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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §44 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 22. November 1994, Zl. MA 65 - 12/112/93, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89 a der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. November 1994 wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 89 a Abs. 7 und 7 a StVO für die von der Magistratsabteilung 48 am 3. April 1992 um 13.20 Uhr vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung des in Wien IX, Roßauer Lände 9, verkehrsbeeinträchtigend abgestellt gewesenen, dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges, ein Kostenersatz von insgesamt 1.289 S vorgeschrieben.
In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, das gegenständliche Fahrzeug sei in einem Halteverbot, "ausgenommen Fahrzeuge der Bundespolizei" abgestellt gewesen. Diese Halteverbotszone werde von zahlreichen Arrestantentransportfahrzeugen und Streifenkraftwagen der Bundespolizeidirektion Wien benützt, deren Lenker in einem solchen Fall gezwungen seien, in zweiter Spur anzuhalten, wodurch der Verkehr auf der Roßauer Lände stark beeinträchtigt werde und im gegenständlichen Fall auch tatsächlich stark beeinträchtigt worden sei.
Nach Bezugnahme auf eine diesbezügliche Behauptung des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde weiter aus, sie habe in den bezughabenden Verordnungsakt samt Bodenmarkierungsplan Einsicht genommen und hege keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der der in Rede stehenden Halteverbotszone zugrundeliegenden Verordnung samt deren Kundmachung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, aus dem Akt, betreffend die der gegenständlichen Halteverbotszone zugrundeliegenden Verordnung sei zu entnehmen, daß in der Roßauer Lände ein Halteverbot lediglich vor ON 5 und ON 7 verordnet worden sei, sodaß fraglich sei, ob die Kundmachung des Halteverbotes durch die Anbringung eines entsprechenden Verkehrszeichens vor der ON 9 zu Recht erfolgt sei. Dies führt zum Erfolg der Beschwerde:
In den Verwaltungsakten findet sich ein Aktenvermerk über eine am 10. Juli 1981 stattgefundene Büroverhandlung, welche schließlich zur Erlassung der hier strittigen Verordnung geführt hat. Der diesbezügliche Text lautet:
"In Wien 9., Roßauer Lände, wird vor der Berggasse vor ON 5 und ON 7 ein absolutes Halteverbot auf die Länge von ca. 90 m verordnet."
Auf Grund dieses klaren Wortlautes kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht davon ausgegangen werden, daß das in Rede stehende Halteverbot auch vor der ON 9 verordnet wurde. Der in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnte Bodenmarkierungsplan gibt - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - insoweit deshalb nichts her, weil sich kein Anhaltspunkt dafür bietet, der behördliche Willensakt habe sich auf die dort enthaltenen Zeichen bezogen (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. Juni 1989, Slg. Nr. 12949/A). Wohl findet sich in dem erwähnten Aktenvermerk vom 10. Juli 1981 nach der obzitierten Textstelle über die Erlassung eines Halteverbotes vor der ON 5 und ON 7 der handschriftliche Vermerk "(siehe beiliegenden Plan)", doch handelt es sich hiebei offenkundig nicht um einen Vermerk, der seinerzeit anläßlich der behördlichen Willensbildung über die Erlassung der Verordnung bereits angefertigt wurde, sondern offenbar um eine nachträglich (vermutlich im nunmehrigen Verwaltungsverfahren) gemachte Ergänzung, wie sich nicht nur aus den verschiedenen Schriftbildern, sondern auch daraus ergibt, daß der seinerzeitige Text in Ablichtung vorliegt und der erwähnte handschriftliche Zusatz urschriftlich auf der Ablichtung aufscheint.
Ist aber davon auszugehen, daß vor der ON 9 kein Halteverbot verordnet wurde, so liegt - die entsprechende Situierung des Verkehrszeichens vorausgesetzt - insoweit ein Kundmachungsmangel vor, weil damit der Vorschrift des § 44 Abs. 1 erster Satz StVO nicht Genüge getan wird, welcher immanent ist, daß die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/02/0038). Eine nicht gehörig kundgemachte Verordnung vermochte aber im gegenständlichen Zusammenhang keine Rechtswirkungen entfalten (vgl. das soeben zitierte hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986). Daraus folgt zunächst, daß dahingestellt bleiben kann, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, daß nach der Aktenlage keine Ausnahme von dem in Rede stehenden Halteverbot ("ausgenommen Fahrzeuge der Bundespolizei") verordnet wurde. Weiters war es rechtswidrig, eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89 a Abs. 2 StVO davon abzuleiten, daß das abgestellte Fahrzeug die Zufahrt für angeblich "Berechtigte" hinderte.
Damit erweist sich auch die bekämpfte Kostenvorschreibung gemäß § 89 a Abs. 7 StVO als rechtswidrig, sodaß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Ersatz von entrichteten Stempelgebühren war nur im Betrage von S 330,-- zuzusprechen, da die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995020086.X00Im RIS seit
12.06.2001