TE Bvwg Erkenntnis 2024/7/17 W257 2279561-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2024
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Entscheidungsdatum

17.07.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W257 2279561-1/11E

Schriftliche Ausfertigung des am 09.07.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Spruchpunkt I., vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Spruchpunkt römisch eins., vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2024, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm Abs. 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 4, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (nunmehr „BF“) stellte am 02.07.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 04.07.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Er führte aus, dass er syrischer Staatsangehöriger, islamischen Glaubens und verheiratet zu sein. Seine Muttersprache sei Arabisch und er gehöre der arabischen Volksgruppe an. Er habe eine zwölfjährige Schulbildung und fünf Jahre an einer Universität Erdölingenieur studiert. Zuletzt sei er IT-Techniker gewesen. Er stamme aus der Stadt XXXX . In Syrien wären seine Ehefrau, seine Eltern sowie vier Schwestern und zwei Brüder noch aufhältig. Ein Bruder würde in den Vereinigten Arabischen Emiraten leben.1. Der Beschwerdeführer (nunmehr „BF“) stellte am 02.07.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 04.07.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Er führte aus, dass er syrischer Staatsangehöriger, islamischen Glaubens und verheiratet zu sein. Seine Muttersprache sei Arabisch und er gehöre der arabischen Volksgruppe an. Er habe eine zwölfjährige Schulbildung und fünf Jahre an einer Universität Erdölingenieur studiert. Zuletzt sei er IT-Techniker gewesen. Er stamme aus der Stadt römisch 40 . In Syrien wären seine Ehefrau, seine Eltern sowie vier Schwestern und zwei Brüder noch aufhältig. Ein Bruder würde in den Vereinigten Arabischen Emiraten leben.

Syrien habe im Oktober 2019 per Flugzeug in die Vereinigten Arabischen Emirate verlassen. Dort habe er 2,5 Jahre gelebt und er sei über Montenegro, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen. Er habe nach Europa kommen wollen, weil er sich hier weiterstudieren und anschließend eine Arbeit finden könne, damit er seine Familie unterstützte.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass es in Syrien keine ordentlichen Weiterbildungsmöglichkeiten und kaum Arbeit gebe. Außerdem müsse er zum Militär einrücken und dies wolle er nicht. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, dass beim Militärdienst Menschen töten müsse oder er selbst getötet werde. Ebenfalls habe er Angst, dass er seine Familie nicht ernähren könne.

2. Am 30.03.2023 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr „BFA“) im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er nach eingehender Belehrung, dass er den Dolmetscher gut verstehe. Er spreche neben Arabisch auch etwas Englisch. Er legte einen syrischen Personalausweis und ein syrisches Militärbuch vor.

Er stamme aus dem Dorf XXXX . Er werde ausschließlich im Syrien verfolgt. Seine Ehefrau habe er traditionell geheiratet und sie sei Araberin und Sunnitin. Er könne keine Dokumente bezüglich dieser Ehe vorlegen. Mit seiner Ehegattin habe er drei Monate zusammengelebt, ehe er Syrien verlassen habe. Er habe keine Kinder. Seine Ehefrau lebe bei seinen Eltern. Mit diesen hätte er dreimal wöchentlich Kontakt.Er stamme aus dem Dorf römisch 40 . Er werde ausschließlich im Syrien verfolgt. Seine Ehefrau habe er traditionell geheiratet und sie sei Araberin und Sunnitin. Er könne keine Dokumente bezüglich dieser Ehe vorlegen. Mit seiner Ehegattin habe er drei Monate zusammengelebt, ehe er Syrien verlassen habe. Er habe keine Kinder. Seine Ehefrau lebe bei seinen Eltern. Mit diesen hätte er dreimal wöchentlich Kontakt.

