Entscheidungsdatum
21.05.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W105 2169238-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zahl 1114117700-230864395, zu Recht erkannt: Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zahl 1114117700-230864395, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Folgeantragsteller sowie XXXX , beide Staatsangehörige Afghanistans, stellten am 02.05.2016 für sich und ihre minderjährigen Kinder in Österreich Anträge auf internationalen Schutz. 1. Der Folgeantragsteller sowie römisch 40 , beide Staatsangehörige Afghanistans, stellten am 02.05.2016 für sich und ihre minderjährigen Kinder in Österreich Anträge auf internationalen Schutz.
2. Am 09.05.2016 fand vor einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine niederschriftlich Erstbefragung statt, bei der der nunmehrige Beschwerdeführer (BF) befragt zum Fluchtgrund und zu einer allfälligen Rückkehrgefährdung im Wesentlichen Folgendes angab:
Er habe mit seiner Familie im Iran gelebt. Da die iranische Behörde die Bleiberechtskarten vernichtet hätten, seien sie aus dem Iran abgeschoben worden. in Afghanistan hätten sie aufgrund des Krieges und der Unsicherheit nicht bleiben können, außerdem werde man sowohl in Afghanistan als auch im Iran als Hazara verfolgt. Darüber hinaus habe es viele Probleme gegeben, weil sie Schiiten seien. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan fürchte sie um sein Leben und das seiner Familie.
3. Am 19.07.2017 fand vor dem BFA eine niederschriftlichen Einvernahme statt und gab der BF im Wesentlichen an, dass er afghanischer Staatsbürger, Hazara und schiitischen Glaubensbekenntnisses sei.
Zum Fluchtgrund betreffend Afghanistan befragt gab er an, dass er und seine Familie Afghanistan verlassen habe müssen, da seine Tochter von Zwangsverheiratung an einen Cousin der Mutter des BF bedroht gewesen wäre.
4. Am selben Tag fand vor dem BFA die niederschriftliche Einvernahme der XXXX statt, in der diese im Wesentlichen dieselben Fluchtgründe für sich und ihre Kinder und noch die Situation der Frauen in Afghanistan als Fluchtgrund angab.4. Am selben Tag fand vor dem BFA die niederschriftliche Einvernahme der römisch 40 statt, in der diese im Wesentlichen dieselben Fluchtgründe für sich und ihre Kinder und noch die Situation der Frauen in Afghanistan als Fluchtgrund angab.
5. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 26.07.2017 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab und gab dem Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) statt.5. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 26.07.2017 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) ab und gab dem Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt römisch II.) statt.
Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass der BF in Afghanistan keinen Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention u.a. auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara ausgesetzt gewesen sei und solche auch nicht zu erwarten hätte. Begründend wurde zu Spruchpunkt römisch eins. ausgeführt, dass der BF in Afghanistan keinen Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention u.a. auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara ausgesetzt gewesen sei und solche auch nicht zu erwarten hätte.
7. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die XXXX der sozialen Gruppe der Frauen angehöre, die in Afghanistan keine Rechte haben. Das Bundesamt sei der amtswegigen Ermittlungspflicht hinsichtlich der westlichen Orientierung der XXXX nicht nachgekommen. Es wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.7. Der BF erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die römisch 40 der sozialen Gruppe der Frauen angehöre, die in Afghanistan keine Rechte haben. Das Bundesamt sei der amtswegigen Ermittlungspflicht hinsichtlich der westlichen Orientierung der römisch 40 nicht nachgekommen. Es wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.05.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der BF und XXXX u.a. ausführlich zu ihren Fluchtgründen und ihrer Integration in Österreich befragt wurden.8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.05.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der BF und römisch 40 u.a. ausführlich zu ihren Fluchtgründen und ihrer Integration in Österreich befragt wurden.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.06.2018, W156 2169238-1/7E wurde die Beschwerde gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.06.2018, W156 2169238-1/7E wurde die Beschwerde gemäß Paragraph 3, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
I.römisch eins.
Am 04.05.2023 stellte der BF nunmehr den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF im Zuge der Erstbefragung am 04.05.2023 an,
die Taliban hätten ganz Afghanistan erobert und fürchte er im Falle der Rückkehr um sein Leben. Dies seien alle seine Fluchtgründe.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2024 gab der nunmehrige Beschwerdeführer als Grund für seine neuerliche Antragstellung an, er habe Angst, wieder nach Afghanistan zurückkehren zu müssen. Es gäbe weitere Gründe, weil er mit diesem Status kein Eigentumshaus erwerben könne. Außerdem mache er sich Sorgen um seine Familie, weil diese schon Pässe besitzen würden und er nur ein Visum, sodass er nach Afghanistan zurückgeschickt werden könnte. Er habe auch drei Jahre lang gearbeitet. Sein Dokument müsse verlängert werden. Aufgefordert, allfällige neue Asylgründe geltend zu machen bzw. vorzutragen, gab der Antragsteller an, sein Dokument habe bis jetzt immer verlängert werden müssen und abgesehen davon sei die Lage der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan nicht so gut. Im Falle der Rückkehr wäre dies eine Bestätigung des Todesurteils, weil er Hazara und Schiite sei, würde er verfolgt werden.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zl. 1114117700/230864395, wurde der Antrag des BF hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zl. 1114117700/230864395, wurde der Antrag des BF hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.)
Begründend führte das BFA aus, die Identität des BF stehe nicht fest.
Dem Antrag fehle jegliche Grundlage, dass er aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt wäre. Die Gründe für die neue Antragstellung seien rein privater Natur.
Im Vergleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erkenntnisses vom 05.06.2018 lägen keine Umstände vor, die eine relevante Änderung des Sachverhalts ergeben würden. Der Antrag sei daher gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.Im Vergleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erkenntnisses vom 05.06.2018 lägen keine Umstände vor, die eine relevante Änderung des Sachverhalts ergeben würden. Der Antrag sei daher gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Gegen diese Entscheidung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und auf die Judikatur zur Identität des Sachgegenstandes zu § 68 AVG verwiesen. Der maßgebliche Sachverhalt habe sich seit der Rechtskraft des letzten Asylverfahrens maßgeblich geändert. In diesem Zusammenhang wurde auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan verwiesen. Weitere detaillierte Sachverhaltselemente wurden nicht vorgetragen.Gegen diese Entscheidung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und auf die Judikatur zur Identität des Sachgegenstandes zu Paragraph 68, AVG verwiesen. Der maßgebliche Sachverhalt habe sich seit der Rechtskraft des letzten Asylverfahrens maßgeblich geändert. In diesem Zusammenhang wurde auf die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan verwiesen. Weitere detaillierte Sachverhaltselemente wurden nicht vorgetragen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Mit den angefochtenen Bescheiden vom 26.07.2017 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab und gab dem Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) statt.Mit den angefochtenen Bescheiden vom 26.07.2017 wies das Bundesamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) ab und gab dem Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt römisch II.) statt.
Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass der BF in Afghanistan keinen Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention u.a. auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara ausgesetzt gewesen sei und solche auch nicht zu erwarten hätte. Begründend wurde zu Spruchpunkt römisch eins. ausgeführt, dass der BF in Afghanistan keinen Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention u.a. auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara ausgesetzt gewesen sei und solche auch nicht zu erwarten hätte.
Am 04.05.2023 stellte der BF seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die dem BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen in der Person des BF gelegenen Umstände.
Ebenso ergab sich keine sonstige aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation des BF.
Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Länderspezifische Anmerkungen
In einigen Bereichen dieser Länderinformationen wurde auf das Taliban-Regime in Afghanistan bzw. seine Vertreter Bezug genommen. Dieses "Islamische Emirat Afghanistan" wurde mit Stand März 2023 von keinem Land der Welt anerkannt. Es gilt als eine de-facto-Regierung mit de-facto-Ministerien und de-facto-Ministern. Bezugnahmen, auch wenn sie sich auf staatliche Aufgaben (z.B. Botschaft in Pakistan, Grenzsicherung) beziehen, stellen keine Stellungnahme zur Anerkennung der Legitimation dar.
Der Konflikt um die Region Kaschmir wird kurz im entsprechenden Kapitel zur Sicherheitslage behandelt. Die Behandlung der von Pakistan kontrollierten Gebiete Kaschmirs stellt eine Beschreibung der de-facto-Situation bzw. de-facto-Administration und keine Stellungnahme dar.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Allgemeine Strukturen
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa sowie dem Hauptstadtterritorium Islamabad (AA 27.10.2023). Die Stammesgebiete im Nordwesten des Landes, die ehemaligen Federally Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Bundesverwaltung und Provincially Administered Tribal Areas bzw. Stammesgebiete unter Provinzverwaltung, wurden nach einer Verfassungsänderung 2018 in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert und damit die nationalen und verfassungsmäßigen Rechte auf diese Gebiete ausgedehnt (ICG 14.2.2022). Pakistan kontrolliert außerdem die Gebiete Gilgit-Baltistan sowie Azad Jammu und Kaschmir auf der pakistanisch verwalteten Seite von Kaschmir (AA 27.10.2023).
Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik (USDOS 20.3.2023). Es werden regelmäßig Wahlen im Wettbewerb eines Mehrparteiensystems abgehalten (FH 2023). Die Nationalversammlung besteht aus 342 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Zehn der Sitze sind für Nicht-Muslime reserviert, 60 für Frauen. Der Senat hat 100 Mitglieder. Der Premierminister wird für fünf Jahre durch die Nationalversammlung gewählt (EB 19.1.2024). Der Präsident hat eher eine symbolische Funktion und wird ebenfalls für fünf Jahre durch ein Wahlkollegium aus den beiden Häusern des Parlaments und den Provinzversammlungen gewählt (FH 2023; vgl. EB 19.1.2024).Pakistan ist eine föderale parlamentarische Republik (USDOS 20.3.2023). Es werden regelmäßig Wahlen im Wettbewerb eines Mehrparteiensystems abgehalten (FH 2023). Die Nationalversammlung besteht aus 342 Abgeordneten, die für fünf Jahre gewählt werden. Zehn der Sitze sind für Nicht-Muslime reserviert, 60 für Frauen. Der Senat hat 100 Mitglieder. Der Premierminister wird für fünf Jahre durch die Nationalversammlung gewählt (EB 19.1.2024). Der Präsident hat eher eine symbolische Funktion und wird ebenfalls für fünf Jahre durch ein Wahlkollegium aus den beiden Häusern des Parlaments und den Provinzversammlungen gewählt (FH 2023; vergleiche EB 19.1.2024).
Trotz der Existenz formaler demokratischer Institutionen übt das mächtige militärische Establishment de facto einen starken Einfluss aus. Dies hemmt die Entwicklung der demokratischen Institutionen (BS 23.2.2022). Eine lange Reihe an politischen Domänen wird dem Militär überlassen - von der nationalen Sicherheitspolitik bis zur Außenpolitik. Dem Militär wird auch immer wieder vorgeworfen, sich in den Wahlprozess einzumischen (BS 23.2.2022; vgl. FH 2023). Auch Gruppen, die ökonomische Eliten vertreten, haben oft enge Verbindungen zum Staat. Ebenso profitieren religiöse Gruppen vom Zurückgreifen des Staates auf den Islam als ideologische Legitimation. Zwar gab es Fortschritte in einigen Bereichen, doch vieles in der Politik des Landes ist weiterhin an klientelistischen Diensten orientiert und von traditionellen Eliten aus den vermögenden Klassen dominiert (BS 23.2.2022).Trotz der Existenz formaler demokratischer Institutionen übt das mächtige militärische Establishment de facto einen starken Einfluss aus. Dies hemmt die Entwicklung der demokratischen Institutionen (BS 23.2.2022). Eine lange Reihe an politischen Domänen wird dem Militär überlassen - von der nationalen Sicherheitspolitik bis zur Außenpolitik. Dem Militär wird auch immer wieder vorgeworfen, sich in den Wahlprozess einzumischen (BS 23.2.2022; vergleiche FH 2023). Auch Gruppen, die ökonomische Eliten vertreten, haben oft enge Verbindungen zum Staat. Ebenso profitieren religiöse Gruppen vom Zurückgreifen des Staates auf den Islam als ideologische Legitimation. Zwar gab es Fortschritte in einigen Bereichen, doch vieles in der Politik des Landes ist weiterhin an klientelistischen Diensten orientiert und von traditionellen Eliten aus den vermögenden Klassen dominiert (BS 23.2.2022).
Wahlen 2018 und PTI-Regierung
Die Aufdeckung der Übersee-Konten des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Premierministers Nawaz Sharif und seiner Familie im Zuge von internationalen Ermittlungen von Journalisten, den "Panama Papers", führte zu einer gerichtlichen Verurteilung und dessen Amtsenthebung (ICIJ 3.4.2023). Bei den folgenden Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter einerseits technische Verbesserungen in der Durchführung des Wahlprozesses festgestellt haben, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich Einflussnahmen durch Militär und Geheimdienst im Vorfeld der Wahlen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2022a). So dokumentierten Beobachter konzertierte Anstrengungen von Teilen des militärischen und richterlichen Establishments, die Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) des abgesetzten Premierministers Nawaz Sharif zu behindern (FH 2022a; vgl. BS 25.2.2022). Dies beinhaltete Strafverfahren u.a. in Bezug auf Korruption und Terrorismus sowie die Ablehnung von Entlassungen gegen Kaution bis nach den Wahlen. Außerdem berichteten Beobachter von Druck und Einflussnahme auf die Medien durch den Sicherheitsapparat, der zu einer gedämpften Berichterstattung über den Wahlkampf der PML-N geführt hat (FH 2022a). Imran Khan wurde, Berichten zufolge, damals vom Militär gestützt (Guardian 24.5.2023; vgl. SZ 13.6.2023, BS 23.2.2022, FH 2022a, Guardian/Khokhar 24.5.2023).Die Aufdeckung der Übersee-Konten des zu diesem Zeitpunkt amtierenden Premierministers Nawaz Sharif und seiner Familie im Zuge von internationalen Ermittlungen von Journalisten, den "Panama Papers", führte zu einer gerichtlichen Verurteilung und dessen Amtsenthebung (ICIJ 3.4.2023). Bei den folgenden Parlamentswahlen 2018 gewann die Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) die meisten Sitze in der Nationalversammlung, und der Parteivorsitzende, Imran Khan, wurde Premierminister. Während unabhängige Beobachter einerseits technische Verbesserungen in der Durchführung des Wahlprozesses festgestellt haben, äußerten Beobachter, zivilgesellschaftliche Organisationen und politische Parteien Bedenken hinsichtlich Einflussnahmen durch Militär und Geheimdienst im Vorfeld der Wahlen (USDOS 20.3.2023; vergleiche FH 2022a). So dokumentierten Beobachter konzertierte Anstrengungen von Teilen des militärischen und richterlichen Establishments, die Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) des abgesetzten Premierministers Nawaz Sharif zu behindern (FH 2022a; vergleiche BS 25.2.2022). Dies beinhaltete Strafverfahren u.a. in Bezug auf Korruption und Terrorismus sowie die Ablehnung von Entlassungen gegen Kaution bis nach den Wahlen. Außerdem berichteten Beobachter von Druck und Einflussnahme auf die Medien durch den Sicherheitsapparat, der zu einer gedämpften Berichterstattung über den Wahlkampf der PML-N geführt hat (FH 2022a). Imran Khan wurde, Berichten zufolge, damals vom Militär gestützt (Guardian 24.5.2023; vergleiche SZ 13.6.2023, BS 23.2.2022, FH 2022a, Guardian/Khokhar 24.5.2023).
Khan hatte die Korruptionsbekämpfung zu seiner politischen Botschaft erhoben. Doch nach seinem Sieg konzentrierte sich die folgende Korruptionsbekämpfung auf die vorangegangenen Regierungsparteien Pakistan Peoples Party (PPP) und PML-N bzw. die sie dominierenden Familiendynastien (DIP 9.10.2021; vgl. ICIJ 3.10.2021, BS 23.2.2022). Die Korruptionsermittlungen gegen führende Mitglieder und Parlamentarier der großen Oppositionsparteien und der Unwillen, sie hinzuzuziehen, führten zu einer Hemmung der parlamentarischen Arbeit und der Gesetzgebung (DAWN 17.3.2022).Khan hatte die Korruptionsbekämpfung zu seiner politischen Botschaft erhoben. Doch nach seinem Sieg konzentrierte sich die folgende Korruptionsbekämpfung auf die vorangegangenen Regierungsparteien Pakistan Peoples Party (PPP) und PML-N bzw. die sie dominierenden Familiendynastien (DIP 9.10.2021; vergleiche ICIJ 3.10.2021, BS 23.2.2022). Die Korruptionsermittlungen gegen führende Mitglieder und Parlamentarier der großen Oppositionsparteien und der Unwillen, sie hinzuzuziehen, führten zu einer Hemmung der parlamentarischen Arbeit und der Gesetzgebung (DAWN 17.3.2022).
Im Oktober 2020 gelang es den beiden Großparteien PPP und PML-N, sich unter dem Namen Pakistan Democratic Movement zu einer Allianz aus insgesamt elf Oppositionsparteien zu vereinen und zu breiten Demonstrationen zu mobilisieren (BS 23.2.2022; vgl. FH 2022a).Im Oktober 2020 gelang es den beiden Großparteien PPP und PML-N, sich unter dem Namen Pakistan Democratic Movement zu einer Allianz aus insgesamt elf Oppositionsparteien zu vereinen und zu breiten Demonstrationen zu mobilisieren (BS 23.2.2022; vergleiche FH 2022a).
Die starke politische Polarisierung erhöhte außerdem den Einfluss des militärischen Establishments weiter. Gleichzeitig war die PTI-Regierung auch selbst in der Umsetzung ihrer Politik durch dieselben Hindernisse gehemmt wie frühere Regierungen. Der Großteil der Abgeordneten der PTI setzte sich aus den traditionellen politischen und ökonomischen Eliten zusammen, die als Hemmschuh für Änderungen agieren, die ihre Interessen gefährden (BS 23.2.2022). Im Oktober 2021 wurden so auch Verstrickungen von Mitgliedern bzw. Geldgebern des PTI-Kabinetts, aber auch hoher Militärs, in illegale Geldgeschäfte durch die internationalen Ermittlungen der "Pandora Papers" aufgedeckt (DIP 9.10.2021; vgl. ICIJ 3.10.2021).Die starke politische Polarisierung erhöhte außerdem den Einfluss des militärischen Establishments weiter. Gleichzeitig war die PTI-Regierung auch selbst in der Umsetzung ihrer Politik durch dieselben Hindernisse gehemmt wie frühere Regierungen. Der Großteil der Abgeordneten der PTI setzte sich aus den traditionellen politischen und ökonomischen Eliten zusammen, die als Hemmschuh für Änderungen agieren, die ihre Interessen gefährden (BS 23.2.2022). Im Oktober 2021 wurden so auch Verstrickungen von Mitgliedern bzw. Geldgebern des PTI-Kabinetts, aber auch hoher Militärs, in illegale Geldgeschäfte durch die internationalen Ermittlungen der "Pandora Papers" aufgedeckt (DIP 9.10.2021; vergleiche ICIJ 3.10.2021).
Misstrauensvotum und folgende politische Krise
Im März 2022 kam es schließlich erstmals zu Gewalt von protestierenden Anhängern und Abgeordneten der Regierungspartei PTI, die versuchten, das "Sindh House", die Vertretung des Sindh in Islamabad, zu stürmen. Dorthin hatten sich abtrünnige Abgeordnete der eigenen Partei in Sicherheit gebracht, nachdem sie angedeutet hatten, einen geplanten Misstrauensantrag der geeinten Opposition gegen Premierminister Khan zu unterstützen (GeoNews 18.3.2022). Zwei Minister hatten zuvor Gewalt andeutende Drohungen gegen ebenjene Abgeordneten ausgesprochen (HRW 16.3.2022).
Ein für 3. April 2022 angesetztes Misstrauensvotum gegen den damaligen Premierminister Khan wurde mit dem Argument, es sei von den USA initiiert und damit die Einflussnahme eines fremden Staates unter Verweis auf Artikel 5 der Verfassung, der alle Bürger zur Loyalität dem Staat gegenüber verpflichtet, untersagt (ExT 3.4.2022a). Mit demselben Argument wurde die Nationalversammlung vom Präsidenten auf Bitte des Premierministers aufgelöst und Neuwahlen angekündigt (ExT 3.4.2022b; vgl. Zeit online 3.4.2022). Der Supreme Court erklärte jedoch vier Tage später dieses Vorgehen für verfassungswidrig und ordnete die Wiedereinsetzung der Nationalversammlung sowie der ausgesetzten Abstimmung an (ExT 7.4.2022). Es folgte die Absetzung Khans im Misstrauensvotum und die Wahl des Oppositionsführers Shabaz Sharif, Vorsitzender der PML-N, zum neuen Premierminister durch die Nationalversammlung (Zeit online 11.4.2022).Ein für 3. April 2022 angesetztes Misstrauensvotum gegen den damaligen Premierminister Khan wurde mit dem Argument, es sei von den USA initiiert und damit die Einflussnahme eines fremden Staates unter Verweis auf Artikel 5 der Verfassung, der alle Bürger zur Loyalität dem Staat gegenüber verpflichtet, untersagt (ExT 3.4.2022a). Mit demselben Argument wurde die Nationalversammlung vom Präsidenten auf Bitte des Premierministers aufgelöst und Neuwahlen angekündigt (ExT 3.4.2022b; vergleiche Zeit online 3.4.2022). Der Supreme Court erklärte jedoch vier Tage später dieses Vorgehen für verfassungswidrig und ordnete die Wiedereinsetzung der Nationalversammlung sowie der ausgesetzten Abstimmung an (ExT 7.4.2022). Es folgte die Absetzung Khans im Misstrauensvotum und die Wahl des Oppositionsführers Shabaz Sharif, Vorsitzender der PML-N, zum neuen Premierminister durch die Nationalversammlung (Zeit online 11.4.2022).
Aus Protest zog der Abgesetzte mitsamt seiner Partei aus der Nationalversammlung aus (ExT 14.4.2022) und initiierte eine dauerhafte, landesweite Kampagne von Demonstrationen (DAWN 20.4.2022; vgl. CNN 1.4.2023). Mit der Verlegung der Oppositionsarbeit vom Parlament auf die Straße versuchte Khan vorgezogene Neuwahlen zu erzwingen und dafür auch das Militär zu gewinnen (ICG 27.12.2022).Aus Protest zog der Abgesetzte mitsamt seiner Partei aus der Nationalversammlung aus (ExT 14.4.2022) und initiierte eine dauerhafte, landesweite Kampagne von Demonstrationen (DAWN 20.4.2022; vergleiche CNN 1.4.2023). Mit der Verlegung der Oppositionsarbeit vom Parlament auf die Straße versuchte Khan vorgezogene Neuwahlen zu erzwingen und dafür auch das Militär zu gewinnen (ICG 27.12.2022).
Zu einer ersten Zuspitzung der Lage führte ein Attentat am 3. November 2022, bei dem Khan im Zuge eines "Marsches nach Islamabad" angeschossen wurde. Es kam zu Demonstrationen vor Militäreinrichtungen (AI 27.3.2022). Khan beschuldigt Premierminister, Innenminister und Geheimdienstchef, Drahtzieher gewesen zu sein (ICG 27.12.2022).
Als weitere Entwicklung trugen die politischen Kräfte ihre Kämpfe verstärkt vor die Gerichte (CNN 1.4.2023). Um allgemeine Neuwahlen zu erzwingen, veranlasste die PTI im Jänner 2023 die Auflösung der Parlamente der beiden Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Punjab und beeinspruchte eine Verschiebung der diesbezüglichen Wahlen vor Gericht (AJ 4.4.2023). Gleichzeitig laufen gegen den ehemaligen Premierminister mehrere Strafverfahren (BAMF 20.3.2023; vgl. CNN 1.4.2023). In einem der Verfahren wurde Khan durch die Wahlkommission der Korruption für schuldig befunden (AJ 21.10.2022; vgl. TNI 21.10.2022, ICG 27.12.2022). Khan leitete daraufhin selbst ein Verfahren gegen die Wahlkommission ein (TI 31.1.2023). Als weitere Entwicklung trugen die politischen Kräfte ihre Kämpfe verstärkt vor die Gerichte (CNN 1.4.2023). Um allgemeine Neuwahlen zu erzwingen, veranlasste die PTI im Jänner 2023 die Auflösung der Parlamente der beiden Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Punjab und beeinspruchte eine Verschiebung der diesbezüglichen Wahlen vor Gericht (AJ 4.4.2023). Gleichzeitig laufen gegen den ehemaligen Premierminister mehrere Strafverfahren (BAMF 20.3.2023; vergleiche CNN 1.4.2023). In einem der Verfahren wurde Khan durch die Wahlkommission der Korruption für schuldig befunden (AJ 21.10.2022; vergleiche TNI 21.10.2022, ICG 27.12.2022). Khan leitete daraufhin selbst ein Verfahren gegen die Wahlkommission ein (TI 31.1.2023).
Ausbrüche von Unruhen
Nachdem Khan in einem seiner Verfahren nicht vor Gericht erschienen war, brachen beim Versuch seiner Festnahme im März 2023 schließlich schwere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und der Polizei aus (REU 20.3.2023; vgl. ExT 14.3.2023). Seine Unterstützer widersetzten sich vor seinem Haus in Lahore mit Steinen und Brandbomben den Polizisten (BAMF 20.3.2023; vgl. CNN 15.3.2023). Der Haftbefehl wurde schließlich per Anordnung des Gerichts aus Sicherheitsgründen ausgesetzt (CNN 15.3.2023). Bei Khans selbstständigem Erscheinen vor Gericht in Islamabad kam es erneut zu schweren Zusammenstößen, bei denen auch ein Polizeiposten in Brand geriet (Guardian 18.3.2023; vgl. HRW 21.3.2023). Unter verschiedenen Vorwürfen in Bezug auf die Gewaltvorfälle, unter anderem Terrorismus, wurden 125 PTI-Anhänger in Lahore und 198 in Islamabad bei Razzien und Hausdurchsuchungen verhaftet (REU 20.3.2023). Human Rights Watch kritisierte die Anwendung der Terrorismus-Paragrafen (HRW 21.3.2023).Nachdem Khan in einem seiner Verfahren nicht vor Gericht erschienen war, brachen beim Versuch seiner Festnahme im März 2023 schließlich schwere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und der Polizei aus (REU 20.3.2023; vergleiche ExT 14.3.2023). Seine Unterstützer widersetzten sich vor seinem Haus in Lahore mit Steinen und Brandbomben den Polizisten (BAMF 20.3.2023; vergleiche CNN 15.3.2023). Der Haftbefehl wurde schließlich per Anordnung des Gerichts aus Sicherheitsgründen ausgesetzt (CNN 15.3.2023). Bei Khans selbstständigem Erscheinen vor Gericht in Islamabad kam es erneut zu schweren Zusammenstößen, bei denen auch ein Polizeiposten in Brand geriet (Guardian 18.3.2023; vergleiche HRW 21.3.2023). Unter verschiedenen Vorwürfen in Bezug auf die Gewaltvorfälle, unter anderem Terrorismus, wurden 125 PTI-Anhänger in Lahore und 198 in Islamabad bei Razzien und Hausdurchsuchungen verhaftet (REU 20.3.2023). Human Rights Watch kritisierte die Anwendung der Terrorismus-Paragrafen (HRW 21.3.2023).
Die versuchte Verhaftung sowie Schikanen gegen Khan hatten allerdings seine Unterstützung unter der jungen Bevölkerung erhöht. Seit dem Misstrauensvotum gelang es ihm, seine Popularität auf ein davor unerreichtes Ausmaß auszubauen (Guardian 24.5.2023).
Im Mai 2023 brachen schließlich als Folge der tatsächlichen Verhaftung Khans landesweite Unruhen aus (Guardian 11.5.2023). Khans Partei rief seine Anhänger dazu auf, Pakistan "stillzulegen" und "für Khan aufzustehen". Die Unterstützer Khans gingen dabei so weit, dass sie Militäreinrichtungen belagerten oder stürmten (CBS 9.5.2023), darunter das in Rawalpindi gelegene Hauptquartier des Militärs (CBS 10.5.2023). Militäreinrichtungen in Peschawar, Lahore und Karatschi sowie der Stützpunkt der Air Force in Mianwali (TrI 23.5.2023; vgl. REU 26.6.2023), aber auch Regierungsgebäude und andere staatliche Einrichtungen wurden von Demonstranten angegriffen (Guardian/Khokhar 24.5.2023). Über 20 staatliche und militärische Einrichtungen wurden dabei in Brand gesetzt oder beschädigt (India Today 23.6.2023), ebenso wie einrückende Polizeieinsatzfahrzeuge. Truppen der Armee kamen im Punjab, in Islamabad und in Khyber Pakhtunkhwa zur Wahrung der Sicherheit zum Einsatz (Guardian 11.5.2023). Allerdings wurden auch Soldaten und Truppenfahrzeuge attackiert (CBS 10.5.2023).Im Mai 2023 brachen schließlich als Folge der tatsächlichen Verhaftung Khans landesweite Unruhen aus (Guardian 11.5.2023). Khans Partei rief seine Anhänger dazu auf, Pakistan "stillzulegen" und "für Khan aufzustehen". Die Unterstützer Khans gingen dabei so weit, dass sie Militäreinrichtungen belagerten oder stürmten (CBS 9.5.2023), darunter das in Rawalpindi gelegene Hauptquartier des Militärs (CBS 10.5.2023). Militäreinrichtungen in Peschawar, Lahore und Karatschi sowie der Stützpunkt der Air Force in Mianwali (TrI 23.5.2023; vergleiche REU 26.6.2023), aber auch Regierungsgebäude und andere staatliche Einrichtungen wurden von Demonstranten angegriffen (Guardian/Khokhar 24.5.2023). Über 20 staatliche und militärische Einrichtungen wurden dabei in Brand gesetzt oder beschädigt (India Today 23.6.2023), ebenso wie einrückende Polizeieinsatzfahrzeuge. Truppen der Armee kamen im Punjab, in Islamabad und in Khyber Pakhtunkhwa zur Wahrung der Sicherheit zum Einsatz (Guardian 11.5.2023). Allerdings wurden auch Soldaten und Truppenfahrzeuge attackiert (CBS 10.5.2023).
Je nach Quelle wurden zwischen fünf (Guardian 11.5.2023) und zehn Personen bei den gewalttätigen Ausschreitungen getötet (RFE/RL 12.5.2023). Der Supreme Court erklärte am 12. Mai die Festnahme Khans für unrechtmäßig und verfügte die Entlassung auf Kaution (Guardian 15.5.2023).
Den Ausschreitungen ist ein hartes Durchgreifen gefolgt (Siasat 23.5.2023). Das Militär hatte nach den Ausschreitungen angekündigt, alle an den Angriffen auf Militäreinrichtungen Beteiligte vor Militärgerichte zu stellen (REU 16.5.2023). In der Aufbereitung der Gewalt fertigte die Polizei anhand von Videos und Social Media-Nachrichten eine Liste von 25.000 als Verantwortliche bezeichneten Personen an. Mit Stand 19.5.2023 kündigte der Informationsminister an, 800 der bereits Verhafteten würden vor einem Militärgericht oder einem Anti-Terrorgericht angeklagt (Guardian 19.5.2023). Im Juni berichtete der Innenminister von beinahe 5.000 Verhafteten (REU 6.6.2023). Khan (Profil 5.7.2023) und indische Medien sprechen von 10.000 Verhafteten (India Today 23.6.2023). Die meisten Verhafteten wurden seitdem wieder freigelassen (REU 26.6.2023; vgl. India Today 23.6.2023, AJ 26.6.2023). Den Ausschreitungen ist ein hartes Durchgreifen gefolgt (Siasat 23.5.2023). Das Militär hatte nach den Ausschreitungen angekündigt, alle an den Angriffen auf Militäreinrichtungen Beteiligte vor Militärgerichte zu stellen (REU 16.5.2023). In der Aufbereitung der Gewalt fertigte die Polizei anhand von Videos und Social Media-Nachrichten eine Liste von 25.000 als Verantwortliche bezeichneten Personen an. Mit Stand 19.5.2023 kündigte der Informationsminister an, 800 der bereits Verhafteten würden vor einem Militärgericht oder einem Anti-Terrorgericht angeklagt (Guardian 19.5.2023). Im Juni berichtete der Innenminister von beinahe 5.000 Verhafteten (REU 6.6.2023). Khan (Profil 5.7.2023) und indische Medien sprechen von 10.000 Verhafteten (India Today 23.6.2023). Die meisten Verhafteten wurden seitdem wieder freigelassen (REU 26.6.2023; vergleiche India Today 23.6.2023, AJ 26.6.2023).
