TE Bvwg Erkenntnis 2024/7/11 W239 2262873-1

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Veröffentlicht am 11.07.2024
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Entscheidungsdatum

11.07.2024

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §61 Abs1
FPG §61 Abs2
  1. AsylG 2005 § 10 heute
  2. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 10 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 10 gültig von 09.11.2007 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2007
  10. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2006 bis 08.11.2007
  1. AsylG 2005 § 4a heute
  2. AsylG 2005 § 4a gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. AsylG 2005 § 4a gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 4a gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. AsylG 2005 § 4a gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  6. AsylG 2005 § 4a gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  1. AsylG 2005 § 57 heute
  2. AsylG 2005 § 57 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2021
  3. AsylG 2005 § 57 gültig von 20.07.2015 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  6. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  7. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  10. AsylG 2005 § 57 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. BFA-VG § 9 heute
  2. BFA-VG § 9 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. BFA-VG § 9 gültig von 20.07.2015 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. BFA-VG § 9 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2013
  5. BFA-VG § 9 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 61 heute
  2. FPG § 61 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2022
  3. FPG § 61 gültig von 01.06.2016 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  4. FPG § 61 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. FPG § 61 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. FPG § 61 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. FPG § 61 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011
  1. FPG § 61 heute
  2. FPG § 61 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2022
  3. FPG § 61 gültig von 01.06.2016 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  4. FPG § 61 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. FPG § 61 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. FPG § 61 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. FPG § 61 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011

Spruch


W239 2262873-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2022, Zl. XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 4 a,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer eins,, Paragraph 57, AsylG 2005, Paragraph 9, BFA-VG und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte im österreichischen Bundesgebiet aus dem Stande der Schubhaft am 02.09.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegen folgende EURODAC-Treffer vor:

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 1 zu Deutschland vom 14.05.2018

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 1 zu Österreich vom 28.09.2018

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 1 zu Österreich am 01.10.2018

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 1 zu Österreich vom 03.10.2018

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 1 zu Italien vom 08.01.2019

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 1 zu Frankreich vom 08.02.2021

2. Im österreichischen Strafregister scheinen folgende Verurteilungen auf:

-        Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck zu Zl. XXXX , vom 19.12.2016, rechtskräftig seit 01.06.2017, wurde der Beschwerdeführer wegen § 201 Abs. 1 StGB, § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Aus der Freiheitsstrafe entlassen wurde er am 28.04.2018, bedingt, unter Setzung einer Probezeit von fünf Jahren und unter Anordnung der Bewährungshilfe.-        Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck zu Zl. römisch 40 , vom 19.12.2016, rechtskräftig seit 01.06.2017, wurde der Beschwerdeführer wegen Paragraph 201, Absatz eins, StGB, Paragraph 107, Absatz eins und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Aus der Freiheitsstrafe entlassen wurde er am 28.04.2018, bedingt, unter Setzung einer Probezeit von fünf Jahren und unter Anordnung der Bewährungshilfe.

-        Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck zu Zl. XXXX , vom 05.02.2018, rechtskräftig seit 09.02.2018, wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen zu je € 4,-- (€ 480,--), im Nichteinbringungsfall zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.-        Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck zu Zl. römisch 40 , vom 05.02.2018, rechtskräftig seit 09.02.2018, wurde der Beschwerdeführer wegen Paragraph 83, Absatz eins, StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagsätzen zu je € 4,-- (€ 480,--), im Nichteinbringungsfall zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

3. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (02.09.2022) verneinte der Beschwerdeführer die Frage, ob er an Beschwerden oder Krankheiten leide, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Zu seinem Familienstand führte er aus, mit XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, verheiratet zu sein. Sie habe das Sorgerecht für die Kinder.3. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (02.09.2022) verneinte der Beschwerdeführer die Frage, ob er an Beschwerden oder Krankheiten leide, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Zu seinem Familienstand führte er aus, mit römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Somalia, verheiratet zu sein. Sie habe das Sorgerecht für die Kinder.