Österreich sei sein Zielland gewesen und hier sei er im Juli 2022 auch illegal eingereist. In Syrien habe er maturiert und danach drei Jahre die Fachhochschule für Erdölwesen besucht und abgeschlossen. Danach sei er in die Arabischen Emirate gegangen, um als Verkäufer zu arbeiten. Das Land habe er wegen des Rassismus verlassen.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF, nachdem er eine Verfolgung aufgrund seiner Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Religion, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer Gruppe verneint habe, im Wesentlichen aus, dass er in Syrien seinen Grundwehrdienst noch nicht abgeleistet habe. Er habe aufgrund seines Studiums bis zum 15.09.2019 einen Aufschub erhalten und sei am 17.10.2019 in die Arabischen Emirate ausgereist. Es habe zwar keine Anzeichen, wie etwa einen Einberufungsbefehl gegeben, aber er habe einen solchen aber nicht abwarten wollen. Da Syrer in den Emiraten schlecht behandelt werden würde, sei er nach Europa gegangen. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor dem Militärdienst und davor, dass er seine Familie nicht ernähren könne.

In Österreich lerne er Deutsch und wolle danach sein Studium anerkennen lassen. Wenn er das geschafft habe, dann wolle er hier nach Erdöl bohren. Er sei hier auch mit dem Gesetz noch nicht in Konflikt geraten.

Es folgte danach eine Belehrung über die Länderberichte und der Abgabe einer Stellungnahme. Der BF verzichtete auf die Abgabe einer solchen. Danach erfolgte die wortwörtliche Rückübersetzung und der BF bestätigte, dass alles richtig aufgenommen worden wäre. Er wurde auch über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt. Er habe nichts mehr hinzuzufügen und den Dolmetscher einwandfrei verstanden. Danach bestätigte er mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zugestellt am 31.07.2023 durch Hinterlegung, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 , zugestellt am 31.07.2023 durch Hinterlegung, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Angaben zur Identität und Herkunft des BF durch seine Angaben und vorgelegten Dokumente zwar glaubwürdig gewesen seien, jedoch es sich aus seinen Angaben ergebe, dass er aus wirtschaftlichen Gründen sein Heimatland verlassen habe. Vor seiner Ausreise sei weder einberufen worden noch sei er einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt gewesen. Im Übrigen wäre es BF möglich, sich in Falle einer Rückkehr nach Syrien aufgrund seines langen Auslandsaufenthaltes, vom Militärdienst freizukaufen. Abgesehen davon finde keine Generalmobilmachung seitens des syrischen Regimes statt, sodass Rekruten nicht zu Kampfhandlungen im Kriegsgebiet eingesetzt werden würden. Sonstige Gründe, die eine asylrechtlich relevante Verfolgung nach sich ziehen würde, wären seitens des BF nicht vorgebracht worden.

Der BF habe keine asylrechtlich relevante Verfolgung glaubhaft machen können und Syrien aufgrund des Krieges und der schlechten Sicherheitslage verlassen. Es sei jedoch nicht hervorgekommen, dass der BF einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der GFK ausgesetzt gewesen sei und solche auch zukünftig nicht zu erwarten wäre. Der BF habe keine individuelle Verfolgungshandlung glaubhaft machen können.

Aufgrund der vorherrschenden Sicherheitslage in seinem Herkunftsstaat sei dem BF, unter der Berücksichtigung der EMRK, subsidiärer Schutz in Österreich und somit ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von einem Jahr zu gewähren gewesen.

4. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG wurde dem BF am 28.07.2023 die BBU GmbH als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.4. Mit Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG wurde dem BF am 28.07.2023 die BBU GmbH als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

5. Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht am Beschwerde erhoben, welche am 21.08.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte und durch seine nunmehrige Vertretung, der BBU GmbH, erhoben wurde. Als Beschwerdegründe wurden Verfahrensfehler und mangelnde Beweiswürdigung sowie mangelhafte Länderfeststellungen geltend gemacht.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht am Beschwerde erhoben, welche am 21.08.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte und durch seine nunmehrige Vertretung, der BBU GmbH, erhoben wurde. Als Beschwerdegründe wurden Verfahrensfehler und mangelnde Beweiswürdigung sowie mangelhafte Länderfeststellungen geltend gemacht.

Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, weil der BF sehr wohl eine begründete Furcht vor einer Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee angeführt habe. Er habe ein Militärbuch vorgelegt, in dem ihm ein Aufschub bis zum 31.12.2019 gewährt worden sei. Da der BF im wehrfähigen Alter sei und sein Studium beendet habe, müsse davon ausgegangen werden, dass dem BF nach der Beendigung seines Studiums kein weiterer Aufschub mehr gewährt und er im Jahr 2020 einberufen worden wäre. Dieser Einberufung habe er sich durch die zeitgerechte Ausreise entziehen können.

