Entscheidungsdatum
25.06.2024Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W114 2289728-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Arabische Republik Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Wr. Neustadt, vom 26.01.2024, Zl. 1346815702/230590180, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.05.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörigkeit Arabische Republik Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Wr. Neustadt, vom 26.01.2024, Zl. 1346815702/230590180, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.05.2024 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.römisch eins. Die Beschwerde hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Arabische Republik Syrien zuerkannt.römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, Asylgesetz 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Arabische Republik Syrien zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX ab dem Tag der Zustellung dieses Erkenntnisses eine auf 1 Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigtem erteilt.römisch III. Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, Asylgesetz 2005 wird römisch 40 ab dem Tag der Zustellung dieses Erkenntnisses eine auf 1 Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigtem erteilt.
IV. Die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.römisch IV. Die Spruchpunkte römisch III. bis römisch VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. XXXX , geboren am XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, ein Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet in Österreich am 21.03.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.1. römisch 40 , geboren am römisch 40 , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, ein Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet in Österreich am 21.03.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. In der Erstbefragung am 21.03.2023 gab er an, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Muslim zu sein. Er sei am XXXX in Dar?? in Syrien geboren und verheiratet. Er habe zwölf Jahre lang eine Schule besucht und eine zweijährige Ausbildung zum Buchhalter abgeschlossen. Seine Eltern, sein jüngerer Bruder und zwei Schwestern befänden sich in Syrien. Sein älterer Bruder lebe bereits in Österreich und verfüge seit dem Jahr 2020 über den Status des Asylberechtigten. Als Wohnsitzadresse in Syrien nannte er Dar??.2. In der Erstbefragung am 21.03.2023 gab er an, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Muslim zu sein. Er sei am römisch 40 in Dar?? in Syrien geboren und verheiratet. Er habe zwölf Jahre lang eine Schule besucht und eine zweijährige Ausbildung zum Buchhalter abgeschlossen. Seine Eltern, sein jüngerer Bruder und zwei Schwestern befänden sich in Syrien. Sein älterer Bruder lebe bereits in Österreich und verfüge seit dem Jahr 2020 über den Status des Asylberechtigten. Als Wohnsitzadresse in Syrien nannte er Dar??.
Er habe Anfang November 2022 die Entscheidung getroffen, Syrien zu verlassen und sei am 15.11.2022 zu Fuß in die Türkei aufgebrochen. Dort habe er ca. vier Monate zugebracht. In dieser Zeit sei ihm sein Reisepass gestohlen worden.
Er sei schlepperunterstützt über ihm unbekannte Länder nach Österreich gekommen, wofür er einen Betrag in Höhe von USD 4.000.-- bezahlt habe. Er habe sich für Österreich entschieden, weil sein älterer Bruder hier leben würde.
Zu seinen Gründen, warum er Syrien verlassen habe, führte er aus, dass er zum Militärdienst hätte einrücken müssen. Er lehne aber den Dienst an der Waffe ab. Bei einer Rückkehr nach Syrien fürchte er sich vor dem Militärgericht, das ihn zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilen würde.
3. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 11.01.2024 wies er sich durch seinen syrischen Personalausweis aus. Zusätzlich legte er sein syrisches Wehrdienstbuch vor. Aus diesem ergibt sich, dass ihm zuletzt ein Aufschub hinsichtlich der Ableistung seines syrischen Wehrdienstes bis zum 15.03 2023 gewährt worden ist.
Im weiteren Verlauf der Einvernahme bestätigte er zunächst seine Angaben aus der Erstbefragung und korrigierte lediglich, dass er nicht verheiratet sei. Befragt zu den Gründen, warum er sein Heimatland verlassen habe, wiederholte er seine Aussage aus der Erstbefragung, wonach er den Militärdienst ablehne. Weitere Gründe habe er nicht. Er wisse auch, dass er sich vom Militärdienst freikaufen könne, solange er sich im Ausland aufhalte. Er wolle aber nicht nach Syrien zurückkehren und diese Befreiungsgebühr auch nicht zahlen.
