrags in Österreich habe er damit zu rechnen, wegen unterstellter regimekritischer Haltung ins Visier der syrischen Behörden zu geraten. Das BFA habe weder die dem BF drohende Zwangsrekrutierung noch seine Verfolgung wegen Desertion, Flucht und Asylantragstellung entsprechend berücksichtigt. Beantragt werde ua. eine mündliche Verhandlung. Angeschlossen waren Kopien syrischer Dokumente, ua. das Militärbuch des BF.

5. Am 30.11.2023 fand beim BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache statt, bei welcher dem BF im Beisein seines Vertreters Gelegenheit gegeben wurde, die aus seiner Sicht gegen die angefochtene Entscheidung sprechenden Gründe vorzubringen. Dabei legte der BF Schriftstücke vom 12.05.2022 in arabischer Sprache samt Übersetzung vor, wonach er in Syrien seit 2019 polizeilich gesucht werde, weil er nicht zum Militärdienst in seinem Heimatort erschienen sei.

6. In der Stellungnahme vom 07.12.2023 führte der Vertreter des BF zusammengefasst aus, dass der BF Syrien verlassen habe, um sich dem Militärdienst zu entziehen, weil er das syrische Regime als verbrecherisch betrachte und sich nicht daran beteiligen wolle, noch andere töten oder selbst getötet werden wolle. Darüber hinaus sei er wegen der Teilnahme an Demonstrationen sogar inhaftiert worden. Der BF habe beim BVwG dargetan, dass er sich bewusst gegen jegliche Unterstützung des syrischen Regimes entschieden habe und sich moralisch dazu verpflichtet erachte, es finanziell nicht zu unterstützen. Die Berichtslage dazu, ob die Zahlung der Befreiungsgebühr in der Praxis tatsächlich anerkannt werde, sei uneinheitlich. Der BF lehne es auf Grund seiner politischen Gesinnung jedoch ab, das syrische Regime und die ihr zurechenbaren massiven Menschenrechtsverletzungen durch die Zahlung der Gebühr zu unterstützen, sodass ihm Rekrutierung bzw. exzessive Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung drohe. Zusätzlich seien sein Auslandsaufenthalt sowie die Asylantragstellung als Handlungen zu betrachten, welche zur Unterstellung einer oppositionellen politischen Gesinnung seitens des syrischen Regimes führen würden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF und zu dessen Fluchtvorbringen:

Der 26 - jährige Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur sunnitisch-islamischen Glaubensgemeinschaft.

Der BF stammt aus XXXX im Gouvernement Deir ez Zor.Der BF stammt aus römisch 40 im Gouvernement Deir ez Zor.

Der Herkunftsort des BF steht aktuell unter der Kontrolle der syrischen Regierung, bzw. des syrischen Militärs.

Der BF stellte am 16.08.2021 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid vom 14.04.2022 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG 2005 zuerkannt und der BF erhob gegen die ausgesprochene Nichtzuerkennung des Status eines Schutzberechtigten gem. § 3 AsylG 2005 Beschwerde an das BVwG. Mit Bescheid vom 14.04.2022 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. Paragraph 8, AsylG 2005 zuerkannt und der BF erhob gegen die ausgesprochene Nichtzuerkennung des Status eines Schutzberechtigten gem. Paragraph 3, AsylG 2005 Beschwerde an das BVwG.

Der BF befindet sich im wehrpflichtigen Alter und grundsätzlich in einem wehrpflichttauglichen Gesundheitszustand.

Der BF hat seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet.

Festgestellt wird, dass in Syrien ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren besteht. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren zum Wehrdienst eingezogen werden.

Der Beschwerdeführer hat insgesamt glaubhaft angegeben, den Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht leisten zu wollen, bzw. sich der Ableistung des Wehrdienstes bei der syrischen Armee durch die Ausreise vor dessen Einberufung entzogen zu haben und auch die Befreiungsgebühr nicht leisten zu wollen.

Dass dem BF zuletzt noch Wehrdienstaufschub gewährt worden wäre, ist sämtlichen Vorbringen des BF nicht zu entnehmen. Von der Gewährung eines Aufschubes ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht auszugehen, zumal der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen keine relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat und auch kein Student mehr ist.