Führungspersonen der PTI wurden reihenweise unter dem Vorwurf verhaftet, die Gewalt orchestriert zu haben (Guardian 19.5.2023). Einzelne von ihnen verurteilten im Anschluss an die Ausschreitungen die Gewalt und das Vorgehen der Partei und verließen diese (AJ 1.6.2023). Die meisten allerdings, die dies nicht taten, wurden verhaftet bzw. in Haft behalten, darunter mehrere ehemalige Minister (Guardian 3.6.2023; vgl. AJ 1.6.2023). Selbst wenn verhaftete Parlamentarier bzw. Führungspersonen vor Gericht eine Freilassung auf Kaution erlangten, wurden sie erneut verhaftet, mitunter wiederholte sich dieser Vorgang mehrmals. Laut PTI befand sich zeitweise die gesamte Führungsriege in Haft und wurden auch Familien bedroht. Alle Freigelassenen distanzierten sich von Khan und zogen sich aus der Partei oder ganz aus der Politik zurück (REU 6.6.2023).Führungspersonen der PTI wurden reihenweise unter dem Vorwurf verhaftet, die Gewalt orchestriert zu haben (Guardian 19.5.2023). Einzelne von ihnen verurteilten im Anschluss an die Ausschreitungen die Gewalt und das Vorgehen der Partei und verließen diese (AJ 1.6.2023). Die meisten allerdings, die dies nicht taten, wurden verhaftet bzw. in Haft behalten, darunter mehrere ehemalige Minister (Guardian 3.6.2023; vergleiche AJ 1.6.2023). Selbst wenn verhaftete Parlamentarier bzw. Führungspersonen vor Gericht eine Freilassung auf Kaution erlangten, wurden sie erneut verhaftet, mitunter wiederholte sich dieser Vorgang mehrmals. Laut PTI befand sich zeitweise die gesamte Führungsriege in Haft und wurden auch Familien bedroht. Alle Freigelassenen distanzierten sich von Khan und zogen sich aus der Partei oder ganz aus der Politik zurück (REU 6.6.2023).
Indische Quellen sprechen davon, dass bei den Stürmungen der Militäreinrichtungen durch die Demonstranten die Wachleute nicht eingegriffen haben (TrI 23.5.2023) bzw. dass Sympathisanten Khans in der Armee, inklusive Generäle, dabei eine Zurückdrängung unterlassen (OF 19.5.2023; vgl. Siasat 23.5.2023) oder gar Informationen zur Orientierung weitergegeben hätten (OF 19.5.2023). Verschiedene Quellen berichten, dass Khan im Militär bis in die höchsten Ränge hinauf Unterstützung genoss (USIP 11.5.2023; vgl. RFE/RL 12.5.2023, OF 19.5.2023). Nach offiziellen Angaben des Militärs wurden drei hochrangige Angehörige entlassen, gegen 15 - darunter Generalmajore - wurden disziplinäre Maßnahmen ergriffen. Über 100 Personen sind bereits vor Militärgerichten angeklagt. Hierzu gibt es keine Angaben, wie viele davon Zivilisten sind. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Anwendung der Militärgerichtsbarkeit auf Zivilisten (AJ 26.6.2023; vgl. REU 26.6.2023). Der Supreme Court wurde diesbezüglich angerufen (DAWN 18.7.2023). Ein erstes Urteil des Supreme Courts, wonach eine Verhandlung von Zivilisten vor einem Militärgericht verfassungswidrig wäre, wurde von einem größeren Gremium desselben Gerichts aufgehoben. Der Spruch wurde sowohl in Justizkreisen als auch von Menschenrechtsorganisationen breit kritisiert (HRCP 11.1.2024).Indische Quellen sprechen davon, dass bei den Stürmungen der Militäreinrichtungen durch die Demonstranten die Wachleute nicht eingegriffen haben (TrI 23.5.2023) bzw. dass Sympathisanten Khans in der Armee, inklusive Generäle, dabei eine Zurückdrängung unterlassen (OF 19.5.2023; vergleiche Siasat 23.5.2023) oder gar Informationen zur Orientierung weitergegeben hätten (OF 19.5.2023). Verschiedene Quellen berichten, dass Khan im Militär bis in die höchsten Ränge hinauf Unterstützung genoss (USIP 11.5.2023; vergleiche RFE/RL 12.5.2023, OF 19.5.2023). Nach offiziellen Angaben des Militärs wurden drei hochrangige Angehörige entlassen, gegen 15 - darunter Generalmajore - wurden disziplinäre Maßnahmen ergriffen. Über 100 Personen sind bereits vor Militärgerichten angeklagt. Hierzu gibt es keine Angaben, wie viele davon Zivilisten sind. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Anwendung der Militärgerichtsbarkeit auf Zivilisten (AJ 26.6.2023; vergleiche REU 26.6.2023). Der Supreme Court wurde diesbezüglich angerufen (DAWN 18.7.2023). Ein erstes Urteil des Supreme Courts, wonach eine Verhandlung von Zivilisten vor einem Militärgericht verfassungswidrig wäre, wurde von einem größeren Gremium desselben Gerichts aufgehoben. Der Spruch wurde sowohl in Justizkreisen als auch von Menschenrechtsorganisationen breit kritisiert (HRCP 11.1.2024).
Anstehende Wahlen
Drei Tage vor dem Ablauf der regulären Legislaturperiode löste Premierminister Shabaz Sharif im August 2023 die Nationalversammlung auf, wodurch verfassungsmäßig 90 Tage für die Wahlen vorgesehen sind, anstatt der 60 Tage bei deren vollständiger Ableistung. Allerdings wurde auch ein Wahltermin nach 90 Tagen als unrealistisch bezeichnet. Einer der genannten Gründe ist, dass die Ergebnisse der aktuellen Volkszählung eine Neueinteilung der Wahlkreise verlangten (AJ 10.8.2023). Am 16. August wurde die verfassungsmäßig vorgesehene Übergangsregierung angelobt (REU 17.8.2023).
Außerdem wurde im August Imran Khan der Unterschlagung schuldig befunden und in Haft genommen. Die Verurteilung hätte eine Kandidatur Khans bei den Wahlen verhindert. Nach dem großen Aufruhr vom Mai blieben die diesbezüglichen Proteste auf den Straßen begrenzt und ruhig (REU 5.8.2023). Zwischenzeitlich wurde das erste Urteil vom Höchstgericht Islamabad ausgesetzt, er verblieb in Haft aufgrund einer weiteren Anklage (AJ 27.9.2023).