Es sei den Länderberichten zu entnehmen, dass Männer im wehrpflichtigen Alter einer asylrechtlich relevanten Bedrohung in Syrien ausgesetzt wären, zumal willkürlich Festnahmen, Misshandlungen, Folter oder verschwinden lassen in Syrien weit verbreitet wären, vor allem gegen Personen, die vom Regime als oppositionell wahrgenommen werden würden. Die Schwelle, als oppositionell betrachtet zu werden, sei sehr gering, weshalb eine Weigerung des Wehrdienstes sehr wohl bereits darunterfallen würde, als oppositionell angesehen zu werden. Im Übrigen fehle es auch an einer einheitlichen Praxis, wie eine Person zum Wehrdienst einberufen werde. Der BF stamme außerdem aus einer von der syrischen Armee kontrollierten Region. Bereits bei der Einreise nach Syrien würde der BF ins Blickfeld des syrischen Regimes geraten. Diese hätten Listen von Personen, die illegal das Land verlassen hätten.

Zu einem möglichen Freikauf vom Militärdienst habe die belangte Behörden den BF in keiner Weise befragt und es können auch nicht davon ausgegangen werden, dass der BF diese Summe aufbringen könne bzw. er das Regime durch die Zahlung einer Summe unterstützen wolle, zumal er dieses ablehne. Es werde zwar nicht verkannt, dass ein Freikauf möglich werde, jedoch habe es das BFA verkannt, dass beim BF diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass es sich hierbei um einen langwierigen Prozess handle und es keine Rechtsinstrumente gebe, um diesen Freikauf tatsächlich zu gewährleisten zu können.

Der BF falle daher unter das Risikoprofil vermeintlich in Opposition zur Regierung stehend und das des Wehrdienstverweigerers. Daher sei der BF auch der Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die syrische Regierung ausgesetzt.

Da die Angaben des BF glaubhaft gewesen wären, zumal diese mit den Länderberichten vereinbar gewesen wären und der BF auch einigen Risikogruppen nach UNHCR angehören würde, habe der BF glaubhaft gemacht, dass er aus asylrechtlich relevanten Gründen sein Heimatland verlassen habe.

Der BF habe sich nachvollziehbar darauf berufen habe, dass er aus Angst vor einer Zwangsrekrutierung geflohen sei. Daher habe der BF im Wesentlichen gleichbleibend ausgeführt, dass er aus wohlbegründeter Furcht sein Heimatland verlassen habe. Dass der BF seinen Militärdienst nicht angetreten habe, würde bei seiner Einreise festgestellt werden. Dies hätte zur Folge, dass er vom syrischen Regime als „oppositionell“ betrachtet werden würde. Als Militärdienstverweigerer drohe dem BF in Syrien eine asylrechtlich relevante Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Wehrdienstverweigerer. Er wäre aufgrund dieser Weigerung als Regimegegner angesehen. Aufgrund seiner unterstellten politischen Gesinnung als Wehrdienstverweigerer würde daher eine asylrechtlich relevante Verfolgung vorliegen, weshalb der angefochtene Bescheid mangelhaft sei. Es wurde beantragt der Beschwerde stattzugeben und dem BF des Asylberechtigten zuzuerkennen. Ebenfalls wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.10.2023 vorgelegt und sind am 13.10.2023 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.

8. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 09.07.2024, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF, ebenso wie seine Rechtsvertretung, persönlich teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde verzichtete, mit Schreiben vom 24.06.2024 entschuldigt, auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.

Nach eingehender Belehrung und Verzicht auf Verlesung des Aktes gab der BF an, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme. Seine bisherigen Aussagen hätten immer der Wahrheit entsprochen und habe nichts richtigzustellen.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass er Syrien verlassen habe, weil der Aufschub, den er aufgrund meines Studiums erhalten habe, abgelaufen sei. Deswegen habe er nicht mehr in Syrien bleiben können, weil er andernfalls zum Wehrdienst eingezogen worden wäre. Er habe das Wehrdienstbuch im Jahr 2010/2011 erhalten und Syrien am 17.10.2019 verlassen.

Der BF gab an, in einem Dorf im Umland von XXXX , namens XXXX , geboren und aufgewachsen zu sein. Im Jahr 2013 wäre die Familie in die Stadt XXXX geflohen, wo sich der BF sechs Jahre aufgehalten habe, bevor er Syrien verlassen habe.Der BF gab an, in einem Dorf im Umland von römisch 40 , namens römisch 40 , geboren und aufgewachsen zu sein. Im Jahr 2013 wäre die Familie in die Stadt römisch 40 geflohen, wo sich der BF sechs Jahre aufgehalten habe, bevor er Syrien verlassen habe.

Er habe im Jahrgang 2011/2012 mit seinem Studium in der Stadt XXXX für das Fach Mathematik angefangen. Später habe er sein Studium nach XXXX verlegt, weil es einerseits näher zu seinem Heimatdorf und andererseits sicherer gewesen sei. Auf der Route nach XXXX sei es zu Entführungen gekommen. In XXXX habe er auch das Studienfach gewechselt und er habe den Fachbereich Erdöltechnik angefangen.Er habe im Jahrgang 2011/2012 mit seinem Studium in der Stadt römisch 40 für das Fach Mathematik angefangen. Später habe er sein Studium nach römisch 40 verlegt, weil es einerseits näher zu seinem Heimatdorf und andererseits sicherer gewesen sei. Auf der Route nach römisch 40 sei es zu Entführungen gekommen. In römisch 40 habe er auch das Studienfach gewechselt und er habe den Fachbereich Erdöltechnik angefangen.

Seine Familie, damit meine er seine Eltern, seine Ehefrau und seine Brüder und Schwestern würden, bis auf einen Bruder in den VAE, alle in Syrien in der Stadt XXXX leben.Seine Familie, damit meine er seine Eltern, seine Ehefrau und seine Brüder und Schwestern würden, bis auf einen Bruder in den VAE, alle in Syrien in der Stadt römisch 40 leben.

Seine Brüder hätten keine Einberufungsbefehle bekommen. Dies gebe es in der letzten Zeit nicht mehr. Falls man keinen Grund für einen Aufschub habe, müsse man in den Wehrdienst antreten. Sein Aufschub sei von 2012 bis 2019 verlängert worden und zuletzt bis 31.12.2019 gültig gewesen. Er könne das Wehrdienstbuch im Original vorlegen. Diesem sei zu entnehmen gewesen, dass dem BF am 27.04.2020 bis 15.03.2021 ein Aufschub gewährt worden sei. Dieser sei zwei Mals, von 24.01.2021 bis 15.03.2022 und vom 04.01.2022 bis 15.03.2023 verlängert worden. Diese Aufschübe habe der BF für den Zweck eines Besuches nach Syrien erhalten, als er sich in den VAE befunden habe. Er sei damals jedoch nicht nach Syrien zurückgegangen. Diese Aufschübe wären spezifisch für die Auswanderer. Sein Wehrdienstbuch sei in Syrien gewesen und seine Eltern hätten diese Aufschübe für den BF beantragt.

Nach Einblick in https://syria.liveuamap.com würde festgehalten, dass das Gebiet, aus dem der BF stamme, unter der Kontrolle der syrischen Armee stehe. Ein Bruder lebe seit ca. drei Jahren in den VAE und erhalte Aufschübe, weil er ein Auswanderer sei. Der zweite Bruder habe sein Jus-Studium abgeschlossen und einen Aufschub für zwei Jahre für sein Praktikum erhalten. Der dritte Bruder sei noch minderjährig.

Der BF habe keine Kinder und habe auch kein Geld angespart. Er gehe nicht arbeiten, sondern besuche einen Deutschkurs. Er habe sich vom 17.10.2019 bis zum 24. oder 26.06.2022 in den VAE aufgehalten. Sein Bruder sei erst Ende 2021 in die VAE gereist. Die Reise von den VAE nach Österreich habe ca. 5.000 US-Dollar gekostet. Dies wären seine Ersparnisse von seiner Arbeit in den VAE gewesen. Er sei der älteste von allen Brüdern.