Die syrische Regierung betrachtet Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern uU. auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen „terroristische“ Bedrohungen zu schützen.

Im Falle einer Rückkehr besteht für den BF aufgrund der derzeitigen allgemeinen Situation in seiner Heimatregion, aktuell eine unmittelbar konkrete Gefahr, zum syrischen Militärdienst eingezogen zu werden, bzw. aufgrund seiner Entziehung vom Wehrdienst einer verfahrensrelevanten Bestrafung ausgesetzt zu sein.

Im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz besteht für den Beschwerdeführer mit verfahrensmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr bereits bei der Einreise verhaftet und zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden, was er ablehnt. Im Falle einer Weigerung würde er zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden, die mit Folter oder dem sofortigen Einzug zum Wehrdienst einhergehen können.

Der BF ist im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt mit verfahrensmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmittelbar konkret und persönlich aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte dem angefochtenen Bescheid folgende Länderfeststellungen zu Grunde (gekürzt durch das BVwG):

Politische Lage

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 25.2.2019). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, repressivem Zwang, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Obwohl das Regime oft als alawitisch und als Beschützer anderer religiöser Minderheiten bezeichnet wird, ist die Regierung kein wirkliches Instrument für die politischen Interessen der Minderheiten (FH 3.4.2020).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba?ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die syrische Verfassung sieht die Ba?ath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 30.3.2021). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten der Regierung Assads entwickeln könnten. Ausländische Akteure wie Russland, der Iran und die libanesische schiitische Miliz Hizbollah üben aufgrund ihrer Beteiligung am Krieg und ihrer materiellen Unterstützung für die Regierung ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den vom Regime kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten wird die zivile Politik häufig den von der Türkei unterstützten bewaffneten Gruppen untergeordnet. Die PYD dominierte politisch sowohl die Araber als auch die Kurden in den kurdischen Gebieten, während die USA dort militärisch präsent waren. Der Abzug der USA im Oktober 2019 und der anschließende Einmarsch der türkischen Streitkräfte hat der Türkei seitdem die Möglichkeit gegeben, stattdessen mehr Einfluss auszuüben (FH 4.3.2020).

Territorien

Durch massive syrische und russische Luftangriffe und das Eingreifen Irans bzw. durch Iran unterstützter Milizen hat das syrische Regime mittlerweile alle Landesteile außer Teile des Nordwestens, Nordens und Nordostens von der bewaffneten Opposition zurückerobert. Die Anzahl der Kampfhandlungen ist nach Rückeroberung weiter Landesteile zurückgegangen, jedoch besteht die Absicht des syrischen Regimes, das gesamte Staatsgebiet zurückerobern und "terroristische" Kräfte vernichten zu wollen, unverändert fort. Zuletzt erklärte Assad im August 2020 bei einer Rede vor dem syrischen Parlament die "Befreiung" aller syrischen Gebiete zum prioritären Ziel. Trotz der großen Gebietsgewinne durch das Regime besteht die Fragmentierung des Landes in Gebiete, in denen die territoriale Kontrolle von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt wird, fort. Dies gilt insbesondere für den Nordwesten und Nordosten des Landes (AA 4.12.2020). [Anm.: Nähere Informationen finden sich im Kapitel "Sicherheitslage".] Die Präsenz ausländischer Streitkräfte, die ihren politischen Willen geltend machen, untergräbt weiterhin die staatliche Souveränität, und Zusammenstöße zwischen bewaffneten regimefreundlichen Gruppen deuten darauf hin, dass die Regierung nicht in der Lage ist, die Akteure vor Ort zu kontrollieren. Darüber hinaus hat eine aufstrebende Klasse wohlhabender Kriegsprofiteure begonnen, ihren wirtschaftlichen Einfluss und den Einfluss von ihnen finanzierter Milizen zu nutzen, und innerhalb der staatlichen Strukturen nach legitimen Positionen zu streben (BS 29.4.2020).