Die allgemeinen Wahlen wurden für 8. Februar angesetzt. Das Umfeld der Wahlen wird allerdings Berichten zu Folge in einer Weise gestaltet, welche die PTI ins Abseits stellt. Imran Khan ist weiterhin in Haft. Seine Nominierung wurde von der Wahlkommission abgelehnt, wie auch die anderer PTI-Kandidaten (TIME 17.1.2024; vgl. AJ 12.1.2024, HRCP 11.1.2024, VOA 4.1.2024). Verhaftungen - wenn auch vorübergehend - und Verhöre von Führungspersonen der PTI halten an. Berichtet wird auch von der Vernichtung von Antragspapieren oder Entführungen. In der Medienberichterstattung ist Khan mit einer Art Bann belegt (HRCP 11.1.2024; vgl. TIME 17.1.2024). Der PTI wurde die Verwendung ihres Parteisymbols, einem Cricketschläger, auf den Wahlkarten gerichtlich untersagt. In einem Land mit 40 Prozent Analphabeten unter der wahlberechtigten Bevölkerung ist das Parteisymbol ein wichtiger Wiedererkennungsfaktor. Mehr noch, ist noch nicht gesichert, ob die PTI-Kandidaten überhaupt unter dem Namen der Partei antreten können oder als Unabhängige kandidieren müssen. Konträr dazu wurden die gerichtliche Verurteilung von Khans Vorgänger als Premierminister, dem aus dem Exil zurückgekehrten Nawaz Sharif, ebenso wie dessen lebenslanges Politikverbot aufgehoben, sodass er seine Wahlkampagne eröffnen konnte. Laut Meinungsumfragen genießt Khan allerdings weiterhin hohe Popularität (TIME 17.1.2024; vgl. AJ 12.1.2024). Ende Jänner 2024 wurde Khan nochmals der Unterschlagung für schuldig gesprochen und mit einem 10-jährigen Politikverbot belegt. Einspruch wurde eingelegt (GeoNews 31.1.2024).Die allgemeinen Wahlen wurden für 8. Februar angesetzt. Das Umfeld der Wahlen wird allerdings Berichten zu Folge in einer Weise gestaltet, welche die PTI ins Abseits stellt. Imran Khan ist weiterhin in Haft. Seine Nominierung wurde von der Wahlkommission abgelehnt, wie auch die anderer PTI-Kandidaten (TIME 17.1.2024; vergleiche AJ 12.1.2024, HRCP 11.1.2024, VOA 4.1.2024). Verhaftungen - wenn auch vorübergehend - und Verhöre von Führungspersonen der PTI halten an. Berichtet wird auch von der Vernichtung von Antragspapieren oder Entführungen. In der Medienberichterstattung ist Khan mit einer Art Bann belegt (HRCP 11.1.2024; vergleiche TIME 17.1.2024). Der PTI wurde die Verwendung ihres Parteisymbols, einem Cricketschläger, auf den Wahlkarten gerichtlich untersagt. In einem Land mit 40 Prozent Analphabeten unter der wahlberechtigten Bevölkerung ist das Parteisymbol ein wichtiger Wiedererkennungsfaktor. Mehr noch, ist noch nicht gesichert, ob die PTI-Kandidaten überhaupt unter dem Namen der Partei antreten können oder als Unabhängige kandidieren müssen. Konträr dazu wurden die gerichtliche Verurteilung von Khans Vorgänger als Premierminister, dem aus dem Exil zurückgekehrten Nawaz Sharif, ebenso wie dessen lebenslanges Politikverbot aufgehoben, sodass er seine Wahlkampagne eröffnen konnte. Laut Meinungsumfragen genießt Khan allerdings weiterhin hohe Popularität (TIME 17.1.2024; vergleiche AJ 12.1.2024). Ende Jänner 2024 wurde Khan nochmals der Unterschlagung für schuldig gesprochen und mit einem 10-jährigen Politikverbot belegt. Einspruch wurde eingelegt (GeoNews 31.1.2024).
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2024-02-01 11:02
Allgemeine Entwicklungen im Bereich Terrorismus
Pakistan konnte ab 2014 bedeutenden Erfolg in seiner Terrorbekämpfung aufweisen. Sie führten zu einer verbesserten allgemeinen Sicherheitslage, die allerdings aktuell wieder vor Herausforderungen steht (PIPS 10.1.2024).
Konstante Einsatz- und Überwachungskampagnen der Sicherheitskräfte und polizeilichen Anti-Terrorabteilungen, darunter die groß angelegten Militäroperationen Zarb-e-Azb, Khyber I-IV und Radd-ul-Fasaad sowie einige Anti-Extremismusmaßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, NAP, trugen zu einem kontinuierlichen Rückgang terroristischer Anschläge von 2009 bis 2020 - mit Ausnahme des Jahres 2013 - bei (PIPS 15.6.2021).
Die Operation Zarb-e-Azb 2014 war in erster Linie auf die Provinz Khyber Pakhtunkhwa und die damaligen Federal Administered Tribal Areas, FATA, ausgerichtet, um Terrorgruppen in Nord-Waziristan zu bekämpfen. Aus den meisten Gebieten konnten die militanten Extremisten vertrieben werden. Unter den Militäroperationen litt allerdings auch die Zivilbevölkerung vor Ort, eine hohe Anzahl an Personen wurde zu intern Vertriebenen. Die darauf folgende Operation Radd-ul-Fasaad involviert auch zivile Einsatzkräfte und konzentrierte sich auf geheimdienstliche