4. Mit Bescheid des BFA vom 26.01.2024, Zl. 1346815702/230590180, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Im Weiteren wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).4. Mit Bescheid des BFA vom 26.01.2024, Zl. 1346815702/230590180, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch II.) abgewiesen. Gemäß Paragraph 57, AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß Paragraph 46, FPG nach Syrien zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Im Weiteren wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend wurde im Wesentlichsten zusammenfassend in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung oder eine wohlbegründete Furcht vor einer Verfolgung im Sinne der GFK nicht glaubhaft habe machen können. Aufgrund seines Auslandsaufenthalts bestehe für den Beschwerdeführer die legale Möglichkeit, sich durch Leistung einer Kompensationszahlung bzw. eines Wehrersatzgeldes (badal an-naqdi) vom Militärdienst befreien zu lassen. Der Beschwerdeführer könne seine Heimatregion über einen nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergang sicher erreichen. Zudem würde die Sicherheits- und Versorgungslage in seiner Heimatprovinz Dar?? keine reale Gefahr oder ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit darstellen. Da in Österreich kein Familienleben bestehe, werde mit der Rückkehrentscheidung auch nicht unverhältnismäßig in das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers eingegriffen.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 07.02.2024 durch persönliche Übernahme zugestellt.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF, nunmehr vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, im Weiteren: BBU, mit Schriftsatz vom 01.03.2024 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
In dieser Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bislang noch keinerlei Wehrdienst in Syrien abgeleistet habe. Da er im wehrpflichtigen Alter sei, drohe ihm die Einberufung zum Wehrdienst beim syrischen Assad-Militär. Er wolle sich aber nicht am syrischen Bürgerkrieg beteiligen. Es sei davon auszugehen, dass er zur Beteiligung an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gezwungen wäre. Bei einer Weigerung drohe ihm eine Verfolgung und unverhältnismäßige Strafen bis hin zu seiner Hinrichtung. Er lehne auch den Freikauf von der Wehrpflicht ab, da er dem syrischen Regime nicht traue. Zudem wolle er das syrische Regime nicht finanziell unterstützen.
Auch wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien und der Asylantragstellung im Ausland drohe ihm eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit wegen einer ihm vom syrischen Regime zumindest unterstellten oppositionellen Gesinnung. Darüber hinaus drohe ihm wegen der Familienangehörigenschaft zu seinem Bruder in Verbindung mit der Asylantragstellung eine Reflexverfolgung.
Neben der Verfolgung durch den syrischen Staat würde der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Syrien aufgrund der schlechten Sicherheits- und Versorgungslage in eine ausweglose Lage kommen. Dem Beschwerdeführer drohe damit auch eine Verletzung seiner nach Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte, da er in eine existenzielle Notlage geraten würde und er die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens nicht befriedigen könnte. Neben der Verfolgung durch den syrischen Staat würde der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Syrien aufgrund der schlechten Sicherheits- und Versorgungslage in eine ausweglose Lage kommen. Dem Beschwerdeführer drohe damit auch eine Verletzung seiner nach Artikel 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte, da er in eine existenzielle Notlage geraten würde und er die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens nicht befriedigen könnte.
In dieser Beschwerde wurde auch ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung gestellt.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem BVwG am 12.03.2024, mit Schreiben des BFA vom 04.03.2024, zur Entscheidung vorgelegt.
7. Mit der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 02.05.2024 zur GZ W114 2288172-1/3Z, wurde eine umfangreiche Liste von aktuellen Dokumenten, die damit in das verfahrensgegenständliche Beschwerdeverfahren eingebracht wurden, zum Parteiengehör übermittelt. In der Ladung wurde auch darauf hingewiesen, dass erforderlichenfalls diese Dokumente auch beim BVwG bezogen werden könnten. Das BFA und der vertretene BF verzichteten auf eine Zurverfügungstellung von einzelnen Dokumenten.
8. Am 27.03.2024 erschien eine Version 11 des Länderinformationsblattes der BFA-Staatendokumentation zur Arabischen Republik Syrien, die sich von der Version 10 nur in einem einzigen Kapitel unterscheidet, wobei die Unterschiede nur zwei Sätze betreffen. Darauf wurde vom erkennenden Gericht in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auch hingewiesen.
9. Weder das BFA noch der BF oder seine Rechtsvertretung haben vor der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 02.05.2024 zum vom BVwG ins Beschwerdeverfahren eingebrachten Länderinformationsmaterial eine Stellungnahme abgegeben.
10. Am 02.05.2024 fand in Abwesenheit eines Vertreters des BFA im BVwG eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer hinsichtlich der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit seiner von ihm behaupteten Fluchtgründe und einer allenfalls daraus sich ergebenden Verfolgungsgefahr befragt wurde.