Durch die Eskalation des Syrien-Konfliktes verlagerte sich die Macht zu regieren in den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten zunehmend auf die Sicherheitskräfte. In Gebieten außerhalb der Kontrolle der Regierung ist dies nicht anders. Extremistische Rebellengruppierungen, darunter vor allem Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), haben die Vorherrschaft in Idlib. Lokalräte werden von militärischen Einheiten beherrscht, die momentan unter der Kontrolle von HTS stehen. In den kurdischen Gebieten in Nordsyrien dominiert die Partei der Demokratischen Union (PYD). Obwohl es Lippenbekenntnisse zur Integration arabischer Vertreter in Raqqa und Deir ez-Zour gibt, ist die Dominanz der PYD bei der Entscheidungsfindung offensichtlich. Die PYD hat zwar eine Reihe von Verwaltungsorganen auf verschiedenen Ebenen eingerichtet, es ist jedoch ein kompliziertes System mit sich überschneidenden Zuständigkeiten, das es für die Bürger schwierig macht, sich an der Politik zu beteiligen, wenn sie nicht bereits in die Parteikader integriert sind (BS 29.4.2020). Die PYD [ihrerseits nicht von EU oder USA verboten, Anm.] gilt als syrischer Ableger der verbotenen türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) (KAS 4.12.2018a).

Der sogenannte Islamische Staat (IS) wurde im März 2019 aus seinem Gebiet in Syrien zurückgedrängt, nachdem kurdische Kräfte seine letzte Hochburg erobert hatten (FH 4.3.2020). Im Nordosten aber auch in anderen Teilen des Landes verlegt sich der IS verstärkt auf Methoden der asymmetrischen Kriegsführung. Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).

Nordost-Syrien

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der PKK, deren Mitglieder die PYD gründeten, gekommen sein. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine "zweite Front" in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba?ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrin, Ain al-Arab (Kobane) und die Jazira von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017). Im März 2016 wurde in dem Gebiet, das zuvor unter dem Namen "Rojava" bekannt war, die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte (SWP 7.2018; vgl. KAS 4.12.2018a). Afrin im Nordwesten Syriens wird von der Türkei und alliierten syrischen oppositionellen Milizen kontrolliert (BBC 28.4.2020).2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der PKK, deren Mitglieder die PYD gründeten, gekommen sein. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine "zweite Front" in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba?ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrin, Ain al-Arab (Kobane) und die Jazira von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017). Im März 2016 wurde in dem Gebiet, das zuvor unter dem Namen "Rojava" bekannt war, die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte (SWP 7.2018; vergleiche KAS 4.12.2018a). Afrin im Nordwesten Syriens wird von der Türkei und alliierten syrischen oppositionellen Milizen kontrolliert (BBC 28.4.2020).

Die syrischen Kurden unter Führung der PYD beanspruchen in den Selbstverwaltungskantonen ein Gesellschaftsprojekt aufzubauen, das von basisdemokratischen Ideen, von Geschlechtergerechtigkeit, Ökologie und Inklusion von Minderheiten geleitet ist. Während Befürworter das syrisch-kurdische Gesellschaftsprojekt als Chance für eine künftige demokratische Struktur Syriens sehen, betrachten Kritiker es als realitätsfremd und autoritär (KAS 4.12.2018a). Das Ziel der PYD ist nicht die Gründung eines kurdischen Staates in Syrien, sondern die Autonomie der kurdischen Kantone als Bestandteil eines neuen, demokratischen und dezentralen Syriens (KAS 4.12.2018a; vgl. BS 29.4.2020). Die PYD hat sich in den kurdisch kontrollierten Gebieten als die mächtigste politische Partei im sogenannten Kurdischen Nationalrat etabliert, ähnlich der hegemonialen Rolle der Ba?ath-Partei in der Nationalen Front (BS 2018). Die PYD kontrollierte im Allgemeinen die politische und staatliche Landschaft in Nordostsyrien, während sie eine arabische Vertretung in den lokalen Regierungsräten zuließ. Die Partei behielt jedoch die Gesamtkontrolle über kritische Entscheidungen der lokalen Räte. Der PYD nahestehende interne Sicherheitskräfte haben Berichten zufolge zeitweise vermeintliche Gegner festgenommen und verschwinden lassen (USDOS 30.3.2021). Ihr militärischer Arm, die YPG sind zudem die dominierende Kraft innerhalb des Militärbündnisses Syrian Democratic Forces (SDF). Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Flüchtlingswelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet "belohnt" zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018a).Die syrischen Kurden unter Führung der PYD beanspruchen in den Selbstverwaltungskantonen ein Gesellschaftsprojekt aufzubauen, das von basisdemokratischen Ideen, von Geschlechtergerechtigkeit, Ökologie und Inklusion von Minderheiten geleitet ist. Während Befürworter das syrisch-kurdische Gesellschaftsprojekt als Chance für eine künftige demokratische Struktur Syriens sehen, betrachten Kritiker es als realitätsfremd und autoritär (KAS 4.12.2018a). Das Ziel der PYD ist nicht die Gründung eines kurdischen Staates in Syrien, sondern die Autonomie der kurdischen Kantone als Bestandteil eines neuen, demokratischen und dezentralen Syriens (KAS 4.12.2018a; vergleiche BS 29.4.2020). Die PYD hat sich in den kurdisch kontrollierten Gebieten als die mächtigste politische Partei im sogenannten Kurdischen Nationalrat etabliert, ähnlich der hegemonialen Rolle der Ba?ath-Partei in der Nationalen Front (BS 2018). Die PYD kontrollierte im Allgemeinen die politische und staatliche Landschaft in Nordostsyrien, während sie eine arabische Vertretung in den lokalen Regierungsräten zuließ. Die Partei behielt jedoch die Gesamtkontrolle über kritische Entscheidungen der lokalen Räte. Der PYD nahestehende interne Sicherheitskräfte haben Berichten zufolge zeitweise vermeintliche Gegner festgenommen und verschwinden lassen (USDOS 30.3.2021). Ihr militärischer Arm, die YPG sind zudem die dominierende Kraft innerhalb des Militärbündnisses Syrian Democratic Forces (SDF). Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Flüchtlingswelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet "belohnt" zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018a).