Vorgehalten, dass über sein Asylverfahren am 20.10.2017 bereits rechtskräftig entschieden worden sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass sich seit seinem letzten Asylantrag aus persönlicher Sicht nichts geändert habe, auch nicht in Bezug auf die Gefährdungslage in seiner Heimat. Er habe Angst, von der Al Shabab Miliz getötet zu werden.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hatte zuvor bereits 29.08.2022 ein auf Art. 18 Abs.°1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien gerichtet. Darin wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer zuletzt am 03.10.2018 in Österreich um internationalen Schutz angesucht habe. Kurz danach sei er untergetaucht. Am 08.01.2019 habe er in Italien und am 08.02.2021 habe er in Frankreich um internationalen Schutz angesucht. Österreich habe kein Wiederaufnahmeersuchen von Italien erhalten, sodass die Zuständigkeit auf Italien übergegangen sei. Aus diesem Grund sei ein Ersuchen von Frankreich auch abgelehnt worden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass sein Verfahren in Italien negativ beschieden worden sei. Im August 2022 sei der Beschwerdeführer von Italien nach Österreich gereist. Von daher werde davon ausgegangen, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO für die inhaltliche Führung des Asylverfahrens zuständig sei.4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hatte zuvor bereits 29.08.2022 ein auf Artikel 18, Abs.°1 Litera d, der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien gerichtet. Darin wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer zuletzt am 03.10.2018 in Österreich um internationalen Schutz angesucht habe. Kurz danach sei er untergetaucht. Am 08.01.2019 habe er in Italien und am 08.02.2021 habe er in Frankreich um internationalen Schutz angesucht. Österreich habe kein Wiederaufnahmeersuchen von Italien erhalten, sodass die Zuständigkeit auf Italien übergegangen sei. Aus diesem Grund sei ein Ersuchen von Frankreich auch abgelehnt worden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass sein Verfahren in Italien negativ beschieden worden sei. Im August 2022 sei der Beschwerdeführer von Italien nach Österreich gereist. Von daher werde davon ausgegangen, dass Italien gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera d, Dublin-III-VO für die inhaltliche Führung des Asylverfahrens zuständig sei.

Mit Schreiben vom 12.09.2022 teilte die italienische Dublin-Behörde mit, dass dem Beschwerdeführer in Italien subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei; es sei ihm ein bis 15.01.2025 gültiger Aufenthaltstitel zuerkannt worden.

5. Am 20.09.2022 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu Beginn über Nachfrage an, sich psychisch und physisch dazu in der Lage zu sehen, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Zu etwaigen Erkrankungen führte er aus, dass er früher einmal TBC gehabt habe; das sei geheilt. Er sei aber psychisch krank und nehme diesbezüglich Medikamente, und zwar ATARAX 25mg [Anm. BVwG: Der Wirkstoff hilft bei Allergien, stillt den Juckreiz und wirkt außerdem angstlösend und schlaffördernd. Er unterdrückt die Wirkung der körpereigenen Substanz Histamin.]. Die Medikamente seien ihm hier in Österreich verschrieben worden. Außerdem habe er bereits ein psychologisches Gespräch gehabt. Das sei im Jahr 2017 gewesen, als er hier in Schubhaft gewesen sei. Damals habe das alles angefangen und heute leide er darunter. Unterlagen oder Befunde habe er nicht. Er habe auch immer Angst gehabt, die Erkrankung zu erwähnen. Letztendlich habe er mit den Ärzten gesprochen; er habe heute einen Termin gehabt. Sonst habe er keine Krankheiten. Er müsse noch einen Blutbefund abwarten. Ihm sei vor etwa einer Woche Blut abgenommen worden. Anschließend gab der Beschwerdeführer seine Einwilligung zur Einsicht in medizinische Befunde.

Zu etwaigen Anknüpfungspunkten in Österreich führte der Beschwerdeführer aus, dass er hier Frau und Kinder in Innsbruck habe. Sie seien seit Juni oder Juli 2015 in Österreich. Er sei mit seiner Frau noch verheiratet und sie hätten regelmäßig telefonischen Kontakt und über Facebook. Seine Frau heiße XXXX . Sie hätten einen gemeinsamen Sohn namens XXXX als er damals geboren worden sei, sei der Beschwerdeführer hier in Schubhaft gewesen. Seine Frau habe außerdem noch eine Tochter namens XXXX sie sei im Mittelmeer auf die Welt gekommen. Der Beschwerdeführer sei nicht der Vater. Sonst gebe es in Österreich keine anderen Personen, zu denen der Beschwerdeführer ein besonders enges Verhältnis hätte. Er könne auch keine Dokumente vorlegen; er habe seit seiner Geburt noch nie ein Dokument besessen, nur die österreichische Verfahrenskarte.Zu etwaigen Anknüpfungspunkten in Österreich führte der Beschwerdeführer aus, dass er hier Frau und Kinder in Innsbruck habe. Sie seien seit Juni oder Juli 2015 in Österreich. Er sei mit seiner Frau noch verheiratet und sie hätten regelmäßig telefonischen Kontakt und über Facebook. Seine Frau heiße römisch 40 . Sie hätten einen gemeinsamen Sohn namens römisch 40 als er damals geboren worden sei, sei der Beschwerdeführer hier in Schubhaft gewesen. Seine Frau habe außerdem noch eine Tochter namens römisch 40 sie sei im Mittelmeer auf die Welt gekommen. Der Beschwerdeführer sei nicht der Vater. Sonst gebe es in Österreich keine anderen Personen, zu denen der Beschwerdeführer ein besonders enges Verhältnis hätte. Er könne auch keine Dokumente vorlegen; er habe seit seiner Geburt noch nie ein Dokument besessen, nur die österreichische Verfahrenskarte.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann mitgeteilt, dass ihm laut Auskunft der italienischen Behörden dort der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei. Daher sei beabsichtigt, seinen Antrag als unzulässig zurückzuweisen und seine Außerlandesbringung nach Italien zu veranlassen. Dem hielt der Beschwerdeführer entgegen, dass er nicht nochmals nach Italien wolle, weil die Umstände dort menschenunwürdig gewesen seien.

Zu seinem Voraufenthalt in Italien gab der Beschwerdeführer an, dass er am 11.10.2018 aus Thalham weggegangen und freiwillig nach Italien gegangen sei. Dort sei er etwa zehn bis elf Monate geblieben. Seine Familie sei damals auch in Österreich gewesen. Nachgefragt, warum er das Land verlassen habe, obwohl seine Familie in Österreich gewesen sei, erklärte der Beschwerdeführer: „Ich bin wegen meiner Probleme in der U-Haft mit der Polizei weggegangen, aufgrund der Angst, ich konnte mit niemand darüber sprechen. Ich konnte auch mit einer Frau nicht darüber sprechen. Meine Ehefrau und ich sind getrennt nach Österreich gekommen. Wir haben uns in Libyen verloren, ich bin am 09.02.2015 nach Österreich gekommen, da war ich hier in Thalham und wurde nach Tirol verlegt. Zwei oder drei Monaten später im April oder Mai 2015 sind meine Frau und meine Tochter nach Österreich gekommen. Sie waren in Niederösterreich und haben auch Asyl bekommen. Sie sind dann zu mir nach Tirol gekommen, ich bin dann aber in Haft gekommen, aufgrund einer Anzeige einer älteren Frau (mit der Behauptung, dass ich sie vergewaltigt hätte). Ich war für ca. sechzehn Monate in U-Haft. Es gab ein schriftliches Urteil. Das hat mich psychisch sehr getroffen. Nach der Entlassung aus der Haft bin ich nach Deutschland gegangen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nach siebzehn Monaten nach meinem Urteil entlassen wurde. Nach der Entlassung bin ich dann zum Verein „Neustart“. Ich musste auch hier in Österreich auf der Straße leben. Dann bin ich nach Deutschland gegangen.“

Weiter gab der Beschwerdeführer an, dass er in Italien, Deutschland oder auch Frankreich immer Kontakt zu seiner Familie gehabt habe. Bei seiner Ankunft in Österreich sei er in Tirol gewesen und habe seine Familie getroffen. Das Verhältnis zur Familie sei gut und aufrecht.