Zu den übersandten Länderberichten haben der BF keine Einwendungen. Danach folgte der Schluss der Verhandlung und der Richter verkündet gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG das nachfolgende Erkenntnis, dass der Beschwerde des BF stattgegeben werde und ihm gemäß § 3 Abs. 1 iVm Abs. 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde und ihm gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.Zu den übersandten Länderberichten haben der BF keine Einwendungen. Danach folgte der Schluss der Verhandlung und der Richter verkündet gemäß Paragraph 29, Absatz 2, VwGVG das nachfolgende Erkenntnis, dass der Beschwerde des BF stattgegeben werde und ihm gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 4, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde und ihm gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Begründend wurde festgehalten, dass der Heimatort des Beschwerdeführers und die nähere Umgebung unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehe. Der Beschwerdeführer habe seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet und sei von diesem auch nicht mehr befreit. Er befindet sich in einem Alter und Gesundheitszustand, welche ihn als Soldaten für die syrische Armee interessant mache.

Es bestehe das reale Risiko, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Syrien dem Dienst als Grundwehrdiener der syrischen Armee zugeführt werde. Der Beschwerdeführer würde den Militärdienst verweigern. Der Dienst als Grundwehrdiener sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang zur Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen verbunden, im Falle einer Weigerung würde der Beschwerdeführer zumindest mit einer mit Folter verbundenen Gefängnisstrafe bestraft werden.

Die Haft sowie die damit verbundene Folter drohen dem Beschwerdeführer, weil er sich dem Wehrdienst durch seine illegale Ausreise aus Syrien bzw. Flucht ins Ausland entzogen hat und die syrische Regierung ihm deswegen eine oppositionelle Gesinnung unterstellen würde. Die Möglichkeit des Freikaufens vom Wehrdienst in der syrischen Armee stelle für den Beschwerdeführer keine ihm zumutbare Alternative bzw. Lösung dar. Er sei einkommenslos und verfüge über keine Barmittel.

Die Feststellungen zu Syrien würden sich auf die eingebrachten Länderberichte gründen. Der BF habe das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet (geboren im August 1992). Damit könne mit Sicherheit angenommen werden, dass er sich auch nicht freikaufen könne. Er habe keinen Wehrdienst abgeleistet. Da er geflohen sei (und vorerst in VAE gelebt habe) würde ihm eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Syrien Gefahr läuft, zum Wehrdienst in der syrischen Armee eingezogen zu werden und ihm im Falle einer Weigerung der Ableistung des Militärdienstes, eine Inhaftierung und eine damit verbundene Folter drohe, gründe sich auf die Länderfeststellungen.

9. Mit Schreiben vom 09.07.2024 begehrte die belangte Behörde die schriftliche Ausfertigung des am 09.07.2024 verkündeten mündlichen Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch erwähnten Namen, ist am XXXX in Syrien geboren worden, Araber und sunnitischer Moslem. Er befindet sich nicht in medizinischer Behandlung und ist gesund. Er ist verheiratet und hat keine Kinder. Er hat nach dem Abschluss der Schule im Jahr 2011/2012 ein Mathematikstudium in der Stadt XXXX angefangen, danach habe er in XXXX den Fachbereich Erdöltechnik begonnen.Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch erwähnten Namen, ist am römisch 40 in Syrien geboren worden, Araber und sunnitischer Moslem. Er befindet sich nicht in medizinischer Behandlung und ist gesund. Er ist verheiratet und hat keine Kinder. Er hat nach dem Abschluss der Schule im Jahr 2011/2012 ein Mathematikstudium in der Stadt römisch 40 angefangen, danach habe er in römisch 40 den Fachbereich Erdöltechnik begonnen.

In Syrien wären noch seine Eltern, seine Ehefrau und seine Geschwister aufhältig. Ein Bruder lebt in den VAE. Der Beschwerdeführer lebte bis 2013 an seinem Geburtsort XXXX im Umland der Stadt XXXX und verzog anschließend in die Stadt XXXX , in welcher der Beschwerdeführer bis zu seiner endgültigen Ausreise aus seinem Herkunftsstaat im Oktober 2019, als er in VAE reiste, wohnte.In Syrien wären noch seine Eltern, seine Ehefrau und seine Geschwister aufhältig. Ein Bruder lebt in den VAE. Der Beschwerdeführer lebte bis 2013 an seinem Geburtsort römisch 40 im Umland der Stadt römisch 40 und verzog anschließend in die Stadt römisch 40 , in welcher der Beschwerdeführer bis zu seiner endgültigen Ausreise aus seinem Herkunftsstaat im Oktober 2019, als er in VAE reiste, wohnte.