Die syrische Regierung erkennt die kurdische Enklave oder Wahlen, die in diesem Gebiet durchgeführt werden, nicht an (USDOS 30.3.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung (Syrian Democratic Council; politischer Arm der SDF) und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren. Die Zusammenarbeit auf technischer Ebene resp. der Güteraustausch (Raffinierung/Kauf von Erdöl; Aufkauf von Weizen) hat sich auch verkompliziert (ÖB 1.10.2021). Im Zuge einer türkischen Militäroffensive, die im Oktober 2019 gestartet wurde, kam es jedoch zu einer Einigung zwischen beiden Seiten, da die kurdischen Sicherheitskräfte die syrische Zentralregierung um Unterstützung in der Verteidigung der kurdisch kontrollierten Gebiete baten. Die syrische Regierung ist daraufhin in mehrere Grenzstädte eingerückt (DS 15.10.2019).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen der Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der Democratic Union Party (PYD), die die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist und aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Sicherheitslage
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Dynamiken, wie durch die letzte türkischen Offensive im Nordosten ausgelöst, verlässliche grundsätzliche Aussagen resp. die Einschätzung von Trends schwierig machen. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB 1.10.2021).

Die folgende Karte zeigt Kontrollgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien mit Stand 17.1.2022:

[…]

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018b). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt (Reuters 13.4.2016). Durch massive syrische und russische Luftangriffe und das Eingreifen Irans bzw. durch von Iran unterstützte Milizen hat das syrische Regime mittlerweile alle Landesteile außer Teile des Nordwestens, Nordens und Nordostens von der bewaffneten Opposition zurückerobert. Trotz weitreichender militärischer Erfolge des syrischen Regimes und seiner Unterstützer sind Teile Syriens noch immer von Kampfhandlungen betroffen. Seit März 2020 sind Kampfhandlungen reduziert, dauern jedoch in mehreren Frontgebieten nach wie vor an (AA 4.12.2020). Das Wiederaufflammen der Kämpfe und die Rückkehr der Gewalt in den letzten Monaten geben laut UNHRC (UN Human Rights Council) jedoch Anlass zur Sorge. Kämpfe und Gewalt nahmen im Berichtszeitraum 1.7.2020-30.6.2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021).

