TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/26 W187 2287895-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2024
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Entscheidungsdatum

26.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W187 2287895-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.1.2024, 1332100705/223507069, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über die Beschwerde des römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.1.2024, 1332100705/223507069, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang

1.1 Der Beschwerdeführer stellte am XXXX in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am XXXX wurde er von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab an, er sei am XXXX in „ XXXX “ (auf der Karte: XXXX ) in der Verwaltungsprovinz XXXX geboren, syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Moslem. Seinen Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer wegen seiner Zwangsrekrutierung verlassen.1.1 Der Beschwerdeführer stellte am römisch 40 in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am römisch 40 wurde er von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab an, er sei am römisch 40 in „ römisch 40 “ (auf der Karte: römisch 40 ) in der Verwaltungsprovinz römisch 40 geboren, syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Moslem. Seinen Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer wegen seiner Zwangsrekrutierung verlassen.

1.2 Am 31.10.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass ihm in Syrien die Einberufung zum Militär durch das syrische Regime oder die kurdischen Milizen drohe. Er wolle unter keinen Umständen eine Waffe tragen und keinen Menschen Gewalt antuen. Dem Beschwerdeführer wurde eine Äußerung zu den Länderinformationen binnen zwei Wochen freigestellt.

1.3 Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.1.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien gemäß § 8 Abs 1 zuerkannt (Spruchpunkt II.). Es wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsdauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).1.3 Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.1.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.) und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien gemäß Paragraph 8, Absatz eins, zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Es wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsdauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

1.4 Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher im Wesentlichen dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurde.1.4 Gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher im Wesentlichen dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurde.

1.5 Am 26.02.2024 wurde die Beschwerde inklusive der mit ihr in Bezug stehende Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

1.6 Am 5.6.2024 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung durch. Sie hatte folgenden Verlauf:

„…

Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?

Beschwerdeführer: Ich bin am XXXX in einem Ort namens XXXX im Gouvernment XXXX geboren.Beschwerdeführer: Ich bin am römisch 40 in einem Ort namens römisch 40 im Gouvernment römisch 40 geboren.

Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?

Beschwerdeführer: Arabisch kann ich nur in Wort und Schrift. Ich spreche minimal Deutsch.

Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.

Beschwerdeführer: Sunnitischer Moslem. Araber. Ledig.

Richter: Haben Sie Kinder?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Können Sie bitte soweit wie möglich chronologisch angeben, wann und wo Sie sich in Syrien aufgehalten haben.

Beschwerdeführer: Ich habe mein ganzes Leben in meinem Heimatdorf verbracht, von meiner Geburt an bis zu meiner Ausreise.

Richter: Wie haben Sie in Syrien gewohnt?

Beschwerdeführer: Bevor ich zum Militärdienst einberufen wurde, habe ich ein normales Leben geführt, das man normal bezeichnen kann an den Zuständen in Syrien gemessen, ich meine damit den Mangel an Sicherheit. Nach meiner Einberufung zum Militärdienst war ich fast gefangen zu Hause. Ich konnte nicht einmal meine Schule normal besuchen. Ich musste mich für längere Zeit verstecken.

Richter: Was haben Sie in Syrien gemacht, gearbeitet, gelernt oder etwas Anderes?

Beschwerdeführer: Ich habe innerhalb von zehn Jahren nur acht Schulklassen absolvieren können, da der Krieg die Schulbesuche massiv gestört hat. Ich habe in einer Bäckerei gearbeitet, ich habe Brot gebacken, ich war Arbeiter.

Richter: Welche Schulbildung haben Sie erhalten?

Beschwerdeführer: Ich habe bei uns in Syrien die neunte Schulklasse absolviert und das ist in Syrien eine wichtige Zwischenstufe.

Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?

Beschwerdeführer: Meine Eltern und meine Geschwister leben im Heimatdorf. Mein Vater hat ein Textilgeschäft, von dem er lebt. Mein Bruder, der drei Jahre jünger als ich ist, ist seit drei Jahren verschwunden. Keiner weiß, wo er ist und ob er noch am Leben ist.

Richter: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Onkel)?

Beschwerdeführer: Ja. Manchmal.

Richter: Haben Sie in Syrien weitere Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen wie zB Freunde und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?

Beschwerdeführer: Mein Heimatort besteht aus einer großen Familie. Dementsprechend sind meine Schulfreunde auch meine Verwandte. Ich habe noch Bekannte und Freunde, die noch unten in Syrien sind.

Richter: Wollen Ihre Eltern und Geschwister auch nach Österreich kommen?

Beschwerdeführer: Nein. Absolut nicht.

Richter: Wer beherrschte Ihre Heimatregion zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise?

Beschwerdeführer: Die Kurden.

Richter: Wer beherrscht Ihre Heimatregion jetzt?

Beschwerdeführer: Die Kurden.

Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien politisch betätigt?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Waren Sie oder ein Familienmitglied in Syrien Mitglied einer politischen Partei?

Beschwerdeführer: Niemand.

Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien religiös betätigt?

Beschwerdeführer: Nein. Es sind normale friedliche Menschen.

Richter: Haben Sie oder ein Familienmitglied sich in Syrien an Demonstrationen beteiligt?

Beschwerdeführer: Ja. Es bis XXXX haben sich manche Mitglieder meiner Familie an Demonstrationen beteiligt. Danach herrschten viele unterschiedliche Milizen. Das Demonstrieren war nicht mehr möglich.Beschwerdeführer: Ja. Es bis römisch 40 haben sich manche Mitglieder meiner Familie an Demonstrationen beteiligt. Danach herrschten viele unterschiedliche Milizen. Das Demonstrieren war nicht mehr möglich.

Richter: Sind Sie in Syrien vorbestraft?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Waren Sie in Syrien in Haft?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme mit Behörden?

Beschwerdeführer: Nein. Ich kann nicht in Kontakt mit Behörden kommen.

Richter: Bestehen gegen Sie in Syrien Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief oder Ähnliches?

Beschwerdeführer: Es besteht ein Einberufungsbefehl.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wegen Ihrer Religion?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wegen Ihrer Volkszugehörigkeit?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Syrien Probleme wie Blutfehden, Sippenhaftung, Racheakten oder Ähnliches mit Privatpersonen?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Haben Sie in Syrien an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen?

Beschwerdeführer: Nein. Ich habe aus dem Grund Syrien verlassen, damit ich nicht zur Waffe greifen muss und an bewaffneten Auseinandersetzungen teilnehmen muss.

Richter: Hatten Sie in Syrien wegen des Kontakts zu Islamisten Probleme?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Könnten Sie Ihre Heimatregion erreichen, ohne eine Kontrolle des syrischen Staats passieren zu müssen?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Könnten Sie Ihre Heimatregion zB über den Grenzübergang Semalka vom Irak aus erreichen, ohne eine Kontrolle des syrischen Staats passieren zu müssen?

Beschwerdeführer: Ich weiß es nicht. Ich kenne diesen Grenzübergang nicht. Ich habe mein Leben noch nie davon gehört.

Richter: Haben Sie in Syrien ein Militärbuch bekommen?

Beschwerdeführer: Ja. Ich habe ein Militärbuch.

Richter: Wurden Sie in Syrien zum Militär einberufen?

Beschwerdeführer: Ja. Sowohl von der kurdischen Seite, als auch von der Regimeseite. Sie haben mich einberufen.

Richter: Haben Sie in Syrien Ihren Militärdienst abgeleistet?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Wäre es Ihnen in Syrien möglich, sich vom Militärdienst freizukaufen?

Beschwerdeführer: Ich habe die Möglichkeit nicht, da ich sowohl von der Regimeseite, als auch von der kurdischen Seite diese hohen Beträge bezahlen müsste. Zweitens hat man seitens des syrischen Regimes keine Garantie, wenn man sich freikauft, dass man nicht trotzdem eingezogen wird.

Richter: Haben Sie in Syrien versucht, sich vom Militärdienst freizukaufen?

Beschwerdeführer: Nein. Ich habe nicht einmal daran gedacht, weil jede Region und jede Militärabteilung und jede Miliz in Syrien nach ihren eigenen Regeln handelt, unabhängig davon, was die Zentrale sagen sollte. Dementsprechend habe ich auch keine Garantie dafür, dass ich nicht trotz Bezahlung eingezogen werde.

Richter: Könnten Sie sich vom Militärdienst für die Kurden freikaufen?

Beschwerdeführer: Ich lehne es ab, weil mein jüngerer Bruder bei einer Kurden-Razzia im Alter von 15 Jahren abgeholt wurde oder entführt wurde. Die Kurden lehnen es bis heute ab, uns über seinen Verbleib Auskunft zu geben.

Richter: Könnte Sie die syrische Regierung in Ihrer Heimatregion überhaupt zum Militärdienst einberufen?

Beschwerdeführer: Ich bekam meinen Einberufungsbefehl, als ich mein Militärbuch ausstellen habe lassen. Man teilte mir meinen Einberufungstermin mit. Man gab mir den Hinweis, dass ich nach diesem Termin gesucht werden würde, wenn ich mich nicht stellen würde.

Richter: Könnten Kurden Sie in Ihrer Heimatregion zum Militärdienst einberufen?

Beschwerdeführer: Das können sie, das tun sie. Es ist eine Zwangssache. Man wird verfolgt, wenn man es nicht tut.

Richter: Wie ist Ihr Leben derzeit in Österreich? Was machen Sie in Österreich?

Beschwerdeführer: Ich hatte zuerst in XXXX gelebt. Nach dem Bescheid vom BFA bin ich nach XXXX umgezogen und ich bin im Moment auf Jobsuche. Parallel dazu möchte ich auch die Sprache erlernen und normal wie jeder andere Mensch leben.Beschwerdeführer: Ich hatte zuerst in römisch 40 gelebt. Nach dem Bescheid vom BFA bin ich nach römisch 40 umgezogen und ich bin im Moment auf Jobsuche. Parallel dazu möchte ich auch die Sprache erlernen und normal wie jeder andere Mensch leben.

Richter: Haben Sie Freunde in Österreich?

Beschwerdeführer: Ich habe Freunde in Österreich und einen Cousin.

Richter: Haben Sie auch österreichische Freunde?

Beschwerdeführer: Ich habe Bekannte, aber keine Freunde.

Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Hatten Sie in Österreich oder anderswo Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Schildern Sie den Vorfall, der zu Ihrer Flucht geführt hat!

Beschwerdeführer: Der Grund, warum ich Syrien verlassen habe war, dass ich sowohl vom Regime, als auch von der kurdischen Seite zum Militärdienst einberufen wurde. Nachdem mein Bruder entführt wurde und weiterhin verschwunden ist, habe ich keine Sicherheit gespürt in meiner eigenen Heimat. Deshalb verließ ich Syrien. Das sind die wichtigsten Gründe. Das Leben allgemein dort ist schwer. Die Chancen zu arbeiten sind auch nicht vorhanden.

Richter: Sind Sie in Syrien oder an einem anderen Ort jemals persönlich bedroht oder angegriffen worden?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Wodurch sind Sie in Syrien bedroht?

Beschwerdeführer: Ich bin in Syrien davon bedroht, wegen eines militärischen Konfliktes eingezogen zu werden und am Töten teilzunehmen. Ich möchte friedlich und in Frieden leben.

Richter: Können Sie sich ein Leben in einem anderen Teil Syriens als Ihrer Heimatregion vorstellen?

Beschwerdeführer: Nein. Es herrschen in Syrien überall die gleichen Umstände. Die Suche nach mir gilt auch in anderen Teilen Syriens.

Richter: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?

Beschwerdeführer: Ich bin über die Türkei mit Hilfe eines Schleppers nach Österreich gekommen.

Richter: Warum haben die deutschen Behörden Ihren Antrag auf internationalen Schutz nicht entgegengenommen?

Beschwerdeführer: Die deutschen Behörden haben mich an der tschechisch-deutschen Grenze angehalten. Dort habe ich auch um Asyl angesucht. Das wurde abgelehnt. Ich bekam zwei Jahre Aufenthaltsverbot in Deutschland. Danach wurde ich in die tschechische Republik abgeschoben.