Von den VAE ist er nach einem dreijährigen Aufenthalt über Montenegro, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen. Dort stellte er nach unrechtmäßiger Einreise am 02.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Von den VAE ist er nach einem dreijährigen Aufenthalt über Montenegro, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen. Dort stellte er nach unrechtmäßiger Einreise am 02.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Der Beschwerdeführer ist gesund und strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Flucht- und Verfolgungsgründen:

Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, XXXX , im Gouvernement XXXX , steht im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt unter der Kontrolle des syrischen Regimes.Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, römisch 40 , im Gouvernement römisch 40 , steht im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt unter der Kontrolle des syrischen Regimes.

Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 und 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren in der syrisch arabischen Armee (SAA) des syrischen Regimes gesetzlich verpflichtend. Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen. Der im Entscheidungszeitpunkt 32-jährige Beschwerdeführer befindet sich im wehrdienstpflichtigen Alter. Der Beschwerdeführer ist in Syrien wehrdienstpflichtig und hat den Wehrdienst nicht abgeleistet.

Im Falle einer Rückkehr besteht für ihn die Gefahr, an einem Grenzkontrollposten oder an einem Checkpoint verhaftet und zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden.

Der Beschwerdeführer lehnt die Ableistung des Wehrdienstes für die syrische Regierung aufgrund einer ernstlichen politischen Überzeugung ab, da es sich seiner Ansicht nach um ein verbrecherisches Regime handelt und er sich im Rahmen des Wehrdienstes an den Verbrechen des Regimes beteiligen müsste. Im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer die Ableistung des Wehrdienstes verweigern.

Das syrische Militärdienstgesetz erlaubt syrischen Männern im Militärdienstalter (18-42 Jahre) und mit Wohnsitz im Ausland, eine Gebühr ("badal an-naqdi") zu entrichten, um von der Wehrpflicht befreit und nicht wieder einberufen zu werden.

Der Beschwerdeführer verfügt weder über die finanziellen Mittel, um die Befreiungsgebühr zu bezahlen, noch wäre dieser aufgrund seiner politischen Überzeugung bereit dies zu tun. Die Verweigerung des Wehrdienstes ist im gegenständlichen Fall für den Beschwerdeführer das einzige Mittel, um dem Wehrdienst bei der syrischen Armee zu entgehen.

Bei einer Weigerung der Ableistung des Militärdienstes droht dem Beschwerdeführer zumindest eine Gefängnisstrafe, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

Auszug aus der Länderinformation Syrien, Version 11:

1.3.1. Sicherheitslage

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024).

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).

Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).

Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).

Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).

Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten 'Versöhnungsabkommens'. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023). In Suweida kam es 2020 und 2022 ebenfalls zu Aufständen, immer wieder auch zu Sicherheitsvorfällen mit Milizen, kriminellen Banden und Drogenhändlern. Dies führte immer wieder zu Militäroperationen und schließlich im August 2023 zu größeren Protesten (CC 13.12.2023). Die Proteste weiteten sich nach Daraa aus. Die Demonstranten in beiden Provinzen forderten bessere Lebensbedingungen und den Sturz Assads (Enab 20.8.2023).

Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).

Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nicht-identifzierte Akteure (SNHR 1.5.2023).

Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS)

Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Als sein Nachfolger wurde Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi ernannt (EUAA 9.2022; vgl. DS 10.3.2022). Am 30.11.2022 bestätigte die Dschihadistenmiliz den Tod von Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (BAMF 6.12.2022; vgl. CNN 30.11.2022). Das Oberkommando der US-Streitkräfte in der Region bestätigte, dass al-Quraishi Mitte Oktober 2022 bei einer Operation von syrischen Rebellen in der südlichen syrischen Provinz Dara’a getötet wurde (BAMF 6.12.2022). Der IS ernannte Abu al-Husain al-Husaini al-Quraishi zu seinem Nachfolger (CNN 30.11.2022; vgl. BAMF 6.12.2022). Im August 2023 wurde dieser bei Kampfhandlungen mit der HTS getötet und der IS musste zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren einen neuen Führer ernennen. Als Nachfolger wurde Abu Hafs al-Hashimi al-Qurayshi eingesetzt (WSJ 3.8.2023). Die Anit-Terror-Koalition unter der Führung der USA gibt an, dass 98 Prozent des Gebiets, das der IS einst in Syrien und Irak kontrollierte, wieder unter Kontrolle der irakischen Streitkräfte bzw. der SDF sind (CFR 24.1.2024). Der IS kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghouz die letzte Bastion des IS von den oppositionellen SDF erobert (DZ 24.3.2019). Im Oktober 2019 wurde der Gründer und Anführer des IS, Abu Bakr Al-Baghdadi, bei einem US-Spezialkräfteeinsatz in Nordwest-Syrien getötet (AA 19.5.2020). Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Hashimi al-Quraishi beging im Februar 2022 beim Eintreffen einer US-Spezialeinheit im Gouvernement Idlib Selbstmord. Als sein Nachfolger wurde Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi ernannt (EUAA 9.2022; vergleiche DS 10.3.2022). Am 30.11.2022 bestätigte die Dschihadistenmiliz den Tod von Abu Hassan al-Hashemi al-Quraishi (BAMF 6.12.2022; vergleiche CNN 30.11.2022). Das Oberkommando der US-Streitkräfte in der Region bestätigte, dass al-Quraishi Mitte Oktober 2022 bei einer Operation von syrischen Rebellen in der südlichen syrischen Provinz Dara’a getötet wurde (BAMF 6.12.2022). Der IS ernannte Abu al-Husain al-Husaini al-Quraishi zu seinem Nachfolger (CNN 30.11.2022; vergleiche BAMF 6.12.2022). Im August 2023 wurde dieser bei Kampfhandlungen mit der HTS getötet und der IS musste zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren einen neuen Führer ernennen. Als Nachfolger wurde Abu Hafs al-Hashimi al-Qurayshi eingesetzt (WSJ 3.8.2023). Die Anit-Terror-Koalition unter der Führung der USA gibt an, dass 98 Prozent des Gebiets, das der IS einst in Syrien und Irak kontrollierte, wieder unter Kontrolle der irakischen Streitkräfte bzw. der SDF sind (CFR 24.1.2024).

Der Sicherheitsrat der VN schätzt die Stärke der Gruppe auf 6.000 bis 10.000 Kämpfer in ganz Syrien und im Irak, wobei die operativen Führer der Gruppe hauptsächlich in Syrien stationiert sind (EUAA 9.2022). Die Terrororganisation IS kann in Syrien selbst in ihren Rückzugsgebieten im syrisch-irakischen Grenzgebiet sowie in Zentralsyrien weiterhin keine territoriale Kontrolle mehr ausüben. Mit mehreren Tausend Kämpfern sowie deren Angehörigen, die sich in Gefängnissen und Lagern in Nordostsyrien in Gewahrsam der SDF befinden, sowie einer vermutlich dreistelligen Zahl von im Untergrund aktiven Kämpfern bleibt der IS jedoch ein relevanter asymmetrischer Akteur (AA 2.2.2024). Nach dem Verlust der territorialen Kontrolle verlagerte der IS seine Strategie hin zu aufständischen Methoden, wie gezielte Angriffe, u.a. Autobomben, Überfälle und Attentate (DIS 29.6.2020). Der IS verübte immer wieder Angriffe und Anschläge, insbesondere auf Einheiten der SDF im Nordosten sowie auf Truppen des Regimes in Zentralsyrien (AA 2.2.2024). IS-Kämpfer sind in der Wüste von Deir ez-Zor, Palmyra und Al-Sukhna stationiert und konzentrieren ihre Angriffe auf Deir ez-Zor, das Umland von Homs, Hasakah, Aleppo, Hama und Raqqa (NPA 15.5.2023). In der ersten Jahreshälfte 2023 wurde von 552 Todesopfer durch Angriffe des IS berichtet (NPA 8.7.2023).