Mittlerweile leben 66% der Bevölkerung wieder in den von der Regierung kontrollierten Territorien (ÖB 1.10.2021). Die faktische Ausübung der Kontrolle durch das syrische Regime unterscheidet sich stark von Gebiet zu Gebiet. Die verbleibenden Gebiete, die keiner oder nur teilweiser Kontrolle des syrischen Regimes unterliegen: Im Nordwesten werden Teile der Gouvernements Lattakia, Idlib und Aleppo durch die von den Vereinten Nationen als Terrororganisation eingestufte bewaffnete Oppositionsgruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) sowie Türkei-nahe bewaffnete Gruppierungen kontrolliert. Gebiete im Norden und Nordosten entlang der Grenze zur Türkei werden durch die Türkei und ihr nahestehende bewaffnete Gruppierungen kontrolliert. Weitere Gebiete in Nord- und Nordost-Syrien werden durch die kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces (SDF) sowie punktuell durch das syrische Regime kontrolliert. Das Assad-Regime hat wiederholt öffentlich erklärt, dass die militärische Rückeroberung des gesamten Staatsgebietes weiterhin sein erklärtes Ziel sei (AA 4.12.2020).

Die Konfliktintensität hat weiter abgenommen; die Sicherheitslage stellt sich jedoch nach wie vor volatil und instabil dar. Dies trifft auch auf die von der Regierung kontrollierten (ÖB 1.10.2021) bzw. für vermeintlich friedlichere Landesteile im äußersten Westen Syriens sowie die Hauptstadt Damaskus zu (AA 19.5.2020). Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden (AA 4.12.2020).

43% der besiedelten Gebiete Syriens gelten als mit Minen und Fundmunition kontaminiert. Die Großstädte Aleppo, Raqqa, Homs, Dara‘a und Deir ez-Zour sowie zahlreiche Vororte von Damaskus sind hiervon nach wie vor besonders stark betroffen (AA 4.12.2020). Es kommt immer wieder zu Zwischenfällen mit derartigen Hinterlassenschaften des bewaffneten Konfliktes (DIS/DRC 2.2019). An Orten wie den Provinzen Aleppo, Dara'a, dem Umland von Damaskus, Idlib, Raqqa und Deir ez-Zour führt die Explosionsgefahr zu Verletzungen und Todesfällen. Sie schränkt den sicheren Zugang zu Dienstleistungen ein und behindert die Bereitstellung humanitärer Hilfe. Mit Stand Juni 2020 leben 11,5 Millionen Menschen in den 2.562 Gemeinden, die in den letzten zwei Jahren von einer Kontamination durch Minen und explosive Hinterlassenschaften des Konflikts berichtet haben (UNMAS 6.2020).

Der sogenannte Islamische Staat (IS) kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen Syrian Democratic Forces (SDF) erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem U.S.-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Der IS ist zwar zerschlagen, verfügt aber noch immer über militärische Einheiten, die sich in den Wüstengebieten Syriens und des Irak versteckt halten (DZ 24.3.2019), und ist im Untergrund aktiv (AA 4.12.2020). Nach dem Verlust der territorialen Kontrolle verlagerte der IS seine Strategie hin zu aufständischen Methoden, wie gezielte Angriffe, u.a. Autobomben, Überfälle, und Attentate (DIS 29.6.2020). Schläferzellen des IS sind sowohl im Irak als auch in Syrien weiterhin aktiv (FAZ 10.3.2019), sowohl in syrischen Städten als auch in ländlichen Gebieten, besonders in den von der Regierung kontrollierten Gebieten (DIS 29.6.2020). Im Untergrund sollen mehr als 20.000 IS-Kämpfer auf eine Gelegenheit zur Rückkehr warten (FAZ 22.3.2019). Generell nimmt die Präsenz des IS in Syrien wieder zu, auch in Landesteilen unter Regimekontrolle. Es sind zuletzt Berichte über Anschläge in Damaskus, Idlib, Homs sowie dem Süden und Südwesten des Landes und der zentralsyrischen Wüste bekannt geworden. Der Schwerpunkt der Anschläge liegt im Nordosten des Landes (AA 4.12.2020). Mitte 2020 gehörten zu den Zielpersonen des IS vor allem lokale Behörden und Personen, die mit den Behörden, Kräften und Gruppen, die gegen den IS kämpfen, zusammenarbeiten oder als mit ihnen kooperierend wahrgenommen werden (DIS 29.6.2020). Der IS profitierte von einem Sicherheitsvakuum, das dadurch entstand, dass die verschiedenen militärischen Kräfte ihre Aktivitäten aufgrund der COVID-19-Pandemie reduzierten (USDOS 30.3.2021).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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