Insbesondere wurde der BF dabei nochmals auf die ihm bereits bekannte Möglichkeit hingewiesen, dass er als ein in der Republik Österreich aufhaltender Syrer sich von seiner Verpflichtung zur Ableistung des Militärdienstes in der syrischen Assad-Armee freikaufen könne. Dazu wies der BF hin, dass er nach wie vor nicht bereit sei, eine Kompensationszahlung zu leisten. Er wolle das verbrecherische Assad-Regime nicht unterstützen.
Bezüglich der noch in der Beschwerde behaupteten Reflexverfolgung gestand der Beschwerdeführer ein, davon nicht betroffen zu sein.
Von einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses wurde im Anschluss an die Beschwerdeverhandlung Abstand genommen, jedoch die mündliche Verhandlung als auch das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt.
II. Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht:römisch II. Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz des BF vom 21.03.2023, der diesbezüglichen Erstbefragung am 21.03.2023 und der Einvernahme des BF vor dem BFA am 11.01.2024, den vom BF vor dem BFA vorgelegten syrischen Dokumenten, des angefochtenen Bescheides des BFA vom 26.01.2024, Zl. 1346815702/230590180, der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom 01.03.2024, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verfahrensunterlagen des BFA, einer Berücksichtigung folgender Dokumente, Berichte und Anfragenbeantwortungen:
? UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der arabischen Republik Syrien fliehen vom März 2021;
? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien „Fragen des BVwG zu Rückkehrern nach Syrien“ vom 14.10.2022;
? ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: ecoi.net-Themendossier zu Syrien: Wehrdienst, 16. Jänner 2024;
? EUAA Country Guidance Syria, April 2024;
? derzeit aktuellstes Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024 (aus dem COI-CMS – Version 11) (LIB);
und einer Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers und das Grundversorgungsregister und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der am 02.05.2024 im BVwG durchgeführten Beschwerdeverhandlung bzw. des persönlichen Eindruckes, den sich das erkennende Gericht in dieser mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer verschaffen konnte, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in der Gouvernementshauptstadt Dar?? des gleichnamigen Gouvernements in Syrien geboren. Er ist syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist aktuell mit XXXX Jahren bereits volljährig, ledig und hat keine Kinder. Sein älterer Bruder XXXX befindet sich ebenfalls in Österreich und verfügt in Österreich über den Status des Asylberechtigten in Bezug auf seinen Heimatstaat Arabische Republik Syrien. Seine Eltern und weitere Geschwister befinden sich in Syrien.Der Beschwerdeführer wurde am römisch 40 in der Gouvernementshauptstadt Dar?? des gleichnamigen Gouvernements in Syrien geboren. Er ist syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist aktuell mit römisch 40 Jahren bereits volljährig, ledig und hat keine Kinder. Sein älterer Bruder römisch 40 befindet sich ebenfalls in Österreich und verfügt in Österreich über den Status des Asylberechtigten in Bezug auf seinen Heimatstaat Arabische Republik Syrien. Seine Eltern und weitere Geschwister befinden sich in Syrien.
Der Beschwerdeführer stammt aus der Stadt Nawa, die sich ca. 40 km nördlich der Gouvernementshauptstadt Dar?? befindet.
Nawa, der syrische Herkunftsort des Beschwerdeführers im Gouvernement Dar?? wird aktuell von der syrischen Regierung kontrolliert.
Der Beschwerdeführer besuchte zwölf Jahre lang die Schule. Nach der Matura absolvierte er erfolgreich einen Studienlehrgang zum Buchhalter. In dieser Zeit arbeitete er auch in einem Schlachthaus.
Der Beschwerdeführer hat seinen Heimatort am 15.11.2022 verlassen und hielt sich ca. vier Monate lang in der Türkei auf, ehe er im März 2023 schlepperunterstützt bis nach Österreich weiterreiste, wo er am 21.03.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Nach eigenen Angaben betrugen die Schlepperkosten dieser Reise USD 4.000.--.
Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig und strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Der Beschwerdeführer hat Syrien zu einem Zeitpunkt verlassen, als er bereits volljährig und wehrpflichtig war. Der zwischenzeitig XXXX jährige Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht abgeleistet. Er erhielt aber ein Militär- bzw. Wehrdienstbuch. In diesem Wehrdienstbuch ist zuletzt ein Aufschub bis zum 15.03.2023 eingetragen. Der Beschwerdeführer hat keinen Einberufungsbefehl bekommen, weil er sich spätestens seit Ende des Jahres 2022 außerhalb Syriens aufhielt und damit bereits vor Ablauf des Wehrdienstaufschubs Syrien verließ.1.2.1. Der Beschwerdeführer hat Syrien zu einem Zeitpunkt verlassen, als er bereits volljährig und wehrpflichtig war. Der zwischenzeitig römisch 40 jährige Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht abgeleistet. Er erhielt aber ein Militär- bzw. Wehrdienstbuch. In diesem Wehrdienstbuch ist zuletzt ein Aufschub bis zum 15.03.2023 eingetragen. Der Beschwerdeführer hat keinen Einberufungsbefehl bekommen, weil er sich spätestens seit Ende des Jahres 2022 außerhalb Syriens aufhielt und damit bereits vor Ablauf des Wehrdienstaufschubs Syrien verließ.
1.2.2. Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes in der syrisch-arabischen Armee (SAA) des syrischen Regimes gesetzlich verpflichtend. Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, unterliegen dieser Wehrpflicht und müssen, wenn sie einen Wehrdienst in der SAA verweigern, mit Zwangsrekrutierung rechnen. Für im Ausland lebende Syrer, wie der Beschwerdeführer, besteht jedoch die Möglichkeit sich durch eine zeitlich gestaffelte Gebühr von der Ableistung des Wehrdienstes zu befreien. Der Beschwerdeführer hat bis dato (noch) keine Befreiungsgebühr geleistet.
1.2.3. Der Beschwerdeführer hat auch keine als oppositionell anzusehenden Handlungen gesetzt, die ihn mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit als Regimegegner ins Blickfeld des syrischen Regimes gebracht haben.
Das syrische Regime unterstellt dem Beschwerdeführer wegen der mit seiner Flucht verbundenen Entziehung vom Wehrdienst oder einer künftigen Verweigerung der Ableistung eines Wehrdienstes auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine politische oder oppositionelle Gesinnung, die trotz allfälliger Leistung einer Befreiungsgebühr von der Wehrpflicht zu einer Zwangsrekrutierung führen könnte. Darüber hinaus unterstellen die syrischen Behörden nicht sämtlichen Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, eine oppositionelle politische Gesinnung. Es haben sich im Fall des Beschwerdeführers auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben.
1.2.4. Der Beschwerdeführer weist keine für einen neutralen Betrachter nach außen hin erkennbare oppositionelle Gesinnung gegenüber der syrischen Regierung auf und war weder in der Vergangenheit, noch ist er aktuell politisch aktiv.
1.2.5. Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien besteht für den Beschwerdeführer zwar die Gefahr, zum Wehrdienst in der syrischen Armee eingezogen oder vom syrischen Regime deswegen verfolgt zu werden. Der BF hat jedoch als bereits als seit mehr als einem Jahr in Österreich sich aufhaltender Mann bzw. als Mann, der bereits seit Ende des Jahres 2022 nicht mehr in Syrien war, die Möglichkeit durch Zahlung einer Befreiungsgebühr sich davon so weit zu befreien, dass diese Gefahr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.
1.2.6. Dem BF droht in Syrien auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung auf Grund seiner ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, wegen seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung.
1.2.7. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien weder aufgrund seiner Ausreise, seiner Herkunft aus einem ehemals oppositionellem Gebiet, der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich oder aufgrund seiner Konfession eine Verfolgungsgefahr.
1.2.8. Der BF kann jedoch infolge der derzeit in Syrien herrschenden wirtschaftlichen, politischen und sozialen Gegebenheiten (Näheres dazu unter dem Kapitel: 1.3. „Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat“) derzeit nicht nach Syrien zurückkehren. Im Falle einer derzeitigen Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Der BF liefe derzeit im Falle einer Rückkehr nach Syrien - unabhängig von einer bestimmten Provinz oder Stadt in Syrien - Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.1.2.8. Der BF kann jedoch infolge der derzeit in Syrien herrschenden wirtschaftlichen, politischen und sozialen Gegebenheiten (Näheres dazu unter dem Kapitel: 1.3. „Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat“) derzeit nicht nach Syrien zurückkehren. Im Falle einer derzeitigen Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem ein reales Risiko einer Verletzung der Artikel 2, oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Der BF liefe derzeit im Falle einer Rückkehr nach Syrien - unabhängig von einer bestimmten Provinz oder Stadt in Syrien - Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2024:
„[…]
Politische Lage:
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018).
Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.08.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.05.2022).
Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates