Norm
BDG §43 Abs1Schlagworte
Postbeamter, sexuelle Belästigung, Geldstrafe, TeilfreispruchText
Die Bundesdisziplinarbehörde, Senat 23, hat durch MR Mag. Franz Higatsberger-Urbanek, MA als Vorsitzenden sowie MR Mag. Friedrich Paul und ADirin Veronika Schmidt als nebenberufliche Mitglieder in der Disziplinarsache gegen den Beamten, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, am 21. Juni 2024 beschlossen:
I.römisch eins.
Der Beamte ist schuldig, er hat seine damalige Kollegin während der zweiwöchigen Einschulung ab 07.08.2023 in der Zustellbasis bzw. auf der Zustelltour wiederholt und gegen deren Willen und trotz mehrfacher Aufforderung, dies zu unterlassen, sexuell belästigt, indem er
1. Frau A.A. wiederholt aufforderte, diese solle sich auf einen „One-night-stand“ mit ihm einlassen und
2. im Beisein von Frau A.A. zwei Stück Kondome aus seiner Hosentasche nahm und diese mit den Worten an Frau A.A. gerichtet „du brauchst keine Angst haben, du wirst nicht schwanger und ich habe auch keine Geschlechtskrankheiten“ auf einen Zustelltisch warf.
Der Beamte hat dadurch seine Dienstpflichten nach §§ 43 Abs 1 BDG 1979 iVm 8, 9 B-GlBG schuldhaft verletzt und damit Dienstpflichtverletzungen nach § 91 Abs 1 BDG 1979 begangen.Der Beamte hat dadurch seine Dienstpflichten nach Paragraphen 43, Absatz eins, BDG 1979 in Verbindung mit 8, 9 B-GlBG schuldhaft verletzt und damit Dienstpflichtverletzungen nach Paragraph 91, Absatz eins, BDG 1979 begangen.
Über den Beamten wird deswegen gemäß § 126 Abs 2 iVm § 92 Abs 1 Z 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,00 (fünftausend) verhängt.Über den Beamten wird deswegen gemäß Paragraph 126, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 92, Absatz eins, Ziffer 3, BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,00 (fünftausend) verhängt.
Der Beamte hat gemäß § 117 Abs 2 BDG 1979 Kosten des Disziplinarverfahrens in der Höhe von EUR 500,00 (fünfhundert) zu tragen.Der Beamte hat gemäß Paragraph 117, Absatz 2, BDG 1979 Kosten des Disziplinarverfahrens in der Höhe von EUR 500,00 (fünfhundert) zu tragen.
II. römisch II.
Der Beamte wird von den Vorwürfen, er habe seine Kollegin Frau A.A. während der zweiwöchigen Einschulung ab 07.08.2023 in der Zustellbasis bzw. auf der Zustelltour wiederholt und gegen deren Willen und trotz mehrfacher Aufforderung, dies zu unterlassen, sexuell belästigt, indem
1. er während der Zustelltour in verschiedenen Stiegenhäusern das Gesäß von Frau A.A. mit seiner Hand unsittlich berührte und
2. an einem Tag in einem Stiegenhaus auf der Zustelltour mit voller Handfläche die rechte Brust von Frau A.A. unsittlich berührte,
gemäß § 126 Abs 2 iVm § 118 Abs 1 Z 2 BDG 1979 freigesprochen.gemäß Paragraph 126, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 118, Absatz eins, Ziffer 2, BDG 1979 freigesprochen.
Begründung:
Feststellungen
Der Beamte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen und wird in der Zustellbasis N.N. in der Zustellung verwendet.
Er ist ledig und hat keine Kinder. Sorge- bzw. Unterhaltspflichten bestehen nicht, Vermögen oder finanzielle Verbindlichkeiten werden verneint. Der Bruttomonatsbezug beträgt (ungekürzt) EUR 3.208,43. Das Nettoeinkommen beläuft sich (ungekürzt und ohne Sonderzahlungen) auf rund EUR 2.000,- pro Monat.
Der Beschuldigte hat Frau A.A. ab 07.08.2023 für zwei Wochen als Zustellerin in der Zustellbasis und auf seinem Rayon eingeschult. Während dieser Einschulung hat der Beschuldigte Frau A.A. wiederholt aufgefordert, diese solle sich auf einen „One-night-stand“ mit ihm einlassen und im Beisein von Frau A.A. zwei Stück Kondome aus seiner Hosentasche genommen und diese mit den Worten an Frau A.A. gerichtet „du brauchst keine Angst haben, du wirst nicht schwanger und ich habe auch keine Geschlechtskrankheiten“ auf einen Zustelltisch geworfen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschuldigte während der Zustelltour in verschiedenen Stiegenhäusern das Gesäß von Frau A.A. mit seiner Hand unsittlich berührt hat und in einem Stiegenhaus auf der Zustelltour mit voller Handfläche die rechte Brust von Frau A.A. unsittlich berührt hat.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus der Disziplinaranzeige und den darin enthaltenen Beilagen sowie der Verantwortung des Beschuldigten und der Vernehmung der Zeug:innen in der mündlichen Verhandlung.
Der Beschuldigte hat zugegeben, mit Frau A.A. über „One-night-stands“ gesprochen zu haben. In der Niederschrift vor dem Erhebungsdienst hatte er zudem noch angegeben, es könne sein, dass er zu A.A. gesagt habe: „Wenn du mich nach einem One-Night-Stand fragst, würde ich auch nicht nein sagen.“ Die Angaben der Zeugin A.A., wonach der Beschuldigte sie wiederholt aufgefordert habe, sich auf einen One-Night-Stand mir ihr einzulassen, sind für den Senat glaubwürdig.
Der Beschuldigte hat zudem zugegeben, die Kondome auf den Zustelltisch gelegt und zu Frau A.A. gesagt zu haben, falls sie welche brauche, damit sie nicht schwanger werde und keine Geschlechtskrankheiten bekomme. Die Angaben der Zeugin A.A., wonach der Beschuldigte die Kondome auf den Tisch geworfen und zu ihr gesagt habe: „du brauchst keine Angst haben, du wirst nicht schwanger und ich habe auch keine Geschlechtskrankheiten“, sind für den Senat im Zusammenhang mit Spruchpunkt I.1. ebenfalls glaubwürdig.Der Beschuldigte hat zudem zugegeben, die Kondome auf den Zustelltisch gelegt und zu Frau A.A. gesagt zu haben, falls sie welche brauche, damit sie nicht schwanger werde und keine Geschlechtskrankheiten bekomme. Die Angaben der Zeugin A.A., wonach der Beschuldigte die Kondome auf den Tisch geworfen und zu ihr gesagt habe: „du brauchst keine Angst haben, du wirst nicht schwanger und ich habe auch keine Geschlechtskrankheiten“, sind für den Senat im Zusammenhang mit Spruchpunkt römisch eins.1. ebenfalls glaubwürdig.
Demgegenüber konnten die Vorwürfe zu II. – in Übereinstimmung mit den Ergebnissen des Strafverfahrens, das gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt worden war – nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit als erwiesen angenommen werden. So gab es dazu einerseits widersprüchliche Angaben der Zeugin A.A., die gegenüber anderen als Zeug:innen vernommenen Personen etwa lediglich von „absichtlich unabsichtlichen Berührungen“, aber nicht von einem gezielten Griff auf die Brust oder einem Schlag auf das Gesäß berichtet hatte. Der Beschuldigte hat die Vorwürfe zudem stets bestritten. Weitere Beweise liegen dazu nicht vor. Demgegenüber konnten die Vorwürfe zu römisch II. – in Übereinstimmung mit den Ergebnissen des Strafverfahrens, das gemäß Paragraph 190, Ziffer 2, StPO eingestellt worden war – nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit als erwiesen angenommen werden. So gab es dazu einerseits widersprüchliche Angaben der Zeugin A.A., die gegenüber anderen als Zeug:innen vernommenen Personen etwa lediglich von „absichtlich unabsichtlichen Berührungen“, aber nicht von einem gezielten Griff auf die Brust oder einem Schlag auf das Gesäß berichtet hatte. Der Beschuldigte hat die Vorwürfe zudem stets bestritten. Weitere Beweise liegen dazu nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Die §§ 43 Abs 1 BDG 1979 und 8, 9 B-GlBG lauten:Die Paragraphen 43, Absatz eins, BDG 1979 und 8, 9 B-GlBG lauten:
Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.Paragraph 43, (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Sexuelle Belästigung
§ 8. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer im Zusammenhang mit ihrem oder seinem Dienst- oder AusbildungsverhältnisParagraph 8, (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer im Zusammenhang mit ihrem oder seinem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis
1. von der Vertreterin oder vom Vertreter des Dienstgebers selbst sexuell belästigt wird,
2. durch die Vertreterin oder den Vertreter des Dienstgebers dadurch diskriminiert wird, indem sie oder er es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte eine angemessene Abhilfe zu schaffen oder
3. durch Dritte sexuell belästigt wird.
(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und
1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder
2. bei dem der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens einer Vertreterin oder eines Vertreters des Dienstgebers oder einer Kollegin oder eines Kollegen zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Aus- und Weiterbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung über das Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gemacht wird.
(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung zur sexuellen Belästigung einer Person vor.
Diskriminierung als Dienstpflichtverletzung
§ 9. Jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nach den §§ 4, 5, 6 und 7 bis 8a durch eine Bedienstete oder einen Bediensteten verletzt die Verpflichtungen, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben, und ist nach den dienst- und disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen.Paragraph 9, Jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nach den Paragraphen 4,, 5, 6 und 7 bis 8a durch eine Bedienstete oder einen Bediensteten verletzt die Verpflichtungen, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben, und ist nach den dienst- und disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen.
Der Beschuldigte hat durch die im Spruch unter Pkt. I. beschriebenen Äußerungen jeweils vorsätzlich sexuelle Belästigungen iSd § 8 B-GlBG begangen, zumal diese Verhaltensweisen während der Dienstzeit und im Zusammenhang mit dem Dienst- bzw. Ausbildungsverhältnis gesetzt wurden, der sexuellen Sphäre zuordenbar sind, für die Betroffene unerwünscht und unangebracht waren und eine einschüchternde Arbeitsumwelt geschaffen haben. Er hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs 1 BDG 1979 iVm 8, 9 B-GlBG begangen. Der Beschuldigte hat durch die im Spruch unter Pkt. römisch eins. beschriebenen Äußerungen jeweils vorsätzlich sexuelle Belästigungen iSd Paragraph 8, B-GlBG begangen, zumal diese Verhaltensweisen während der Dienstzeit und im Zusammenhang mit dem Dienst- bzw. Ausbildungsverhältnis gesetzt wurden, der sexuellen Sphäre zuordenbar sind, für die Betroffene unerwünscht und unangebracht waren und eine einschüchternde Arbeitsumwelt geschaffen haben. Er hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß Paragraphen 43, Absatz eins, BDG 1979 in Verbindung mit 8, 9 B-GlBG begangen.
Als schwerste Dienstpflichtverletzung iSd § 93 Abs 2 BDG 1979 ist Punkt I.1. des Spruchs anzusehen. In objektiver Hinsicht liegt eine mittelschwere Dienstpflichtverletzung vor. Da der Beschuldigte dabei vorsätzlich gehandelt hat, ist auch in subjektiver Hinsicht von einem mittelschweren Verschulden auszugehen. Als schwerste Dienstpflichtverletzung iSd Paragraph 93, Absatz 2, BDG 1979 ist Punkt römisch eins.1. des Spruchs anzusehen. In objektiver Hinsicht liegt eine mittelschwere Dienstpflichtverletzung vor. Da der Beschuldigte dabei vorsätzlich gehandelt hat, ist auch in subjektiver Hinsicht von einem mittelschweren Verschulden auszugehen.
Bei der Strafbemessung ist das Zusammentreffen mehrerer Dienstpflichtverletzungen als erschwerend und die disziplinäre Unbescholtenheit als mildernd zu werten.
In generalpräventiver Hinsicht ist die Verhängung einer spürbaren Disziplinarstrafe erforderlich, um anderen Bediensteten aufzuzeigen, dass sexuelle Belästigungen nicht toleriert und streng geahndet werden.
In spezialpräventiver Hinsicht ist aufgrund der fehlenden Verantwortungsübernahme ebenfalls eine spürbare Disziplinarstrafe erforderlich, um den Beschuldigten von weiteren derartigen Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Die persönlichen Verhältnisse und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten stehen der Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,00 – die bei einem Bruttomonatsbezug von EUR 3.208,43 umgerechnet rund 1,56 Monatsbezügen entspricht – nicht entgegen, zumal die Abstattung der Geldstrafe in bis zu 36 Monatsraten beantragt werden kann.
Zur Kostenentscheidung:
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 117 Abs 2 BDG 1979, wonach bei Verhängung einer Geldstrafe der Kostenbeitrag 10% der festgesetzten Strafe beträgt.Die Kostenentscheidung stützt sich auf Paragraph 117, Absatz 2, BDG 1979, wonach bei Verhängung einer Geldstrafe der Kostenbeitrag 10% der festgesetzten Strafe beträgt.
Zum Freispruch:
Im Zusammenhang mit diesen Vorwürfen kam es zu teilweise widersprüchlichen Angaben der Zeugin A.A.. Weiter Beweise liegen dazu nicht vor. Der Beschuldigte hat diese Vorwürfe stets bestritten. Er war daher im Zweifel freizusprechen.
Zuletzt aktualisiert am
14.08.2024