TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/9 94/02/0483

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Veröffentlicht am 09.06.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AHG 1949 §11;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §41;
FrG 1993 §52 Abs2 Z2;
FrG 1993 §52 Abs4;
FrG 1993 §54;
MRK Art3;
VwGG §28 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des M, derzeit in B, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 19. Juli 1994, Zl. VwSen-400276/4/Gf/Km, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von nachfolgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Juli 1994 wurde über den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen aus Bangladesch, die Schubhaft verhängt und mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. Juli 1994 wurde gegen ihn die Ausweisung verfügt. In seiner an die belangte Behörde gerichteten "Beschwerde gemäß §§ 51 Abs. 1 und 52 FrG" wandte sich der Beschwerdeführer nicht gegen die Verhängung der Schubhaft dem Grunde nach, er brachte vielmehr vor, er wolle "so schnell wie möglich zurück nach Bangladesch", sondern nur insoweit gegen seine Anhaltung in Schubhaft, als es die Haftbedingungen betraf.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19. Juli 1994 hat die belangte Behörde die Beschwerde abgewiesen und festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, daß der medizinische Sachverständige beim Beschwerdeführer am linken Oberarm eine Fraktur festgestellt habe und der Beschwerdeführer für eine Woche einen Gipsverband tragen müsse. Diese Verletzung sei jedoch nicht geeignet, die Hafttauglichkeit des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen; allfällige Widrigkeiten im Zusammenhang mit dem praktischen Vollzug der Schubhaft seien im übrigen nicht mit Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat, sondern gemäß § 23 Polizeigefangenenhaus-Hausordnung geltend zu machen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die belangte Behörde bei der rechtlichen Beurteilung nach § 52 Abs. 4 Fremdengesetz (FrG) nicht bloß auf die geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränkt gewesen wäre, sondern umfassend zu prüfen gehabt hätte, ob sämtliche für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen auch weiterhin vorgelegen seien. Auch sei eine Überprüfung gemäß dem Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit für die Durchführung von Festnahmen und Anhaltung nicht erfolgt und insbesondere nicht "statuiert" worden, aufgrund welchen Fehlverhaltens tatsächlich die an sich schwere Körperverletzung des Beschwerdeführers entstanden sei. Damit verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 95/02/0128, ausgeführt hat, hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, gemäß § 52 Abs. 4 (erster und zweiter Satz) FrG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden. Die unabhängigen Verwaltungssenate haben daher die behauptete Rechtswidrigkeit der Schubhaft jedenfalls für die Vergangenheit unter jenem Blickwinkel (im Rahmen jener Gründe) zu prüfen, aus welchem dies geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde an die belangte Behörde lediglich vorgebracht, daß er im Zuge seiner Verhaftung einen Bruch des linken Oberarmes erlitten habe, weshalb ihm ein Gipsverband angelegt worden sei, der auch den ganzen restlichen Oberkörper erfasse. Die sanitären Anlagen im Polizeigefangenenhaus Linz würden aber eine menschenwürdige, nämlich halbwegs schmerzfreie Körperpflege nicht ermöglichen. Außerdem sei ihm verwehrt worden, sich während des Tages in seiner Zelle hinzulegen, um auf diese Weise die Schmerzen leichter ertragen zu können; vielmehr müsse er sich aufgrund der Anstaltsordnung gleich wie die anderen Häftlinge im Gemeinschaftsraum aufhalten. Schmerzlindernde Medikamente würden ihm nur sporadisch verabreicht und würden diese außerdem Müdigkeit sowie einen allgemein niedergeschlagenen Zustand verursachen. Schließlich erfolge lediglich einmal pro Woche eine Überstellung zur Untersuchung in eine Krankenanstalt. Da der Beschwerdeführer aufgrund der im Polizeigefangenenhaus Linz herrschenden Rahmenbedingungen als haftuntauglich anzusehen sei, wird die Aufhebung der verhängten Schubhaft in eventu die Verlegung des Beschwerdeführers in eine Krankenanstalt beantragt.

Ausgehend von diesem Vorbringen an die belangte Behörde vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen, wenn die belangte Behörde lediglich die Rahmenbedingungen der Unterbringung des Beschwerdeführers im Polizeigefangenenhaus Linz als von seiner Beschwerde umfaßt angesehen hat. Eine Auseinandersetzung damit, wodurch die Körperverletzung des Beschwerdeführers entstanden ist, war daher von der belangten Behörde, die im übrigen die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft umfassend festgestellt hat, nicht gefordert.

Der Beschwerdeführer führt schließlich "vorsichtshalber" aus, daß der Partei entgegen der Bestimmung des §§ 45 Abs. 3 AVG keine Gelegenheit gegeben worden sei, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, unterläßt es aber in der Folge, die Relevanz der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften darzulegen, sodaß es sich erübrigt, näher auf dieses Vorbringen einzugehen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994020483.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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