Zur Frage, ob es während des Aufenthalts in Italien konkret ihn betreffende Vorfälle oder Probleme gegeben habe, schilderte der Beschwerdeführer zusammengefasst, dass er in der Landwirtschaft gearbeitet habe und dafür sehr schlecht bezahlt worden sei. Die Unterkünfte für Asylwerber seien damals geschlossen gewesen und die Umstände seien schlecht gewesen. Bei der Polizei habe man ihm gesagt, er müsse zur Questura gehen. Dort müsse man alles selbst bezahlen, beispielsweise müsse man die Kosten für Passbilder selbst tragen. Er habe sich an eine Stelle der UNO gewandt. Man habe ihn aufgeschrieben, aber sonst nichts weiter unternommen. Zu den aktuellen Länderberichten wolle er keine Stellungnahme abgeben.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 04.11.2022 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 04.11.2022 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 4 a, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt römisch II.) sowie die Außerlandesbringung nach Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.).

Zur Lage von Schutzberechtigten in Italien traf das BFA Feststellungen anhand der Länderinformation der Staatendokumentation zu Italien aus dem COI-CMS (Version 2, Stand: 09.11.2020); diese liegen mittlerweile in einer mehrfach aktualisierten Version vor (Version 5, Stand: 27.07.2023).

Begründend führte das BFA unter anderem aus, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär schutzberechtigt sei, weshalb sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen sei. Es bestehe kein Grund, daran zu zweifeln, dass Italien seine sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Statusrichtlinie ergebenden Verpflichtungen erfülle, sodass davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe.Begründend führte das BFA unter anderem aus, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär schutzberechtigt sei, weshalb sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 4 a, AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen sei. Es bestehe kein Grund, daran zu zweifeln, dass Italien seine sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Statusrichtlinie ergebenden Verpflichtungen erfülle, sodass davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe.

Der Beschwerdeführer leide an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten und sei auch nicht immungeschwächt. Hinsichtlich seiner behaupteten psychischen Probleme sei der Beschwerdeführer medikamentös versorgt; dieses Medikament oder ein Medikament mit einem gleichgelagerten Wirkstoff werde auch in Italien erhältlich sein. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK liege gegenständlich nicht vor.Der Beschwerdeführer leide an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten und sei auch nicht immungeschwächt. Hinsichtlich seiner behaupteten psychischen Probleme sei der Beschwerdeführer medikamentös versorgt; dieses Medikament oder ein Medikament mit einem gleichgelagerten Wirkstoff werde auch in Italien erhältlich sein. Eine Verletzung von Artikel 3, EMRK liege gegenständlich nicht vor.

Der Beschwerdeführer habe in Österreich eine Lebensgefährtin, die mit deren Tochter und dem gemeinsamen Sohn in Innsbruck lebe. Der Beschwerdeführer sei der leibliche Vater des Sohnes, nicht aber der Tochter. Der Beschwerdeführer sei in Österreich bereits strafgerichtlich verurteilt worden (Delikt: Vergewaltigung). Zudem werde derzeit ein Verfahren gegen ihn wegen des Verdachts der schweren Nötigung gegenüber seiner (ehemaligen) Lebensgefährtin geführt; der Verhandlungstermin stehe kurz bevor. Im Rahmen der durchgeführten umfassenden Güterabwägung im Hinblick auf Art. 8 EMRK gelangte das BFA rechtlich zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Italien keinen unzulässigen Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstelle.Der Beschwerdeführer habe in Österreich eine Lebensgefährtin, die mit deren Tochter und dem gemeinsamen Sohn in Innsbruck lebe. Der Beschwerdeführer sei der leibliche Vater des Sohnes, nicht aber der Tochter. Der Beschwerdeführer sei in Österreich bereits strafgerichtlich verurteilt worden (Delikt: Vergewaltigung). Zudem werde derzeit ein Verfahren gegen ihn wegen des Verdachts der schweren Nötigung gegenüber seiner (ehemaligen) Lebensgefährtin geführt; der Verhandlungstermin stehe kurz bevor. Im Rahmen der durchgeführten umfassenden Güterabwägung im Hinblick auf Artikel 8, EMRK gelangte das BFA rechtlich zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Italien keinen unzulässigen Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstelle.

Es lägen auch weder die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen vor, noch seien Fälle hinsichtlich einer notwendigen Gewährleistung der Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen bekannt. Der Beschwerdeführer sei auch kein Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel.Es lägen auch weder die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 von Amts wegen vor, noch seien Fälle hinsichtlich einer notwendigen Gewährleistung der Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen bekannt. Der Beschwerdeführer sei auch kein Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel.

7. Gegen den Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung, die BBU GmBH, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

Inhaltlich wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen mangelhaft seien. Es sei verabsäumt worden, zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Italien eine adäquate Unterkunft und Versorgung zur Verfügung stehen werde. Die Situation in Italien sei äußerst prekär. Es komme zur systematischen Verletzung fundamentaler Menschenrechte. Zudem habe das BFA es unterlassen, sich mit dem Kindeswohl des in Österreich lebenden leiblichen Sohn des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Insgesamt verletze die Entscheidung des BFA sowohl Art. 3 EMRK, weil der Beschwerdeführer in Italien in eine ausweglose Notlage geraten werde, als auch Art. 8 EMRK, weil das Kindeswohl nicht berücksichtigt worden sei.Inhaltlich wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen mangelhaft seien. Es sei verabsäumt worden, zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Italien eine adäquate Unterkunft und Versorgung zur Verfügung stehen werde. Die Situation in Italien sei äußerst prekär. Es komme zur systematischen Verletzung fundamentaler Menschenrechte. Zudem habe das BFA es unterlassen, sich mit dem Kindeswohl des in Österreich lebenden leiblichen Sohn des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Insgesamt verletze die Entscheidung des BFA sowohl Artikel 3, EMRK, weil der Beschwerdeführer in Italien in eine ausweglose Notlage geraten werde, als auch Artikel 8, EMRK, weil das Kindeswohl nicht berücksichtigt worden sei.

8. Den im Akt aufliegenden Unterlagen, nämlich dem Abschlussbericht vom 28.09.2022 (AS 97-100), der Verständigung der Behörde von der Anklageerhebung vom 05.10.2022 (AS 93) und der Verständigung von der (für 29.11.2022 anberaumten) Hauptverhandlung vom 11.10.2022 (AS 103-108) lässt sich zusammengefasst entnehmen, dass der Beschwerdeführer in Verdacht steht, seine ehemalige Lebensgefährtin während eines verbalen Streits bedroht und genötigt zu haben, weil diese mittlerweile einen neuen Partner hat (Verdacht auf §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB). Das Verfahren ist noch offen; der Beschwerdeführer ist zur Fahndung ausgeschrieben (OZ 7).8. Den im Akt aufliegenden Unterlagen, nämlich dem Abschlussbericht vom 28.09.2022 (AS 97-100), der Verständigung der Behörde von der Anklageerhebung vom 05.10.2022 (AS 93) und der Verständigung von der (für 29.11.2022 anberaumten) Hauptverhandlung vom 11.10.2022 (AS 103-108) lässt sich zusammengefasst entnehmen, dass der Beschwerdeführer in Verdacht steht, seine ehemalige Lebensgefährtin während eines verbalen Streits bedroht und genötigt zu haben, weil diese mittlerweile einen neuen Partner hat (Verdacht auf Paragraphen 105, Absatz eins,, 106 Absatz eins, Ziffer eins, StGB). Das Verfahren ist noch offen; der Beschwerdeführer ist zur Fahndung ausgeschrieben (OZ 7).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten ein, wo er in weiterer Folge unter Verwendung verschiedener Identitäten in Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich in Erscheinung trat. Er stellte unter anderem am 08.01.2019 in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz. Ihm wurde in Italien subsidiärer Schutz gewährt und es wurde ihm ein bis 15.01.2025 gültiger Aufenthaltstitel zuerkannt.