Richter: Warum haben Sie in Tschechien keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt?

Beschwerdeführer: Zu dem Zeitpunkt wusste ich gar nichts über die tschechische Republik. Ich wusste nicht, ob sie überhaupt Asylanträge annehmen oder nicht. Ich habe zusätzlich in Österreich weitschichtige Verwandtschaft und einige Freunde gehabt. Das war dann die Alternative zu Deutschland, wo ich auch weitschichtige Verwandtschaft und Freunde habe.

Richter: Warum haben Sie in der Folge in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt?

Beschwerdeführer: Ich wollte eigentlich ein normales Leben führen und aufbauen.

Richter: Wie haben Sie die Reise bezahlt?

Beschwerdeführer: Die Reise hat ca. 5.500 US-Dollar gekostet und wurde über Mittelmänner/Vermittlerbüros bezahlt. Das ist natürlich alles schwarz und illegal.

Richter: Schildern Sie bitte nochmals die Gründe Ihrer Beschwerde!

Beschwerdeführer: Ich bin der Meinung, dass ich mit subsidiärem Schutz immer Angst haben muss, irgendwann zurück nach Syrien abgeschoben zu werden. Das kann und will ich nicht.

Dieser Status ist meiner Meinung nach um einiges schlechter, als ein Asylstatus, wenn man eine Zukunft planen möchte.

Richter: Was würde passieren, wenn Sie jetzt nach Syrien zurückkehren müssten?

Beschwerdeführer: Mein Leben wäre in größter Gefahr, weil das Regime mich festnehmen würde. Die sozialen Medien erzählen Horrorgeschichten. Die Realität ist aber viel schlimmer. Ich möchte nicht an irgendeiner Front kämpfen müssen.

Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.

…“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogenrömisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

1.1 Zur Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

1.1.1 Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien und Angehöriger der Volksgruppe der Araber. Er bekennt sich zum muslimischen Glauben und ist ledig sowie kinderlos. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in der Stadt XXXX (auf der Karte: XXXX ), im Verwaltungsbezirk XXXX geboren. Er lebte bis zu seiner Ausreise aus Syrien durchgehend an diesem Ort. Die Stadt XXXX wird daher als sein Herkunftsort angesehen. Sie befand sich zum Zeitpunkt seiner Ausreise ( XXXX ) und befindet sich derzeit (Juni 2024) unter der Kontrolle der Kurden. Das syrische Regime verfügt jedoch in XXXX über mehrere kleine Gebiet (Sicherheitsquadrate), welche mit Rekrutierungskompetenzen ausgestattet sind und dadurch auch im kurdische Gebiet Einfluss und Kontrolle ausüben. Wenige Kilometer vom Herkunftsort entfernt befindet sich außerdem die vom syrischen Regime kontrollierte Stadt XXXX .1.1.1 Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien und Angehöriger der Volksgruppe der Araber. Er bekennt sich zum muslimischen Glauben und ist ledig sowie kinderlos. Der Beschwerdeführer wurde am römisch 40 in der Stadt römisch 40 (auf der Karte: römisch 40 ), im Verwaltungsbezirk römisch 40 geboren. Er lebte bis zu seiner Ausreise aus Syrien durchgehend an diesem Ort. Die Stadt römisch 40 wird daher als sein Herkunftsort angesehen. Sie befand sich zum Zeitpunkt seiner Ausreise ( römisch 40 ) und befindet sich derzeit (Juni 2024) unter der Kontrolle der Kurden. Das syrische Regime verfügt jedoch in römisch 40 über mehrere kleine Gebiet (Sicherheitsquadrate), welche mit Rekrutierungskompetenzen ausgestattet sind und dadurch auch im kurdische Gebiet Einfluss und Kontrolle ausüben. Wenige Kilometer vom Herkunftsort entfernt befindet sich außerdem die vom syrischen Regime kontrollierte Stadt römisch 40 .

1.1.2 Der Beschwerdeführer ist XXXX Jahre alt und strafgerichtlich unbescholten. Er besuchte neun Jahre lang die Schule, wobei ihm ab Kriegsbeginn der Zugang erschwert wurde und diese daraufhin abbrach. Ab diesem Zeitpunkt ging er bloß gelegentlichen Beschäftigungen nach. Er arbeitete beispielsweise gelegentlich in einer Bäckerei.1.1.2 Der Beschwerdeführer ist römisch 40 Jahre alt und strafgerichtlich unbescholten. Er besuchte neun Jahre lang die Schule, wobei ihm ab Kriegsbeginn der Zugang erschwert wurde und diese daraufhin abbrach. Ab diesem Zeitpunkt ging er bloß gelegentlichen Beschäftigungen nach. Er arbeitete beispielsweise gelegentlich in einer Bäckerei.

1.1.3 Im XXXX reiste der Beschwerdeführer illegal und schlepperunterstützt von Syrien nach Österreich, wo er schließlich am XXXX den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.1.1.3 Im römisch 40 reiste der Beschwerdeführer illegal und schlepperunterstützt von Syrien nach Österreich, wo er schließlich am römisch 40 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.1.4 Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

1.2.1 Das syrische Regime unterhält in Stadt XXXX militärische Präsenzen mit Rekrutierungskompetenz. In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Der Beschwerdeführer befindet sich im wehrdienstfähigen Alter, er erhielt XXXX sein Militärbuch sowie seinen Einberufungsbefehl des syrischen Regimes mit dem Datum seines Antritts. Seine Familie und er waren außerdem Rekrutierungsversuchen durch die kurdischen Milizen ausgesetzt. So wurde auch sein Bruder im Alter von 15 Jahren von den Kurden entführt, wobei ihn seitdem niemand mehr zu Gesicht bekommen hatte. Der Beschwerdeführer lehnt die politische Haltung des syrischen Regimes sowie anderer militärischen Gruppierungen (Kurden) ganz klar ab und verabscheut kriegerischen Auseinandersetzungen im Allgemeinen. Er möchte für keine der militärischen Gruppierungen kämpfen. Seine Wertvorstellungen lassen sich vielmehr mit jenen der westlichen Welt in Einklang bringen, als mit den vorherrschenden in seinem Herkunftsland. Er möchte diese Konflikte unter keinen Umständen unterstützen, so lehnt er auch den Freikauf vom Wehrdienst ab.1.2.1 Das syrische Regime unterhält in Stadt römisch 40 militärische Präsenzen mit Rekrutierungskompetenz. In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Der Beschwerdeführer befindet sich im wehrdienstfähigen Alter, er erhielt römisch 40 sein Militärbuch sowie seinen Einberufungsbefehl des syrischen Regimes mit dem Datum seines Antritts. Seine Familie und er waren außerdem Rekrutierungsversuchen durch die kurdischen Milizen ausgesetzt. So wurde auch sein Bruder im Alter von 15 Jahren von den Kurden entführt, wobei ihn seitdem niemand mehr zu Gesicht bekommen hatte. Der Beschwerdeführer lehnt die politische Haltung des syrischen Regimes sowie anderer militärischen Gruppierungen (Kurden) ganz klar ab und verabscheut kriegerischen Auseinandersetzungen im Allgemeinen. Er möchte für keine der militärischen Gruppierungen kämpfen. Seine Wertvorstellungen lassen sich vielmehr mit jenen der westlichen Welt in Einklang bringen, als mit den vorherrschenden in seinem Herkunftsland. Er möchte diese Konflikte unter keinen Umständen unterstützen, so lehnt er auch den Freikauf vom Wehrdienst ab.

1.2.2 Im Falle seiner Rückkehr ist der Beschwerdeführer somit unmittelbar konfrontiert, Vorbereitungshandlungen für den syrischen Wehrdienst setzen zu müssen. Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr damit die reale Gefahr erstmals zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden und ist im Zusammenhang mit der Einziehung bzw. der Ableistung des Militärdienstes der Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Die Regierung betrachtet Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens. Die Militärpolizei verhaftet in Gebieten unter der Kontrolle der Regierung junge Männer, die für den Wehrdienst gesucht werden. Rekrutierungen finden u.a. auch an Checkpoints statt. Der Beschwerdeführer ist daher aufgrund der ihm von der syrischen Regierung zumindest unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung in Gefahr, in Syrien unmittelbar, konkret und persönlich verfolgt zu werden.

1.2.3 Ob die bzw. welche nordostsyrischen Grenzübergänge aktuell ausreichend sicher sind, um eine zumutbare und legale Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien zu ermöglichen, kann – unter anderem mit Blick auf die allgemein bekannten Tatsachen der Erdbebenserie im Februar 2023 mit massiven Auswirkungen auf Nordsyrien und der aus dieser folgenden nach wie vor chaotischen Situation an den nordsyrischen Grenzübergängen – nicht festgestellt werden. Der Grenzübergang an der Grenze zwischen Syrien und dem Irak- Semalka, liegt unter der Kontrolle der Kurden, stellt jedoch keine legale und sichere Einreisemöglichkeit dar. Die den Grenzübergang beherrschende Autorität gewährleistet insofern keine sichere Ankunft in XXXX , da auch die Durchreise von Semalka in sein Heimatdorf XXXX die Gefahr birgt, bei Checkpointen des syrischen Regimes gefasst zu werden. Gemäß Gesetz Nr. 9 aus dem Jahr 2013 muss „jede Person, die illegal in syrisches Hoheitsgebiet einreist, […] mit einer Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahren rechnen, verbunden mit einer Geldstrafe zwischen fünf und zehn Millionen syrischen Pfund oder einer der beiden Strafen“ (S. 24). Eine hinsichtlich des Reiseweges sichere, zumutbare und legale Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien über nicht von der syrischen Regierung kontrollierte Grenzübergänge ist daher zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich, zumal dieser kein offizieller Grenzübergang ist und es sich somit über eine illegale Einreise nach Syrien handeln würde, die mit bis zu fünfjähriger Freiheitsstrafe bestraft wäre.1.2.3 Ob die bzw. welche nordostsyrischen Grenzübergänge aktuell ausreichend sicher sind, um eine zumutbare und legale Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien zu ermöglichen, kann – unter anderem mit Blick auf die allgemein bekannten Tatsachen der Erdbebenserie im Februar 2023 mit massiven Auswirkungen auf Nordsyrien und der aus dieser folgenden nach wie vor chaotischen Situation an den nordsyrischen Grenzübergängen – nicht festgestellt werden. Der Grenzübergang an der Grenze zwischen Syrien und dem Irak- Semalka, liegt unter der Kontrolle der Kurden, stellt jedoch keine legale und sichere Einreisemöglichkeit dar. Die den Grenzübergang beherrschende Autorität gewährleistet insofern keine sichere Ankunft in römisch 40 , da auch die Durchreise von Semalka in sein Heimatdorf römisch 40 die Gefahr birgt, bei Checkpointen des syrischen Regimes gefasst zu werden. Gemäß Gesetz Nr. 9 aus dem Jahr 2013 muss „jede Person, die illegal in syrisches Hoheitsgebiet einreist, […] mit einer Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahren rechnen, verbunden mit einer Geldstrafe zwischen fünf und zehn Millionen syrischen Pfund oder einer der beiden Strafen“ Sitzung 24). Eine hinsichtlich des Reiseweges sichere, zumutbare und legale Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien über nicht von der syrischen Regierung kontrollierte Grenzübergänge ist daher zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich, zumal dieser kein offizieller Grenzübergang ist und es sich somit über eine illegale Einreise nach Syrien handeln würde, die mit bis zu fünfjähriger Freiheitsstrafe bestraft wäre.

1.2.4 Infolgedessen besteht für den Beschwerdeführer die reale Gefahr, dass er am Flughafen in Damaskus bzw. an einem Grenzkontrollposten verhaftet und zwangsweise dem Wehrdienst der syrischen Armee zugeführt und/oder wegen Wehrdienstverweigerung bestraft wird.

1.3 Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen der Staatendokumentation, Version 11 vom 27.3.2024, wiedergegeben und bezieht sich das erkennende Gericht auf diese:

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08:

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime – unterstützt von Russland und Iran – unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte – Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten – im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer – insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer – insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung 2024-03-08:

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Institutionen und Wahlen

Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).

Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).

Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das „Volksrat“ genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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