Trotz der starken Präsenz syrischer und russischer Streitkräfte in Südsyrien sind mit dem IS verbundene Kämpfer in der Region aktiv und das syrische Regime ist derzeit nicht in der Lage, IS-Aktivisten in Gebieten zurückzudrängen, die vollständig unter der Kontrolle der Regierung stehen (VOA 24.10.2022). Der IS ist im Regimegebiet stärker, weil die syrische Armee weniger kompetent bei Anti-Terror-Operationen auftritt als die SDF (Zenith 11.2.2022). Nach Angaben der International Crisis Group verübten IS-Zellen Ende 2021 durchschnittlich zehn bis 15 Angriffe auf die Regierungsstreitkräfte pro Monat, die meisten davon im Osten von Homs und im ländlichen westlichen Deir Ez-Zour. Dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2022 fort (EUAA 9.2022). Mitte 2020 gehörten zu den Zielpersonen des IS vor allem lokale Behörden und Personen, die mit den Behörden, Kräften und Gruppen, die gegen den IS kämpfen, zusammenarbeiten oder als mit ihnen kooperierend wahrgenommen werden (DIS 29.6.2020). Der IS profitierte auch von einem Sicherheitsvakuum, das dadurch entstand, dass die verschiedenen militärischen Kräfte ihre Aktivitäten aufgrund der COVID-19-Pandemie reduzierten (USDOS 30.3.2021).

Zivile Todesopfer landesweit

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London (SOHR), verzeichnete für das Jahr 2023 mit 4.361 getöteten Personen die höchste Todesopferzahl in drei Jahren. Darunter zählten sie 1.889 ZivilistInnen, darunter 307 Kinder und 241 Frauen (OHR 31.12.2023). Das Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) dokumentierte im Zeitraum 1.1.2021 bis 30.6.2023 in den syrischen Gouvernements die folgende Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen mit mindestens einem Todesopfer sowie Todesopfern. Demnach kamen im Jahr 2022 5.949 Menschen ums Leben und im ersten Halbjahr 2023 2.796 Personen

Im Monatsverlauf dokumentierte ACLED im Zeitraum 1.1.2020-30.6.2023 die folgende Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen mit mindestens einem Todesopfer (Darstellung der Staatendokumentation basierend auf Daten von ACLED):

Der Großteil der von ACLED gesammelten Daten basiert auf öffentlich zugänglichen Sekundärquellen. Die Daten können daher das Ausmaß an Vorfällen unterschätzen. Insbesondere Daten zur Anzahl an Todesopfern sind den Gefahren der Verzerrung und der ungenauen Berichterstattung ausgesetzt. ACLED gibt an, konservative Schätzungen zu verwenden (ACLED/ACCORD 25.3.2021).

Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden (AA 29.11.2021).

Informationen zur Untersuchung von Chemiewaffeneinsätzen in Syrien

Die syrische Regierung wird beschuldigt mehrmals chemische Waffen eingesetzt zu haben, was zu internationalen Verurteilungen in den Jahren 2013, 2017 und 2018 führte (CFR 24.1.2024). Seit der im November 2017 an russischen Vetos im VN-Sicherheitsrat gescheiterten Verlängerung des Mandats des „Joint Investigative Mechanism“ (JIM) fehlte ein Mechanismus, der die Urheberschaft von Chemiewaffeneinsätzen feststellt. Ein gegen heftigen Widerstand Russlands im Juni 2018 angenommener Beschluss erlaubt nun der Organisation für das Verbot von Chemischen Waffen (OPCW), die Verantwortlichen der Chemiewaffenangriffe in Syrien im Rahmen eines hierfür neu gebildeten „Investigation and Identification Teams“ (IIT) zu ermitteln. Im April 2021 legte das IIT seinen zweiten Ermittlungsbericht vor, demzufolge hinreichende Belege vorliegen, dass der Chemiewaffeneinsatz in der Stadt Saraqib im Februar 2018 auf Kräfte des syrischen Regimes zurückzuführen ist. Die Untersuchung dreier Angriffe im März 2017 kam zu dem Ergebnis, dass hinreichende Belege vorliegen, dass die syrischen Luftstreitkräfte für den Einsatz von Sarin am 24. und 30.3.2017 sowie Chlorgas am 25.3.2017 in Latamenah verantwortlich sind. Die unabhängigen internationalen Experten der FFM gehen, davon unabhängig, weiter Meldungen zu mutmaßlichen Chemiewaffeneinsätzen nach. So kommt der FFM-Bericht vom 1.3.2019 zu dem Erg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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