In weiterer Folge gelangte der Beschwerdeführer abermals in das österreichische Bundesgebiet und stellte hier am 02.09.2022 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Es werden anhand der Länderinformation der Staatendokumentation zu Italien aus dem COI-CMS (Version 5, Stand: 27.07.2023) folgende Feststellungen zu Schutzberechtigten getroffen:

COVID-19-Pandemie

Im Allgemeinen hatte die COVID-19-Pandemie im Jahr 2022 keinen Einfluss mehr auf die Dauer der Verfahren (AIDA 5.2023).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp- content/uploads/2023/05/AIDA- IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023

Versorgung

Asylwerber dürfen zwei Monate nach Antragstellung legal arbeiten. In der Praxis haben sie jedoch Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa durch Verzögerungen bei der Registrierung ihrer Asylanträge (die damit einhergehende Aufenthaltserlaubnis ist für den Zugang zum Arbeitsmarkt wichtig), oder durch die Sprachbarriere, oder die geografische Abgelegenheit der Unterbringungszentren usw. (AIDA 5.2023).

Es gibt Berichte über Diskriminierung von Migranten durch Arbeitgeber und Ausbeutung, insbesondere in den Sektoren Landwirtschaft und Dienstleistungen (USDOS 20.3.2023).

Die Ausrufung des Ausnahmezustandes aufgrund der Migrationssituation durch den italienischen Ministerrat am 11.4.2023 diente vor allem dazu, außerordentliche Geldmittel zu lukrieren, Ausschreibungsverfahren für die Einrichtung zusätzlicher Aufnahmezentren zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie zusätzliche Transfers von Lampedusa nach Sizilien einzurichten, um die Überlastung des Hotspots und insgesamt der Insel Lampedusa zu verhindern. Diese Maßnahmen sollen zu einer systemischen Entlastung führen und einen besseren Umgang mit dem hohen Migrationsdruck ermöglichen. Leistungen von Versorgungseinrichtungen für Asylwerber bzw. asylsuchende Familien sind dadurch nicht unmittelbar betroffen (VB 6.6.2023a).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp- content/uploads/2023/05/AIDA- IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023

- USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089493.html, Zugriff 20.7.2023

- VB des BMI Italien (6.6.2023a): Auskunft des VB, per E-Mail

Unterbringung

Das offizielle italienische Unterbringungssystem für erwachsene Asylwerber stellt sich folgendermaßen dar:

CPSA (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots

Es handelt sich dabei um Zentren an den Hauptanlandungspunkten der Migranten, die über das Mittelmeer nach Italien kommen. Die CPSA wurden 2006 gegründet und fungieren seit 2016 formell als Hotspots (gemäß dem sogenannten Hotspot-Approach der Europäischen Kommission). Diese dienen der Erstversorgung, der Identifizierung, der Trennung von Asylwerbern und Migranten und dem Transfer in andere Zentren. Ende 2022 gab es in Italien fünf Hotspots in Apulien (Taranto) und Sizilien (Lampedusa, Pozzallo, Pantelleria und Messina) mit zusammen 1.265 Plätzen Kapazität. Es können aber auch andere Einrichtungen gemäß dem Hotspot-Approach genützt werden. Im Jahr 2021 durchliefen 44.242 Personen die Hotspots. Der Aufenthalt der Migranten in den Hotspots sollte „so kurz wie möglich“ dauern. In der Praxis dauert er einige Tage bis einige Wochen (AIDA 5.2023).

Erstaufnahme

Es gibt derzeit neun Erstaufnahmezentren zur Unterbringung von Asylwerbern in fünf italienischen Regionen. Bei Platzmangel kann auch auf temporäre Strukturen (Centri di accoglienza straordinaria, CAS) zurückgegriffen werden (AIDA 5.2023).

SAI (Sistema di Accoglienza e Integrazione)

Dies ist die Unterbringung der zweiten Linie (vormals SPRAR genannt, unter Innenminister Salvini umgewandelt in SIPROIMI, später ersetzt durch SAI). Mit Gesetz 50/2023, welches Dekret 20/2023 (Cutro-Dekret) vom 5.5.2023 in ein Gesetz umwandelt, wird der Zugang von Asylwerbern zum SAI-System eingeschränkt. Das SAI-System steht somit neben Schutzberechtigten (Flüchtlingsstatus oder subsidiärer Schutz) nur noch Asylwerbern offen, die vulnerabel oder auf legalem Weg in Italien eingereist sind (staatliches Resettlement oder privat finanzierte humanitäre Aufnahmeprogramme). Gemäß Gesetz 50/2023 dürfen die Präfekturen Asylwerber in provisorischen Aufnahmeeinrichtungen unterbringen, falls in staatlichen Zentren oder vorübergehenden Einrichtungen (CAS) keine Plätze verfügbar sind (AIDA 5.2023).

Stand Feber 2023 umfasste das SAI insgesamt 934 kleinere dezentrale Projekte mit gesamt 43.923 Unterbringungsplätzen, davon 36.821 herkömmliche Plätze, 6.299 Plätze für unbegleitete Minderjährige und 803 Plätze für Menschen mit psychischen Problemen oder körperlichen Behinderungen. Dies wird als zu wenig für den vorhandenen Bedarf kritisiert (AIDA 5.2023).

CAS (Centri di accoglienza straordinaria)

Das sind „temporäre Strukturen“ (Notunterkünfte) der Präfekturen. So eine Notunterbringung weist geringere Leistungen für die Untergebrachten auf als SAI und soll strikt auf die Zeit beschränkt sein, welche notwendig ist um Identifizierung, Registrierung und Vulnerabilitätseinschätzung vorzunehmen. Danach sollten sie verlegt werden. In der Praxis machen CAS jedoch über 66 % der Unterbringungskapazitäten aus. In den landesweit über 4.200 CAS-Unterbringungen sind die Unterbringungsstandards sehr unterschiedlich (AIDA 5.2023).

Provisorische Aufnahmestrukturen

Gesetz 50/2023 sieht vor, dass jeder Präfekt, für die unbedingt erforderliche Zeit bis zur Ermittlung verfügbarer Unterbringungsplätze, die Aufnahme von Asylwerbern in provisorischen Strukturen organisieren kann, in denen u. a. Verpflegung, Unterkunft, Kleidung und medizinische Versorgung gewährleistet sind (AIDA 5.2023).

Private Unterbringung / NGOs

Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben von Kirchen oder Freiwilligenverbänden. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie speziell in Notfällen oder als Integrationsmittel (AIDA 5.2023).

CPR (Centri di Permanenza per il Rimpatrio)

Italien verfügt über zehn Schubhaftzentren (CPR) mit zusammen 1.359 Plätzen (wobei die effektive Gesamtkapazität mit 744 Plätzen angegeben wird) (AIDA 5.2023).

Grundsätzlich sind bedürftige Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht das Unterbringungsrecht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Bei Rechtsmitteln ohne automatische aufschiebende Wirkung kann diese bei Gericht beantragt werden. Bis zu dieser Entscheidung darf der Beschwerdeführer im Zentrum bleiben. Ist die Entscheidung positiv, besteht auch das Unterbringungsrecht weiter. In der Praxis erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione), die bis zu einigen Monaten nach der Antragstellung stattfinden kann. Auch nach der Registrierung kann es noch zu einigen Wochen Wartezeit bis zur Unterbringung kommen. In dieser Zeit müssen Betroffene alternative Unterbringungsmöglichkeiten finden, was problematisch sein kann. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. In ganz Italien gibt es auch informelle Siedlungen oder besetzte Häuser, in denen geschätzte 10.000 Fremde leben, unter ihnen Asylwerber und Schutzberechtigte (AIDA 5.2023). Laut UNHCR, IOM und

NGOs leben Tausende legal und illegal aufhältige Fremde, darunter auch Flüchtlinge, in verlassenen, unzureichenden oder überfüllten Gebäuden in Rom und anderen Großstädten des Landes, mit begrenztem Zugang zu medizinischer Versorgung, Rechtsberatung, Bildung und anderen öffentlichen Dienstleistungen. Viele Flüchtlinge und Asylsuchende, die in der informellen Wirtschaft arbeiten, können es sich, insbesondere in Großstädten, nicht leisten, Wohnungen zu mieten. Sie leben oft in provisorischen Hütten in ländlichen Gebieten oder besetzten Gebäuden unter Substandard-Bedingungen (USDOS 20.3.2023).

Mit Stand 15.7.2023 waren 125.922 Migranten in staatlichen Unterkünften untergebracht, davon 2.787 in Hotspots, 88.060 in Unterbringungszentren und 35.075 in SAI (VB 18.7.2023).

Nach dem Gesetz wird der Antragsteller im Register der Wohnbevölkerung registriert (AIDA 5.2023). Mit Dekret Nr. 130/2020 in Verbindung mit Umwandlungsgesetz Nr. 173 vom 18.12.2020 wurde für Antragsteller wieder die Möglichkeit geschaffen, sich in das Melderegister einzutragen (dies war unter Salvini abgeschafft worden - ein Schritt, der heftig kritisiert und für verfassungswidrig erklärt worden war). Im Zuge der Anmeldung wird dem Schutzsuchenden ein Personalausweis ausgestellt, der nicht zur Ausreise berechtigt und drei Jahre Gültigkeit hat (VB 3.3.2021).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (5.2023): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Italy, https://asylumineurope.org/wp- content/uploads/2023/05/AIDA- IT_2022-Update.pdf, Zugriff 23.6.2023

- USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089493.html, Zugriff 20.7.2023

- VB des BMI Italien [Österreich] (18.7.2023): Statistik der italienischen Behörden, per E-Mail

- VB des BMI Italien [Österreich] (3.3.2021): Auskunft des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus müssen sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann in Bezug auf medizinische Versorgung dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger. Das gilt unabhängig davon, ob sie staatliche Versorgung genießen oder nicht. Das Recht auf medizinische Versorgung entsteht formell im Moment der Registrierung eines Asylantrags, wobei es aber in der Praxis Verzögerung von bis zu einigen Monaten geben kann, bis einige Quästuren den Steuer-Code (codice fiscale), welcher für den Zugang zur medizinischen Versorgung wichtig ist, zugewiesen haben. Bis dahin haben die betroffenen Asylsuchenden lediglich Zugang zu medizinischer Notfall- und Basisversorgung. Die Anmeldung beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst erfolgt im zuständigen Büro des lokalen Gesundheitsdienstes (Azienda Sanitaria Locale, ASL), in der Gemeinde, in der der Asylwerber seinen Wohnsitz (domicilio) hat. Im Zuge der Registrierung wird eine europäische Gesundheitskarte (tessera europea di assicurazione malattia) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; und kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Das Recht auf medizinische Versorgung soll im Rahmen der Erneuerung der Aufenthaltserlaubnis nicht erlöschen. Wenn die Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist, besteht keine Garantie auf Zugang zu nicht notwendiger medizinischer Versorgung bis zur Erneuerung derselben, was aufgrund bürokratischer Verzögerungen einige Zeit dauern kann. Wenn Asylwerber keine Wohnsitzmeldung (domicilio) vorweisen können, erhalten sie auch keine Gesundheitskarte. Eines der größten Hindernisse für den Zugang zu Gesundheitsdiensten ist jedoch die Sprachbarriere (AIDA 5.2023).

Asylwerber können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei den Büros des lokalen Gesundheitsdienstes (ASL) als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr („Ticket“) bezahlen. Die Befreiung gilt zunächst für zwei Monate ab Asylantragstellung (da in diesem Zeitraum kein Zugang zum Arbeitsmarkt besteht). Danach ist die Praxis landesweit uneinheitlich. In einigen Regionen sind Asylwerber nach den ersten zwei Monaten nicht mehr vom Ticket befreit, da sie nicht als arbeitslos gelten, sondern als inaktiv. In anderen Regionen wie dem Piemont und der Lombardei müssen sie sich offiziell arbeitslos melden, und dann wird die Ticket-Befreiung so lange verlängert, bis es den Asylwerbern gelingt, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden (AIDA 5.2023).

Asylwerber mit psychischen Problemen und Folteropfer haben dasselbe Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung wie italienische Bürger. In der Praxis haben sie die Möglichkeit von speziellen Leistungen des nationalen Gesundheitsdienstes, spezialisierter NGO

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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